MEDIENPÄDAGOGIK ZENTRUM e.V.

Konzeption
Medienprojekte
Videoverleih
Organisationsform
Finanzierung
Utopie alternatives Medienzentrum
Kontakt

20 Jahre MPZ

Das MPZ ist ein selbstorganisiertes, unabhängiges Medienzentrum, das seit 1973 existiert. Wir machen und verbreiten Videofilme, Ausstellungen und Diaserien. Wir haben ein Videoarchiv, sammeln und veröffentlichen Literatur zur Medienarbeit und Medienpädagogik, organisieren Veranstaltungen, sind Treffpunkt für Gruppen.

 

 

Konzeption

Die anfängliche Konzeption des MPZ bezog sich hauptsächlich auf den Bereich Schule und setzte sich zum Ziel, die schulische und politische Arbeit von Lehrern und Schülern zu unterstützen und einen gemeinsamen Arbeitszusammenhang im Bereich praktischer Medienarbeit zu schaffen. Projekte in anderen gesellschaftlichen Bereichen sowie die personelle Erweiterung des MPZ führten jedoch bald zur Ausweitung der Konzeption und Arbeitsbereiche (z.B. Stadtteil, Arbeitswelt, Umwelt, Frauen). Politisches Bezugsfeld waren neben der Schule/Hochschule vor allem die damalige Bürgerinitiativenbewegung (Mieter- und Umweltinitiativen, AntiAtomkraftbewegung), oppositionelle Gewerkschafts- und Betriebsgruppen und soziale Bewegungen (Frauengruppen, Jugendzentrumsinitiativen). Mit Hilfe von Medien sollten aktuelle gesellschaftspolitische Konflikte aufgegriffen und Initiativen unterstützt werden. Ausgehend von der Erfahrung, daß sich die bestehenden Massenmedien vom realen erfahrbaren Leben entfernt hatten oder das Leben nur in seinen Sensationen und Ausnahmen darstellten und den 'einfachen Menschen' keine Möglichkeit gaben, ihre Meinung zu äußern, ging es darum, die 'Benachteiligten', 'Betroffenen' zu Wort und ins Bild kommen zu lassen.

In unserem medientheoretischen Selbstverständnis knüpften wir an die Konzeption einer eingreifenden und selbsttätigen Kulturarbeit und Gegenöffentlichkeit an, wie sie von Tretjakow, Brecht, Benjamin im Kontext der Arbeiterkulturbewegung in den 1920er, 30er Jahren und von Enzensberger, Negt, Kluge in den 1970er Jahren formuliert worden war. Kultur sollte sicht länger von der Wirklichkeit abgehoben und aus dem Arbeits- und Lebenszusammenhang herausgelöst sein, sondern integraler Bestandteil des politischen und alltäglichen Lebens der Menschen und in dieses verändernd eingreifen. Die kulturelle Tätigkeit sollte zudem nicht nur Sache von Spezialisten, Profis sein, sondern zu einer produktiven Tätigkeit aller Menschen werden. Gegenöffentlichkeit sollte sich nicht auf Medienkritik und Gegeninformationen mit aufklärerischem Inhalt beschränken, sondern sich in eigenen Produktionsformen von Öffentlichkeit artikulieren und sich in kollektiven, selbstbestimmten Zusammenhängen bilden, die um die Lebensinteressen und politischen Erfahrungen der Menschen organisiert sind. An dieser medienpolitischen Utopie einer eingreifenden und selbsttätigen Kultur- und Medienarbeit orientiert sich auch heute noch unsere Medienzentrumsarbeit.

Wir versuchen, mit Medien (vor allem mit Video, Fotografie, Ausstellung) in politische und alltägliche Auseinandersetzungen einzugreifen und Öffentlichkeit/Gegenöffentlichkeit herzustellen.

Wir unterstützen dabei - soweit es in unseren Möglichkeiten stehtInitiativen und Betroffene, selbst mit Medien aktiv zu werden und ihre eigene Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit zu entwickeln und dies nicht "Medienspezialisten" zu überlassen.

Dies geschieht meist in Form von kurz- und langfristigen Projekten von MPZ-Arbeitsgruppen in Zusammenarbeit mit den Initiativen. Dafür einige Beispiele aus der Projektpraxis der letzten Jahre:

 

Medienprojekte

 

 

"Der andere Hafen - Arbeit und Alltag im und rund um den Hafen Hamburg" - so lautete das Motto eines Kulturwettbewerbs und einer Ausstellung, die wir in Zusammenarbeit mit der "alternative" (eine Gruppe von Kolleginnen und Kollegen aus dem Hafen) 1989 im Rahmen des 800. Hafengeburtstages in der Speicherstadt gezeigt haben. Veranstaltungen, Videofilmvorführungen und Ausstellungsführungen ergänzten die Ausstellung.

Im Laufe der Auseinandersetzungen um die besetzten Häuser in der Hafenstraße entstanden zusammen mit den dortigen Bewohner/innen in den letzten Jahren insgesamt sieben Videofilme, die die Geschichte des Konfliktes, den Lebensalltag und Widerstand der Bewohner/innen dokumentieren.

Gemeinsam mit dem St. Pauli Fußballfanclub "Millerntor Roar" entstand 1991 ein Videofilm, der das gesellschaftliche Massenphänomen "Fußball" mit all seinen Begleiterscheinungen (z.B. Profisport, Gewalt jugendlicher Fußballfans, Rassismus) sowie das Besondere des Fußballvereins FC St. Pauli und seiner Fans zum Thema machte.

Eine Filmreihe zusammen mit dem Frauenarbeitskreis im Museum der Arbeit, Veranstaltungen auf mehreren Hamburger Frauenwochen, verschiedene eigene Videofilme (z.B. zum § 218, über das Frauenprojekt BAFF) sowie ein regelmäßiger Frauentagesdienst (jeden Dienstag) gehörten zu den Aktivitäten der Frauengruppe im MPZ in den letzten Jahren.

In Zusammenarbeit mit dem "Stay Alive Drob-In" in St. Pauli entstand 1992 ein Videofilm zum Thema Drogenkonsum, in dem Drogenabhängige ihre Situation schildern, Mitarbeiter/innen von Drogeneinrichtungen zu Wort kommen und die Arbeit einer Schweizer Fixerstube in Basel vorgestellt wird.

Die Organisierung, Übersetzung und Verbreitung von Videofilmen aus anderen Ländern, insbesondere aus Lateinamerika ( Nicaragua, E1 Salvador, Kuba) entwickelte sich in den letzten Jahren zu einem Projektschwerpunkt im MPZ. In Kooperation mit dem Medien- und Dokumentationszentrum El Salvador entstanden in diesem Zusammenhang auch eigene Videofilme, die die Situation in El Salvador deutlich machen, die Erfahrungen der Menschen mit Krieg und Repression schildern, aber auch Ansätze und Perspektiven des Widerstands aufzeigen, z.B. in Form von Basisorganisationen und Befreiungsbewegung.

 

Videoverleih

Wir halten es für wichtig, daß die aus solchen Projekten heraus entstandenen Medienprodukte nicht nur innerhalb ihres unmittelbaren Herstellungsbereiches eingesetzt werden, sondern daß die gemachten und dokumentierten Erfahrungen auch anderen Menschen zugänglich gemacht werden. Wir haben daher die Bereiche Herstellung und Verbreitung von Videofilmen von Anfang an eng miteinander verbunden und einen eigenen Verleih aufgebaut. Unser großes Videoarchiv ist ein unschätzbares Gedächtnis der sozialen und politischen Bewegungen der letzten zwanzig Jahre.

In ihm finden sich Videofilme aus den Bereichen Umwelt, Schule/ Hochschule, Kinder/Jugend, Betrieb und Gewerkschaft, Frauen, Internationales, Stadtteil, Repression, Neo/ FaschismusAntifaschismus, Krieg und Frieden, Neue Technologien, Medienkritik u.a.

Unser Verleih zielt dabei nicht so sehr auf größtmögliche Reichweite (z.B. über die Massenmedien), sondern in erster Linie auf qualitativ veränderte Kommunikations- und Öffentlichkeitsstrukturen.

Wir wollen keine Wiederholung gewohnter Kinorezeption oder passiven Fernsehkonsum. Wenn wir unsere Videofilme vorwiegend in politischen und pädagogischen Zusammenhängen einsetzen und unseren Verleih auch darauf ausrichten, dann deshalb, weil sich hier die medial vermittelten Informationen und Bilder mit den konkreten Erfahrungen der Menschen in Verbindung bringen lassen, weil hier das Ansehen eines Videofilms nicht folgenlos vom nächsten Programm zugedeckt wird, sondern integriert ist in einen gemeinsamen Lern- und Handlungszusammenhang.

 

Organisationsform

In seiner Organisationsform ist das MPZ ein gemeinnütziger Verein, in dem zur Zeit 17 Menschen mitarbeiten, die sich auch noch in anderen beruflichen und politischen Zusammenhängen mit dem realexistierenden Kapitalismus auseinandersetzen. Daher sind unsere Kräfte begrenzt, manches läuft nicht immer so, wie wir uns das selbst wünschen.

Sitzung

Um einen ständigen Informations- und Erfahrungsaustausch zu gewährleisten, treffen wir uns einmal wöchentlich im Plenum, wo alle laufenden Arbeiten, Videofilme, Projekte und Themenschwerpunkte diskutiert und koordiniert werden. Die Organisierung des Verleihs, Korrespondenz und Versand werden von dem jeweilgen Tagesdienst (jeweils 2-3 MPZ'ler/innen) erledigt. Das MPZ ist montags bis donnerstags von 18 bis 19 Uhr geöffnet. In dieser Zeit können sich interessierte Menschen mit Fragen, Ausleihwünschen, zum Anschauen von Videofilmen etc. direkt an uns wenden.

 

Finanzierung

Wir versuchen, Abhängigkeiten zu vermeiden und finanzieren unsere Arbeit deshalb vorwiegend über Spenden, Mitgliedsbeiträge und Einnahmen aus dem eigenen Videoverleih. Im MPZ verdient niemand etwas. Im Gegenteil, die sich hier nebenberuflich engagieren, unterstützen das Zentrum je nach finanziellen Möglichkeiten mit Beiträgen.

Damit wir auch weiterhin unabhängig von staatlichen Geldern und Institutionen existieren können, brauchen wir einen gesicherten, kontinuierlichen finanziellen Grundstock. Wir freuen uns daher über Förder/innen, die uns ideell und finanziell unterstützen, auch wenn sie im MPZ nicht mitarbeiten wollen oder können. Unsere Basisfinanzierung wird zunehmend erschwert durch die Arbeitslosigkeit der Benutzer/innen und Mitglieder des MPZ, durch das Auf und Ab der politisch-alternativen Bewegungen, aber auch durch die verbreitete Vorstellung, Alternativmedien seien umsonst oder zu Videothekenpreisen zu bekommen.

Vor einem noch schwerwiegenderen Problem standen wir Ende des Jahres 1992, als unsere Arbeitsräume gekündigt wurden und das MPZ - kurz vor seinem 20jährigen Jubiläum - vor dem Aus stand, da sich keine neuen, bezahlbaren Räumlichkeiten finden ließen. Mit vereinten Kräften und Unterstützung von Freunden des MPZ haben wir in letzter Minute doch noch neue Räume gefunden, so daß wir unsere Arbeit fortsetzen können und der Stadt Hamburg das älteste alternative Medienzentrum der Bundesrepublik vorerst erhalten bleibt.

 

Utopie alternatives Medienzentrum

Medienzentren sind inzwischen 'gesellschaftsfähig' geworden. Jede Stadt, jede Firma hat heute ihr Medienzentrum, das jedoch mit den Medienzentren-Utopien der 1970er Jahre wenig zu tun hat. Die ursprünglichen Vorstellungen der unabhängigen Medienzentren haben sich hier in einer Gestalt 'erfüllt', in der man sie nicht wiedererkennt.

Von daher möchten wir einige Unterscheidungsmerkmale in Erinnerung rufen, die wir für alternative Medienzentren wichtig finden: politische und ökonomische Unabhängigkeit, Parteilichkeit für die Betroffenen, Unterstützung politischer und sozialer Bewegungen, offener Zugang zu den Medien, mediale Selbsttätigkeit, Aufhebung der Arbeitsteilung, kollektive und nichthierarchische Arbeitsstrukturen, Verwendung relativ einfacher und billiger Medien, dezentrale Produktion und Verbreitung, Selbstorganisation.

Video-Schnittplatz

Die Kommerzialisierung und Perfektionierung der Medienwelten hindern die Menschen, selber aktiv zu werden und ihre Interessen selbst zu vertreten. Nicht zuletzt deswegen ist an der medienpolitischen Utopie einer selbsttätigen Medienarbeit festzuhalten. Gerade der Aspekt der Selbsttätigkeit macht verbunden mit den selbstorganisierten Medienzentrumsstrukturen wesentlich die kulturelle Differenz, die Andersartigkeit alternativer Öffentlichkeit aus. Diese zielt nicht auf Reichweitenoptimierung und effektive Programmbindung, sondern will Medien rückbinden an ihre Entstehungs- und Wirkungszusammenhänge. Es geht hier also auch um die praktisch-politische Kooperation mit den Menschen, die in den Medien zu Wort und ins Bild kommen.

Das mag angesichts der Kommerzialisierung der Medienlandschaft und der Institutionalisierung der Medienzentrenbewegung utopisch sein. Wir plädieren jedoch für eine Rückbesinnung auf Wünschenswertes und nicht lediglich auf das von vornherein eingegrenzte Machbare, auf das, was sich rechnet oder opportun ist.

 

Medienpädagogik Zentrum e.V.

Susannenstraße 14 c, d
20357 Hamburg

Tel 040/439 72 59

Mo. bis Do. 18-19 Uhr

Postgiroamt Hamburg
BLZ 20010020
Konto 4373-208

 

nadir start
 
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