Dokumentation des Eröffnungsbeitrags der Informationsveranstaltung "Der BdV im braunen Sumpf - Öffentliche Gelder für Revanchisten?" vom 25.8.1995 im Bürgersaal des Rathauses Berlin-Charlottenburg
Wir benutzen den Begriff deutsche Täter, da die
Eigencharakterisierung als "Vertriebene", die von den
Revanchistenverbänden und -organisationen, ihren Anhängern und
Lobbyisten in Parteien und Parlamenten benutzt wird, die Täter-
und Mittäterschaft der Umgesiedelten in eine Opferrolle umlügt.
Die von diesen Maßnahmen Betroffenen hatten z.B. in der
Tschechoslowakei 1937 kurz vor der Annexion des sogenannten
"Sudetenlandes" durch die faschistische Wehrmacht zu 90% die
nationalsozialistische Sudetendeutsche Partei gewählt und damit
ihr vollstes Einverständnis mit der faschistischen
reichsdeutschen Politik gezeigt. Deshalb halten wir die
Betrachtung der Deutschen durch ihre Opfer und die Antihitler-
Koalition als Täterkollektiv in der historischen Situation als
richtig und die Umsiedlungen, die sich gegen dieses Kollektiv
wandten, als gerechtfertigt.
In allen von den Deutschen
besetzten Gebieten in Osteuropa, in denen "Volksdeutsche" lebten,
beteiligten sich diese wie selbstverständlich an der
Unterdrückung, Vertreibung und Ausrottung der nichtdeutschen und
damit in ihren Augen minderwertigen Bevölkerung. Die
Propagandisten des deutschen Herrenmenschentums, die mit den
deutschen Panzern eintrafen, konnten von Anfang an auf eine sich
deutsch gebärdende Zivilbevölkerung setzen, die keinerlei Distanz
zu den verbrecherischen Plänen und Taten der deutschen Soldaten
und SS-Männer, der Polizeieinheiten des SD und der
neueingesetzten Verwaltungen setzte. Man fand sich schnell
zurecht in der Rolle des Herrschervolkes, das sich seine
ehemaligen Nachbarn zu Arbeitssklaven auf dem eigenen, bisweilen
neuen Bauerngut, oder in dem mit der Kriegswirtschaft rasch
expandierenden Betrieb machte, und auch der arische Tagelöhner
erhob sich nicht ungern als Aufseher über seine vormaligen
polnischen Kollegen. In den schon vor 1939 zum Reich gehörenden
Gebieten mit einer polnischen Minderheit wurde diese zu
feindlichen oder unerwünschten Ausländern und somit als
entrechtet erklärt und vertrieben oder zu Zwangsarbeiten in der
Kriegsindustrie und der Landwirtschaft herangezogen. Die
Vernichtung der jüdischen Bevölkerung, durch SS, SD und Wehrmacht
kaum verdeckt ausgeführt, fand wie im Reich unter den Augen der
Bevölkerung statt. Bald stellten die Volksdeutschen überall die
Mehrheit der Menschen - der Menschen, die noch lebten und sich
frei bewegen konnten.
Auf den Konferenzen von Jalta und Potsdam
beschlossen die Alliierten der Antihitler-Koalition die
Zerschlagung Hitler-Deutschlands in seiner territorialen und
politischen Form. Ein Großdeutschland, ein großes und
übermächtiges Deutschland, das zum dritten Male der Lage wäre,
einen Weltkrieg zu entfesseln, den Holocaust an 6 Millionen
Juden, den millionenfachen Mord an den Menschen seiner
Nachbarstaaten zu begehen, sollte und durfte es nicht mehr geben.
Also beschlossen sie große Gebietsabtrennungen im Osten und die
Einschränkung der eigenstaatlichen Souveränität als einzige
Möglichkeit, der "Deutschen Bestie" die Grundlagen für eine
Wiederholung zu nehmen. Es war Deutschland, das diese Verbrechen,
dieses Unrecht begann, also hat es auch die Konsequenzen zu
tragen.
Es war kein Opfer, sondern Täter, also waren diese
Maßnahmen gerechtfertigt.
Sie wurden von allen Alliierten über
ideologische Gräben hinweg zusammen getragen und begründeten sich
aus der gemeinsamen Erfahrung mit dem besiegten Aggressor und dem
antifaschistischen Konsens, der sie zumindestens bis 1945
verband.
Das Motto des BDV ist dieses Jahr "50 Jahre Flucht,
Vertreibung, Deportation, Unrecht bleibt Unrecht."
Konsequenz des großdeutschen Wahns
Welches Unrecht? Das Unrecht, das die Deutschen begingen?
Das Unrecht, das viele Mitglieder des BDV persönlich mittrugen?
Nein, davon ist hier nicht die Rede. Die Täter machen sich zu
Opfern. Sie lügen die Konsequenzen ihres eigen Tuns um. In ihrem
immer noch völkischen und faschistoid überheblichen Denken der
Herrenmenschen werden ihre Opfer zu Tätern. Sie trieben Millionen
Menschen in die Flucht, in den Tod und rechtfertigten dies auch
heute noch mit ihrem "Deutsch-sein".
Flucht. Sie reden von
Flucht. Sicher mußten sie flüchten. Die Wehrmacht trieb die
Zivilbevölkerung vor sich her und zerstörte sämtliche
Infrastruktur. Diese Taktik der verbrannten Erde sollte den
Vormarsch der Roten Armee aufhalten, die Flüchtlingstrecks den
sowjetische Panzern die Straßen blockieren. Und sicher wußten
sie, wovor sie flüchteten, vor ihrem eigenen Unrecht. Aber der
Vormarsch der Roten Armee war gerechtfertigt.
Sie reden von
Deportation. Dieser Begriff ist mit Bedacht gewählt und enthält
eine weitere Geschichtslüge. Er soll ganz bewußt an die
Deportation der Juden in die Gaskammern erinnern und die
Umsiedlung der Deutschen damit gleichsetzen. Die Deportation der
Juden endete im sechsmillionenfachen Tod; die Umsiedlung z.B. der
Pommern meist auf einem Bauernhof in Niedersachsen und im
späteren BRD Wirtschaftswunder.
Den Umsiedlungsaktionen z.B. der
polnischen und tschechoslowakischen Behörden lag die Erfahrung
zugrunde, daß die deutschen Bevölkerungsteile nicht willens
gewesen waren, friedlich mit den anderen Menschen zusammen zu
leben, und das ist entscheidend: Es ist den Opfern nicht
zuzumuten, mit ihren ehemaligen Henkern zusammen zu leben, seien
sie nun in der Mehrheit oder Minderheit. Denn das zwischen den
"Volksdeutschen" und den Verbrechen des deutschen Staates kaum
eine Distanz bestand, hatten die Jahre der Besatzung und
faschistischen Schreckensherrschaft gezeigt. Auch sahen sie sich
nicht fähig und willens, die Deutschen umzuerziehen, und deshalb
schickten sie sie dahin, wo sie hingehörten - heim ins Reich.
In den Benesdekreten wird dies genau bezeichnet. Die
Tschechoslowakei hatten alle entschädigungslos zu verlassen, die
Nazis waren, und das waren nach den Wahlen von 1937 fast alle.
Dem von deutschen Nachkriegspolitikern und selbstmitleidigen
Tätern immer wieder lamentierend so benannten "Unrecht der
Vertreibung" ging die Barbarei der Deutschen voraus, und was wie
aufgerechnet wird, ist einzig und allein die vollkommen
gerechtfertigte Sache der Opfer.
Wir sehen in all diesen Umsiedlungsaktionen legitime, gerechtfertigte
Entscheidungen, und die revanchistische Politik der sogenannten
"Vertriebenen" beweist, daß dies auch nach 50 Jahren noch stimmt. Noch
immer wollen sich die Täter von ihren Opfern entschädigen lassen. Und
schon wieder baut die Bundesregierung Hand in Hand mit den
Revanchisten-Verbänden deutsche Herrenmenschenkolonien auf und
versieht sie mit deutschen Pässen, z.B. in Polen. Und die
sogenannten Vertriebenen rütteln wieder an den Grenzen.
Unsere Aufgabe sollte es sein, diese Grenzen als Friedensgrenzen gegen
die Revanchisten zu verteidigen und für alle, die in die BRD vor
materieller Not und Verfolgung flüchten, durchlässig zu machen.