Außerdem legalisiert das neue Gesetz die schon seit Jahren gängige Praxis des BGS auf den folgenden Gebieten:
Aus der Sonderpolizei an der Grenze ist eine grenzenlos agierende Superpolizei
geworden (so Wolf-Dieter Narr), die nach Innen, an der Grenze und nach
Außen eingesetzt werden kann, die dem Bund untersteht, aber von den
einzelnen Ländern angefordert werden kann, die exekutive Aufgaben (sowohl
repressiv als auch präventiv) hat, als auch informelle.
Einsatzgebiete des BGS
Die offizielle Auflistung der Einsatzgebiete des BGS durch das Innenministerium
wird von Jahr zu Jahr länger. Der BGS-Haushaltsplan von 1994 führt
folgendes auf:
Ein Bundesadler, ein Diensthund und zwei...
1993 betrug der BGS-Haushalt 2,007 Mrd. DM. Zur Zeit arbeiten beim BGS 28.000
BeamtInnen und weitere 7.000 Personen. 5.200 BGS-AnwärterInnen befinden
sich in Ausbildung.[4]
In den letzten Jahren wurden beim BGS vermehrt neue Stellen geschaffen (1994:
3.700, 1995: 1.670, 1996: geplant ca. 1.500). Das BGS-Budget soll im
nächsten Jahr um weitere 10% steigen, damit u.a. die technischen
Gerätschaften erheblich aufgestockt werden können.
Diese andauernde Hochrüstung trotz der Tatsache, daß die illegale
Zuwanderung und Schleuseraktivität (gern genannte Gründe für den
Ausbau des BGS) in den letzten Jahren merklich abgenommen hat - wie Kanther bei
der Vorstellung des BGS-Jahresberichtes 1993 eingestehen mußte. Im Sommer
1995 kündigte das Bundesinnenministerium an, am Jahresende einen
detaillierten Plan für eine erneute Umstrukturierung des BGS vorzulegen.
Außer einer personellen Aufrüstung an der Ostgrenze, der Einrichtung
von mobilen Einsatzkommandos zur flächendeckenden Überwachung von
Bahnhöfen und einem Konzept zur inneren Führung wurden keine weiteren
Einzelheiten bekannt gegeben.
In der original Broschüre befindet sich hier ein Kasten mit Text den wir
auf Veranlassung der BGS Stiftung entfernen mussten.
(3.10.2005)
"Wir vom BGS" - Wie die SöldnerInnen der "Inneren Sicherheit" das Land verunsichern
Freizeitbekleidung und ...
Der BGS kostet aber leider nicht nur viel Geld, sondern tut auch etwas
dafür. Die Polizeien der Ländern mögen den BGS, wenn es um
schwierige Kampfeinsätze geht. Die Männer und Frauen des BGS treten
geschlossen und massiv einschüchternd auf, schlagen alle und alles
hemmungslos kurz und klein und erfüllen ihre Aufträge immer zu 200%.
Nicht beliebt sind sie aber, wenn eine Zusammenarbeit mit den anderen
Polizeikräften vor Ort gefragt ist oder das Einsatzkonzept taktisches,
vorsichtiges, ja sogar deeskalierendes Verhalten vorsieht. Fremden ordnet sich
der BGS nicht unter und schon gar nicht, wenn die ein anderes Verständnis
von Polizeiarbeit haben:
"In Berlin drohte ein Polizeioberrat der Berliner Polizei während einer der zahlreichen Hausbesetzer-Räumungen in der Mainzer Straße Ende 1990 einen BGS-Trupp damit, wenn nötig eigene Mannschaften gegen die Grenzer einzusetzen, um sie daran zu hindern, gegen abziehende DemonstrantInnen vorzugehen"[5]
Und wenn gerade mal keine Demo der Linken auf der Tagesordnung steht, wird halt ein Großeinsatz in einem Flüchtlingsheim inszeniert:
So stürmten am 14.12.1993, gegen 5 Uhr am Morgen, 600 BeamtInnen des BGS
ein von damals ca. 100 Leuten bewohntes Flüchtlingsheim in Diedersdorf.
Die BeamtInnen waren mit Maschinengewehren, Äxten, Beilen,
Gummiknüppeln und kugelsicheren Westen ausgerüstet. Im Laufe der
Aktion wurden die meisten Zimmer sinnlos verwüstet. Die anwesenden
BewohnerInnen mußten sich nackt ausziehen, wurden alle ED-behandelt und
für mehrere Stunden durften sie weder auf Toilette noch etwas essen. Die
Verantwortlichen sprachen hinterher von einem Schlag gegen das organisierte
Verbrechen, Flüchtlingsorganisation vermuteten aber - u.a. aufgrund von
nur 3 Verhaftungen -, daß es sich bei dem Einsatz um eine
realitätsnahe Übung für junge BGS-BeamtInnen gehandelt hatte.
Auf die öffentliche Kritik nach einem der vielen
unverhältnismäßigen Einsätze des BGS formulierte der
Sprecher des Bundesinnenministeriums treffend, daß mensch den BGS "nicht
an der kurzen Leine führen" könne[6] -
denn ein Kampfhund braucht Auslauf.
Rassistische und rechte Übergriffe durch BGS-BeamtInnen
... Arbeitsanzug des BGS
In den letzten Jahren kamen viele Fälle von rassistischen Übergriffen
oder Diskriminierungen durch PolizistInnen in die Öffentlichkeit. Erinnert
sei nur an die sexuellen Übergiffe in Bernau, die Brechmittelverabreichung
in Bremen, an die "Homo-Strich"-Paßstempel der Münchner Polizei, an
die Beteiligung Magdeburger Polizisten an den Ausschreitungen zum
Himmelfahrtstag, an Leipzig, wo Vietnamesen in einem Braunkohletagebau
geschlagen, mit Reizgas besprüht und ihrer persönlichen Sachen
beraubt wurden, an die knapp 100 Ermittlungsverfahren gegen rassistische
PolizistInnen in Berlin und an Hamburg, wo PolizistInnen Scheinhinrichtungen
vornahmen, AusländerInnen schwer verletzten und beraubten, wegen
versuchtem Totschlag angezeigt wurden usw.
Umfragen bei PolizistInnen ergaben einen erschreckend hohen Anteil an rechtsradikalen Positionen, der höher liegt als in der Durchschnittsbevölkerung. So schätzen 2/3 der PolizistInnen Asylsuchende als soziale Bedrohung für die Gesellschaft ein. Dies dürfte beim BGS aufgrund der Kasernierung und den speziellen Einsätzen (an der Grenze, auf Demos, Großeinsätze) sogar noch stärker ausgeprägt sein. Denn diese Einsätze erfordern eine gewisse ideologische Grundeinstellung ("...auf Minderwertige darf eingeprügelt werden") und zementieren diese jedesmal aufs Neue ("...schon wieder diese Obdachlosen im Bahnhof, Illegalen an der Grenze, Punks auf der Demo").
Daß bei den vielen "Polizeiskandalen" der letzten Jahre, die eher die traurige Normalität widerspiegeln und keine Ausnahme von "schwarzen Schafen" darstellen, selten von BGS-BeamtInnen die Rede war, dürfte wohl damit zu tun haben, daß die Opfer kaum eine Möglichkeit haben, sich zu wehren und die Vorfälle publik zu machen. An der Grenze aufgegriffene Flüchtlinge werden umgehend wieder abgeschoben und von Bahnhöfen verjagte Obdachlose wissen sich oft ebensowenig zu wehren wie vom BGS mißhandelte (vermeintliche) DrogendealerInnen, denen - einmal in U-Haft -, sowieso niemand glaubt. Deshalb dürften die folgenden Beispiele nur die Spitze des Eisberges darstellen:
Im Jahre 1993 ermittelte die Berliner Polizei gegen ca. 25 BGS-BeamtInnen, die während der autonomen 1. Mai-Demo wahrscheinlich einen eigenen "Demoblock" gebildet hatten und das Horst-Wessel-Lied "Die Reihen fest geschlossen, die SA marschiert" gesungen. Ein Jahr später verurteilte ein Berliner Gericht 5 BGS-BeamtInnen wegen Strafvereitlung im Amt zu Geldstrafen zwischen 4.800 und 15.000 DM. Sie wollten die Personalien einer Horde FaschistInnen, die zwei Frauen und ein Kind anpöbelten, nicht aufnehmen und leugneten hinterher, überhaupt etwas gesehen oder gehört zu haben.
Unter dem Vorwand der Drogenbekämpfung schikaniert der BGS vom Berliner Bahnhof Zoo wahllos Menschen, läßt sie nackt ausziehen, macht dazu demütigende Bemerkungen und verschleppt sie anschließend in die Wälder bei Berlin, von wo aus sie zurücklaufen müssen, was manchmal bis zu 2 Stunden dauert.
Der auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof stationierter BGS tat sich durch willkürliche Festnahmen und Mißhandlungen hervor. Vor allem Obdachlose und Farbige waren davon betroffen, als Verhaftete mußten sie sich als "schwule Schweine", "Scheißhaufen" und "fette Schweine" beschimpfen lassen. Es wurde in den Zellen minutenlang auf sie eingeschlagen, Blutergüsse und stark blutende Wunde waren die Folge. Ein gefesselter Afrikaner wurde mehrmals mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen, einem Obdachlosen das gesamte Geld gestohlen. Mehrere Ermittlungsverfahren gegen die BeamtInnen vom Sommer '93 wurden eingestellt. Erst im Juli 1994 sah sich die Staatsanwaltschaft durch das Medienecho gezwungen, die Verfahren wieder aufzurollen.
Von den 650 Ermittlungsverfahren gegen PolizistInnen in Brandenburg (1994) waren 100 BGS-BeamtInnen betroffen - überpropertional viel, wenn mensch die Anzahl der Einsätze oder die Anzahl der PolizistInnen vergleicht.
1994 starb ein Peruaner im BGS-Gewahrsam.
Der BGS und die rechtsradikale Szene
Traurige Berühmtheit erlangte auch der in Schwedt stationierte BGS. Ein
Bordellbesitzer, der der rechten Szene zugerechnet wird, traf
Sicherheitsabsprachen mit dem BGS, die ihm u.a. schlagkräftig bei der
Bekämpfung der Konkurrenz aus Berlin unterstützten. Gegen die
BGS-BeamtInnen, die auf einen Telefonanruf des Schwedter Bordellbesitzer hin
zum Einsatz kamen, wurden Ermittlungen eingeleitet.[7]
Zur Beerdigung des erschossenen Faschos Rainer Sonntag hielt ein BGS-Beamter dem Nazi-Führer Heinz Reisz das Megaphon. Einige GSG 9-BeamtInnen trainierten regelmäßig in der von Rechtsextremen betriebenen und besuchten Kampfsportschule Hak Pao in Solingen.
Bei der Lübecker Kommunalwahl 1990 befanden sich auf den vorderen Plätzen der Republikaner-Liste 6 BGS Beamte. Thomas Schröder, stellvertretender Landesvorsitzender der Rep's in Schleswig-Holstein erklärte schon 1989 "Zwanzig Prozent unserer 600 Landesmitglieder kommen aus den Sicherheitskräften. [...] Aber mindestens ein Drittel aller BGS-Beamten sind Sympathisanten unserer Partei. Sie unterstützen uns - ideell und materiell." Mensch mag dies für Angeberei halten, doch Schröder ist Oberkommisar beim BGS, wird also wissen, wovon er spricht. 1994 taucht Schröder, immer noch BGS-Beamter, im Verfassungschutzbericht auf. Nach Erkenntnissen des Innenministerium nimmt er eine Schlüsselposition in der rechtsextremen Szene in Schleswig-Holstein ein und koordiniert als Leiter des Arbeitskreises für deutsche Politik rechtsextreme Aktivitäten im gesamten Bundesland.[8]