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Wed Sep 25 23:28:58 1996
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Von COURAGE bis AMAZORA
20 Jahre Frauen/Lesbenzeitungen, ein Querschnitt
Die Schwarze Botin
Ich kehre zurŸck aus der Dunkelheit,
seine Macht war nur mein Schlaf.
Das Unvorstellbare ist nicht das Unmšgliche,
das Vorstellbare ist das Unmšgliche.
Gedachtem von ihm
verdanken wir die Geschwindigkeit,
mit der wir uns Ÿber ihn hinwegsetzen.
Seine Paragraphen sind Symbole
unter selbstverschuldeter UnmŸndigkeit.
In der Finsternis der zerstšrten StŠdte
treffen wir uns, um Gericht zu halten.
Das Gesetz sind wir.
Gemäß linker Geschichtsschreibung war die Studentenbewegung Ende der
60er Jahre eine Männerbewegung. Aber eben nur verbal, denn bei Aktionen
und Demonstrationen waren die Frauen massiv vertreten. Da Frauen in gemischten
Diskussionszusammenhängen ihre Belange bestenfalls zum berühmten
Nebenwiderspruch degradiert fühlten, entwickelten sie ihre eigenen
Strukturen: "Kampagnen des SDS können den Frauen zwar rational
vermittelt werden, es fehlen ihnen aber die Voraussetzungen, die subjektiven
Bedürfnisse der Frauen anzusprechen, deren Unterdrückung in der vom
politischen Kampf aufgenommenen 'Privatsphäre' unmittelbar und am
stärksten erlebt wird. Doppelt frustriert sind die Frauen im SDS, wenn sie
versuchen, dort politisch aktiv zu werden, das heißt, wenn sie über
die Beteiligung an Demonstationen hinauswollen, wenn sie Referate, Reden
halten, Diskussionsbeiträge liefern. Das Erfolgserlebnis ist ihnen
versagt, weil auf ihre Beiträge niemals Bezug genommen wird."
("Aktionsrat zu Befreiung der Frauen" Resolution auf der 23.
Delegiertenkonferenz des SDS, September 1968).
In den folgenden Jahren erkämpften sich Frauen eigene, autonome
Strukturen. Frauenbuchläden, Verlage, Druckereien und Zentren erweiterten
das Informationsnetz. Auf einem bundesweiten Frauenkongreß in
München (1973) wurde das Bedürfnis nach einer nationalen
Frauenzeitung diskutiert.
Schließlich entstand 1976 als ein Ergebnis des Kampfes gegen ein
konkretes Problem, von dem sich alle Frauen betroffen fühlen, nämlich
der physischen und psychischen Gewalt, die vom Patriarchat ausgeht, das erste
autonome Frauenhaus in Westberlin. Im Mai des gleichen Jahres verließ die
erste Courage die Druckerei. Monatlich wird sie die nächsten fast
zehn Jahren über feministische Ideen, Diskussionen, Standpunkte, Fragen
und Projekte berichten.
Unterschiedlich, wie die Frauenbewegung nun einmal war und ist, gab es Kritik
und jede Menge Fragen, sowohl von Frauen, die sich als Teil der Frauenbewegung
verstanden, als auch von Frauen, die in gemischten Zusammenhängen
kämpften:
"Was sind feministinnen? Wer ist in der frauenbewegung und in den
sich dazu formierenden kleinkapitalistischen unternehmungen wie: frauenkneipen,
frauenbuchläden, druckereien und anderen dekadenten (=auf dem absteigenden
ast sitzenden) auswüchsen kapitalistischer produktionsformen (dazu
gehört wohl oder übel auch die neue frauenzeitschrift
courage)?" (effe, radikal nr.1, 1976)
Autonomie und Konkurrenz
Mit Schrecken stellten die Redakteurinnen der Courage einen Tag
vor Erscheinen der Nullnummer fest, daß auch Alice Schwarzer eine
Frauenzeitung plante. Die erste Emma erschien im Januar 1977 und
richtete sich wie Courage an alle Frauen. Die Courage -
Frauenschrieben in der Nr.2: "Ob eine Zeitung, zwei oder
fünf, das ist unserer Ansicht nach kein Streitpunkt. Je mehr, desto
besser, möchten wir sagen, gäbe es nicht das ökonomische
Problem. Feministischer Wettbewerb und feministische Konkurrenz aber sind das
absolute Gegenteil dessen, was wir als Strategien der Frauenbewegung bezeichnen
würden. Das Geld, mit dem die Projekte finanziert werden, stammt in jedem
Fall aus der Frauenbewegung. 150.000 DM für den 'kleinen
Unterschied'". (Soviel kostete die 200.000er Auflage der
Emma).
Gleich zwei wesentliche Konfliktpunkte, die die gesamte Frauenpresse bis heute
durchziehen, werden hier sichtbar. Ein strukturelles Problem: Finanzierung von
Zeitungsprojekten. (Am Verschleiß ihrer Redakteurinnen und aus
materiellen Problemen ist dann die Courage 1984 auch eingestellt worden,
nachdem sie kurz zuvor wöchentlich erschienen war.) Der andere Konflikt
ist ein inhaltlicher. Der Anspruch, alle Frauen ansprechen zu wollen,
impliziert einen Radikalitätsverlust und führt zu einem Einheitsbrei,
in dem alle vor allem erst mal irgendwie betroffen sind. Oder wie es die
Macherinnen der anarcha-feministischen auch 1976 zum erstenmal erscheinenenden
Schwarzen Botin bezüglich Emmas Zielgruppe hinterfragen:
"Was die Zielgruppe Frauen betrifft, so zweifeln wir zwar nicht an
der Zurechungsfähigkeit der rechnungsfähigen Frau S., sind aber doch
seltsam berührt, daß die Nachfrage der Zielgruppe, dem Angebot
insofern nicht entspricht, als es sie gar nicht gibt. Der Jargon, dessen Frau
S. sich befleißigt, ließ uns dann vermuten, es handle sich bei der
Zielgruppe vorwiegend um Frauen der Leichtlohngruppen,
Büro-Teilzeitkräfte, Stripteasetänzerinnen und verehelichte
Hausangestellte. Da sie aber ausdrücklich betont, es handle sich um
'Frauen schlechthin' sind wir zu der Überzeugung gekommen, daß
Frau S. sich auf ihre natürliche Begabung zur Geschmeidigkeit
verläßt und bestrebt sein wird, alle Frauen, seien sie nun in
Leichtlohngruppen oder Befreiungsgruppen, gleichermaßen zufrieden zu
stellen, was uns bei 200.000 Exemplaren Auflage auch unvermeidlich
scheint."(Die Schwarze Botin, Nr.1/1976).
Die Schwarze Botin stellte sich so vor: "Leserinnen, denen es
am Herzen liegt, in der Art des kleinen Unterschieds oder der
'Häutungen' zuempfinden, werden bald die Frage nach unserer
Beziehung zur Frauenbewegung und unserem Standpunkt stellen. Diesen sei gleich
gesagt, um jeden Zweifel über unsere Absicht von vorneherein
auszuräumen, beides beginnt für uns da, wo der klebrige Schleim
weiblicher Zusammengehörigkeit sein Ende hat" (Nr. 1).
Die Inhalte der Schwarzen Botin waren nicht darauf ausgerichtet,
für alle Frauen interessant zu sein. Die folgenden Auszüge beziehen
sich auf den gewaltsamen Tod von Ulrike Meinhof.
"Was wir feststellen wollen ist, daß es nicht darum gehen kann,
sich an der eigenen Angst vor der Konsequenz vorbeizumogeln, weil schon das
Überleben unangenehm wird, sondern wir wollen versuchen aufzuzeigen, wo
die Lüge steckt, die uns einerseits in hoffnungsloser Wut erstickt,
andererseits aber das Leben sehr lebenswert macht.(...) Nach ihrer letzten
Rolle, als emanzipierte Linke, wurde sie sie selbst. Als Anarchistin, die nicht
mehr Mutter, Geliebte, Linke u.s.w. war, konnte sie nur noch sich selbst durch
ihren grenzenlosen Haß verwirklichen; unter Verlust aller Geborgenheit
realisierte sie sich bis zum Verlust ihres Lebens. Die Repräsentanten der
Gesellschaft, an der die Frau sterben mußte, weil sie in ihr nicht leben
konnte, können ihr dieses Sterben nicht verzeihen, weil es letzter
anarchistischer Schritt des Subjekts ist. Sie ahnen, während sie die Tote
'untersuchen', weder, daß die Todesursache außerhalb der
Toten zu suchen wäre, noch daß sie selbst Repräsentanten jener
sind, welche die Todesursache waren" (Nr. 1, 1976).
Die Schwarze Botin ist sicherlich die Zeitung, die zu jeder Zeit
am entferntesten war vom politischen "mainstream": Wir wollen
auch ein Stück vom Kuchen haben... Auch in den vielfachen
Buchbesprechungen in der Schwarzen Botin werden die Diskussionen um die
radikale Unterschiedlichkeit des Weiblichen wiederaufgenommen (wobei hier
Weiblichkeit als etwas noch zu konstituierendes gemeint ist). Es gibt nur
wenige Zeitungen, die sich so klar an eine bestimmte Zielgruppe wenden.
Auch eine klare Zielgruppe, nur ganz anderer Hintergründe, hat die
Schlangenbrut (Münster), Zeitschrift für feministisch und
religiös interessierte Frauen. Eine Zeitschrift, deren Inhalte sich auf
Biologismen stützt, sie widmet sich der Natur des vom Patriarchat
verschüttetenwirklich weiblichen.
Anspruch und Wirklichkeit
Mitte der 80er Jahre beschäftigen sich die meisten regionalen
Frauen/Lesbenzeitungen mit eher theoretischen Texten und feministischen
Strategien zur Einmischung. Die klassischen CR-Gruppen (Consciousness Raising -
Selbsterfahrung) waren in den 70ern notwendig und geraten nun in die
Defensive.
Im Sommer 1989 haben die beiträge zur feministischen theorie und
praxis 33 damals existierende regionale, autonome, feministische
Frauenzeitungen befragt. Der Fragebogen, der an die Redaktionen geschickt
wurde, umfaßte die Themenkomplexe Entstehung und Entwicklung der
Zeitungsprojekte, redaktionelle Konzepte, Redaktionsstrukturen, Finanzierung
sowie Produktionsbedingungen und Vertrieb. Von den 33 angeschriebenen
Frauenzeitungen beteiligten sich 21 Projekte an der Untersuchung:
Abschminke (Heidelberg), Blattgold (Berlin), die andere
(Augsburg), Donna Wetter (Saarbrücken), Else wohin
(Osnabrück), Frankfurter Frauenblatt (Frankfurt), Freiburger
Frauenzeitung (Freiburg), Gute Mine (Germersheim), Hamburger
Frauenzeitung (Hamburg), igitte (Dortmund), infemme (Berlin),
Komma (Düsseldorf), Krampfader (Kassel), Labecula
(Hildesheim), Lava (Karlsruhe), ilaac (Aachen), Lila Lotta
(Moers), Meta M. (Wuppertal), Schamlos (Münster),
Stechpalme (Erlangen), Tarantel (Bilelefeld). (Heute existieren
davon noch neun Projekte.)
Neben den augenfälligen Dingen, wie Nord-Süd Gefälle, hohe
Konzentration in NRW, fällt auf, daß fast nur in Unistädten
Frauen/Lesbenzeitungen existieren. Die Zeitungen werden meist von Studentinnen
gemacht, aber fast alle genannten Zeitungen begreifen sich als offen
gegenüber allen Frauen. Ein Dialog mit den Leserinnen findet kaum statt.
Wenn Frauenzeitungen aber ein Mittel feministischer Politik darstellen sollen,
so ist zwingend, daß es einen Dialog und einen gemeinsamen Prozeß
geben muß. Oder: "Als feministische Frauenprojekte, die zudem
noch Öffentlichkeit schaffen wollen, müßten die Redaktionen -
so unsere These - integraler Bestandteil der lokalen Frauenbewegung sein. Ist
das nicht der Fall, fehlt der Kontakt zur Basis, so ist dies eine Parallele zur
patriarchalen Medienwelt: Es ist kein direkter Kontakt zu den Leserinnen
vorhanden, und infolgedessen auch keine inhaltliche Orientierung an den
Leserinnen möglich. Feministische Zeitungsprojekte, meinen wir,
bedürfen also dringend der Einbindung in die örtliche
Frauenszene" (beiträge... 30/31, 1991).
Nur die Hälfte der Zeitungen bezeichnete ihren Kontakt zur örtlichen
Frauenszene als positiv. Nicht alle Zeitungen haben den Anspruch, Organ der
Frauenbewegung zu sein, Blattgold und Komma wollen rein
deskriptiv Terminkalender und Info zu sein.
Einen eher theoretischen Anspruch, d.h. Diskussionen voranzutreiben, haben die
Hamburger und Freiburger Frauenzeitung und Tarantel.
Artikel werden in den Redaktionen diskutiert, die Zeitungsmacherinnen
führen selbst ständige Auseinandersetzungen.
Das Ziel Gegenöffentlichkeit herzustellen formulierten Else wohin,
Gute Mine, igitte, Stechpalme und Labecula. Wobei
alle einräumten, daß ihr Einfluß auf die Medienszene marginal
ist. Gegenöffentlichkeit - so die kritische Anmerkung der beiträge
- als Zielsetzung formuliert, läßt positiv formulierte Ziele
außer acht, beziehungsweise benennt sie nicht.
Nur wenige der regionalen Magazine werden auch in andere Städte getragen.
Nur die Zeitungen aus den Metropolen avancieren zu überregionalen
Zeitungen.
Dazu gehört sicherlich die auch heute noch existierende Hamburger
Frauenzeitung. Sie stellte sich 1981 folgendermaßen vor:
"Zur Entwicklung einer feministischen Politik gehört auch, zu A
L L E N Themen aus Frauensicht Stellung zu nehmen, einen konsequenten
Frauenstandpunkt zu entwickeln und uns dann einzumischen und Forderungen zu
stellen. Wichtig für uns ist, nicht bei den üblichen sogenannten
'Frauenthemen' (wie z.B. SS218, Empfängnisverhütung)
stehenzubleiben und sich im Kreis zu drehen. Berichten wollen wir über
unseren täglichen organisierten und ständigen Frauenkampf gegen sich
immer mehr verschärfende Repressionen und die Unterdrückung.
Eine ständige Rubrik in der Zeitung wird sein 'Blick in die
Welt', dort wollen wir ein aktuelles, tagespolitisches Thema (diesmal z.B.
Sparpolitik) darstellen und uns erarbeiten, was das speziell für Frauen
heißt. Uns ist klar, daß dies erst erste kleine Schritte auf dem
Weg zu einer feministischen Politik sind" (Hamburger Frauenzeitung,
November 1981).
Von Szenefrauen/lesben
für Szenefrauen/lesben
ne neue frauenzeitung!
von frauen aus der 'szene'!
von Frauen, die nüscht mehr mit
der frauenbewegung zu tun haben
oder noch nie hatten (...) (anagan)
1984 stellt sich die in Berlin gemachte Anagan vor:
"Haß und Lust. Du hast anfangs durch die Frauenbewegung
begriffen und mehr durch die Zeiten des Häuserkampfes und anderer
autonomer Kämpfe, daß es eine Lust an der Andersartigkeit, an der
Radikalität, an Grenzüberschreitungen gibt, die deinen Alltag
umkrempelt. (...) Da ist eine Kluft, die immer wieder aufreißt,
aufreißt beim Wahrnehmen, Erleben und Ausüben von Gewalt.
Wenn in der Nacht des türkisch-deutschen Länderspiels
Männerbünde auf der Lauer nach Faschos und Bullen durch Kreuzbergs
Straßen ziehen und frustriert sind, daß nichts 'abgeht' und
einer meint zum anderen 'jetzt brauch ich wenigstens `nen Fick' - dann
weißt du, daß ihr nicht auf der gleichen Seite der Barrikade
steht" (Anagan, Nullnummer, 2/1984).
Die Anagan hat sieben lesenswerte Nummern gebracht, mit eigenen
Auseinandersetzungen und Berichten über Frauenkämpfe aus anderen
Ländern. In Nummer drei gibt es einen kleinen Seitenhieb auf die
radikal mit dem Titel ,,Unsere Leichen leben noch..."
"Wenn schon illegal, dann radikal, heißt die Devise des
jüngst erschienenen Möchtegern Phönix aus längst
verrauchter Bewegungsasche." Es geht in diesem Ton weiter. Als
Kritik läßt sich zusammenfassen, daß die radikal
krampfhaft versuche radikal zu bleiben... Die Anagan setzt sich
selbstkritisch mit Standpunkten und Szeneaktionen auseinander, ohne dabei
außen vor zu stehen.
Nach zwei Jahre hört die Redaktion auf. Sie selbst formulieren, daß
sie der Dilletantismus ankotzt, den aufzuheben würde aber verlangen, ihre
Lebensweise zu verändern... und schließlich:
"schlechte Zeiten für Zeitungen mit
radikal-autonom-feministischem Anspruch. Keine Bewegung in Sicht, in der frau
sich bewegen und auf die sie sich beziehen könnte; keine Aktionen,
Demonstrationen, für die sie mobilisieren könnte (wenn wir selbst
nicht hingehen?), zur Realpolitik sind wir nicht willens und zur
tiefgründigen postmodernen Philosophie nicht fähig. Und die Szene
liefert uns nicht einmal ein Skandälchen, über das wir spotten
könnten"(Anagan, Nr.7, 1986).
1990 erschien das erstemal die Zeitung von und für LesbenFrauen AMAZORA
in Berlin. "Wir nennen diese Zeitung eine BEWEGUNGSzeitung, weil
sie von EUCH; von EUREN flugis, aufrufen, artikeln, analysen, gedanken,
terminangaben, mobilisierungskampagnen leben wird. wenn ihr uns nix schickt,
können wir keine zeitung herausgeben." Die ersten Nummern der
AMAZORA werden zu internen Auseinandersetzungen genutzt. Was sind
radikale feministische Positionen, wie können diese beispielsweise auf
Demos rübergebracht werden, ohne daß dabei Verbalradikalismen
entstehen, auf die nur Ohnmacht folgen kann. Rassistische und sexistische
Gewalt gegen Frauen ist ein zentrales Thema, sowie internationale
Solidarität, d.h. die Auseinandersetzung mit den Frauen/Lesbenkämpfen
in anderen Ländern. Die AMAZORA lebt von den ihr zugesandten
Artikeln. Die Nummer 13 besteht nur aus einem Artikel: "wir gehen
nachwievor davon aus, daß es für die frauenlesbenbewegung ABSOLUT
NOTWENDIG ist, eine eigenständige und von männern unabhängige
(und für männer nicht zugängliche) bewegungszeitung zu haben.
das ist doch klar. aber wie siehts bei euch aus???" (Nr.13/1991)
In der Nummer 30 (März 1992) kündigt die AMAZORA ihr Ende in
drei Nummern an, für länger reiche das Geld nicht, außerdem
werde die AMAZORA zu wenig genutzt. Aber es ging dennoch weiter.
"Einige Frauen aus der radikal" haben ihre Texte an die
AMAZORA geschickt und in der radikal dazu aufgerufen, Texte und
Flugis an AMAZORA weiterzuleiten. In der radikal Nr 147
kündigen sie an: "Um es kurz zu machen: Wir verkünden
unseren Ausstieg aus dem Projekt 'radikal'! Wir, das sind die Frauen, die
in den letzten Ausgaben als 'einige Frauen aus der radikal' verschiedene
Beiträge veröffentlicht haben. Wir sehen in dem Projekt für uns
keine Arbeitsgrundlage mehr, möchten das hier aber nicht weiter
ausführen."
Aber die Probleme der AMAZORA sind damit nicht beendet. 1994
beschließt die Redaktion, bis Ende des Jahres nicht mehr zu erscheinen.
Die Probleme sind die gleichen: keine Kohle, zu wenig Frauen, technische
Probleme und die ,,Sinnfrage", Dienstleistungsbetrieb... Die AMAZORA ist
die einzige überregionale Frauen/Lesbenzeitung. Deshalb kämpft sie um
ihren Erhalt und veränderte zum Jahre 1996 nochmals ihre Struktur. Es
werden Schwerpunktthemen bestimmt, zu denen dann Artikel, Flugis und Aktionen
eingereicht weren können. Bisher sind zwei neue Nummern erschienen.
"Feministische Inhalte in der radikal"
So lautete der Untertitel eines Artikels (in der alhambra februar
1996), in dem sich 'einige Lesben aus Bremen' unumwunden fragen, ob die
Linke feministische und lesbische Inhalte zensiere und inwieweit dies auch die
radikal betrifft. Beispielhaft haben sie 14 Ausgaben auf ihren
feministischen Gehalt hin untersucht und festgestellt, daß sie
statistisch etwa 1/8 der Zeitung ausmachen. Abgesehen von der Zwischenphase, in
der sich "einige Frauen aus der radikal" zu Wort meldeten,
und der Zeitung wesentliche antisexistische Inhalte beisteuerten, sei der
erwähnte Anteil geblieben:
"Dieser Frauenschwerpunkt im Heft 150 umfaßt die Seiten 5 bis
15, das sind 10 von 80 Seiten. Inhalte der anderen Artikel dieses Heftes sind:
Roma-Situation, Auseinandersetzung um die Kaindl-Aktion, Kurdistan,
Illegalität. In dem Artikel zu illegal Leben/ Abtauchen steht zum
Beispiel, daß der beste Schutz vor Auslieferung vom Ausland an die BRD
eine Heirat und dann noch ein Kind wären. Schöne Vorschläge
für Frauen, insbesondere für Lesben!"
Ausführlich beschreiben die Bremer Lesben ihre prinzipielle Kritik
an der aktuellen Nr. 153, in der Frauen zwar an einigen Stellen vorkommen, aber
nur so wie die 15jährige Antifaschistin Martina aus Passau, zu der nicht
mehr zu sagen war, als daß sie mit einem Antifa-Aktivisten liiert war,
bevor sie sich umbrachte.
Oder es werde in einem Bericht vom Autonomie-Kongreß 1995 in Berlin zwar
die Kritik erwähnt, die autonome Frauen/Lesben im Vorfeld
äußerten, aber der/die AutorIn resümiere mit keinem Satz ihre
Berechtigung.
"Unsere Schlußfolgerung ist kurz formuliert. In den zwei bis
drei Jahren der Frauenredaktion nahm der Anteil der Frauen-Artikel in der
radikal stark zu. Frauenaspekte fanden in den restlichen Artikeln, außer
dem GdV (Gegen das Vergessen), keinen oder kaum Eingang. Das Verhältnis
von Frauenartikeln zu 'gemischten' war nach dem Rausgang der
Frauenredaktion fast wie in alten Zeiten, ca. eins zu acht. (...) Eine Gruppe,
die eine Zeitungsausgabe vorbereitet und macht, auch eine illegale, bestimmt
Themen oder Schwerpunkte und kann Texte mit eigenen Kommentaren und
Einschätzungen versehen, eine Praxis, die in der radikal bei anderen
Themen durchaus üblich ist. Die radikal ist Spiegel der radikal-linken
Bewegung. Wie in anderen Gruppen haben Feministinnen versucht, ihre Inhalte
darin einzubringen und sind gescheitert. Nicht umsonst wurde eine eigene
radikale feministische lesbische Zeitung, die AMAZORA, gegründet."
Trotz ihrer massiven und berechtigten Kritik versuchen "einige
Lesben aus Bremen" konstruktiv zu bleiben und zählen
abschließend Inhalte und Themen auf, die bislang in der radikal
fehlten, aber gerade unter dem derzeitigen Repressionsdruck dringend
nötig sind: Umgang mit Kindern bei Knast & Exil, Sexismus im Knast,
insbesondere Lesbensituation im Knast, lesbische Beziehung ( die verlobte
Lesbe) und Besuchsrecht bzw. Zeugnisverweigerungsrecht...
AMAZORA, c/o (äußerer Umschlag) Papiertigerinnen, Cuvrystr. 25,
10997 Berlin
die andere c/o E.-M Noppen-Eckaer,
Mauberg 31, 86152 Augsburg
Ariadne Archiv der deutschen Frauenbewegung, Sommerweg 1b, 34125 Kassel
blau c/o Buttgereit, Kottbusser Damm8, 10967 Berlin
Blattgold Goldrausch Frauennetzwerk, Berlin e.V., Potsdamer Straße 139,
10783 Berlin
Donna Wetter Saarländische Frauenzeitung, Landwehrplatz 2, 66111
Saarbrücken
Hamburger Frauenzeitung
Postfach 20 16 03, 20206 Hamburg
Hydra Nachtexpress Hydra e.V.,
Rigaer Str. 3, 10247 Berlin
Ihrsinn - eine radikal-feministische Lesbenzeitschrift, Schmidtstr. 12, 44793
Bochum
Krampfader c/o Aradia Frauenbuchladen, Regionalstr. 14, 34119 Kassel
Koriphäe Feministische Naturwissenschafts-und Technikkritik, c/o Romy
Klupsch, Schleusenstr. 26, 26135 Oldenburg
La Li Berta Luisenstr. 7, 40215 Düsseldorf
Labecula Feministische Zeitschrift für Niedersachsen, Kleine
Düwelstr. 21, 30171 Hannover
Mathilde Frauenzeitung für Darmstadt und Region
c/o SEFO, Postfach 11 10 08, 64225 Darmstadt
Meta M. Postfach 20 05 52, 42205 Wuppertal
Medusa - eine feministische Studentinnenzeitung
c/o Frauen und Lesbenreferat der FH Braunschweig, Ludwig-Winter-Str. 2, 38120
Braunschweig
Die Monatliche Frauen-abhängige Zeitung für Thüringen,
Thomas-Münzer-Str. 20, 99084 Erfurt
Schamlos Münsters Frauenzeitung,
Achtermannstraße 10-12, 48143 Münster
Zaunreiterin Revue für Frauen, Frauenverlag Zaunreiterin,
Tschaikowskistraße 5, 04105 Leipzig