Dieser Tag ist der Tag des Einmarsches der Sandinisten in Managua vor 8 Jahren. Für uns ein gutes Zeichen.
Wir sind mit unseren Arbeiten und dem Diskussionsprozeß jetzt soweit, daß die Bullen uns auch mit einem Großeinsatz nicht einfach überrennen können.
Warum die öffentliche Wiederbesetzung ?
Dazu müssen wir etwas weiter ausholen. Unser Kampf um Selbstbestimmung hier in der Hafenstraße ist dem Senat schon immer ein Dorn im Auge. Im Juli 86, vor einem Jahr, begann der Senat seinen dritten oder vierten, diesmal sehr langfristig angelegten Vernichtungsfeldzug gegen uns. Wir haben es aber geschafft, ihnen ein weiteres Jahr Leben in der Hafenstraße abzutrotzen, wohl unser bisher längstes und auch härtestes Jahr. Am 23. Juli hackten HEW-Arbeiter in einer Überraschungsaktion die Gehsteige auf und klauten den Strom der 6-er-Häuser. All das ging Schlag auf Schlag. Im August dann die ersten Wohungsrämungen. Die Strategie der harten Einsätze ging erst richtig los. Pawelczyk versuchte uns mit Hilfe seiner Soldateska zur Aufgabe unseres Lebensanspruches in der Hafenstraße zu zwingen. Die Einsätze, bis Januar etwa 25 - 30, liefen jeweils nach dem selben Schema ab: Obermacht von 500 - 800 Bullen - sie klauten alles Baumaterial, - klauten ständig unsere Haustüren um die Häuser immer offen zu halten, - scheinbar sinnlose Zerstörungsorgien in allen unseren Wohnungen, - mit faschistischer Heimtücke zerstörten sie alles, was Leben ausdrückt, wie Topfpflanzen, persönliche Bilder, Musikinstrumente etc. - sie zertraten einen Wurf junger Katzen, einer anderen Katze zertraten sie Ober- und Unterkiefer, an die Fenster der jeweils ger-äumten/begangenen Wohnungen schmierten sie weiße Kreuze (dieselben weißen Kreuze, die die faschistischen SS-Besatzungstruppen an die Fenster ermordeter Wiederstandskämpfer malten), sie spruehten CS-Gas in Betten und Lebensmittel.
Das sind keine Einzelfälle oder Ausrutscher einzelner Bullen, sondern bewußtes und geplantes Vorgehen des Hamburger Senats. Dies blieb auf uns nicht ohne Wirkung. Endzeitstimmung, Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit machten sich breit. Konkreter Ausdruck war der stark ansteigende Drogenl<onsum bis hin zum Heroin. Harald starb am 17.2.87. Heroin wurde neben den Bulleneinsätzen zum Thema in der Hafenstraße. In der Diskussion wurde klar, daß nur die Perspektive des Erhalts der Hafenstraße, unsere Lebensgrundlage, der Ausweg aus unseren Problemen sein kann. Daß wir uns diese Perspektive aber erst erkämpfen müssen, gegen Bullen, gegen Drogen. Ein entscheidendes Datum in dieser Phase war die Demonstration vom 20.12.. Die Demo hat uns gezeigt, daß viele Leute auf unserer Seite sind. Wir haben insbesondere am Verlauf dieser Demo gemerkt, daß viele Leute bereit sind, uns in dem Kampf gegen Bullen und Senat zu unterstützen. Es war die sehr starke Erfahrung, das Werk jedes Einzelnen auf der Demo, was uns den Mut und die Perspektive weiterzumachen zurückgegeben hat. Nach der Demo, die 'Begehungen' der Bullen alle 3 Wochen gingen weiter, diskutierten wir die Wiederbesetzung. Eine symbolische Wiederbesetzung, ein Tag drin - den nächsten draußen, kam für uns nicht in Frage. Sie würde nichts verändern. Wir suchten nach Möglichkeiten, die politische Situation, das Kräfteverhältnis so zu verändern, daß bei einer Wiederbesetzung die Möglichkeit besteht, drin zu bleiben. Mit Schülergruppen, Nachbarn, dem Initiativkreis, BI's, autonomen und antiimperialistischen Gruppen, Stadtteil-Inis, organisierten wir als Schritt zur Wiederbesetzung den Tag X.
Mit dem Tag X und dem Verhandlungsangebot von Reemtsma hörten die Begehungen auf. Seit dem Tag wohnen wir in den einst geräumten Wohnungen, ohne nach 3 Wochen wieder rauszufliegen. Die Wiederbesetzung konnte konkret und praktisch vorbereitet werden. Diese Vorbereitungen sind jetzt abgeschlossen. Einen Räumungsversuch werden wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern versuchen.
Mit der Wiederbesetzung und der sich darauf beziehenden Solidarität wollen wir den Senat dazu zwingen, endlich - öffentlich und verbindlich - seine Räumungs- und Abrißlinie, den Terror des letzten Jahres aufzugeben.
Unsere Forderungen sind: Rücknahme aller vorhandenen Räumungstitel, Rücknahme der Abrißdrohung gegen die 6er- Haeuser. Vertragsgegenstand sind alle Häuser: Hafenstraße 108 -126, Bernhard-Nocht-Str. 16 - 24. Erst mit der Erfüllung dieser Forderungen sind Verhandlungen über eine Vertragslösung vorstell bar. Alles andere sind Scheinverhandlungen, bestenfalls ein Diktat des Senats mit der Räumungs- und Abrißpistole an unserem Kopf. Will auch der Senat eine Verhandlungslösung, so kann er diese Forderungen problemlos erfüllen.
Ztim Ablauf der Wiederbesetzung: Wir rufen dazu auf, die Besetzung durch massenhafte Anwesenheit zu unterstützen. Die Häuser werden dicht sein, weil wir mit einem Ueberraschungsangriff rechnen. Geöffnet haben die Vokü in der 116, das Info-Cafe in der 126 und evtl das Störtebeker Zernrum . Abends wird es Filmvorführungen auf der Balduintreppe geben.
Was wir uns als Unterstützung vorstellen:
- Aktionen, die uns helfen, unsere Ziele durchzusetzen
- Öffentlichkeit herstellen für die Besetzung und die Forderungen
- Flugblätter, die es im Info-Cafe geben wird, überall zu verteilen
- uns mit Nahrungsmitteln, Kafee und Kuchen bei der Verpflegung der Leute zu unterstützen
- eigene Fress-Stände aufbauen
- eigene Info- und Bücherstände aufbauen
- uns bei noch anliegenden Arbeiten helfen
Diskussionen fuehren, die ein gemeinsames Vorgehen im Falle eines Einsatzes ermöglichen
-- sich praktisch auf einen Einsatz vorbereiten (z.B. welche Kreuzung hier im Umkreis mach ich wie dicht und mit wem?)
Montag morgen ist ein kritischer Zeitpunkt. Dann sind die ersten 24 Stunden der Besetzung um. Deshalb rufen wir schon für Montag früh dazu auf, daß viele Leute herkommen. Montag Nahimittag planen wir eine Grosskundgebung UM 17"Uhr vor den Häusern. Wir wollen zum einen über den aktuellen Stand berichten und zum anderen dem Senat demonstrieren, wie viele wir sind. Kommt alle !!!
Forderungen:
Rücknahme aller vorhandenen Rämungstitel
Kein Abriß der 6-er-Häuser
Vertragsgegenstand können nur alle Häuser sein: Hafenstr. 108-,126, Bernhard-NochtStr. 16-24
Stromanschluß für die 6-er-Häuser
Hafenstraße, den 17.6.1987
Im Falle eines Einsatzes mit Leuten von außerhalb der Häuser haben wir bis jetzt folgende Vorstellungen entwickelt:
Falls wir vorher mitkriegen, daß die Bullen räumen, dann sollten die umliegenden Kreuzungen: Landungsbrücken/Helgoländer Allee Millerntorplatz, Nobistor, Pepermölenbek, Fischmarkt, Kastanienalleee, Davidstr. blockiert werden. Ansonsten, wenn die Bullen schon da sind, ist Treffpunkt Hans Albers Platz und Demo vor der Hafenstrasse.