nadir start
 
initiativ periodika Archiv adressbuch kampagnen suche aktuell
Online seit:
Tue Dec 17 21:59:28 1996
 

Kontrolle auf den Flughäfen

750 BGS-BeamtInnen arbeiten auf dem Flughafen Frankfurt/Main. Im März 1995 kamen wegen dem neuen Schengenrecht 140 Stellen hinzu. Seit 1986 gibt es beim Flughafen-BGS die Sachgebiete "Schub" und "Asyl". Mit dem "Schub" (Abschiebung) sind rund um die Uhr 30 BeamtInnen beschäftigt. Sie schieben monatlich ca. 1000 Menschen ab. Und 60 bis 70 BeamtInnen sind täglich im Bereich "Asyl" anzutreffen.

Schon vor der gesetzlichen Einführung des Flughafenverfahrens 1993, zeitgleich mit der faktischen Abschaffung des Asylrechts, praktizierte der BGS sein eigenes Flughafenverfahren, indem er Flüchtlinge gewaltsam am Aussteigen hinderte, gleich wieder abschob bzw. Asylsuchende stundenlang im Transitraum festhielt. Bei dem Versuch von Flüchtlingen, mit einem Sprung aus dem Flugzeug dem BGS zu entgehen, gab es bis 1989 offiziell einen Toten und mehrere Verletzte.

Flughafenverfahren

Bei bekannten Flügen (z.B. aus Moskau oder der Türkei) postieren sich die BeamtInnen auf der Rollbahn und sortieren schon mal vor. Wer einen Paß (mit gültigem Visum) vorzeigen kann, darf zur normalen Abfertigung, alle anderen müssen im BGS-Bus Platz nehmen und werden in spezielle Räume des BGS gebracht. Manchmal finden die BGS-Verhöre sogar gleich nach der Landung noch im Flugzeug statt. Asylsuchende, die über einen sicheren Drittstaat eingereist sind (z.B. aufgrund einer Zwischenlandung von wenigen Stunden), manchmal auch TouristInnen mit zuwenig Geld, schickt der BGS auf Kosten der Fluglinie mit dem nächsten Flug zurück. Leute ohne gültigen Paß oder aus einem sicheren Herkunftsland unterliegen, wenn sie einen Asylantrag stellen, dem Flughafenverfahren. Sie dürfen das Gebiet der Bundesrepublik nicht betreten und werden erst vom BGS verhört, danach vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl). Innerhalb von 2 Tagen erfolgt eine Entscheidung. Nun bleiben dem Flüchtling 3 Tage, um einem/r AnwältIn einen Eilantrag beim zuständigen Verwaltungsgericht stellen zu lassen. In dieser kurzen Zeit und unter den Umständen der Gefangennahme ist es für die Flüchtlinge weder möglich, in Ruhe zu überlegen, was sie alles erzählen müssen, noch haben sie eine große Chance, eine anwaltliche Vertretung zu finden, die z.B. gegen die Ablehnung klagen könnte. Sollte ein/e AnwältIn vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVG) klagen, entscheidet der BGS, innerhalb welchen Zeitraums das BVG zu einem Urteil kommen muß. Normalerweise schiebt der BGS trotz anhängiger Klage beim BVG einfach mit dem nächstmöglichen Flug ab. Der BGS gewährt nur einige Tage Aufschub, wenn das BVG ausdrücklich darum bittet. In der Logik des BGS steht es den Flüchtlingen ja frei, ihr Verfahren vom Verfolgerstaat aus weiter zu betreiben.

BGS-Flughafen-Knast

Die Flüchtlinge halten sich während des gesamten Flughafenverfahrens im Transitbereich des Flughafens auf, der als exterritoriales Gebiet gilt. Damit wird vermieden, daß die Flüchtlinge ein reguläres, unbefristetes Asylverfahren durchlaufen können, was ihnen zusteht, sobald sie den Boden der BRD betreten haben. 1992 befanden sich die Flüchtlinge durchschnittlich 21/2 Tage in der umgebauten Frachthalle C 183. Ein Inder, der aufgrund fehlender Papiere nicht zurück durfte, wurde mindestens 5 Monate in dem Massengefängnis gefangengehalten: Freigang je nach Lust und Zeit der BGS-BeamtInnen 0 bis 2 mal am Tag, bewacht wie ein Munitionsdepot durch Panzerfahrzeugen mit Kanonen und BGS-Leuten mit Maschinenpistolen. In zwei Hallen schlafen und leben die Flüchtlinge, Männer, Frauen, Kinder aus allen möglichen Ländern.

Flüchtlinge, die in ein Krankenhaus eingeliefert werden müssen, begleitet der BGS bis auf die Toilette im Krankenhaus. Die BeamtInnen postieren sich in der Nähe des Krankenbettes, denn sie verkörpern Kraft ihres Amtes, egal wo sie sich befinden, das "exterritoriale Gebiet", welches die Flüchtlinge nicht verlassen dürfen.

Eine Frau aus Somalia, Marian Zadin Abate, bei der im Januar 1994 auf dem Frankfurter Flughafen zum dritten Mal eine Frühgeburt drohte, begleiteten BGS-Beamte, wie üblich, in die Klinik. Als am Freitagabend die behandelnde Ärztin und der Chefarzt ihren Dienst beendet hatten, ergriff der BGS seine Chance und holte die schwangere Frau einfach ab. Die geplante Abschiebung in das "sichere Drittland" Äthopien - welches angekündigt hatte, die Familie einfach nach Somalia weiterzuschieben oder die Einreise zu untersagen - scheiterte am nächsten Tag nur, weil der Pilot sich weigerte die Frau mitzunehmen. Aufgrund der brutalen Behandlung der BGS-BeamtInnen, die die Frau aus dem Bett zerrten, über den Fußboden zum Rollfeld schleiften und gegen Wehen und Blutungen die Einnahme eines Schmerzmittel empfahlen, mußte sie danach sofort wieder als Notfall ins Krankenhaus eingeliefert werden. Während dort ein bewaffneter BGS-Beamter weiter auf einen günstigen Moment für eine Entführung wartete, startete der BGS drei Tage späte einen erneuten Abschiebeversuch ihres Ehemannes und ihrer zwei kleinen Kinder. Ähnlich erging es einem Nigerinaer, der sich bei der Flucht schwer verletzte und operiert werden mußte. Am Krankenbett trafen sich die exterritorialen BGSlerInnen mit dem Richter, der entscheiden sollte, ob diese der Nigerianer einreisen darf (= der BGS entfernt sich vom Krankenbett) oder nicht.[8]

Die Flüchtlinge, die mit einem gültigen Paß und weder aus einem sicheren Herkunftsland noch über einen sicheren Drittstaat kommen, schickt der BGS nach einer Vorbefragung (Fluchtgründe, Reiseroute, eventuelle SchlepperInnen usw.) in der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Schwalbach. Dort findet dann die reguläre Anhörung durch's BAFl statt.

Eigenmächtige Zurückweisungen des BGS am Flughafen

Soviel zur gesetzlich vorgeschrieben Situation auf dem Flughafen. Daß den BGS-BeamtInnen manchmal selbst das skandalöse Flughafenverfahren nicht streng genug ist, beweisen folgende Beispiele:

15 Flüchtlinge aus Afghanistan und dem Iran wurden laut AugenzeugInnenberichten auf dem Flughafen in Hamburg Ende Juni 1993 nach ihrer Ankunft umgehend wieder zurückgeschoben, obwohl sie die BGS-BeamtInnen ausdrücklich auf ihr Asylbegehren hinwiesen. Der BGS erwiderte jedoch nach der Abschiebung, daß das Wort "Asyl" nicht in einer verständliche Frage vorkam und somit das Asylbegehren nicht korrekt vorgetragen wurde. Außerdem gäbe es in Afghanistan keinen Krieg und die Container zum Flughafenverfahren standen noch nicht bereit. Eine Frau aus Afghanistan wurde am ersten Tag der Flughafenregelung trotz gültigem Visums und hilfsweise gestelltem Asylantrag nach Rußland, damals laut Gesetz kein sicheres Drittland, abgeschoben, da der BGS unter der angegebenen GastgeberInnenadresse niemanden telefonisch erreichen konnte. Kein Wunder, befanden sich die FreundInnen der Frau zu selben Zeit auf dem Flughafen, um sie abzuholen, sahen sie auch, wurden jedoch vom BGS nicht ernst genommen. Drei Mädchen aus der Türkei durften trotz ihres Alters, zwischen 9 und 13 Jahren, nicht einreisen. BGS-BeamtInnen auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld weigerten sich im Mai 1995 auch nach der Intervention des Anwalts einen Asylantrag der Kurdin Havva Koc anzunehmen und an das Bundesamt weiterzuleiten. Der Einsatzleiter erklärte, daß die Kurdin ja illegal in der BRD gelebt habe und abgeschoben werden sollte, der BGS jedoch "nur bei der Einreise zuständig" sei. Laut Gesetz muß der BGS einen Asylerstantrag immer annehmen, egal ob der Einreise oder bei der Abschiebung. In Istanbul wurde Havva Koc sofort verhaftet...

Vom BGS in Frankfurt/Main wird berichtet, daß ankommende Flüchtlinge "gnadenlos geduzt und herumgeschubst" werden. Selbst die "normalen" EU-Passagiere beklagen sich öfters über den BGS, der einen rüden Umgangston pflegt und verschiedene Leute, die Fragen stellten, mit Strafanzeigen überzog.[9]

BGS - Die AbschieberInnen

Am 30.8.1994 starb Kola Bankole (Nigeria) beim 5. Abschiebeversuch auf dem Frankfurter Flughafen. BGS-BeamtInnen hatten ihn gefesselt, ein Knebel in den Mund geschoben und einen Arzt ein Beruhigungsmittel spritzen lassen. Spätere Untersuchungen ergaben, daß er entweder erstickt ist oder aufgrund des Beruhigungsmittel an Herzversagen gestorben ist. In anderen Fällen wurden Flüchtlinge wie verschnürte "Paketrollen" abgeliefert - so die Aussage eines Piloten. "Handschellen angelegt, die Beine gefesselt [...] Er wurde mit Klebestreifen zusammengeklebt, der gesamte Oberkörper, auch der Mund wurde zugeklebt, und so wurde er wieder auf seinen Sitz verfrachtet." Schon im Mai 1993 starb eine Frau im BGS-Gewahrsam auf dem Frankfurter Flughafen. Sie erstickte höchstwahrscheinlich an dem Klebeband auf dem Mund oder wurde durch einen Schlag tödlich verletzt. Die Behörden taten den Fall 11/2 Jahre als Selbstmord ab, obwohl das Gebiß zerbrochen war und sich im Mund Klebestreifenreste fanden. Nach dem Tod von Kola Bankole wurde dieser Fall neu aufgerollt, inzwischen stellte die Staatsanwaltschft jedoch die Ermittlungen in beiden Fällen ein. Lediglich gegen den Arzt, der Kola Bankole die Spritze durch die Kleidung hindurch verabreichte, wird wegen unterlassener Hilfeleistung ein Verfahren eröffnet.

Flüchtlingen, von denen angenommen wird, sie könnte Schwiergigkeiten bei der Abscheibung bereiten, werden von 1 oder 2 BeamtInnen des BGS begleitet. Wehren sie sich auf dem Flughafen spritzt ein/e schnell herbeigerufene/r ÄrztIn ein Beruhigungsmittel, welches den Widerstandswillen und -kraft brechen soll. Solche medizinischen Eingriffe gegen den Willen einer Person sind als Körperverletzung strafbar. Außerdem werden die Betroffenen an den Sitz gefesselt und manchmal der Mund gegen das Rumschreien mit Klebeband oder einem Knebel verschlossen. Nach offiziellen Angaben gab es in den vier Jahren seit Oktober 1990 insgesamt 15 Tote bei der Abschiebungen selbst bzw. bei der Vorbereitung (in Abschiebehaft). Die Verletzungen sind ungezählt.

Die am 12.9.95 auf Geheiß von Kanther abgeschobenen 7 Sudanesen, die auf dem Flughafen von Frankfurt/M. ein ordentliches Asylverfahren durch einen Hungerstreik erreichen wollten, konnten den JournalistInnen sowohl Folterspuren aus dem Sudan als auch Verletzungen durch den BGS vorweisen.[10]

Mit dem BGS-Haushaltsposten "Reisekostenvergüting für Auslandsdienstreisen" (1992: 5,3 Mio, 1993: 4,5 Mio, 1994: 7 Mio, 1995: 10,5 Mio DM) wird die Abschiebebegleitung finanziert. Stets mehr Flüge werden vom BGS begleitet: 1990: 1082 Flüge, 1991: 1259, 1992: 1688, 1993 (bis 30. Juni): 1378, 1994: 3.800 Flüge durch 6.000 BeamtInnen. Die Fluggesellschaften erwirtschafteten 1994 durch die Abschiebung aus der BRD 17,5 Mio DM, die Hälfte der Abschiebungen übernimmt die Lufthansa. Durchschnittlich knapp zwei BeamtInnen begleiten einen Häftling. Als Stammkunde braucht der BGS nur die Hälfte des Flugpreises bezahlen.

Ca. 2 Stunden vor Abflug werden die "Schüblinge" dem BGS von der Polizei überstellt. Personalien, Größe und Gewicht, Grund der Abschiebebegleitung und eventuelle Besonderheiten werden im Allgemeinen schon einige Tage vorher dem BGS von der Ausländerbehörde übermittelt. Diese Daten braucht der BGS wahrscheinlich, um gleichwertige Partner bereitzuhalten, schließlich soll es ein fairer Kampf sein. Oder muß die Dosis des zu verabreichenden Beruhigungsmittel errechnet werden? Andere Daten interessieren nicht.

So schob der BGS am 10.10.95 einen Sudanesen, der über das "sichere Drittland" Libanon in die BRD eingereist war, direkt in den Sudan ab, obwohl sowohl das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als auch Verwaltungsgericht FfM ausdrücklich festgelegt hatten, daß der Sudanese nur nach Libanon abgeschoben werden darf, weil es keine Anhaltspunkte für eine Weiterschiebung von dort in den Sudan gäbe. Der Anwalt konnte den BGS von seinem Vorhaben trotzallem nicht umstimmen. Hinterher hieß es beim BGS nur, daß mensch aufgrund fehlender Papiere nicht in den Libanon abschieben konnte und den Vorfall "genau prüfen und auswerten" wolle. Das BMI hatte dies einige Tage später schon getan und bescheinigte dem BGS "formal korrektes" aber nicht "hinreichend problembewußtes" Vorgehen. Problembewußt heißt beim BMI sicherlich, daß so kurz vor Verhandlung des Asylrechts vor dem Bundesverfassungsgericht negative Schlagzeilen einen schlechten Eindruck hinterlassen.

Abschiebevorbereitungen durch den BGS

Der BGS sichert aber nicht nur den reibungslosen Ablauf der Abschiebung, sondern unterstützt die Ausländerbehörden auch bei der Abschiebungsvorbereitung, so z.B. bei der Paßbeschaffung. Zwangsvorführungen in den Konsulaten der vermeintlichen Herkunftsländer sind dabei keine Seltenheit.

Da wir fremde Geheimdienste abhören, wissen wir, was die so interessiert. Also kein Problem, denen dann mal ein paar Daten rüberzufunken. Bei so einem Asylverfahren kommen ja 'ne Menge Infos ans Tageslicht...'
So werden algerische Flüchtlinge im Konsulat von algerischen Geheimdienstleuten verhört. Offiziell dienen diese Gespräche der Paßausstellung. Flüchtlinge die sich weigern, daran teilzunehmen, werden wegen nicht Nachkommens ihrer Mitwirkungspflicht inhaftiert bzw. länger in Abschiebehaft gehalten. Lange Abschiebehaftzeiten ergaben sich für algerische Flüchtlinge ab Februar 1994 auch aufgrund der Tatsache, daß die begleitenden BGS-BeamtInnen aus Sicherheitsgründen sich nicht auf dem Flughafen von Algier aufhalten durften - und somit die angeordneten Abschiebungen nicht stattfinden konnten. Eine entsprechende gesetzliche Verankerung "Ausländer dürfen in jedes beliebige Land abgeschoben werden. Abschiebehindernisse liegen ausschließlich dann vor, wenn der BGS sich nicht traut mitzufliegen." steht noch aus.

Bekannt wurde neben dem algerischen Beispiel die Weiterleitung von persönlichen Daten, u.a. aus dem Asylverfahren, an Behörden in der Türkei und dem Irak, die so an Informationen kommen, die sie durch die Folter eigener Gefangener meist nicht herauskriegen. Steht ein Abschiebetermin fest, teilt das der BGS der jeweiligen Flughafenverwaltung mit, damit der/die Abgeschobene abgeholt werden kann - oft von der Polizei zu einem Verhör. Die Flugdatenübermittlung begründet die Grenzschutzdirektion Koblenz folgendermaßen: "...um sicherzustellen, daß der algerische Staatsangehörige auch den algerischen Sicherheitsbehörden zugeführt wird."

Die Grenzschutzdirektion koordiniert auch die Abschiebungen der VietnamesInnen und übermittelt deswegen an Vietnam eine Vielzahl personenbezogener Daten. In einigen Bundesländern werden die VietnamesInnen z.B. gezwungen, auch Angaben über andere im Ausland lebende Familienmitglieder zu machen.

Mit der BGS-Begleitung sind Flüchtlinge eindeutig als Asylsuchende gebrandmarkt und haben deshalb in den meisten Ländern einen schweren Stand. Sind sie nicht schon eher aufgefallen, so werden sie mindestens jetzt als politische Querulanten oder als Vaterlandsverräter verdächtigt. Dies scheinen die deutschen Behörden und der BGS aber gern in Kauf zu nehmen.

1993 erhielt der BGS ein Fax aus Zaire, in dem stand, daß ein Flüchtling aus Zaire gar keine politischen Fluchtgründe vorweisen könnte. Unter Zwang unterschrieben hatte das Fax ein Freund des Asylsuchenden in der BRD, der selber kurz vorher vom BGS abgeschoben wurde und danach im Gefängnis landete, weil der BGS Zaire die Ankunft mitgeteilt hatte.

Wenn sich jemand gewaltsam gegen die Abscheibung wehrt, ist dies kein Zeichen dafür, daß es ernstzunehmende Gründe gegen eine Abschiebung gibt, sondern - in der BGS-Logik - nur Anlaß für ein härteres Vorgehen.

Und wird bei der Ankunft am Flughafen mal jemand zu Tote geprügelt, wie z.B. Kuldeep Singh, den indische Polizisten nach seiner Abschiebung aus der BRD Anfang 1995 ermordeten, dann erläßt das Innenministerium von NRW kurzerhand eine Weisung, die besagt, daß abzuschiebenden InderInnen ein Betrag bis zu 500 DM zu belassen ist, sofern sie das Geld besitzen, damit sie bei der Ankunft die nötigen Bestechungsgelder zahlen können. Das restliche Geld wird, wie schon immer üblich, für die Abschiebehaft (116 DM/Tag) und die Abschiebung berechnet.[11]

Arbeitsteilung bei der Abschiebung

Da der BGS durch seine Abschiebepraxis ins schlechte Licht zu geraten schien oder weil den Verantwortlichen die ganze Prozedur zu teuer, gefährlich und umständlich wurde, führte der BGS im Laufe des Jahres 1994 Verhandlungen mit den Fluggesellschaften, ob nicht sie selbst die Bewachung der "Schüblinge" im Flugzeug übernehmen könnten. Außerdem sollte das Problem aus dem Weg geräumt werden, daß der BGS zwar zum Transport bereit war, aber der/die PilotIn sich aus Sicherheitsgründen weigerte, den Flüchtling mitzunehmen. Stellt aber die eigene Fluggesellschaft den Sicherheitsdienst, wird kaum noch eine Abschiebung auf diese Art zu verhindern sein.

Ergebnis der Verhandlungen des BGS war ein geheimes Abkommen mit der "Ghana Airways", die sich für die "Sicherheitsbegleitung" von Menschen aus Ghana und Nigeria bereit erklärte. Im Schreiben an die Grenzschutzpräsidien, die vom Abkommen informiert wurden, ist von "einer großen Personal- und Kostenersparnis" die Rede. Deshalb will der BGS bei Bedarf die "innerdeutsche Verschubung nach Düsseldorf" zum Flughafen übernehmen. Diese Aufgaben hatten bislang die zuständigen Ausländerbehörden, die wiederum die Polizei damit beauftragten.

Eine Vereinbarung mit der rumänischen Fluggesellschaft, die beinhaltet, daß rumänische SicherheitsbeamtInnen die Bewachung der rumänischen Abschiebe-Charter-Maschinen übernehmen, existiert schon seit einiger Zeit.

Opa: "Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft!"

Abb.3: A2-Hochglanz-Farbposter 'Motorrad' (Bestell-Nr. 75/3)
Verschenken sie dieses Poster nur, wenn sich der Schübling ordentlich benimmt. Es ist besonders bei Südamerikanern beliebt. Sollte der Schübling Interesse nach mehr Postern oder anderen BGS-Artikeln unserer Imagekampagne '95 äußern, so geben sie ihm die Bestelladresse. Lieferungen ins Ausland nur gegen Vorauszahlung.
Im Frühjahr 1995 erklärte sich auch die Lufthansa bereit, die Begleitung teilweise zu übernehmen:

"Sie bildet eine Einsatzreserve aus ehemaligen, mit 55 Jahren pensionierten Stewards und ausgemusterten Werkschützern." Die "Rentnerpolizisten" erhalten pro Begleitung 200 bis 300 DM, sollen auf eigenes Risiko selbständig handlen und kommen am Anfang in den Genuß einer zweitägigen Sicherheitsausbildung in Polizeitechniken, Psychologie - und "Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft, darum Kugelschreiber, Taschenkalender, Aufkleber vom BGS usw. mitführen", erklärt das von BGS und Lufthansa gemeinsam entworfene Schulungspapier.[12] Diese Regelung vereint auf einen Schlag mehrere zukunftsweisende Elemente des modernen Deutschlands: Alte, unproduktive Menschen arbeiten für wenig Geld, freiwillig und aufopferungsvoll für den guten Zweck, der darin besteht, AusländerInnen mit Gewalt außer Landes zu schaffen, wobei sich der Staat nicht die Finger schmutzig machen will und deshalb polizeiliche Aufgaben immer mehr privatisiert. Vorteil für die Alten: Sie genießen einen aufregenden Lebensabend nicht nur im Fernsehen, sondern live über den Wolken. Vorteil für die AusländerInnen: Sie erhalten BGS-Kugelschreiber und sollen sich darüber so freuen, wie es angeblich vor Jahrhunderten die BewohnerInnen der durch Europa kolonalisierten Länder über ähnlichen Wohlstandsmüll getan haben. Vorteil für das Entwicklungshilfeministerium: Die Hilfe kommt direkt bei den Bedürftigen an.

Der BGS begleitet auch Abschiebungen auf dem Landweg. Im Februar 1994 schloß z.B. die bayrische Grenzpolizei ein Abkommen mit der Tschechischen Republik, welches ihr ermöglicht, Flüchtlinge durch das Land hindurch bis zur Ostgrenze zu begleiten.[13]


Fußnoten: