Hitler und
Stalin hatten am 23.8.1939 in einem geheimen
Zusatzprotokoll zum deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt
Osteuropa in Interessensgebiete aufgeteilt.
Nach dem Sieg über
die polnische Armee wurde dann im Oktober ohne Zögern mit der
"Eindeutschung" der besetzten westpolnischen Gebiete begonnen.
Die SS war als Terrororgan für die "Sicherheit" im Lande
zuständig. Dabei wurden durch den Holocaust, aber auch infolge
von Massenmorden an z.B. der Intelligenz über sechs Millionen
polnische Bürger umgebracht, d.h. jeder fünfte Einwohner kam ums
Leben.
Himmler hatte schon 1939 "Einige Gedanken über die
Behandlung der Fremdvölkischen im Osten" zu Papier gebracht, die
die Essenz der deutschen Germanisierungs- und Ostpolitik
enthielten. Die Grundidee bestand darin, die Bevölkerung des
Ostens zunächst in möglichst viele Teile zu zersplittern und die
in deutschen Augen "rassisch minderwertigen" - das war die
überwiegende Mehrheit - zu unterdrücken. Himmler sah die Lösung
seiner Probleme in der Erziehung, Sichtung und Siebung der
Jugendlichen. Er schlug vor: "Für die nichtdeutsche Bevölkerung
des Ostens darf es keine höhere Schule geben als die vierklassige
Volksschule. Das Ziel dieser Volksschule hat lediglich zu sein:
Einfaches Rechnen bis höchstens 500, Schreiben des Namens, eine
Lehre, daß es ein göttliches Gebot ist, den Deutschen gehorsam zu
sein und ehrlich, fleißig und brav zu sein. Lesen halte ich nicht
für erforderlich. Außer dieser Schule darf es im Osten überhaupt
keine Schule geben." (2)
In der weitergeführten Version Himmlers
sollte dann "diese Bevölkerung [...] als führerloses Arbeitsvolk
zur Verfügung stehen und Deutschland jährlich Wanderarbeiter und
Arbeiter für besondere Arbeitsvorkommen stellen." (3) Dieses
Vorhaben bezog sich besonders auf das "Generalgouvernement", also
den mittleren und südlichen Teil Polens (Bezirke Warschau,
Krakau, Radom und Lubin). Juristisch war das Generalgouvernement
ein "Nebenland" des Deutschen Reiches, d.h. eine Art Kolonie.
40/41 gab Himmler den Befehl, eine Gesamtkonzeption
auszuarbeiten, die den Rahmen der Germanisierungspolitik in den
bereits annektierten und noch zu erobernden Ostgebieten zwischen
Oder und Ural abstecken sollte.
Die in den vom Generalplan Ost betroffenenen Gebieten lebende Bevölkerung, die nicht dem nationalsozialistischen Rassenideal entsprach, sollte mit Enteignung und Entrechtung, mit Pflicht zur Sklavenarbeit für die neuen Siedler, mit Deportation (nach Sibirien) und durch Ausrottung vertrieben bzw. vernichtet werden: "Es sei zu erwägen, ob nicht durch die Industrialisierung des baltischen Raumes zweckmäßigerweise die rassisch unerwünschten Teile der Bevölkerung verschrottet werden könnten." (6) Einige NS- Funktionäre wollten sie nach Rußland abschieben, andere träumten von einer Dreiklassengesellschaft, bei der die "Fremdvölkischen" im Lande bleiben konnten. So herrschte über das Schicksal der betroffenen Menschen keine Klarheit. Geplant war die Umsetzung des Generalplan Ost in 30 Jahren. Himmler erschien dieser Zeitraum als zu lang und er verkürzte die "Eindeutschung" erst auf 25 und dann auf 20 Jahre. Differenzen zwischen den unterschiedlichen Vorstellungen der SS und des Ostministeriums und Zweifel an der Umsetzung des Planes scheinen aber nicht der Hauptfaktor für das Scheitern der Planung gewesen zu sein. Das Hauptproblem war eher die fehlende Motivation und Stärkung des "Siedlungstriebes", denn das "Volk ohne Raum" drängte bei weitem nicht so heftig in die neuen Siedlungsräume, wie die Propagandisten des Nationalsozialismus verkündeten und wie die Vollstrecker des Germanisierungswahnes wünschten: "Wie aus dem Plan hervorgeht, sollten 14 Millionen Fremdvölkische in dem Raum verbleiben. Ob diese jedoch innerhalb der vorgesehenen Zeit von 30 Jahren wirklich umgevolkt und eingedeutscht werden, erscheint mehr als zweifelhaft, da auch nach dem vorliegenden Plan die Anzahl der deutschen Siedler nicht gerade beträchtlich ist." (7)
Noch im August 1944 verkündete
Himmler unter stürmischem Beifall: "Über das Problem, daß wir die
Hunderttausende von Quadratkilometer [...], die wir verloren
haben, im Osten wieder holen, brauchen wir uns überhaupt nicht zu
unterhalten. Das ist ganz selbstverständlich. Das Programm ist
unverrückbar. [...] Wenn es den Kosaken geglückt ist, sich für
den russischen Zaren bis ans Gelbe Meer durchzufressen und das
gesamte Gebiet allmählich zu erobern, dann werden wir und unsere
Söhne es in drei Teufels Namen fertigbringen, Jahr für Jahr,
Generation für Generation unsere Bauerntrecks auszurüsten und von
dem Gebiet, das wir zunächst hinter der militärischen Grenze
haben, immer einige hundert Kilometer zunächst mit Stützpunkten
zu versehen und dann allmählich flächenmäßig zu besiedeln und die
anderen herauszudrängen. Das ist unsere Aufgabe." (10)
Im gleichen Monat erreichte die Rote Armee Ostpreußen, und wenig
später begann die Flucht aus den Ostgebieten.
Nach der militärischen Zerschlagung des Nationalsozialismus sollte gemäß
des Willens der Alliierten das deutsch-polnische Problem durch
die Vertreibung aller Deutschen aus Polen auch aus dem künftigen
polnischen Territorium radikal gelöst werden. Angesichts der
deutschen Herrschaft auf polnischem Boden und der deutschen
Besatzungspolitik 1941-44 in Rußland waren Regungen des Mitleids
für die künftigen Betroffenen der Vertreibung unwahrscheinlich.
(11)
Der Drang von Nationalsozialismus und Kapital nach Osten und
die Methoden, mit denen er für kurze Zeit verwirklicht wurde,
zerstörten auch die Grundlagen des Zusammenlebens der
deutschsprachigen Bevölkerung in Rumänien, in Ungarn, in der
Tschechoslowakei, in Jugoslawien und in Rußland mit ihrer
Umgebung, so daß auch diese Menschen zu großen Teilen ihre
bisherigen Wohnorte verlassen mußten.
Diese Umsiedlung war dabei
nichts anderes als die sinnvolle und gerechtfertigte Konsequenz
aus der deutschen Greuelherrschaft über die Staaten Osteuropas!
Anmerkungen: