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An:       /cl/nordamerika/allgemein  
Von:      J.KELLERMANN@BIONIC.ZER

Datum:    14.07.92     
Betr.: Artikel zur 'Situation der schwarzen Jugend in en USA'
          aus der Zeitschrift 'Piranha' (Teil 1)    

DER SCHWARZE PANTHER

Zur Situation und Kultur der schwarzen Jugend in den USA
                       ...von Wolfgang Sternek
Black Power war eines der symbolwörter in den sechziger jahren. die schwarze bevölkerung in den USA, die sich selbst vielfach als New Afrikans bezeichnet, entwickelte zur dieser zeit ein neues selbstbewußtsein und stellte sich mit erhobener faust dem alltäglichen rassismus entgegen. trotz der letzlichen niederlage hat die damalige bewegung eine große bedeutung für die gegenwärtigen entwicklungen und kämpfe in den schwarzen ghettos.
                     Der Kampf der BLACK PANTHERS
zuerst war es die bürgerrechtsbewegung mit Martin Luther King an der spitze, die sich für reformen mit dem ziel der bürgerlichen gleichstellung einsetzte. etwa in der mitte der sechziger jahre fand dann eine zunehmende radikalisierung statt, welche sich unter anderem in zahlreichen unruhen und aufständen, sowie organisatorisch in der Black Panther Party (BBP), ausdrückte. den Black Panthers ging es nicht mehr um reformistische zielsetzungen, sie richteten sich vielmehr gegen die wurzel des rassismus, welche sie in den strukturen des kapitalistischen systems sahen. um dieses system zu stürzen, wurde der politische wie auch der bewaffnete kampf auf allen ebenen propagiert. langfristiges ziel war errichtung eines unabhängigen schwarzen staates (Republic of New Africa) auf einem teilgebiet der USA. in ihrem kampf solidarisierten sich die Black Panthers mit dem wiederstand der 'Native People', den nordamerikanischen indianerInnen, und vrstanden sich selbst als teil des weltweiten antiiperialistischen kampfes. nach der langen geschichte der ausbeutung und unterdrückung, beginnend mit der zeit der sklaverei, gaben vor allem die Black Panthers den anstoß, das damit verbundene minderwertigkeitsgefühl der New Afircans zugunsten eines neuen selbstwertgefühls, basierend auf einem bekenntnis zum eigenen volk und zur geschichte, zu überwinden.

auch gelang es der BBP in ihrer hochzeit die destruktive verweigerungshaltung der schwarzen jugend in ein aufbäumen gegen die eigentlichen ursachen ihrer situation zu verwandeln. ein weiterer erfolg war die entwicklung gegenkultureller strukturen, wie zum beispiel selbsthilfegruppen und volksküchen in den black comunnities, den schwarzen gemeinschaften. die bedeutung der Black Panthers lag vor allem darin, daß sie die notwendigkeit und und die möglichkeit des bewaffneten kampfes im herzen der 'imperialistischen bestie' vor dem hintergrund einer massenhaften unterstützung aufzeigte.

die BBP wurde dadurch schnell zum schreckgespenst des herrschenden weißen establishments. die staatsmacht ging entsprechend vor. schon 1967 entwickelte das FBI ein aufstandsbekämpfungsprogramm unter der abkürzung Cointelpro mit dem ziel politischen widerstand aufzudecken, zu diskreditieren und zu 'neutralisieren'. es galang unter anderem die Black Panther Party und später auch die Black Liberation Army und die schwarze gefangenenbewegung zu zerschlagen bzw. entscheident zu schwächen. viele aktivistInnen wurden zum schweigen gebracht, teils durch lange gefängnisstrafen, teils durch mord. die vermutung über ein systematisches vorgehen der staatsorgane wurde bestätigt, als 1973 angehörige der antikriegsbewegung ein FBI-büro besetzten, dabei entsprechende geheimdokumente fanden und veröffentlichten.

weitere gründe für den niedergang der BBP waren interne auseinandersetzungen über den zukünftigen weg der partei zwischen vertreterInnen einer gemäßigten und einer radikaleren position. und nicht zuletzt waren die patriachalen strukturen innerhalb der organisation, welche eine konsequent revolutionäre weiterentwicklung verhinderten. so wurden frauen völlig unterrepräsentiert und eine spezifische frauenpolitik wurde weder praktiziert noch diskutert.

Scheinbare Integration, die Rolle des Fernsehens und erneute

                              Aufstände.
rund zwanzig jahre später hat sich die situation der New Africans nur geringfügig verändert. der rassismus auf den verschiedenen ebenen ist immer noch alltag. er zeigt sich politisch und kulturell, sowie insbesondere sozial. statistisch drückt sich dies beispielseise in der höhe in der kinder- und müttersterblichkeitsrate aus, die zwei- bis dreimal höher ist, als die der weißen bevölkerung. prozentual sind die New Africans weitaus stärker von der armut und der wohnungs- und arbeitslosigkeit betroffen. trotz anderslautender offizieller bekundungen gilt dies auch heute noch bzw. hat sich in einigen punkten sogar noch weiter verschärft. in den siebzigern gelang es den staatsorganen sich weitgehend auf den politischen widerstand einzustellen und ihn nachhaltig zu schwächen. eine der Black Panther Party in bezug auf ihre zeilsetzung und ihren rückhalt in der black community vergleichbare organisation gibt es heute nicht.

die plitik der verschiedenen US-regierungen und deren hintermänner konzentrierte sich, neben der unterdrückung jeglichen widerstandes, auf eine scheinbare integration der schwarzen bevölkerung in das system. in folge der BlackPower-unruhen pumpte der staat millionenbeträge in schwarze systemkonforme wirtschaftsstrukturen. eine langfristige wirkung war die herausbildung einer dünnen schwarzen mittelschicht, die als beispiel der integration und der angeblichen durchlässigkeit der US-amerikanischen gesellschaft propagandistisch mißbraucht wurde.

die gleich funktion erfüllen bis heite die schwarzen show-, pop- und spotstars. millionen versuchen ihnen nachzueifern, versuchen den 'american dream' für sich zur realität zu machen. unzählige scheitern auf diesem weg und werden zu opfern einer ideologie bzw. eines systems, welches sich nicht an den eigenen bedürfnisen der menschen orientiert, sondern die menschen vorrangig auf ihre verwertbarkeut reduziert.

scheinbare integration bedeutet manipulation des bewußtseins und der bedürfnisse. neben den beschriebenen zusammenhängen ist es vor allem das in den USA allmächtige fernsehen, welches diesen prozess vertieft. die in den USA rein auf kommerzieller basis arbeitenden tv-anstalten tragen die systemtragenden inhalte in die köpfe der bevölkerung. gewalttätiges vorgehen als mittel zur durchsetzung persönlicher ziele oder sexistische verhaltensnormen werden durch tv-sendungen als etwas normales und selbstverständliches dargestellt. eine andere immer wieder vermittelte grundeinstellung besagt, daß glück nur über materiellen wohlstand zu erlangen sei. durchnittlich verbringt ein jugendlicher in den USA täglich mehere stunden vor dem fernsehgerät, entsprechend wird das weltbild geformt.

es ist eine charakteristische grundeinstellung spätindustrieller wirtschaftssysteme, daß die offene unterdrückung großer teile der bevölkerung zugunsten einer verdeckten psychologischen manipulation zurückgegangen ist. jedoch kommt es immer noch dort, wo die konkrete situation ein nicht mehr erträgliches ausmaß erreicht hat, zu offenen rebellionen. so kam es auch gegen ende der achziger jahre zu einer reihe vin unruhen in mehreren schwarzen ghettos.

beispielhaft ist der aufstand in mehreren, hauptsächlich von New Africans bewohnten stadtvierteln in Miami im januar

  1. oberflächlicher auslöser war die ermordung eines schwarzen jugendlichen durch einen polizisten. im anschluß daran entwickelte sich eine straßenschlacht zwischen der polizei und jugendlichen. die auseinandersetzungen breiteten sich schnell aus. die staatsorgane verloren teilweise die kontrolle über die situation, gingen dann aber um so härter vor. einzelne stadtteile wurden abgeriegelt und ausgangssperren verhängt. der aufstand konnte so unterdrückt werden. zynischerweise hatte die stadt Miami kurz vor den unruhen eine mit millionenbeträgen finanzierte kampgne gestartet, die das von rassenkolfikten, sotzailen gegensätzen, gewalt und drogen geprägte negative bild der stadt zugunsten einer sonnigen und problemlosen images aufbessern sollte.
Streetgangs, Drogen und die Verweigerung der schwarzen Jugend

unruhen, wie die im Miami. bilden in ihrer zielgerichtetheit eine ausnahme. in der regel entladen sich die angestauten energien nicht bewußt gegen die staatsmacht. der tägliche widerstand der jugend zeigt sich vielmeht in einer destruktiven verweigerungshaltung. so zum beispiel im vandalismus und der kriminalität, oder auch in einer verweigerung gegenüber staatlichen zwangseinrichtungen wie der schule. drogen spielen hierbei eine besondere rolle. sie ermöglichen eine flucht aus der zerstörenden realität in eine scheinwelt, die zumindest zeitweise den alltag vergessen läßt. unzählige wählen diesen weg, auch wenn sie wissen, daß sie wahrscheinlich an den drogen zugrunde gehen werden. sie wollen den augenblick so genußvoll leben wie es nur geht, weil sie keine hoffnung im morgen sehen.

die regierung benutzt das drogenproblem um den polizeiapparat und die geheimdienste weiter aufzurüsten und ihnen größere befugnisse zu geben. dies geschieht allerdings wenigen um das drogenproblem in den griff zu bekommen, denn daran besteht letztlich kein interesse. die jugendlichen, die sich in die drogen flüchten, ändern nichts an den zustaänden, welche dies flucht bewirken und lassen damit auch die herrschenden machtverhältnisse unangetastet. es geht der regierung vielmehr um eine (vorbeugende) unterdrückung jeglichen widerstandes.

den lebensinhalt der meisten schwarzen jugendlichen in den US-großstädten bilden die streetgangs. sie sind ein letzter bezugspunkt in einer haltlosen umwelt. in Los Angeles, das eine einwohnerInnenzahl von rund acht millionen menschen hat, gehören den streetgangs etwas 80.000 jugendliche an. innerhalb der gangs, wie auch im verhältnis zu anderen gilt das recht des stärkeren. mädchen und frauen stehen in dieser gruppenhierarchie ganz unten.

die auseinandersetzungen zwischen den gangs haben sich in den letzten jahren für europäische verhältnisse kaum vorstellbaren maße zugespitzt. in den us-amerikanischen großstädten kommt es in diesem zusammenhang jählich zu mehreren tausend toten. entsprechend ist mord neben AIDS die überwiegende todesursache von schwarzen jugendlichen. verschiedene städte reagierten hilflos mit abendlichen ausgangssperren für jugendliche unter 18 jahren.

meist geht es bei den auseinandersetzungen um drogengeschäfte, um die vorherrschaft in einem bestimmten revier oder einfach um eine möglichkei seinen unterdrückten energien freien lauf zu lassen. das herrschende leistungs- und konkurrenzprinzip wird dabei auf den reinen überlebenskampf reduziert. offene gewalt bestimmt den alltag.

die eigentliche ursache für die innere frustation und perspektivlosigkeit bzw. für die situation, welche die kämpfe der gangs bedingt, bleibt jedoch unerkannt und dementsprechend unangetastet. im grunde ist die subkultur der streetgangs nichts anderes als das verkleinerte abbild der us-amerikanischen gesellschaft. sie ist genauso ein produkt des kapitalistisch-patriachalen systems, welches ein gleichberechtigtes, solidarisches und selbstbestimmtes leben nicht zuläßt. dennoch liegt auch den streetgangs eine verweigerungshaltung zu grunde, die sich unter bestimmten bedingungen politisch entfalten kann, wie das beispiel der Black Panthters zeigte.

             Ghetto-Kultur als Ausdruck der Widersprüche
in der gesellschaftlichen situation, die von der niederlage der Black-Power-Bewegung und verschärften sozialen gegensätzen geprägt war, entwickelte sich in der Bronx, in Brooklyn und in anderen schwarzen ghettos eine neue jugendkultur: der HipHop. sie entstand als direkte folge der gesellschaftlichen realität. die wesentlichen ausdrucksformen waren graffities, der breakdance als tanzstiel und auf der musikalischen ebene das scratching und der rap.

der begriff graffiti stand für das besprühen eintöniger hauswände oder grauer u-bahn-waggons mit bunten, großformatigen, comicartigen bildern, kurzen sprüchen oder namenszügen. als ob es keine wichtigeren entwicklngen gäbe, kriminalisierte die New Yorker stadtregierung die writer (sprüherInnen) und stellte eigens eine eingreiftruppe auf um den jugendlichen habhaft zu werden. die besprühten ubahn-waggons wurden im auftrage der behörden übermalt und bezeichnenderweise wieder grau gestrichen.

Rap war ursprünglich die bezeichnung für die sprüche, geschichten und aufforderungen der diskjokeys während ihrer shows. nachdem sich das rappen etabliert hatte und sich großer beliebtheit unter den discobesucherInnen erfreute, entstanden erste rap-bands, deren aufnahmen in form von kasetten in der szene im umlauf waren. der sprechgesang der band war mit monotonem discorythmen unerlegt, die teilweide von musik- oder texteinspielungen unterbrochen wurden.

die ausdrucksformen waren alle von der gleichen, dem HipHop zugrundelegenden lebenshaltung geprägt. eine folge der niederlage der Black Power Bewegung war im zwischenmenschlichen bereich eine zunehmende vereinzelung der menschen, verbunden mit einer verschärften konkurrenzhaltung. nur noch von einzelnen wurde die zielsetzung der kollektiven überwindung der zerstörenden gesellschaftlichen verhältnisse vertreten. ersetzt wurde dieses ziel durch den individuellen versuch, über leistung und erfolg, oder anders ausgedrückt, auf dem weg der tellerwäscherkarriere dem elend der slums und ghettos im idealfalle zu entfliehen, bzw. zumindest dort eine besondere stellung un anerkennung zu erlangen.

übereistimmend mit den psycho-sozialen entwicklungen stellte HipHop die einzelperson ins zentrum: die writer, die in riesigen buchstaben ihren namen an die wände sprühten, die tänzerInnen, die von anderen umringt, abwechselnd ihr können vorführten, die diskjokeys, die sich selber als mittelpunkt der szene betrachteten. insbesondere die rapper überbote sich mit selbstverherrlichenden darstellungen und texten. unablässig dargestellt wiureden das eigene könen, der erfolg und die potenz.

als ausdruck der entpolitisierung in den siebzigern war für den HipHop zudem charakteristisch, daß klare positionen in der regel weder von den rappern noch von den writern vertreten wurden. vielmehr stand eine partymentalität, geprägt vom persönlichem vergnügen, dem spaß und der ablenkung, im vordergrund.

auch im bezug auf die rolle der frauen spiegelte der HipHop die situation innerhalb der black community bzw. generell die situation in den USA wieder. die dreifache unterdrückung der frauen aufgrund ihres geschlechts, ihrer hautfarbe und zumeist auch aufgrund iher klassenzugehörigkeit drückte sich auch in den oftmals sexistischen rap-texten oder in der, fast in allen bereichen gegebenen, männerdominanz aus.

insgesamt gesehen ergab die HipHop-kultur ein widersprüchliches bild. sie reproduzierte herrschende strukturen, wie das leistungsprinzip und die unterdrückung der frauen. sie wiedersetzet sich aber auf einer anderen ebene den von oben gesteuerten integrationsmechanismen und sie bildete ein gegengewicht zu den mörderischen kämpfen der gangs und zu den drogen.

             HipHop zwischen Ausverkauf und Widerstand
der ausverkauf des HipHop vollzog sich schrittweise, um 1982 dann aber doch mit der für den kapitalistischen markt typischen weißen dynamik. zuerst waren einige weiße popstars die rap-elemente in ihre stücke einbauten. dann waren es bereits etblierte schwarze produzentInnen, welche die kommerziellen möglichkeiten erkannten, verschiedene bands unter vertrag nahmen und deren musik und texte auf den weißen markt abstimmten, was vielfach einer klaren inhaltlichen entschärfung gleichkam.

nach den ersten erfolgen setzte die totale vermarktung des HipHop ein. die musik-multis stürtzten sich auf alles was sich unter der bezeichnung rap oder HipHop verkaufen ließ. andere industriezweige zogen sofort nach. in hollywood wurden kitschige HipHop-filme produziert, HipHop-musicals kamen in die theater, breakdance in die tv-shows, graffities in die trend-galerien.

bezeichnend ist dabei, daß einmal mehr einige weinige von weißen beherrschte musikkonzerne ihr geld machten und im stil kolonialer ausbeutung eine schwarze ausdrucksform in ihrem sinne vereinnahmten und entschärften. die rapperInnen selbst erhielten in der regel nur einen bruchteil des finanziellen gewinns.

die politisierung innerhalb der black communities in den achtziger jahren drückte sich auch in der musik aus. in einigen fällen waren politische HipHop-band sogar wegbereiter dieser entwicklung. die Black Power-vergangenheit wurde von diesen bands bewußt thematisiert. die songs richteten sich vertärkt gegen den weißen rassismus und die usamerikanische klassengesellschaft. leitfiguren wie MalcolmX und Martin Luther King erfuhren eine wiederentdeckung. abgeleitet von deren, wenn auch unterschiedlichen ideen, wurde verstärkt die gewalt in den ghettos bzw. der von vielen anderen bands unterstütze gewalt- und gamgmythos scharf kritisiert.

bald hatte jede politische strömung innerhalb der black community ihre eigenen rap-bands, welche in vieler hinsicht die rolle von agitatorInnen übernahmen. zur international bekanntesten band wurde Public Enemy, die in ihren texten ziele der 'Nation of Islam' bzw. ideen von deren führer Louis Farrakhan propagierten. die teilweise radikalen und militanten inhalte der band wurden allerdings durch peinliche bühnenshows und vor allen durch wiederholte sexistische, antisemitische und gegen lesben und schwule gerichtete stellungnahmen einzelner bandmitglieder entkräftet.

inhaltlich konsequentere bands, wie die beatnigs oder der X-clan, sind nur selten einem größerem publikunm bekannt. ihre texte richten sich nicht nur gegen den herrschenden rassismus und die ausbeutung innerhalb der kapitalistischen klassengesellschaft, sondern auch gegen die unterdrückung der frauen. sie spiegeln damit eine immer stärker werdende strömung wieder, die sich auf die tradition der Black Panther bezieht, aber versucht deren fehler nicht zu wiederholen.

der name 'Beatnigs' nimmt dabei bezug auf 'Nigger', ein altes weißes schimpfwort für die New Africans. der begriff 'Nigs' wird dabei als positives gegenstück zu 'Nigger' benutzt und gleichzeitig universell verstanden. 'Nigs' sind die unterdrückten randgruppen, wie zum beispiel die lesben oder schwulen, die obdachlosen, die behinderten, die flüchtlinge oder eben die New Africans.

die Beatnigs beziehen sich dabei auf die erkenntnis, daß in einer zeit, in der die manipulation von bedürfnissen und bewußtsein totalitäre züge angenommen hat, einzelne unterdrückte randgruppen im lokalen wie im globalen maßstab zu einer der letzten revolutionären perspektiven geworden sind. sie spüren den repressiven charakter des systems am deutlichsten, während der großteil der bevölkerung der industriestaaten subjektiv in das system integriert ist.

die politisierung des HipHop spiegelt allerdings nur einen aspekt der entwicklungen wieder, denn bei der mehrzahl der band läßt sich noch nicht einmal ansatzweise von einer politisierung sprechen. ein großteil der veröffentlichungen ende der achtziger und anfang der neunziger jahre ist völlig von den sozialen und politischen ursprüngen des HipHop losgelöst. in den unterschiedlichsten, jeweils entsprechend auf den markt abgestimmten ausprägungen ist HipHop zu einem weiteren zweig der musikindistrie geworden. in den hitparaden befinden sich eine vielzahl von mehr oder weniger austauschbaren schwarzen und weißen retortenbands, welche auf HipHop zurückgreifen, ihn aber zur reinen kommerzmusik degeneriert haben. die politischen bands bilden zwar ein gegengewicht zum ausverkauf bzw. zur integration der HipHop-kultur, können aber diese entwicklung in ihrer gesamtheit nicht aufhalten.

Die Solidarität mit den Gefangenen und ein neues Bewußtsein

zu den wesentlichen faktoren für die radikalisierung innerhalb der black community zum ende der achtziger jahre gehört die solidaritätsbewegung mit den politischen gefangegen bzw. den kriegsgefangenen in den USA. letztere beanspruchen als mitglieder von organisationen, die auf dem gebiet der USA um die befreiung ihrer völker kämpfen und sich mit den USA im 'kriegszustand' befinden, den status von kriegsgefangenen, der ihnen allerding nicht gewährt wird.

die gefangenen kommen aus den organisationen der native people und der puertoricanerInnen, sowie einiger mexikanischer und weißer gruppen, und vor allem aus der Black Power bewegung. einige von ihnen verbrachten mehrere jahre in isolationshaft und waren damit der 'Weißen Folter' ausgesetzt, welche das ziel hat, die gefangenen psychologisch so unter druck zu setzen, daß es letztlich gelingt ihre politische identität zu brechen. Geronimo Patt, ein aktivist des schwarzen widerstandes, ist nun seit mehr als zwanzig jahren in haft, davon verbrachte er sieben jahre in isolation.

derzeit konkret von einer hinrichtung bedroht ist Mumia Abu Jamal, ehemaliger pressesprecher der Black Panther Party und unterstützer von 'Move', einer schwarzen um ein selbstbestimmtes leben kämpfenden gruppe, welche immer wieder schärfster repression ausgesetzt ist. vor seiner verhaftung war Mumia als jornalist tätig und galt als die 'stimme der stimmlosen'. schon bei oberflächlicher betrachtung des prozesses wird das von den staatsorganen verfolgte ziel deutlich. einmal mehr sollte ein vertreter des schwarzen widerstandes zum schweigen gebracht werden. trotz gegenteiliger zeugenaussagen wurde Mumia wegen angeblichen polizistenmordes zum tode verurteilt. anträge zur wiederaufnahme des verfahrens wurden mehrfach abgelehnt. derzeit wird versucht über eine internationale solidaritätskampagne eine rücknahme urteils durchzusetzen (siehe Brett /cl/menschenrechte/nordamerika).

zu einer symbolfigur für befreiung wurde Assata Shakur. sie war 1973 bei einer schießerei mit polizisten lebensgefählich veretzt und las mitglied der Black Liberation Army (BLA) verhaftet worden. nachden sie sechs jahre, zumeist in männergefängnissen in isolationshaft verbringen mußte, wurde sie von mitgliedern der BLA befreit und erhielt später in Kuba politisches Asyl. im rahmen ihrer möglichkeiten unterstützt sie von dort aus den befreiungskampf der schwarzen in den USA.

die solidaritätsbewegung mit den gefangenen wird vor allem von der organisation 'Freedom Now' sowie von vielen kleinen soldaritätsgruppen getragen. jedeR der gefangenen steht für einen aspekt des widerstandes in den USA, den die medien bis heute totschweigen. entsprechend wird insbesondere in den black communities über die solidaritätskampagnen mit den gefangenen auch ein stück der geschichte des eigenen volkes vermittelt.

Dhrouba Bin Wohad, der selbst aus politischen gründen 19 jahre im gefängnis verbrachte, und erst 1990 nach der wiederaufnahme seines verfahrens freigesprochen und rehabilitiert wurde, sprach während seiner vortragsreise durch die BRD im frühjahr dieses jahres von einer schwarzen jugend, die nichts von der schwarzen geschichte weiß. eine der wesentlichen politischen aufgaben sei es deshalb sie darüber aufzuklären. Dhrouba berichtete darüberhinaus von bestrebungen, eine neue schwarze organisation aufzubauen, antrassistisch, antisexistisch und antkapitalstisch aufgebaut sei. in diesem zusammenhang sei die frage des bewaffneten widerstandes weitgehend positiv beantwortet. es gehe nur noch um die konkrete form und die damit verbundenen ziele.

aufgrund der politisierung und der radikalisierung in der black community sagt Dhrouba schon für die nahe zukunft eine starke zunahme von unruhen und aufständen voraus. die im zusammenhang mit den golfkrieg absehbaren kürzungen der ausgaben im sozialen bereich werden die soziale lage weiter verschärfen und diese entwicklung beschleunigen.

symbolcharkter für die radikalisierung in der black community hat das auftreten von Mike Magee, einem schwarzen abgeordneten in Milwaukee. neben der drohung mit steriks, boykottaufrufen und unruhen, wenn die soziale situation nicht umgehend geändert wird, gehört zu seinen grundlegenden politischen aussagen das bekenntniss zur BBP. um seine haltung auch äußerlich zu unterstreichen, trägt er einen pistolengurt, in dem sich statt einer pistole eine steinschleuder befindet. ein symbol für den kampf zwischen dem scheinbar unschlagbarem Goliath und den letztlich siegreichen David. und damit auch ein symbol für den kampf der unterdrückten gegen ein scheinbar übermächtiges system.

                                        Wolfgang Sternek