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[sexismus]
Kritik an der Zittauer Frauen-Resolution
Es ist uns wichtig, die oben zitierte Resolution, die eine Gruppe von Frauen
während des Abend-Plenums im Zittauer Grenzcamp am Mittwoch, dem 11.8.99
vorgetragen hat, zu kritisieren. Viele, die nach der Verlesung dieser
Resolution während des Camp-Plenums nichts gesagt hatten, teilen diese
Kritik und haben geschwiegen: teils aus Angst, selbst in die Schußlinie
zu geraten, und/oder, um bekannte, fruchtlose Ebenen des Schlagabtauschs zu
vermeiden. Ein Drittel der Anwesenden hat der Resolution applaudiert. Das
allein ist Grund genug für uns, ihr etwas entgegenzusetzen. Unsere Kritik
in aller Kürze: Wenn das allein Sexismus wäre, was die
Frauen in der Resolution so nennen, dann müßte das Camp als gelebte
Utopie bezeichnet werden. Sexismus ist aber etwas anderes. Als Sexismus
verstehen wir ein gesellschaftliches Herrschaftsverhältnis, an dem sowohl
Männer als auch Frauen aktiv Anteil haben, und in dem sie sich gegenseitig
auf jeweils reduzierte Rollen und Positionen festlegen. Beide Seiten
profitieren unterschiedlich von diesen Festlegungen, und auf beiden Seiten gibt
es Leiden daran. Was jedenfalls definitiv nicht stimmt, ist, daß Frauen
immer Opfer des Sexismus sind und Männer immer Profiteure und Täter,
und daß Frauen darin sozusagen von Natur aus die Guten sind,
die aufgrund ihres Opferstatus von selbst immer auf der sauberen
Seite sind. Unter dieser ganz realitätsfernen gedanklichen
Voraussetzung, daß es nämlich nur Täter-Männer
und Opfer-Frauen gibt, sind Frauen natürlich schon
Sexismus-Opfer, wenn ihnen kritische Rückfragen gestellt werden. Die
Hauptforderung der Resolution, den Frauen in puncto Sexismus die totale
Definitionsmacht einzuräumen, beruht genau auf dieser Voraussetzung:
Stellt irgend jemand diese totale Definitionsmacht in Frage, macht er/sie die,
die sie beansprucht, zum Opfer. Wir finden das falsch. Wir glauben, daß
mit einem derartigen Machtanspruch, wie ihn die Frauen in der Resolution
erheben, keine emanzipatorische Politik möglich ist, daß der
Ausschluß von Konflikten, den die Resolution zum Ziel hat,
Veränderungen erschwert oder gar verunmöglicht, die allein einen
offensiven Umgang mit den Herrschaftsverhältnissen befähigen
können, zu denen auch das Patriarchat gehört.
Während einer Diskussion mit AutorInnen der Resolution im
Frauen/Lesben-Bereich des Camps hat sich eine von uns darauf festgelegt, eine
geplante schriftliche Kritik ausschließlich in der Amazora zu
veröffentlichen, weil diese Zeitschrift nur von Frauen gelesen wird. Diese
Entscheidung war nicht zu ende gedacht. Wir nehmen sie hiermit zurück,
weil wir eine gemischtgeschlechtliche Debatte für unerläßlich
halten. Es gibt Voraussetzungen, die eine nur-eingeschlechtliche
Veröffentlichung von Texten sinnvoll machen: Z. B. wenn in Texten intime -
oder Verletzungsgeschichten 'drinstehen, von denen eine Betroffene nicht will,
daß andere als die unmittelbaren AdressatInnen sie zu lesen bekommen.
Solche Texte nicht öffentlich zu machen, ist eine Sache der
Rücksichtnahme und Diskretion. Es ist überhaupt legitim, wenn
AutorInnen etwas nicht veröffentlichen wollen, wenn eine Gruppe z. B.
einfach 'unter sich' etwas schriftlich kursieren lassen will, wer würde da
widersprechen? Aber das verpflichtet niemanden, der nicht zu dieser Gruppe
gehört.
Repressiv nicht emanzipatorisch
Die Forderungen, die die Frauen aufstellen, öffnen keinen
emanzipatorischen Horizont. Im Gegenteil - ihre Konsequenzen wären
repressiv und autoritär, würden sie verallgemeinert: Im Kern
beanspruchten die Frauen von der gemischtgeschlechtlichen und
äußerst heterogenen Camp-Bevölkerung, sich ihrer
Definitionsmacht bedingungslos unterzuordnen. Nimmt eine Frau das Verhalten
einer anderen Person als sexistisch wahr, soll sie allein die Macht haben,
über Sanktionen zu entscheiden. Aus der individuellen Wahrnehmung wird
unmittelbar das Recht abgeleitet, über Strafen für die angeschuldigte
Person zu entscheiden. Jede Möglichkeit, sich zu wehren, richtig zu
stellen o. ä. wird außer Kraft gesetzt. Widersprechen darf niemand.
Auch nicht nachfragen. Dieser Anspruch, der ja keineswegs neu ist, sondern seit
Jahren u. a. in der Interim immer wieder von radikalen
Frauen-Zusammenhängen erhoben wird, hat mit Befreiung nichts zu tun. Sein
Horizont ist nicht eine bessere Gesellschaft, nicht das Ende des Patriarchats
und der Unterjochung. Der Horizont, in dem die Camp-Resolution der Frauen
steht, ist die bloße Umkehrung eines
Unterdrückungsverhältnisses, von dem die Frauen behaupten, daß
sie es beseitigen wollen. Sie setzen auf ein falsches Konzept, um daraus
Selbstbewußtsein zu ziehen, nämlich auf die Macht, die sie auf der
Grundlage der Idee beanspruchen, alle Frauen seien Opfer. Aber Opfer sind nicht
als solche "gut". Und Frauen sind nicht als solche Opfer. Sie sind auch
Täterinnen, aktiv verstrickt ins Patriarchat und in alle möglichen
anderen Herrschaftsverhältnisse. Und schließlich: Nicht
verhandelbare Macht ist kein emanzipatorisches Instrument, sondern eins von
Herrschaft. Anstatt für Befreiung einzutreten, nehmen nun die Frauen
selbst das Recht auf Unterdrückung für sich in Anspruch. Das
läuft nicht auf Befreiung heraus, sondern auf einen bloßen Austausch
des Personals, das die Zwangsmacht besitzt. Gegenmacht in unserem Sinn
muß immer so angelegt sein und gelebt werden, daß sie sich im
Prozeß auch wieder selbst aufhebt. Eine emanzipatorische Veränderung
der Geschlechterverhältnisse ist mit der oben genannten Herangehensweise
ausgeschlossen. Zugespitzt formuliert: Der Sexismus-Vorwurf muß letztlich
der Resolution gemacht werden, denn ihre Herangehensweise verlängert
patriarchale, d. h. herrschaftliche Strukturen in die Ewigkeit. Frauen eignen
sich hier das Patriarchat an, anstatt es zu demontieren.
Was dabei mit der Wahrheit passiert ...
Die Frauen suspendieren jeden Anspruch auf Vermittlung. Im Zentrum des Papiers
steht die Weigerung, den Herrschaftsanspruch, den die Frauen für sich
selbst erheben, vor einem Publikum zu begründen, dem sowohl Männer
als auch Frauen angehören. Diskutieren wollen sie ausschließlich mit
Frauen. Auseinandersetzung und Verhandlung von Verhältnissen und Rollen
kann so gar nicht erst beginnen. Aber nur in Auseinandersetzungen von Einzelnen
beider Geschlechter sind Veränderung möglich, mit denen patriarchale
Herrschaftsverhältnisse überwunden werden könnten. An diesen
Herrschaftsverhältnissen sind Angehörige beider Geschlechter
beteiligt. Anstatt sich mit diesen Verhältnissen auseinanderzusetzen,
verwandeln die Autorinnen der Resolution die Wahrheit in eine Zwangsinstzanz.
Wahr ist, was eine von ihnen wahrnimmt. Wie diese Wahrnehmung genau beschaffen
ist, wird nicht verraten. Was einzelne Handlungen und Worte zu dem macht, als
das die Frauen es interpretieren, darf nicht reflektiert werden. Motive,
Kontexte, Strukturen können nicht analysiert,
Veränderungsmöglichkeiten nicht ausgehandelt werden. Die Deutung der
jeweils einzelnen Frau soll unbedingte Geltung haben, weil sie Opfer ist: Was
ich wahrgenommen habe, war Sexismus. Was ist das für eine Wahrheit, die
nicht in der beschreibbaren Wirklichkeit begründet wird, sondern in einer
Autorität, die sich aus einer Vorabdefinition herleitet? Was ist das
für eine Wahrheit, die nicht in Frage gestellt werden darf? Derartige
Wahrheiten waren auch im Stalinismus mächtig, als die Partei des
revolutionären Subjekts die Definitionsmacht hatte, und in der Kirche des
Mittelalters, deren Wahrheitsagenten die Priester gewesen sind. Diese Wahrheit
ist das Gegenteil von dem, was der Subcommandante Marcos über die Wahrheit
der zapatistischen Revolte sagt: Es geht nicht darum, irgendwelche Ideen
zu verbieten, sondern darum, sie auf politischer Ebene zur Diskussion zu
stellen. Und daß dann den Menschen die Entscheidung überlassen
bleibt. Nicht die Gewalt soll entscheiden, sondern die Vernunft. (Le
Monde Diplomatique, August.99, S. 12)
Ausschluß von Konflikten
Wie jeder totale oder totalisierende Anspruch schließt die
Definitionsmacht der Frauen Widerspruch, Konflikt, das Andere oder
Abweichende, das, was in der Ordnung nicht aufgeht, und schließlich im
Grunde das Subjekt selbst aus. Die patriarchale Ordnung ist ebenfalls eine
Ordnung, die alles ausschließt, was sich ihr nicht einpasst. Sie bietet
Frauen als den Anderen ein subtil verwobenes Netz von
Einordnungsmöglichkeiten. Und Frauen handeln darin. Z. B. treten sie den
"Täter"-Männern die Verantwortung ab. Frauen sind - entgegen aller
Beteuerungen - nicht auf der sauberen Seite. Die Behauptung, sie seien "Opfer"
der Männer, versucht zwar, das Handeln von Frauen in den herrschaftlichen
Geschlechterverhältnissen zu negieren. Aber Frauen handeln und tragen zur
Dominanz der Männer bei, sie sind Mittäterinnen im Patriarchat,
profitieren von ihrem Verantwortungsverzicht. Wenn die Autorinnen der
Resolution, die sich als "Frauen/Lesben" bezeichnen, bis in alle Ewigkeit auf
der Opferrolle von Frauen beharren, verhindern sie Veränderung,
lähmen sie jede Möglichkeit, die Geschlechterrollen aufzubrechen. Die
emanzipatorischen Ziele des Feminismus kommen dabei unter die Räder.
Schließlich ist die Frauenbewegung einst angetreten, um gegen diesen
Ausschluß aus der patriarchalen Identitätskultur Widerstand zu
leisten und an die Stelle eine Identitätskultur eine der Gleichrangigkeit
von Verschiedenartigen zu setzen. Die Frauen der Resolution verharren in der
Pose des Protests, aber schaffen dabei eigentlich nur eine Umkehrung der
beschissenen Verhältnisse im Kleinformat der Szene. Wenn die Gruppe der
formal gegen ein Herrschaftsverhältnis Protestierenden ganz zwanglos ihre
eigene Dominanzkultur entwickelt, gibt es nur eine Umkehrung der
Aktionsrichtung: Anstatt um Gesellschafts - und Selbstveränderung zu
kämpfen, wendet sich der Blick nach innen, in die Szene, in
der sich längst alle darüber einig sind, daß Sexismus falsch
ist und das Patriarchat abgeschafft gehört. Der Kampf gegen den Sexismus
gehört zum Glaubensbekenntnis eines und einer jeden linksradikalen
AktivistIn. Anstatt mit diesen Leuten, von denen jede/r antworten würde,
daß die patriarchalen Verhältnisse zwischen den Geschlechtern
bekämpft werden müssen, in eine Auseinandersetzung zu treten, wie das
konkret und im Einzelnen, in den Produktions- Reproduktions-, Politik-, Lust-
und Liebesverhältnissen gemacht werden kann, wird mit einer völlig
reduzierten Sexismus-Definition sämtliche Anstrengung in eine paranoide
Dauerfahndung nach Feinden in den eigenen Reihen investiert. Wie in den
schlimmsten Ausformungen der patriarchalen Dominanzkultur wird der Andere, der
Abweichende, der, der in der Ordnung nicht aufgeht, gejagt. Was auf der Strecke
bleibt, sind Widerspruch und Konflikt. Hinterrücks wird die bekämpfte
Ordnung einfach unter anderen Vorzeichen wieder aufgerichtet.
Die klägliche Folge ist die Verjagung einzelner Männer, die sich
'Delikte' haben zu Schulde kommen lassen, die in die völlig reduzierte
Sexismus-Definition der Frauen passt. An dieser Stelle wird die absolute
Definitionsmacht, die diese Frauen beanspruchen, auf gruselige Weise praktisch.
Die neueste Geschichte dieser Art handelt von einem linksradikalen Genossen,
der nicht nur dabei erwischt worden sein soll, daß er Pornohefte
besaß, sondern sogar noch eingestanden haben soll, diese zu benutzen, um
zu onanieren. Dieser Mann wurde wie in einer sich hochschaukelnden Hexenjagd
immer heftiger attackiert. Zuletzt wurde er von Frauen an den Haaren über
eine Straße gezerrt, er traut sich nicht mehr zu Veranstaltungen,
Treffen, oder in Kneipen zu gehen, wo er die Aktivistinnen vermutet, die seinen
Totalausschluß exekutieren. Zum Camp ist er aus Angst vor ihnen nicht
gefahren. Was hier stattfindet, ist nicht Revolution, sondern Krieg. Anstatt um
die Veränderung von Verhältnissen und Menschen zu kämpfen,
werden Menschen reduziert zu Abstraktionen: Dieser Mann ist nicht mehr einer,
der ein Buch liest, gern ißt, schläft, Freunde hat, politisch redet
und handelt, seine Lebensfunktionen genießt, er ist kein
vielfältiges, widersprüchliches, handelndes Bedürfniswesen
mehr, sondern er ist nur noch eins: "Sexist". Diese Ordnung ist
antiemanzipatorisch, falsch und wahnsinnig: Die bessere Gesellschaft, um die
gekämpft werden sollte, kann niemals "rein" sein. Eine Gesellschaft, in
der nicht mehr gestritten und verhandelt wird, ist überhaupt nicht
wünschbar. Konflikte wird es immer geben. Und es kommt darauf an, sie zu
verhandeln, und zwar unter Einschluß der Menschen und unter
möglichst weitgehendem Ausschluß von reaktionären,
herrschaftlichen, dummen und leidzufügenden Handlungsweisen.
Bei den in der Frauen-Resolution aufgezählten Sexismus-Vorfällen
handelt es sich jeweils um Konflikte, und zwar um solche, die im Camp-Rahmen
mehr oder weniger gut oder auch gar nicht ausgetragen worden waren: Jungs
kommen, um den Schutz zu verstärken, Schutz-Frauen halten das für
überflüssig und beißen Jungs weg. Okay! Punks prollen herum und
sagen widerliche sexistische und rassistische Sachen, werden
rausgeworfen. Okay! Im Plenum wird vom Rausschmiß der Punks
erzählt. Eine Frau fragt nach, an welchen Maßstäben dieser
Rausschmiß orientiert war. Ihr wird geantwortet. Sie ist zufrieden. Okay!
Jungs machen den Dicken, als die Frauen ihr Floß durchs Camp tragen und
fragen, ob das auch wirklich nicht untergeht. Sie werden weggebissen. Okay!
Wenn das der ganze "Sexismus" auf dem Camp war: Na superprima!
Konflikte haben sich zugetragen. Die Subjekte haben sich in ihnen bewegt.
Jede/r ist vorgekommen, einige haben sich klare Antworten eingehandelt, welche
mußten gehen. Die Frauen haben sich auf alle Fälle behauptet. 500
Menschen auf einem Haufen, ein Hin und Her von Begehren, Abneigung,
Mißverständnissen, unterschiedlichen Voraussetzungen usw., und dort
wo Trieb oder Blödheit drohten, andere zu kränken, haben die sich
effektiv dagegen verwahrt. Ein gutes Ergebnis. Aber was passiert nun? Die
Vorfälle werden aufgeblasen zu Beweisen für eine Struktur, die im
Camp gar nicht dominant ist. Aus dem Durcheinander des Handgemenges ziehen die
Frauen den Beweis für die Existenz des Bösen und Unsauberen, des
Sexismus im Camp.
Offensive Sexismusdebatte und zwar gemischtgeschlechtlich
Die Konzentration darauf, die Szene sauber zu halten, ist starr und statisch.
Wenn permanent nur noch nach Einzeltätern gefahndet wird, und wenn dabei
die Maßstäbe der jeweiligen Anklage nicht mal mehr diskutiert werden
dürfen, dann hat die Auseinandersetzung mit patriarchalen Strukturen keine
Chance mehr. Denn Sexismus ist nicht, wenn Männer versuchen, Frauen
anzubaggern. Es kommt darauf an, wie sie es tun. Sexismus ist, wenn das System
der Zweigeschlechtlichkeit mit bestimmten Vorstellungen über den ein
für alle mal vorgegebenen gesellschaftlichen Ort von Frauen und
Männern verknüpft, und wenn sie auf bestimmte, vorgegebene Handlungen
und Rollen festgelegt werden. Es ist genauso sexistisch, biologisch definierte
Männer auf einem vorab definierten Konzept von Männlichkeit
festzunageln, wie das dem entsprechende Festnageln von Frauen auf einem Muster
von Weiblichkeit.
Von daher ist unser Anspruch der, uns mit Sexismus auch in gemischten
Strukturen auseinanderzusetzen.
Zuletzt noch einmal gegen Entmischung und für das Handgemenge in
emanzipatorischer Perspektive
Wir finden die Aufspaltung in Identitäts- und Geschlechtergruppen
schlecht. Ebenso schlecht finden wir die Aufspaltung von Denkenden und
Handelnden, von Intellektuellen und solchen, die Reflexion
anstrengend finden. Wir finden, es ist die Aufgabe der Leute, die
Auseinandersetzung wichtig finden, sich an den anderen, die sich nicht
anstrengen wollen, abzuarbeiten. Wo ist der Ort der Revolte? Doch nur dort, wo
sich die Revoltierenden befinden. Deshalb finden wir, daß wir uns
gegenseitig davon abhalten sollten, in die Vereinsmeierei oder in das
Sektierertum abzudriften. Wenn wir uns gegenseitig in Ruhe lassen, dann gibt es
keinen Ort der Revolte mehr. Deshalb ist es auch schade, wenn einige
resignieren und sich in eine andere Art von Reinheit
zurückziehen, nämlich die der gut gedachten Gedanken und der
wirklich relevanten Auseinandersetzungen im Internet.
Alle Revolutionen, die sich Reinheit zum Ziel gesetzt haben, sind in
Konterrevolutionen verendet. Es gilt, zu einem neuen Verständnis von
Revolution zu kommen, in dem die Unvollkommenheit, der Konflikt und das
Handgemenge, Schwäche, Krankheit, Alter und Tod, Durcheinander und
Unklarheit nicht ausgeschlossen, verdrängt und unterdrückt, sondern
verhandelbarer Bestandteil sind. Es gibt keinen Endzustand, sondern
nur den unaufhörlichen Kampf gegen Lüge und Verdrängung,
Ausbeutung und Herrschaft, und zwar aus der Perspektive von Solidarität,
Erfahrung und Befreiung. Das ist anstrengend und macht manchmal Lust, wie das
Leben selbst ...
Stefanie + Uschi
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