nadir start
 
initiativ periodika Archiv adressbuch kampagnen suche aktuell
Online seit:
Thu Jan  4 20:06:23 2001
 

Patrioten, Pfaffen und Politiker

AQuadrat

Vorwort | Das Studienzentrum Weikersheim | Zur Person | Ideologie der Neuen Rechten | Gegenstrategien | Anhang
zur AQuadrat Hompage mit Frames | ohne Frames
 

Zur Person

Prof. Dr. Klaus Hornung
Prof. Dr. Günter Rohrmoser

Finanzspritzen für das SZW


Prof. Dr. Klaus Hornung
Im Kampf für einen „antitotalitären Konsens“

Prof. Dr. Klaus Hornung wurde am 26.6.1927 in Heilbronn geboren. Nach dem Krieg, an dem er wohl ab 1944, d. h. mit 17 Jahren, als Soldat teilgenommen hat und in kurzer Gefangenschaft war, absolvierte Hornung ein Studium der Geschichte, Politik, Anglistik und Germanistik in Tübingen und München und promovierte 1955 zum Dr. phil. Zunächst unterrichtete er als Lehrer. 1962 schlug er die akademische Laufbahn ein und wurde Dozent für Politikwissenschaft an der Pädagogischen Hochschule Reutlingen. 1967 habilitierte er sich mit seiner Schrift „Staat und Armee“ – mittlerweile ein Standardwerk – für das Fach Politikwissenschaft. Letzte Station dieser Laufbahn war ab 1987 die Uni Hohenheim, wo er der Fakultät der Agrarwissenschaft angehörte. Ebenfalls 1987 erhielt er das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Seit 1992 ist Hornung im Ruhestand.
Klaus Hornung ist Mitglied des Studienzentrum Weikersheim und gehört seit 1987 dessen Präsidium an. Gemeinsam mit Günther Rohrmoser nimmt Hornung dort die Funktion eines Chefideologen ein, der einen großen Teil der theoretischen Grundlagen des Studienzentrums liefert. Anläßlich Hornungs 65. Geburtstag gaben Hans Filbinger und Heinz Karst im Namen des Studienzentrums eine Festschrift heraus, in der unter den Autoren u.a. auch Caspar von Schrenck-Notzing (Criticon-Herausgeber) und Wolfgang Strauss (Publizist bei Nation + Europa) zu finden sind, mit dem Titel „Identität und Zukunft der Deutschen“. In diesem Titel, der schon für sich selbst spricht, sieht Filbinger das gesamte Schaffen seines Vereinskollegen zusammengefaßt. In der Tat ist Hornungs Grundanliegen welches alle seine Veröffentlichungen durchzieht, das „richtige“ Verständnis, die Interpretation und Verbreitung freiheitlich-konservativer, christlich-nationaler bis neofaschistischer Vorstellungen von Deutschland und den Deutschen. Dabei umfassen seine Schriften fast das gesamte Spektrum an politischen und gesellschaftlichen Themen, angefangen bei politischer Erziehung von Jugendlichen, über den Werteverfall, Verlust der traditionellen Familie bis hin zu Außen- / Innen- und Sicherheitspolitik.

Eine seiner wichtigsten Veröffentlichungen ist das Buch „Der faszinierende Irrtum – Karl Marx und seine Folgen“. Anlaß für dieses Buch war für ihn die Studentenbewegung der 60er Jahre, auf die Marx und seine Lehren eine ungewöhnliche Faszination ausübte. Laut ihm, gaben sie sich eben „einem faszinierenden Irrtum“ hin, denn Marxismus könne nur zu Unfreiheit und Diktatur führen. Gehört Hornung doch auch zu jenen Totalitarismustheoretikern, die Stalinismus, Marxismus-Leninismus, das Sowjetsystem als solches und den Nationalsozialismus gleichsetzen unter dem Begriff „totalitäre Systeme“, die als solche alle gleichermaßen abzulehnen seien. Dies führt er noch in vielen weiteren Veröffentlichungen aus, zuletzt 1993 in dem Titel „Das totalitäre Zeitalter. Bilanz des 20. Jahrhunderts“. Sein wichtigstes Anliegen hierbei ist aufzuzeigen, daß im Zuge eben jener „Kulturrevolution“ aus dem Totalitarismusbegriff der nebulöse Faschismusbegriff herausgelöst wurde, sprich damit begonnen wurde eine sogenannt völlig „falsche“ und unnötige Differenzierung zwischen Marxismus / Kommunismus und Nationalsozialismus zu machen. Hauptmotive seiner Meinung nach waren hierfür natürlich politischer Natur. „Eine Meisterleistung sowjetischer Desinformation, in Westdeutschland den orthodoxen marxistisch-leninistischen Faschismusbegriff als den allein richtigen und authentischen zu verbreiten ...“ Angeleiert worden sei dies „aus Denkfaulheit, teils aus Dilettantismus, teils aus perfider politischer Absicht, um die Beschäftigung mit der deutschen Geschichte immer mehr zu einer Übung in Schuld und schlechtem Gewissen zu machen.“ Dies alles mit dem Hintergedanken „den liberal-demokratischen Staat als faschistisch darstellen zu können, wenn er z.B. den Rechtsstaat gegen Gewalt und Terrorismus verteidigt. Der Faschismusbegriff als Instrument im politischen Tageskampf zum Zweck der Schwächung des Selbstbehauptungswillens und der Handlungsfähigkeit der BRD.“ Dem setzt dann der „Historikerstreit“ 1986 etwas entgegen und lüftet zeitgeschichtliche Tabus, auf das die „kollektive Schuldbesessenheit der Deutschen“ endlich mal aufhöre. Wozu Hornung und seinen Gleichgesinnten das Aufstellen solcher Theorien dient, zeigt seine letzte Veröffentlichung in der Zeitschrift Criticon (Nr. 146, April / Mai / Juni 1995) mit dem Titel „Metamorphosen des Totalitarismus“. In diesem Artikel umreißt er noch einmal seine Theorie des Totalitarismus, stellt explizit Marx, Lenin, Hitler und Stalin in eine Reihe. So beginnt sein sogenanntes „totalitäres Zeitalter“ 1917 und endet 1989 / 91 mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Darauf folgt die Überleitung zu heute, in dem er behauptet, daß sowohl der Marxismus-Leninismus wie die Nationalsozialisten sich selbst als eine neue und höhere Form der Demokratie gegenüber der bürgerlich-kapitalistischen verstanden. Dabei war, laut ihm, die DDR „ein moderner, totalitärer Sozialstaat“. Daran anschließend stellt er die Überlegung an, in wie weit heute totalitäre Kräfte in unserer Gesellschaft zugange sind. So behauptet er, daß der antitotalitäre Konsens, der 1949 vorherrschte, inzwischen verblaßt ist, unter anderem, weil hauptsächlich ab 1968 „die mögliche Wiederkehr des unheilvollen Nationalsozialismus heraufbeschworen wurde, mit dem eigentümlichen Ergebnis eines linksfaschistischen Antifaschismus“. Damit ist er endlich angelangt, wo er hin wollte, nämlich daß die neuen totalitären Entwicklungen in unserem Staate nicht vom rechtsextremen Rand des politischen Spektrums ausgingen. Im Gegenteil, die Linken würden versuchen, gemeinsam mit den Medien, welche Kampagnen gestartet hätten wie „gegen Rechts“, „Ausländerfeindlichkeit“, „Neonazismus“, unter dem Deckmantel einer „wahren demokratisch-antifaschistischen Demokratie“, die sie wie Hitler, Lenin usw. als höhere Form der Demokratie ausgeben, in Wirklichkeit eine totalitäre Demokratie einzusetzen.
Anhand dieses herausgegriffenen Beispiels sollte nur kurz und unvollständig aufgezeigt werden, wessen Geistes Kind Hornung ist. Für einen Professor sind seine Schriften oft platt und unwissenschaftlich, in Teilen bestehen seine Texte zur Hälfte aus Zitaten, eigene Begrifflichkeiten zu finden tut er sich offensichtlich schwer. Selbst von einem FAZ-Publizisten muß er sich in einer Buchkritik den Vorwurf der Pauschalisierung und Vereinfachungen gefallen lassen. Nichtsdestotrotz sind gerade Leute wie er gefährlich. Nach außen gibt dieser honorige Professor, gute Familienvater usw. eine integer scheinende, respektable Persönlichkeit der Wissenschaft ab, mit guten Verbindungen z. B. auf universitärer Ebene und liefert gleichzeitig einfache Erklärungsmuster und plausibel klingende Theorien mit denen er das politische Spektrum von rechts bis faschistisch bedient.

zurück zum Anfang


Günter Rohrmoser
Geistig-moralische Knochenerweichung

Günter Rohrmoser, geb. am 29. 11. 1927 in Bochum, habilitierte `61 in Köln zum Prof. Dr. phil. über den Philosoph Hegel. Er lehrte und lehrt in Münster, Köln, Stuttgart-Hohenheim und Stuttgart. Am 12. 11. 1981 gab ihm Papst Johannes Paul II. eine Privataudienz, das Bundesverdienstkreuz hat er noch nicht. Er veröffentlicht in dem rechten Sinus-Verlag, ist Mitautor bei Criticon, Nation + Europa, MUT, ... Er ist Chefideologe im Studienzentrum Weikersheim

Rohrmoser gilt als Vordenker der intellektuellen Rechten. Seine politischen Thesen sind Ausdruck einer christlich-konservativen Theorie. Seine Lieblingsfeinde sind die Vertreter der „Kritischen Theorie“ (Frankfurter Schule: Adorno, Horkheimer, Marcuse). Da seine Veröffentlichungen hauptsächlich philosophische Themen behandeln, sind von ihm weniger tagespolitische Aussagen bekannt, die explizit als „rechtsextrem“ eingeordnet werden können. Wohl deshalb wird er „nur“ als Bindeglied zwischen konservativ und rechtsextrem verstanden.
Rohrmosers Hauptthese ist die „Krise der Moderne“1, in ihrem Kern eine Glaubenskrise. Schuld daran ist die Aufklärung, deren größte Fehlleistung die Zerstörung der „Zwei-Reiche-Lehre“ ist, die Aufteilung in ein göttliches und ein weltliches Reich2 . Es wäre falsch, so der Weikersheimer Chefideologe, „das Reich Gottes schon in dieser Welt“3 zu verwirklichen. Im Klartext: Während die christliche Religion der Menschheit das Glück im Jenseits versprach, sollte sie sich gefälligst im Diesseits mit den herrschenden Zuständen abfinden – das Erreichen des Glücks ist nicht von dieser Welt, sollte also erst gar nicht angestrebt werden. Die auf die Aufklärung sich berufenden Theorien des Liberalismus und Sozialismus hätten den Glauben an Gott durch die Naturwissenschaften und Technik ersetzt: Rohrmoser bezeichnet das als den neuen „Glauben“4 .
Da sich nun aber herausgestellt habe, daß die neuen Götzen nicht in der Lage waren das Glück auf Erden herzustellen, seien die Menschen in einer Sinnkrise: „extremer Individualismus“5, „grenzenlose emanzipatorische Selbstbefreiung“6 , kurzum Chaos und Anarchie kennzeichne die Situation. Eine „neue Identität muß gefunden werden“7 , die die alte ist – „der Gedanke der Nation“8.
Die Nation erfülle aus der Kraft des geschichtlichen oder natürlichen Ursprungs die verlorengegangene, aber unerläßliche religiöse Funktion9. Die neuere Theorie des Dekonstruktivismus scheint spurlos an ihm vorübergegangen zu sein. Diese Theorie erklärt die Kategorien „Volk“ und „Nation“ als Erfindung der Ideologie, die weder in der „Natur“ des Menschen angelegt sind (in den Genen), noch aus einer logisch geschichtsnotwendigen Entwicklung heraus entstanden sind. Statt Individuen, die sich auf freiwilliger Basis assoziieren (oder auch nicht), gibt es nach Rohrmoser eben ein Volk, das geschichtlichen oder natürlichen Ursprungs ist. Das Volk ist – eine biologische Kategorie – nach alter konservativer Vorstellung ein Organismus, eine Einheit, dieselbe Ideologie übrigens wie im NS.
Warum die Idee der Nation überhaupt so angegriffen werde, fragt der Professor rhetorisch? Schließlich habe der große Philosoph Fichte nach den Lehren der „imperialistischen“10 Französischen Revolution die Nation geboren. An diese angeblich so schöne nationale Vergangenheit will Rohrmoser wieder anknüpfen. Die Re-Nationalisierung sei Aufgabe des Konservatismus, andernfalls drohe die dritte Katastrophe Deutschlands in diesem Jahrhundert. Offenbar hatten für den Professor die ersten beiden Katastrophen (vermutlich meint er die „deutsche Niederlage“ in den beiden Weltkriegen) nichts mit dem „Gedanken der Nation“ zu tun. Während offen rechtsextrem agierende Gruppen sich zum NS bekennen, verschweigt der christlich Konservative schamhaft die höchste Erfüllung „des nationalen Gedankens“ im NS. Er will wohl auch nicht den NS als Beispiel für seine Behauptung nennen, daß die „Nation als Verwirklichung des Volkswillens auch demokratisch“ sei. Nun endlich, nach dem „Zusammenbruch des Sozialismus“, seien „Völker und Nationen wieder da und machen Geschichte“, jubelt Rohrmoser. Um gleich darauf zu jammern, daß dies nur in Deutschland nicht der Fall sei. „Wir“ seien ein „krankes Volk“, biologisiert er unverdrossen – ohne zu fragen, ob „wir“ dazugehören wollen – dem das nationale Selbstbewußtsein fehle. Das heutige Deutschland müsse wieder eine „normale“ Nation werden. „Kein Volk und keine Gesellschaft“ sei „ohne nationales Bewußtsein integrations- und politikfähig“. Das gelte für alle Staaten der Welt. Um dies zu erreichen, müsse Deutschland endlich die Fesseln abstreifen und die „nationale Erneuerung“ anstreben. Die Fesseln nämlich, die nach 1945 von den Siegermächten auferlegt worden waren und die eigenen Fesseln: Selbstbezichtigung, Pazifismus und Vergangenheitsbewältigung. Warum die angeblichen Fesseln weg müssen? Weil sie angeblich den „künftigen Konfrontationen“ der „wehrhaften Demokratie“ Deutschland nach innen und nach außen im Wege stehen, zum Beispiel Abschiebung von Flüchtlingen, Kriegseinsätze wie in Somalia oder Ex-Jugoslawien.
Während Teile der Linken einen weitgehenden „nationalen Konsens“ erfüllt sehen, kommt Rohrmoser zu der überraschenden Erkenntnis, die „Deutschen“ seien „konsequent entnationalisiert“ – wie die nationalistischen und rassistischen Exzesse der jüngeren Zeit schlagend belegen. Die BRD ist für ihn ein Hort des „unbedingten Anarchismus“ – da muß ich doch tatsächlich im Urlaub gewesen sein.
Aus diesen Grundüberlegungen zur „Nation“ leiten sich seine tagespolitischen Aussagen ab. 1985 forderte er – damals noch Berater des CSU-Chefs und Rechtsaußen Franz-Josef Strauß – die bundesweite Ausdehnung der CSU, da sie allein die „geistig-moralische Wende“ in Richtung Konservatismus schaffen könne. Der CDU attestierte er inzwischen mangelnden Willen zu diesem Schritt. Überhaupt nicht erstaunlich ist der Ansatz, die CDU habe mit konservativen Prinzipien gebrochen, um die ach so anarchistischen potentiellen WählerInnen mit einer Verschiebung des Programms nach links wieder einfangen zu können. Kein Wunder, weiß doch jedeR, daß die CDU aus einer „pseudo-linken und pseudo-rechten Hälfte“ besteht, und mit ausgewiesenen „Roten“ wie Blüm, Süßmuth und Geißler kann kein anständiger Konservatismus ins Werk gesetzt werden. Die These von der „politischen, geistigen und moralischen Knochenerweichung“ der Union können wir – leider leider – nicht bestätigen. Immer weiter im biologistischen Wortschatz sieht er gar die FDP, bekanntermaßen eine ausgesprochene linke Partei, den aufrechten christlichen Demokraten das „geistig-politische Mark aus den Knochen saugen“. Woher kommt die angebliche Entnationalisierung? Natürlich durch die 68er-Revolte. Deren Folge sei eine Kulturrevolution gewesen, die unter anderem die Medien zu Bastionen der Linken gemacht habe. Bestes Beispiel hierfür sei die Unterstützung der Grünen durch fast alle Medien, während konservative Inhalte unterdrückt würden. In seinem Strategiepapier für den verhinderten Kanzler Strauß plädierte er für eine bundesweite Ausdehnung der CSU. Nur schade, daß ihm dabei die eigene National-Ideologie in die Quere kommt. Aufgrund der unverwechselbaren „bayerischen Identität“ (wahrscheinlich Weißwurst, Dialekt und Bayern München) sei ein solcher Schritt mit Schwierigkeiten verbunden. Aus Enttäuschung über die nicht erfolgte „Umkehr“ bekam auch die CSU Hiebe: Statt stramm konservativ zu sein, betreibe sie „progressive, liberale und emanzipatorische Politik“. Rohrmoser wendete sich, wie viele andere Rechte, den Parteien und Gruppierungen zu, die noch weiter rechts als die Union stehen. Die Gründung und der Aufstieg der „Republikaner“ waren für ihn logische Folge des nicht erfüllten Versprechens der CDU. Im biologistischen Terminus der Rechten: Die Reps sind „Fleisch vom Fleische der CDU“. Als Beleg für seine These nennt Rohrmoser die Übernahme desr CDU-Forderungen (Wahlprogramm zur BT-Wahl ’87) durch die Reps in der „Ausländerfrage“ (die Reps behaupteten Jahre später allerdings, es sei genau umgekehrt gewesen). Da ist es nur schlüssig, die Schönhuber-Partei zur „normalen demokratischen Palette“ zu zählen, schließlich, so seine Analogie, wäre auch in anderen Ländern eine linke und eine rechte Partei völlig legitim. Nun wäre es interessant herauszufinden, was Rohrmoser unter „links“ und „rechts“ versteht, viel wichtiger aber ist die taktisch eingesetzte Argumentation, die Auseinandersetzung politischer Gruppierungen von links bis rechts sprächen für die pluralistische Vielfalt - ganz im Sinne der bürgerlichen Demokratie. Ansonsten hält Rohrmoser nämlich nicht allzuviel vom in der BRD propagierten Pluralismus. Im Gegenteil müsse der Staat eine klare „Unterscheidung von Freund und Feind“ treffen, wie es der Staatsrechtstheoretiker Carl Schmitt bereits den Nazis mit auf den Weg gab. Daß das „Toleranzgebot“ auch für Ideologien gelten soll, die explizit und implizit gegen Menschheitsinteressen verstößt, spricht für sich.
Neu an seiner konservativen Ideologie ist der Versuch, den Konservatismus mit dem Thema Ökologie zu verbinden und zu modernisieren. Da konservativ bewahren heiße, sei diese Ideologie am besten zur Erhaltung des Lebens geeignet. Für Rohrmoser ist der Umweltschutz das Vehikel, mit dem der Konservatismus neu bestimmt werden und die Rechte in die Offensive gehen soll. Dabei widerspricht sich seine Argumentation, sieht Rohrmoser doch plötzlich auf die Ökologie bezogen in allen Parteien Konservative. Rohrmoser gehört tatsächlich zu den „Gärtner-Konservativen“, für die der Einbruch der Technik in die heile Welt der christlich gefügten Weltordnung von unten und oben den Beginn der Apokalypse markiert.
Die entscheidende Frage der Zukunft für ihn ist, ob die BRD sich für „Multi-Kulti“ oder die nationale Identität entscheide. Diese Polarisierung zeigt wieder die Denkweise Rohrmosers, der Kultur als gemeinsame Kategorie von Gruppen versteht, die alle über die gleiche Identität verfügen. Diese angeblichen Gemeinsamkeiten wiederum trennen diese Gruppe von allen anderen Gruppen, die über andere Gemeinsamkeiten verfügen. Auf diesem Weg werden kulturelle Gruppen erst konstruiert. Das unterscheidet sich in nichts von dem kulturellen Rassismus, der von den „neuen“ Rechten propagiert wird. Ein multikultureller Staat BRD, droht er, wäre ruinös. Ich dagegen hoffe, daß der Herr Professor samt seiner Ideologie in der „diffusen Amorphität der politischen Postmoderne“ versinkt.

zurück zum Anfang


Hans Filbinger
„Was damals Rechtens war,
kann doch heute nicht Unrecht sein“

1934 veröffentlichte ein 20jähriger Rechtsgelehrter einen Aufsatz in der Zeitschrift Die Werkblätter einen Aufsatz mit dem Titel „Nationalsozialistisches Strafrecht – Kritische Würdigung des geltenden Strafgesetzbuches auf die kommende Strafrechtsreform“. Darin wird von dem Autor festgestellt, daß „erst der Naionalsozialismus (...) die geistigen Voraussetzungen für einen wirksamen Neubau des deutschen Rechts“ schuf.
Ein paar Jahre später, die NS-Wehrmacht steht kurz vor dem schon lange erwarteten Zusammenbruch, wird in Norwegen der deutsche Matrose Walter Gröger wegen Fahnenflucht zum Tod verurteilt. Leitender Offizier bei der Vollstreckung ist derselbe Mann, der als Ankläger im Feldgericht die Todesstrafe gegen den Marinesoldaten beantragt und so die Mitverantwortung dafür trägt, daß der Soldat, anstatt acht Jahre Zuchthaus abzusitzen, erschossen wird. Die Freundin Grögers, die während des Prozeßes als Zeugin fungierte, berichtet nach der Befreiung, der Staatsanwalt habe sie in der Verhandlung als „Schwein. Nutte, Spionin!“ beschimpft. Zufälligerweise ist Autor und Staatsanwalt ein und dieselbe Person.
Am 29. Mai 1945, der NS-Faschismus ist seit drei Wochen besiegt, verurteilt ein in der Kriegsgefangenschaft amtierendes Gericht unter Leitung des besagten Rechtsgelehrten und Anläger den Obergefreiten Kurt Olaf Petzold zu sechs Monaten Gefängnis. Petzold Vergehen: Unter Alkoholeinfluß soll er einem Vorgesetzten die Worte „Ihr Nazihunde!“ zugerufen und sich das Hakenkreuz von der Uniormjacke gerissen zu haben.
Erst 1978 wird eben dieser Marinerichter und Staatsanwalt zur Rechenschaft gezogen. Hans Filbinger ist nun schon 27 Jahre Mitglied einer angesehenen christlichen Partei und „Landesvater“ des Bundeslandes Baden-Württemberg. Der Schriftsteller Rolf Hochhut macht damals öffentlich bekannt, daß Filbinger für mehrere Todesurteilen während des Nationalsozialismus verantwortlich oder mindestens mitverantwortlich war. Die Reaktion Filbingers auf die Vorwürfe: „Was damals Rechtens war, kann doch heute nicht Unrecht sein.“ – ist der Ruf erst einmal ruiniert, lebt es sich völlig ungeniert. Der „furchtbare Jurist“ (Rolf Hochhuth) mit dem „pathologisch guten Gewissen“ (Erhard Eppler) , stilisierte sich selbst in seiner Autobiographie zum „Widerstandskämpfer“.
Doch Filbinger muß sein Büro für seinen Nachfolger Lothar Späth räumen.
Erbost über dieses „von den westlichen Medien im Verein mit den aktiven Maßnahmen der Stasi in Ost-Berlin inszenierten“ Komplott, beschließt Filbinger 1979 die Gründung des Studienzentrum Weikersheim. Damit soll der herrschenden Tabuisierung des Konservatismus entgegengewirkt werden und für eine Renaissance desselben gekämpft werden.
Für die Existenz des Nationalsozialismus hat er eine bewährte geschichtsverschleiernde Erklärung parat: Nach dem Selbstmord Hitlers sei der NS „wie ein Spuk verschwunden“. Längst wissen wir, daß es außer dem „gröFaZ“ (größten Feldherr aller Zeiten) keinen einzigen Nazi gab und, wie das Beispiel Filbinger beweist, sogar ein Marinerichter des welterobernden deutschen Militarismus mit seinen Todesurteilen gegen „Deserteure“ zielstrebig auf den Sturz des Tyrannen hinarbeitete – und die restlichen 80 Millionen sowieso. Als Geschichtsrevisionist und Entsorger der deutschen Vergangenheit macht sich der ehemalige Ministerpräsident Baden-Württembergs weiterhin einen Namen. Die „russische Gefahr“, läßt er uns wissen, hat die tapferen deutschen Soldaten, deren „Leistung nicht hoch genug gewürdigt werden kann“, zum „Durchhalten wollen und Durchhaltenmüssen“ angetrieben – gibt es da noch einen Unterschied zur NS-Ideologie der „Verteidigung des deutschen Vaterlandes gegen die bolschewistische Gefahr?“ Ganz klar – NS-Deutschland hat sich mit dem Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 der „russischen Gefahr“ erwehren müssen. Filbinger, der sich als Konservativer bezeichnet, entblödet sich auch nicht, sich über die „Vergangenheitsbewältigung“ lustig zu machen: Das tausendjährige Dritte Reich habe zwar nur zwölf Jahre gedauert, aber die deutschen Medien würden wohl tausend Jahre brauchen, um es zu bewältigen. Suggestiv fragt er: „Müssen wir ... unsere Geschichte auf Auschwitz beziehen und den Holocaust somit zum Bezugspunkt ... machen?“ Denn damit würde „bei der jungen Generation die Liebe zum eigenen Volk ... an der Wurzel vergiftet“ und das wiederum wäre absolut schädlich, sollen doch die neuen alten Deutschen endlich wieder Verantwortung in der Welt übernehmen dürfen. Gäbe es eine genetische Bestimmung, in der eine „neue Jugendgeneration ... das überlieferte kulturelle Erbe in sich wieder zum Leben erweckt“, bräuchten sich Leute wie Filbinger nicht propagandistisch ins Zeug legen, um die letzten Fesseln deutscher Großmachtpolitik abzustreifen.

zurück zum Anfang


Vorwort | Das Studienzentrum Weikersheim | Zur Person | Ideologie der Neuen Rechten | Gegenstrategien | Anhang
zur AQuadrat Hompage mit Frames | ohne Frames