nadir start
 
initiativ periodika Archiv adressbuch kampagnen suche aktuell
Online seit:
Sun Jul 30 00:14:32 1995
 

Im folgenden veroeffentlichen wir ein Flugblatt:

Zweiter Prozess gegen einen totalen Kriegsdienstverweigerer


Zivildienstleistende gehoeren als Teil der Gesamtverteidigung zur

Kriegsvorbereitung und im Fall des Falles zur Kriegsunterstuetzung. Im

Verteidigungsfall koennen anerkannte Kriegsdienstverweigerer zum

unbefristeten Zivildienst herangezogen werden. Wer gedacht hat, durch

seine Kriegsdienstverweigerung aus der Kriegsmaschinerie herauszukommen,

hat sich getaeuscht. Jeder darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst ohne

Waffe gezwungen werden!

Die einzige konsequente Moeglichkeit, keinerlei kriegsunterstuetzende

Dienste zu leisten, ist deshalb die totale Kriegsdienstverweigerung, d.h.

keiner Art von Wehrpflicht nachzukommen.

- Zivildienstleistende und Kriegsdienstverweigerer raus aus der

Kriegsplanung!

- Freilassung aller inhaftierten Totalverweigerer!

- Schluss mit der Kriminalisierung von Totalverweigerern!

--------------------------------------------------------------------KOMMT ZUM PROZESS!

Montag, den 03.04.1995 um 13 Uhr

Amtsgericht HH-Altona, Max-Brauer-Allee 91, Raum 107

Einstellung aller Verfahren gegen totale Kriegsdienstverweigerer!

--------------------------------------------------------------------

Prozesserklaerung:

Ich sehe mich in diesem Prozess nicht etwa als Angeklagter, und verstehe

nicht warum ich hier sitze, und nicht die, die fuer den Krieg

verantwortlich sind.

Ich kann, kein Opfer, keinen Geschaedigten meiner Tat erkennen.

Dieser sogenannte Rechtstaat, der mit einschraenkenden Massnahmen

versucht, seinen wehrpflichtigen Buerger zur Erfuellung seiner Wehrpflicht

zu noetigen, unabhaengig von seinen politischen und moralischen

Wertmassstaeben und -vorstellungen, gegen sein Gewissen, unter Androhung

empfindlicher Geldstrafen und sogar Knast.

Am 21.03.1989 wurde ich als Kriegsdienstverweigerer anerkannt. Damals

dachte ich der Zivildienst waere eine Alternative zum Kriegsdienst.

1991 waehrend des Golfkrieges wurden in der BRD in Krankenhaeusern Betten

fuer verletzte Soldaten zur Verfuegung gestellt. Dabei ging es ihnen bei

den verletzten Soldaten um ihre schnellstmoegliche Wiederherstellung ihrer

militaerischen Einsatzfaehigkeit. Da im Kriegsfall anerkannte

Kriegsdienstverweigerer zum unbefristeten Zivildienst herangezogen werden,

ist mir bewusst geworden, dass der Zivildienst keine Alternative ist,da

ich als Zivildienstleistender in der militaerischen Gesamtkonzeption ein

unverzichtbarer Faktor bin.

Hier werde ich gegen mein Gewissenzum Kriegsdienst ohne Waffe gezwungen,

dies ist eine Hintergehung meines Gewissens. Obwohl ich anerkannter

Kriegsdienstverweigerer bin, werde ich zum Kriegsdienst gezwungen.

Vom 04.11.1991 bis zum 31.01.1993 haette ich im Kreispflegeheim Pinneberg

Zivildienst leisten muessen.

Den Dienst habe ich nicht angetreten, da ich aus Gewissensgruenden

gehindert bin, den Zivildienst zu leisten.

Der Entschluss zur totalen Kriegsdienstverweigerung liegt einer an den

Kategorien von Gut und Boese orientierte Entscheidung zugrunde, die fuer

mich bindend ist und mich innerlich verpflichtet, sodass ich nicht ohne

ernsthafte Gewissensnot Zivildienst leisten kann.

Als anerkannter Kriegsdienstverweigerer habe ich das Recht den

Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern, nicht aber den Kriegsdienst ohne

Waffe.

Um es deutlich zu sagen, mir geht es nicht um die Taetigkeit im

Kreispflegeheim Pinneberg, Menschen zu pflegegn. Da ich selbst drei Jahre

und achteinhalb Monate als Altenpfleger in drei verschiedenen Altersheimen

taetig gewesen bin, sondern mir geht es darum, dass Zivildienstleistende

als Teil der Gesamtverteidigung zur Kriegsvorbereitung gehoeren.

An dieser Stelle nenne ich jetzt noch einige Gruende gegen den

Zivildienst.

Zivildienstleistende nehmen Arbeitsplaetze weg, weil sie Stellen fuer

Fachkraefte besetzen und damit auch arbeitslosen Pflegekraeften die

Aussicht auf einen Arebitsplatz nehmen.

Zivldienstleistende werden als billige Arbeitskraefte ausgenutzt

Sie werden auch schlechter als ihre ArbeitskollegInnen bezahlt, obwohl sie

oft die gleiche Arebit wie Fachkraefte verrichten.

Oft sind Zivildienstleistende ueberfordert, weil sie fuer den Job nicht

ausgebildet sind.

Zivildienstleistende haben nicht die gleichen Rechte wie festangestellte

Fachkraefte. Diese sind mit allen Rechten des Arbeitnehmers ausgestattet.

Zivildienstleistende haben auch kein Streikrecht.

Zivildienstleistende sind rechtlose, unausgebildete, befristet

beschaeftigte Hilfskraefte.

Ich lehne den Dienst auch ab, weil ich selbstbestimmt leben moechte.

Beim Zivildienst habe ich eine Meldepflicht, darf keine politische

Betaetigung betreiben, meine Meinungsaeusserung ist eingeschraenkt, ich

habe keine freie Wahl meiner Arbeit und meines Wohnortes. Die oben

genannten Gruende sind genau das Gegenteil vom selbstbestimmten Leben.

Der Staat schreibt mir vor oder zwingt mich was ich machen soll,

Bundeswehr oder Zivildienst. Dagegen wehre ich mich, ich spreche dem Staat

das Recht ab, mich in einen Dienst zu pressen. Ich begreife mich als

freier Mensch und bin diesem Staat nicht verpflichtet, und lasse mich

nicht zum Kriegsdienst zwingen.

Ich habe erkannt, Zivildienst ist kein Friedensdienst, sondern

Kriegsdienst ohne Waffe.

Ich verweigere alle Zwangsdienste, fuer mich steht fest, die einzige

konsquente Moeglichkeit keinerlei kriegsunterstuetzende Dienste zu leisten

ist deshalb die totale Kriegsdienstverweigerung, d.h. keiner Art von

Wehrpflicht nachzukommen.

--r.

Infogruppe Hamburg (ifghh@krabat.comlink.de)

c/o Schwarzmarkt

Kleiner Schaeferkamp 46 20357 Hamburg