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Die Sudetendeutsche Landsmannschaft (SL)
Entstehung / Geschichte / Struktur

Die Sudetendeutsche Landsmannschaft (SL), eine der aggressivsten revanchistischen Landsmannschaften im BdV, durch Schirmherrschaft der Regierung Bayerns seit 1954 kräftig unterstützt, macht alljährlich mit ihren Pfingsttreffen ("Sudetendeutscher Tag") auf sich aufmerksam. Da sind immer wieder Äußerungen zu hören wie "das Unrecht der Vertreibung", "die offene deutsche Frage", "Selbstbestimmungsrecht auch für Sudetendeutsche", "Recht auf Heimat", "Gerechtigkeit schafft Frieden" sowie die Forderung "Rückgabe des Sudetengebiets an die Sudetendeutschen". Wer oder was ist ein Sudetendeutscher? Die SL definiert das in ihrer Satzung wie folgt: (§4)
1.
Sudetendeutscher ist ein Deutscher, der in einer Gemeinde der Länder Böhmen, Mähren oder Schlesien geboren ist oder das Heimatrecht hatte.
2.
Als Sudetendeutscher gilt ein Deutscher, der von mindestens einem Eltern- oder Großelternteil, der Sudetendeutscher ist, abstammt oder mit einem Ehegatten, der Sudetendeutscher ist oder als Sudetendeutscher gilt, verheiratet ist.
3.
Als Sudetendeutscher gilt auch ein Deutscher, der in einer Gemeinde der Länder Böhmen, Mähren oder Schlesien längere Zeit gewohnt hat und seine Verbundenheit mit der deutschen Volksgruppe bekundet.
4.
Einem Sudetendeutschen gleichgestellt ist auch ein Deutscher, der den Zweck der Sudetendeutschen Landsmannschaft (§3) bejaht und seine Verbundenheit mit der sudetendeutschen Volksgruppe durch den Erwerb der Mitgliedschaft der Sudetendeutschen Landsmannschaft bekundet."
(Jahrweiser für Amtsträger der SL, 1986)

Im Vertrag über die gegenseitigen Beziehungen der CSSR und der BRD vom Dezember 1973 heißt es in Artikel IV: "2) Sie erklären, daß sie gegeneinander keinerlei Gebietsansprüche haben und solche auch in Zukunft nicht erheben werden." Merkwürdig ist, daß die Politik der SL, die gegen die von der BRD abgeschlossenen völkerrechtlich gültigen Verträge verstößt, von führenden Politikern aus CDU/CSU verbal und finanziell unterstützt wird. Im folgenden soll über die SL bezüglich ihrer Entstehung, Gliederung, Aktivitäten und ihrer Unterstützung durch CDU/CSU informiert werden.

Warum wurden die Deutschen aus der Tschechoslowakei ausgewiesen?

Da die SL ständig behauptet, daß die in dem Potsdamer Abkommen (August 1945) beschlossene Ausweisung der Deutschen aus der wiederhergestellten Tschechoslowakei "Unrecht" gewesen sei, kommen wir nicht daran vorbei, uns die politischen Ereignisse zwischen 1918 und 1945 ins Gedächtnis zu holen. Als Ergebnis des ersten Weltkrieges zerfiel die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn. Die Tschechen und Slowaken erkämpften sich nach jahrhundertelanger Unterdrükkung wieder staatliche Selbständigkeit und nationale Unabhängigkeit. Im Friedensvertrag der Siegermächte des ersten Weltkrieges vom 6. September 1919 in St. Germain mit Österreich wurden die Errichtung der CSR bestätigt und die Grenzen zwischen Österreich und der Tschechoslowakei festgelegt. Die Grenzen Deutschlands wurden im Vertrag von Versailles festgelegt.
Als Antwort auf den Vertrag von St. Germain wurden in Teilen der deutschen Minderheit Forderungen nach Anschluß an "Deutsch-Österreich" bzw. die Errichtung eines "eigenen Staates Böhmen-Mähren" laut. Die Alliierten und die Regierung der CSR wiesen diese Forderungen zurück. Die CSR gewährte aber der deutschen Minderheit demokratische Rechte, weitgehende Kulturautonomie u.a.m.. Seit Kriegsende bildeten sich unter den Deutschen in der CSR nationalistische und faschistische Gruppierungen und Parteien, welche die neu gegründete CSR zerschlagen wollten, so z.B. die völkische "Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei" (DNSAP) und die von Dr. Rudolf Ritter Lodgman von Auen geführte "Deutsche Nationalpartei" (DNP)

Dr. Rudolf Ritter Lodgman von Auen (Jahrgang 1877)
1911 Mitglied des Österreichisch-Ungarischen Reichsrates in der Donaumonarchie
1918 Landeshauptmann von Böhmen und Mähren
1919 Vorsitzender der "Deutschen Nationalpartei" DNP (bis 1925)
1948 Präsidiumsmitglied der "Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung sudetendeutscher Interessen"
1949 Sprecher der SL (bis 1959)

Am Tag des Einmarschs der NS-Wehrmacht in die CSR im Oktober 1938 sandte von Auen ein Telegramm an Hitler, in dem es u.a. hieß: "Am Tage des Einmarsches der deutschen Truppen in Teplitz-Schönau begrüße ich Sie, mein Führer, als Vertreter des Reiches aus übervollem Herzen [...] Sie, mein Führer, haben uns Vaterland und Heimat, dem deutschen Volk die Selbstachtung und den Glauben an seine nationale Idee gegeben." Dr. Lodgman von Auen unterzeichnete mit "einst Landeshauptmann von Deutschböhmen".
Die DNP zerfiel Mitte der zwanziger Jahre, viele Mitglieder schlossen sich der DNSAP an. Die DNSAP hat sich Anfang Oktober 1933, einen Tag vor ihrem Verbot durch die Regierung der CSR, aufgelöst.
Am 1. Oktober 1933 rief der Turnlehrer Konrad Henlein zur Gründung der "Sudetendeutschen Heimatfront" (SHF) auf: "Ich rufe daher über alle Parteien und Stände hinweg zur Sammlung des gesamten Sudetendeutschtums auf und stelle mich an die Spitze dieser Bewegung."

Kundgebung der SHF 1934 Kundgebung der SHF 1934

Der SHF schlossen sich die Mitglieder der aufgelösten faschistischen Parteien sowie die mitgliederstarke "Sudetendeutsche Turnerschaft" an. Was hier unter "turnen" zu verstehen ist, führte Henlein 1939 bei einer Sitzung des Verbandsturnrates aus: "Der allgemeine Turnbetrieb ist die Grundlage zur Schaffung eines wehrkräftigen Körpers. [...] Der wehrkräftige Mann muß vor allem lernen: a) Marschieren [...], b) Geländeturnen [...], c) Kleinkaliberschießen [...], d) Kartenlesen." (Jahn, Rudolf: Konrad Henlein, Karlsbad-Drahowitz 1938, S.83) Die engsten Berater Henleins waren Mitglieder des "Kameradschaftsbundes" (KB). Die Funktion des KB innerhalb der SHF war ähnlich der späteren Funktion des "Witikobundes" (WB) in der SL. Einige KB-Mitglieder waren später auch beim WB, so z.B. Walter Brand (Leiter der Kanzlei Henleins, 1950-52 Vorsitzender des WB) und Walter Becher (1956-58 WB-Vorsitzender).
Die SHF wurde aus dem faschistischen Deutschland durch den "Volksbund für das Deutschtum im Ausland" (VDA) und den "Volksdeutschen Rat" (VR) unterstützt und entwickelte sich zur fünften Kolonne Hitlers, die den Staat Tschechoslowakei zerschlagen sollte.
Zu den Wahlen am 19. Mai 1935 mußte die SHF sich in "Sudetendeutsche Partei" (SdP) umbenennen. Die SdP wurde von fast 70% der deutschen Minderheit in der CSR gewählt und wurde stärkste Partei im Prager Parlament. Henlein hatte sich um keinen Parlamentssitz beworben, Führer der SdP-Fraktion wurde Karl Hermann Frank (früher DNSAP).
Nach der Gründung der SHF erklärte Henlein am 8. Oktober 1933, daß die Deutschen und die Tschechen in diesen Ländern jahrhundertelang nebeneinander gelebt und in guten wie schlechten Zeiten ihr Schicksal gemeinsam getragen hätten. Die Sudetendeutschen empfänden viel zu sehr die Kraft ihrer Vergangenheit, um ernsthaft an eine Zerreißung dieses Gebietes denken zu können.
Diese eher loyalen Töne wurden mit der Zeit immer provozierender. So proklamierte Henlein auf dem Parteitag der SdP am 24. April 1938 das "Karlsbader Programm", in dem es u.a. hieß:

Die Aktivitäten der SdP waren zeitlich sehr genau mit denen der Hitlerfaschisten abgestimmt. Henleins SdP steigerte ihre Aktivitäten unmittelbar nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Österreich am 13. März 1938 und der Einverleibung dieses Landes in das "Deutsche Reich". Ende Juli 1938 marschierten unter Führung Henleins in Breslau 30 000 sudetendeutsche Turner und Turnerinnen in grauer Uniform an Hitler vorbei und skandierten: "Ein Volk, ein Reich, ein Führer" und: "Heim ins Reich".
Im Oktober 1938 nach dem Einmarsch der Wehrmacht in weiten Gebieten der CSR wurde der NSDAP-Gau "Sudetenland" mit Henlein als Gauleiter errichtet, womit der CSR ein Drittel ihres Gebietes und ihrer Bevölkerung und ca. 40% ihrer Industrie verloren gingen. Im März 1939 folgte die Einverleibung des Rests der Tschechoslowakei durch die Errichtung des "Protektorats Böhmen und Mähren".

15. März 1939 15. März 1939: Einmarsch der Wehrmacht in Prag

Der Umstand, daß Hitler-Deutschland große Teile der CSR-Bevölkerung als Arbeitskräfte brauchte, um den Expansionskrieg vorzubereiten und führen zu können, bewahrte die Bewohner der CSR vor dem Schicksal, das ihnen der "Führer" schon 1932 zugedacht hatte. Der Plan der Vertreibung und Vernichtung der Tschechen blieb jedoch weiterhin gültig. Ein solcher Plan wurde im April 1944 in Karlsbrunn von Reichsprotektor Karl Hermann Frank einem auserwählten Kreis von NSDAP-Funktionären vorgetragen:

"Das Fernziel nationalsozialistischer Reichspolitik in Böhmen und Mähren muß auf die Wiedergewinnung des Bodens und der auf ihm siedelnden Menschen für das deutsche Volkstum und für die Reichsidee gerichtet sein. Um dies erreichen zu können, gibt es zwei Möglichkeiten: entweder

A.
die totale Aussiedlung der Tschechen aus Böhmen und Mähren in ein Gebiet außerhalb des Reiches oder
B.
bei Verbleiben des Großteils der Tschechen in Böhmen und Mähren die gleichzeitige Anwendung vielfältigster der Assimilation und Umvolkung dienenden Methoden nach einem X-Jahresplan.
Dabei können drei Grundlinien verfolgt werden:
1.
Die Umvolkung der rassisch geeigneten, also blutmäßig für uns erwünschten Tschechen.
2.
Die Aussiedlung von rassisch unverdaulichen Tschechen und aller destruktiven Elemente der reichsfeindlichen Intelligenzschicht.
3.
Die Neubesiedlung dadurch frei gewordenen Raumes mit frischem Blut."
("Neue Kommentare", 7-8/1975, S.10/11)

Unter den Teilnehmern dieses Treffens waren u.a. auch Personen, die später eine bedeutende Rolle in der SL spielten:


Mai 1945 Mai 1945: Die Rote Armee befreit Prag

Das faschistische Deutschland verlor den Krieg, die Tschechoslowakei wurde wiederhergestellt. Nicht zuletzt wegen des aktiven Mitwirkens der Henlein-Faschisten an der Zerschlagung der bürgerlichen CSR und der faschistischen Greueltaten bis 1945 verfügten die Alliierten im Potsdamer Abkommen unter Artikel XIII "die Überführung der deutschen Bevölkerung oder Bestandteile derselben, die in Polen, Tschechoslowakei und Ungarn zurückgeblieben sind, nach Deutschland".

Wie ist die Sudetendeutsche Landsmannschaft entstanden?

Landsmannschaftliche Zusammenschlüsse der Umsiedler wurden von den Alliierten untersagt, da deren Ziel die Revision der alliierten Abmachungen war. Ausgenommen von diesem Koalitionsverbot waren örtliche Zusammenschlüsse der Umsiedler zum Ziel der besseren Eingliederung der Neubürger.
In den westlichen Besatzungszonen wurde dieses Koalitionsverbot der Alliierten unterlaufen. In "christlichen Hilfsstellen" und "Hilfskomitees" begannen sudetendeutsche Henlein-Faschisten die politische und organisatorische Planung der SL. In der Münchner "Hilfsstelle der Sudetendeutschen" war von Anfang an Dr. Walter Becher tätig, ehemals Redakteur beim NSDAP-Gauorgan "Die Zeit", später langjähriger Sprecher der SL.
Von 1946 bis 1951 wurden drei "sudetendeutsche Gesinnungsgemeinschaften" gegründet, deren führenden Repräsentanten gemeinsam die Gründung der SL vorbereiteten: die christliche "Ackermann-Gemeinde" (16.8.1946), der völkische "Witikobund" (9.11.1947) sowie die sozialdemokratische "Seliger-Gemeinde" (10.11.1951). Unterstützt wurden diese Vorbereitungen vor allem vom späteren Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer. Er beantragte am 10.4.1947 im Deutschen Zonenbeirat der britischen Zone, "die britische Militärregierung zu bitten, das Verbot der Bildung von Vertriebenen-Organisationen aufzuheben".

Die "Eichstätter Erklärung"

Am 14.7.1947 gründeten Richard Reitzner (SPD), Hans Schütz (CSU), Dr. Emil Franzel (CSU), Dr. Walter Becher (BHE (Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten)/CSU) und Dr. Ziegler in München die "Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung sudetendeutscher Interessen", die später in "Sudetendeutscher Rat" umbenannt wurde. Nach seiner Übersiedlung von der sowjetischen in die amerikanische Besatzungszone trat Dr. Lodgman von Auen dieser "Arbeitsgemeinschaft" bei und wurde am 27.7.1948 in das Präsidium aufgenommen. Trotz Koalitionsverbot wirkte diese Arbeitsgemeinschaft nicht nur im Stillen, sondern nahm zu internationalen Ereignissen Stellung, wie z.B. in dem Memorandum über die "besondere politische und juristische Lage der Sudetendeutschen", welches sie 1948 der Londoner Konferenz der alliierten Mächte zukommen ließen. Im Dezember 1949, dem Jahr, in dem Adenauer zum Kanzler der ersten Bundesregierung avancierte, trafen sich Repräsentanten der drei sudetendeutschen Gesinnungsgemeinschaften in Eichstätt. Dort einigte man sich auf die "Eichstätter Erklärung", in der es u.a. heißt:
"Unsere unabdingbare Forderung ist die Rückgabe der Heimat in den Sprach- und Siedlungsverhältnissen von 1937. [...] Keine Neugestaltung Europas kann an dem zentralen Problem einer neuen staatsrechtlichen Ordnung des Donauraumes und der übrigen von der Sowjetunion seit 1945 besetzten und beherrschten Gebiete vorübergehen. Gleichzeitig aber geht es um die Herstellung eines tragbaren Verhältnisses zwischen Deutschland und seinen westslawischen Nachbarn. Die Voraussetzung auch dafür wäre die Bereitschaft der Tschechen und Polen, den vertriebenen Deutschen ihre Heimat zurückzugeben."

Diese Erklärung wurde von 17 Personen unterzeichnet, z.B. von:

Am 14.2.1950 empfing Bundeskanzler Adenauer die sudetendeutschen Mitglieder des Bundestags Hans Schütz (CSU), Richard Reitzner (SPD) sowie Dr. Walter Zawadil-Veith (FDP) und bekam von ihnen die "Eichstätter Erklärung" überreicht.

Sudetendeutscher Tag

Die "Detmolder Erklärung"

Am 24./25. Januar 1950 fand in Detmold eine Beratung der Vertreter der inzwischen gegründeten "sudetendeutschen landsmannschaftlichen Landesverbände von Bayern, Hessen, Nordrhein/Westfalen, Niedersachsen-Bremen und Schleswig/ Holstein-Hamburg" statt. Dort wurde der "Hauptverband der Sudetendeutschen Landsmannschaft für ganz Westdeutschland" gegründet, dessen vorläufiger Sprecher Dr. Rudolf Lodgman von Auen wurde. Bei diesem Treffen wurde die "Detmolder Erklärung" verabschiedet, in der auch "wesentliche Gedanken der Eichstätter Erklärung" aufgenommen wurden. In dieser heißt es u.a.:
"Die Sudetendeutsche Landsmannschaft betrachtet sich als die außerhalb der Heimat gegebene Gestaltung der sudetendeutschen Volksgruppe und diese als Glied des deutschen Volkes. [...] Die sudetendeutsche Volksgruppe betrachtet es als ihre Aufgabe, sich dem deutschen Volke zu erhalten, ihr Heimatbewußtsein und den Rechtsanspruch auf ihre Heimat wachzuhalten und ihr grenzdeutsches Erfahrungsgut dem Deutschtum zu vermitteln. Ihr Ziel ist die Wiedergewinnung der Heimat. [...] Sie will zum Zeitpunkt einer Gestaltungsmöglichkeit, die ihr die Wiedergewinnung ihrer Heimat verspricht, geschlossen bereitstehen."

Das Prager Abkommen und die "Obhutserklärung für die Sudetendeutschen"

Am 23.6.1950 stellten die Regierungen von CSR und DDR in ihrer Prager Erklärung u.a. fest: "Unsere beiden Staaten haben keine Gebiets- oder Grenzansprüche. [...] ihre Regierungen betonen ausdrücklich, daß die durchgeführte Umsiedlung der Deutschen aus der CSR unabänderlich, gerecht und endgültig gelöst ist." Darauf antwortete der Deutsche Bundestag mit der am 14.7.1950 gegen die Stimmen der KPD beschlossenen "Obhutserklärung für die Sudetendeutschen", worin es u.a. heißt: "Das Prager Abkommen ist nicht vereinbar mit dem unveräußerlichen Anspruch des Menschen auf seine Heimat. Der Deutsche Bundestag erhebt deshalb feierlich Einspruch gegen die Preisgabe des Heimatrechtes der in die Obhut der Deutschen Bundesrepublik gegebenen Deutschen aus der Tschechoslowakei und stellt die Nichtigkeit des Prager Abkommens fest." Auf diese "Obhutserklärung" aus dem Jahre 1950 beruft sich die SL bis in die heutige Zeit.

Hans-Christoph Seebohm, erster Bundesminister als Funktionär der SL

Am 23. März 1950 trafen sich die damals amtierenden Vorstandsmitglieder des "Witikobundes" Dr. Zawadil-Veith, Ing. Staffen und Dr. Brand mit dem Bundesverkehrsminister Dr. Ing. Hans-Christoph Seebohm (Deutsche Partei, später CDU). Die "Witikonen" baten Seebohm, an führender Stelle in der SL mitzuarbeiten. Wenige Wochen später, beim "1. Sudetendeutschen Tag" in Kempten, gehörte Seebohm bereits zu den Hauptrednern und wurde vom Hauptvorstand zum Stellvertreter des Sprechers der SL gewählt. Er wurde Mitglied des "Sudetendeutschen Rates", Präsident der SL-Bundesversammlung, Mitglied des Präsidiums des BdV. 1959 wurde Bundesminister Seebohm als Nachfolger von Lodgman von Auen Sprecher der SL. Somit war die SL nicht nur durch einige Funktionäre im Bundestag, sondern auch am Bonner Kabinettstisch vertreten. Seebohm war zwar kein "Vertriebener", doch beweist ein Artikel im NSDAP-Gauorgan "Die Zeit" vom 3. Januar 1939 seine wirtschaftlichen Interessen. Der Artikel berichtet über die "Arisierung der Britannia-Kohlenwerke A.G." und dort heißt es: "Die Verwaltungsratsmitglieder [...] haben ihre Mandate in dem Verwaltungsrat der Britannia Kohlenwerke AG in Königswerth bei Falkenau und der Vereinigten Britannia Kohlenwerke AG in Seestadt bei Brüx niedergelegt. In den Verwaltungsrat der beiden Gesellschaften sind durch Kooptierung getreten: [...], und Bergassessor Dr. Hans-Christoph Seebohm."

Die Gliederungen der SL

Die SL ist auf verschiedenste Weise gegliedert. Zum einen besteht die Gebietsgliederung auf Bundes-, Landes-, Kreis- und Ortsebene, zum anderen bestehen sogenannte Heimatgliederungen, die sich in Heimatlandschaften, Heimatkreisen und Heimatgemeinden aufteilen.

Organigramm Organigramm der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Der Bundesvorstand der SL

Der Bundesvorstand der SL versteht sich als "Regierung der Sudetendeutschen Volksgruppe im Exil".

Die Bundesversammlung der SL

Die Bundesversammlung der SL, das höchste Gremium der SL, versteht sich als "Exilparlament" und wird alle vier Jahre von Mitgliedern der SL und der "Heimatgliederungen" gewählt. Die Bundesversammlung der SL, der auch ein paar Vertreter der Sudetendeutschen Landsmannschaft Österreich (SLÖ) angehören, tagt regelmäßig im Münchener Maximilianeum, dem Parlamentsgebäude des Landes, das die "Schirmherrschaft über die sudetendeutsche Volksgruppe" übernommen hat. Dort wird dann neben der bayrischen auch die sudetendeutsche Fahne aufgezogen.

Maximilianeum in München Maximilianeum in München (Tagungsort der SL-Bundesversammlung)

Der Präsident der Bundesversammlung war 1986 Walter Stain. Stain war Minister in der Bayerischen Staatsregierung (1954 bis 1962), Mitglied im "Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten" (BHE) und wurde im Oktober 1986 zum Bundesvorsitzenden des "Witikobundes" gewählt.

Der "Sudetendeutsche Rat e.V." (SR)

Wie schon erwähnt, wurde der SR am 14.7.1947 gegründet. Der SR kümmert sich um die sogenannte sudetendeutsche Heimatpolitik, die Vertretung und Werbung ihrer revanchistischen Forderungen auf Territorien der CSSR. Der SR nennt in einem Faltblatt aus dem Jahr 1986 noch eine weitere Aufgabe: die "Koordinierung der heimatpolitischen Bestrebungen der Sudetendeutschen mit den Auffassungen der im Bundestag vertretenen politischen Parteien." Der SR besteht aus 30 Mitgliedern, die eine Hälfte gewählt von der Bundesversammlung der SL, die andere Hälfte benannt von im Bundestag vertretenen Parteien. Der SR publiziert "Manifeste", "Dokumentationen" und Erklärungen, welche auch in politischen Kreisen der USA, Kanada, Großbritannien und in den skandinavischen Ländern verbreitet werden. Die Geschäftsstelle des SR befindet sich in dem "Sudetendeutschen Haus", Hochstraße 8, 81669 München.

Die Heimatgliederungen der SL

Die Heimatgliederungen sind unterteilt in Heimatlandschaften, Heimatkreise und Heimatgemeinden. Die Heimatlandschaften (z.B.: "Adlergebirge", "Böhmerwald", "Egerland", "Kuhländchen") setzen sich aus Heimatkreisen zusammen, "die durch ein gemeinsames landschaftlich stammliches Kulturerbe der Heimat miteinander verbunden sind". In den Heimatkreisen sind jene Heimatgemeinden zusammengefaßt, die "den politischen Land- und Stadtkreisen der Heimat entsprechen sollen". Die Heimatgemeinden bemühen sich mit Hilfe von "Heimatsortskarteien" so viel wie möglich ehemalige Bewohner der Orte in der Tschechischen Republik sowie ihre Nachkommen zu erfassen und für die Tätigkeiten der sudetendeutschen Organisationen und deren Politik zu interessieren. Die sogenannten "Gemeinde-, Landschafts- und Heimatkreisbetreuer" bilden den "Sudetendeutschen Heimatrat", deren Vorsitzender automatisch Mitglied des Bundesvorstandes der SL als "Bundesreferent für die Heimatgliederungen" ist. Dieser "Heimatrat" tagt alljährlich im Spätherbst unter der Bezeichnung "Sudetendeutscher Heimattag". Wesentlichen Anteil haben die "Heimatgliederungen" der SL bei der Mobilisierung der BesucherInnen zum "Sudetendeutschen Tag", an dem i.a. mehrere 100.000 BesucherInnen teilnehmen. Die "Heimatgliederungen" publizieren sogenannte "Heimatblätter" (1986 waren es 65, die Auflagen bewegten sich von wenigen hundert bis zu mehreren tausend). Laut Presseinformation der SL anläßlich des "Sudetendeutschen Tages" 1986 haben die "Heimatblätter" "zusammen eine Auflage von 180.000 Exemplaren bei meist monatlicher Erscheinungsweise".

Das Patenschaftswesen

Ein weiterer wichtiger Stützpfeiler der Revanchistenverbände sind die Patenschaften, da sich hierbei die Länder und Kommunen der BRD finanziell beteiligen. Am 15. Dezember 1953 vereinbarten die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Gemeindetag und Deutscher Städtebund) und der "Verband der Landsmannschaften" (VdL, nach 1958 im BdV aufgegangen) die "Richtlinien für die Übernahme von Patenschaften über ostdeutsche Gemeinden und Landkreise". Hierin heißt es zum Inhalt der Patenschaften:
"3. Auf folgende Einzelmaßnahmen kann verwiesen werden:
a)
Führung von Heimatkarteien und Einrichtungen von Auskunftsstellen.
b)
Abhalten von Heimattreffen.
c)
Schaffung einer 'Heimatstube' oder eines 'Hauses' des ostdeutschen Partners.
d)
Benennung von Straßen, Plätzen oder Gebäuden nach dem ostdeutschen Partner oder nach seinen hervorragenden Bürgern.
e)
Anbringung des Wappens oder regelmäßige Hissung der Flagge des ostdeutschen Partners; Ausschmückung der öffentlichen Gebäude mit Bildern aus der alten Heimat.
f)
Besondere Berücksichtigungen ostdeutscher Kulturgüter in den öffentlichen Büchereien, in den Museen, in den Ausstellungen, im Schulunterricht, in den Volksschulen usw.
g)
Sammlung von Kulturgut und Archivgut des ostdeutschen Partners.
h)
Gewährung von Unterstützung und Stipendien, von Erholungsaufhalten für Kinder und sonstige Fürsorgemaßnahmen, Beteiligung an Hilfsaktionen für die in der alten Heimat verbliebenen Bürger."

Das Arbeits- und Sozialministerium des Landes Nordrhein-Westfalen veröffentlichte 1961 eine Schrift mit dem Titel "Das West-Ostdeutsche Patenschaftswerk in Nordrhein- Westfalen", in dem es u.a. heißt:
"Durch diese Bindung eines ostdeutschen Gemeindewesens an eine westdeutsche Kommune wird aber auch vor aller Welt in entscheidener Weise zum Ausdruck gebracht, daß diese Städte und Kreise eindeutig deutsch sind und die Patengemeinden ohne Einschränkung als Zeugen und Verteidiger für diese Tatsache einstehen [...] Die Menschen dieser Stadtgemeinden, dieser Bürger- und Bauernschaften sind in ihren Gemeinschaftsbildungen zu erfassen und zu sammeln, um den Pulsschlag der alten Heimatgemeinschaften neu zu beleben. [...] Kinder, die sonst keine Erinnerungen mehr an ihre alte Heimat haben, werden hier neu in den Kreis eingeführt und erleben im Verweilen und in den Gesprächen die Heimatgemeinschaft ihrer Eltern". (S.10 f.)
Laut Presseinformation der SL zum "Sudetendeutschen Tag" 1986 "haben 138 Gemeinden, Städte bzw. Landkreise Patenschaften über sudetendeutsche Orte oder Landschaften übernommen".

Die Schirmherrschaft Bayerns über die SL

Neubauer und Stoiber Franz Neubauer (Chef der SL) und Edmund Stoiber (CSU)

Anläßlich des "Sudetendeutschen Tages" 1954 übernahm die Bayerische Staatsregierung die "Schirmherrschaft über die sudetendeutsche Volksgruppe". In der "Schirmherrschafts-Urkunde" vom 7.9.1962 heißt es u.a.: "Die Bayerische Staatsregierung betrachtet die sudetendeutsche Volksgruppe als einen Stamm unter den Stämmen Bayerns. Sie bekennt sich zum Heimat- und Selbstbestimmungsrecht der Sudetendeutschen, das sie jederzeit mit dem ganzen Gewicht ihres Einflusses vertreten will. Sie will stets bestrebt sein, das Volkstum der Sudetendeutschen zu erhalten und ihrer Landsmannschaft und deren Einrichtungen als Vertretung der sudetendeutschen Volksgruppe bei der Wahrnehmung der heimatpolitischen, kulturellen und sozialen Aufgaben ideell und finanziell zu fördern."

Die Sudetendeutsche Stiftung

Ein wesentliches Mittel der finanziellen Förderung ist die "Sudetendeutsche Stiftung". Der Gesetzestext über diese Stiftung wurde am 5. August 1970 vom damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Alfons Goppel (CSU) dem damaligen Vorsitzenden des Bundesvorstands der SL, Dr. Franz Böhm, offiziell überreicht. Der damalige bayerische Staatsminister Dr. Fritz Pirkl (CSU) sagte auf dem "Sudetendeutschen Tag" 1972 in Stuttgart: "Der Freistaat Bayern hat mit einer Zuwendung von 200.000 DM und die Sudetendeutsche Landsmannschaft mit 100.000 DM das Grundstockvermögen der Stiftung geschaffen." 1974 erhielten landsmannschaftliche Einrichtungen auf Grund des "Westvermögensabwicklungsgesetzes" durch die Bundesregierung 29 Millionen DM. Diese Mittel stammen aus Guthaben von Kreditinstituten aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und aus dem NS-Gau "Sudetenland". Die "Sudetendeutsche Stiftung" erhielt davon den größten Einzelbetrag von 12 Millionen DM. 1984 erklärte der Vorsitzende der "Sudetendeutschen Stiftung", Dr. Fritz Wittmann (MdB CSU): "In den abgelaufenen zehn Jahren sind dann bis heute aus dem Westvermögen sudetendeutscher Institute der Sudetendeutschen Stiftung ca. 23 Millionen DM zugeflossen."

Das Sudetendeutsche Haus

Am 24. März 1974 beschloß die bayerische Staatsregierung, ein "Sudetendeutsches Zentrum" zu errichten. Als dieses 22- Millionen-DM-Projekt fertiggestellt war, wurde es in "Sudetendeutsches Haus" umbenannt und der SL übergeben. Der größte Teil der Finanzierung dieses Projekts wurde wie folgt zusammengetragen: 11 Millionen DM bayerische CSU-Regierung 3.6 Millionen DM Bayerische Landesstiftung 6.9 Millionen DM Sudetendeutsche Stiftung Der Rest wurde von Spenden aus den Gliederungen der SL aufgebracht. An den Spenden beteiligten sich auch Patenkommunen wie z.B Kaufbeuren, Stadt Kempten, Stadt Passau und Stadt Reutlingen. Das "Sudetendeutsche Haus" befindet sich in München (Hochstr. 2) in räumlicher Nachbarschaft zum "Haus des Deutschen Ostens" (Am Lilienberg 5). In diesem Haus, dessen Rechtsträger die "Sudetendeutsche Stiftung" ist, befinden sich die Geschäftsstellen einer Vielzahl gewichtiger Einrichtungen und Organisationen der SL:

Gestern Statik, morgen Dynamik

Zeitzeichen 3 Zeitzeichen 3

Warum die Vertriebenenverbände bis heute ihre Wühlarbeit immer noch nicht aufgegeben haben, erklärte Wilfried Hasselmann (seinerzeit niedersächsischer CDU-Vorsitzender und stellvertretender Ministerpräsident) 1986 auf einer "deutschlandpolitischen Tagung" des BdV. Er sagte, daß "angesichts der bestehenden Machtstrukturen einschneidende Veränderungen in überschaubarer Zeit nicht erwartet werden können. Daraus ergebe sich für die Vertriebenen eine besondere Überbrückungsfunktion. Sie müssen die Erinnerung an ein deutsches Ostpreußen, Schlesien und Pommern aus dem Heute der Statik in ein Morgen der Dynamik hinüberretten." ("Das Ostpreußenblatt", 7. Juni 1986) Nun scheint ab 1989 für die SL die Zeit "der Dynamik" gekommen zu sein.

Die "Deutsch-tschechische Erklärung"

Nach jahrelangen Verhandlungen zwischen der BRD und der Tschechischen Republik wurde die Erklärung am 10. Dezember 1996 der Öffentlichkeit präsentiert. Mit der Zusage, die Aufnahme der Tschechischen Republik in die EU zu unterstützen, erkaufte sich die BRD das Bedauern der tschechischen Seite, daß durch die "Aussiedlung der Sudetendeutschen [...] unschuldigen Menschen viel Leid und Unrecht zugeführt wurde". Das Potsdamer Abkommen hingegen wird in der Erklärung nicht erwähnt.

Roland Schnürch, Vizepräsident der SL-Bundesversammlung und Mitglied des SR, schrieb am 20.12.1996 in der rechtsextremen "Jungen Freiheit" unter der Überschrift "Verhöhnung statt Versöhnung":
"Weggefallen [aus einer früheren Fassung, d.V.] ist lediglich die 'Mitwirkung tschechoslowakischer Bürger deutscher Abstammung an der Zerschlagung der CSR'. Damit wollte man das legitime, auf dem Selbstbestimmungsrecht fußende Wirken der Sudetendeutschen herabsetzen. [...] Neu und völlig abwegig ist in dem Text die 'Flucht und Vertreibung von Menschen' nach 1938 aus den deutschen Gebieten, eine raffinierte Umschreibung der Geschichtslegende, daß Tschechen vertrieben worden seien. [...] Kausale Zusammenhänge der NS-Gewaltpolitik und des Verbrechens der Vertreibung sind falsch. Die Erklärung gibt damit der tschechischen Seite eine Alibibegründung für die Vertreibung [...] Die Vertreibung war Völkermord (Felix Ermacora) und kann nicht mit Aufteilung in 'Vertreibung sowie zwangsweise Aussiedlung' verharmlost werden. Unerträglich ist, daß die 'deutsche Seite' die Verantwortung für alle Untaten (damit auch für die Vertreibung der Deutschen) übernimmt, was Folgen nach sich zieht, die 'tschechische Seite' nur 'bedauert', ohne sich zur Verantwortung und damit zu einer zumutbaren Wiedergutmachungspflicht zu bekennen. [...] Die Bundesregierung hat die Sudetendeutschen bei den Verhandlungen fast so ausgegrenzt, wie sie es 1919 beim Diktat von St. Germain erleben mußten. [...] Der erweiterte Bundesvorstand der Sudetendeutschen Landsmannschaft hat die Erklärung einmütig abgelehnt und gerügt: 'Aus dem Denken in den Kategorien von Ursache und Wirkung heraus übernimmt die deutsche Seite sogar die Verantwortung für die Vertreibung der Sudetendeutschen.'"

Obwohl es unter Ziffer 4 der Erklärung heißt, daß beide Seiten "ihre Beziehungen nicht mit aus der Vergangenheit herrührenden politischen und rechtlichen Fragen belasten werden", vertrat Kohl am 22. Januar 1997 bei seinem Besuch in Prag die Meinung, die Frage des Vermögens der Vertriebenen bliebe in der Erklärung offen.
Es kann also, auch wenn die SL die beschlossene Erklärung ablehnt, keine Entwarnung gegeben werden!


Literatur:

Georg Herde/Alexa Stolze, Die Sudetendeutsche Landsmannschaft, Pahl-Rugenstein Köln 1987

ID-SCHLESWIGHOLSTEIN@BIONIC.zerberus.de 26.09.1996, "Chemische Auflösung" - Die Zerschlagung der CSR

ID-SCHLESWIGHOLSTEIN@BIONIC.zerberus.de 14.08.1995, "Durchtriebene-Vertriebene"

Sudetendeutsche als fünfte Kolonne des III. Reiches, Antifaschistisches INFO-Blatt Nr.36, S.35