Online seit:
|
Thu Jul 27 03:05:48 1995
|
|
Absender : LFD-BREMEN@PRIVACY1.cl.sub.de (Landesb. f.d.
Datenschutz)
Betreff : PE des BM der Justiz zu Fernmeldeueberwac
Datum : Fr 19.05.95, 23:00 (erhalten: 22.05.95)
P r e s s e e r k l ä r u n
g Nr. 19/95
des Bundesministeriums der Justiz vom 17.05.1995:
(Abtippfehler
vorbehalten)
Heute im Kabinett: Bericht über Probleme bei der
Überwachung
des Fernmeldeverkehrs mit modernen
Telekommunikationssystemen
Bundesjustizministerin Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger hat heute
dem Bundeskabinett einen unter ihrer
Federführung erarbeiteten Bericht
über Problemfelder und
Lösungsansätze bei der Überwachung des Fern-
meldeverkehrs in
modernen Telekommunikationssystemen vorgelegt. Dazu
erklärte sie heute
gegenüber der Presse in Bonn:
"Der technische Fortschritt darf
nicht zu Lasten der Sicherheit des
Staates und seiner Bürger gehen.
Mit der Weiterentwicklung der Tele-
kommunikationstechnologie un der
Liberalisierung des Telekommunika-
tionsmarktes stoßen
Überwachungsmaßnahmen zunehmend auf Schwierig-
keiten. In dem
unter meiner Federführung erstellten Bericht hat die
Bundesregierung
eine rechtliche und tatsächliche Bestandsaufnahme
vorgenommen, damit
eingeschätzt werden kann, wie die notwendigen
Überwachungsmöglichkeiten künfitg technisch und rechtlich
sicherge-
stellt werden können."
Der Bericht der
Bundesjustizministerin benennt unter anderem folgende
Problembereiche:
-
Feststellung der zur Überwachung erforderlichen Daten
Schwierigkeiten ergeben sich aus verschieden Gründen:
- In
Mobiltelefonnetzen wird anstelle eines festen Anschlusses eine
Chipkarte
überlassen, wobei allein die der Karte zugeteilte Ruf-
nummer für
Überwachungsmaßnahmen von Bedeutung ist. hier sind
Schwierigkeiten denkbar, wenn die Rufnummer der zu überwachenden
Person festzustellen ist.
- Nicht selten werden ganze Rufnummernpakete an
Diensteanbieter ver-
geben, die ihrerseits einzelne Rufnummern oder
wiederum ganze Kon-
tingente an ihre Kunden weitergeben. Erforderlich ist
die _Schaf-_
_fung einer dezentralen Rufnummernauskunft_, wodurch die
Anbieter
von Telekomunikationsdienstleistungen gesetzlich verpflichtet
wer-
dern, Kundenregister zu führen.
- Schwierigkeiten bereiten auch
die sog. _Debit_-Karten mit begrenz-
tem Guthaben und begrenzter
Gültigkeitsdauer. Über technische Lö-
sungsmöglichkeiten werden zur Zeit im Bundesministerium für Post
und Telekommunikation in Zusammenarbeit mir den Netzbetreibern die
notwendigen Überlegungen angestellt.
- Aufgrund sog.
_Roaming-Abkommen_ gestatten internationale Mobil-
funknetze das
Telefonieren im Inland mit Nutzerkarten, die bei
einem ausländischem
netzbetreiber oder Diensteanbieter erworben
wurden. Hier ist die Ermittlung
praktisch nur im Wege der Rechts-
hilfe denkbar, was weiter
zwischenstaatliche bzw. internationale
Abkommen erfordert.
-
"Corporate Networks"
Die Überwachung und Aufzeichnung
des Fernmeldeverkehrs müssen gegen-
wärtig nur die Betreiber von
_Fernmeldeanlagen für den öffentlichen_
_Verkehr_
ermöglichen. "Corporate Networks" hingegen sind Telekommu-
nikationsnetze für geschlossene Benutzergruppen und dieser Ver-
pflichtung nicht unterworfen. Da sich aus den Zulassungsvorausset-
zungen
für den Betrieb eines Corporate Network recht breite Anwen-
dungsfelder ergeben können, wäre auch nicht ausgeschlossen,
daß kri-
minelle Organisationen für diesen Zweck Scheinfirmen
(mit internem
Telefeonnetz) aufbauen. Deshalb muß über die
gesetzliche Erweiterung
der für die Überwachung des
Fernmeldeverkehrs einschlägigen Regelun-
gen nachgedacht werden,
zumindest soweit Dorporate Networks die der-
zeit über das
öffentlich Netz geführte Kommunikation ersetzen.
-
Kostentragungspflicht
Die nicht unerheblichen finaziellen
Aufwendungen - Netzbetreiber
nannten hier Beträge bis zu 40 Mio DM
für jedes Netz - für netzsei-
tige Vorkehrungen sind nach
geltendem Recht von den Netzbetreibern
selbst zu tragen.
Die
Bundesjustizministerin: "Einige der mit dem Bericht aufgezeigten
Probleme können nur durch internationale Zusammenarbeit gelöst
werden.
Die zuständigen Ressorts haben deshalb auch den Auftrag
erhalten, im
internationalen Rahmen - vor allem innerhalb der
Europäischen Union -
die Arbeiten zur Überwachung des
Fernmeldeverkehrs zu intensivieren
und sich für eine sachgerechte
internationale Koordinierung einzuset-
zen, damit auch international eine
effektive Strafverfolgung und Ge-
fahrenabwehr sichergestellt
ist."