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Wed Sep 25 23:28:58 1996
 

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Von COURAGE bis AMAZORA

20 Jahre Frauen/Lesbenzeitungen, ein Querschnitt

Die Schwarze Botin

Ich kehre zurŸck aus der Dunkelheit,
seine Macht war nur mein Schlaf.

Das Unvorstellbare ist nicht das Unmšgliche,
das Vorstellbare ist das Unmšgliche.

Gedachtem von ihm
verdanken wir die Geschwindigkeit,
mit der wir uns Ÿber ihn hinwegsetzen.

Seine Paragraphen sind Symbole
unter selbstverschuldeter UnmŸndigkeit.

In der Finsternis der zerstšrten StŠdte
treffen wir uns, um Gericht zu halten.

Das Gesetz sind wir.
Gemäß linker Geschichtsschreibung war die Studentenbewegung Ende der 60er Jahre eine Männerbewegung. Aber eben nur verbal, denn bei Aktionen und Demonstrationen waren die Frauen massiv vertreten. Da Frauen in gemischten Diskussionszusammenhängen ihre Belange bestenfalls zum berühmten Nebenwiderspruch degradiert fühlten, entwickelten sie ihre eigenen Strukturen: "Kampagnen des SDS können den Frauen zwar rational vermittelt werden, es fehlen ihnen aber die Voraussetzungen, die subjektiven Bedürfnisse der Frauen anzusprechen, deren Unterdrückung in der vom politischen Kampf aufgenommenen 'Privatsphäre' unmittelbar und am stärksten erlebt wird. Doppelt frustriert sind die Frauen im SDS, wenn sie versuchen, dort politisch aktiv zu werden, das heißt, wenn sie über die Beteiligung an Demonstationen hinauswollen, wenn sie Referate, Reden halten, Diskussionsbeiträge liefern. Das Erfolgserlebnis ist ihnen versagt, weil auf ihre Beiträge niemals Bezug genommen wird." ("Aktionsrat zu Befreiung der Frauen" Resolution auf der 23. Delegiertenkonferenz des SDS, September 1968).
In den folgenden Jahren erkämpften sich Frauen eigene, autonome Strukturen. Frauenbuchläden, Verlage, Druckereien und Zentren erweiterten das Informationsnetz. Auf einem bundesweiten Frauenkongreß in München (1973) wurde das Bedürfnis nach einer nationalen Frauenzeitung diskutiert.
Schließlich entstand 1976 als ein Ergebnis des Kampfes gegen ein konkretes Problem, von dem sich alle Frauen betroffen fühlen, nämlich der physischen und psychischen Gewalt, die vom Patriarchat ausgeht, das erste autonome Frauenhaus in Westberlin. Im Mai des gleichen Jahres verließ die erste Courage die Druckerei. Monatlich wird sie die nächsten fast zehn Jahren über feministische Ideen, Diskussionen, Standpunkte, Fragen und Projekte berichten.
Unterschiedlich, wie die Frauenbewegung nun einmal war und ist, gab es Kritik und jede Menge Fragen, sowohl von Frauen, die sich als Teil der Frauenbewegung verstanden, als auch von Frauen, die in gemischten Zusammenhängen kämpften:
"Was sind feministinnen? Wer ist in der frauenbewegung und in den sich dazu formierenden kleinkapitalistischen unternehmungen wie: frauenkneipen, frauenbuchläden, druckereien und anderen dekadenten (=auf dem absteigenden ast sitzenden) auswüchsen kapitalistischer produktionsformen (dazu gehört wohl oder übel auch die neue frauenzeitschrift courage)?" (effe, radikal nr.1, 1976)


Autonomie und Konkurrenz
Mit Schrecken stellten die Redakteurinnen der Courage einen Tag vor Erscheinen der Nullnummer fest, daß auch Alice Schwarzer eine Frauenzeitung plante. Die erste Emma erschien im Januar 1977 und richtete sich wie Courage an alle Frauen. Die Courage - Frauenschrieben in der Nr.2: "Ob eine Zeitung, zwei oder fünf, das ist unserer Ansicht nach kein Streitpunkt. Je mehr, desto besser, möchten wir sagen, gäbe es nicht das ökonomische Problem. Feministischer Wettbewerb und feministische Konkurrenz aber sind das absolute Gegenteil dessen, was wir als Strategien der Frauenbewegung bezeichnen würden. Das Geld, mit dem die Projekte finanziert werden, stammt in jedem Fall aus der Frauenbewegung. 150.000 DM für den 'kleinen Unterschied'". (Soviel kostete die 200.000er Auflage der Emma).
Gleich zwei wesentliche Konfliktpunkte, die die gesamte Frauenpresse bis heute durchziehen, werden hier sichtbar. Ein strukturelles Problem: Finanzierung von Zeitungsprojekten. (Am Verschleiß ihrer Redakteurinnen und aus materiellen Problemen ist dann die Courage 1984 auch eingestellt worden, nachdem sie kurz zuvor wöchentlich erschienen war.) Der andere Konflikt ist ein inhaltlicher. Der Anspruch, alle Frauen ansprechen zu wollen, impliziert einen Radikalitätsverlust und führt zu einem Einheitsbrei, in dem alle vor allem erst mal irgendwie betroffen sind. Oder wie es die Macherinnen der anarcha-feministischen auch 1976 zum erstenmal erscheinenenden Schwarzen Botin bezüglich Emmas Zielgruppe hinterfragen: "Was die Zielgruppe Frauen betrifft, so zweifeln wir zwar nicht an der Zurechungsfähigkeit der rechnungsfähigen Frau S., sind aber doch seltsam berührt, daß die Nachfrage der Zielgruppe, dem Angebot insofern nicht entspricht, als es sie gar nicht gibt. Der Jargon, dessen Frau S. sich befleißigt, ließ uns dann vermuten, es handle sich bei der Zielgruppe vorwiegend um Frauen der Leichtlohngruppen, Büro-Teilzeitkräfte, Stripteasetänzerinnen und verehelichte Hausangestellte. Da sie aber ausdrücklich betont, es handle sich um 'Frauen schlechthin' sind wir zu der Überzeugung gekommen, daß Frau S. sich auf ihre natürliche Begabung zur Geschmeidigkeit verläßt und bestrebt sein wird, alle Frauen, seien sie nun in Leichtlohngruppen oder Befreiungsgruppen, gleichermaßen zufrieden zu stellen, was uns bei 200.000 Exemplaren Auflage auch unvermeidlich scheint."(Die Schwarze Botin, Nr.1/1976).
Die Schwarze Botin stellte sich so vor: "Leserinnen, denen es am Herzen liegt, in der Art des kleinen Unterschieds oder der 'Häutungen' zuempfinden, werden bald die Frage nach unserer Beziehung zur Frauenbewegung und unserem Standpunkt stellen. Diesen sei gleich gesagt, um jeden Zweifel über unsere Absicht von vorneherein auszuräumen, beides beginnt für uns da, wo der klebrige Schleim weiblicher Zusammengehörigkeit sein Ende hat" (Nr. 1).
Die Inhalte der Schwarzen Botin waren nicht darauf ausgerichtet, für alle Frauen interessant zu sein. Die folgenden Auszüge beziehen sich auf den gewaltsamen Tod von Ulrike Meinhof.
"Was wir feststellen wollen ist, daß es nicht darum gehen kann, sich an der eigenen Angst vor der Konsequenz vorbeizumogeln, weil schon das Überleben unangenehm wird, sondern wir wollen versuchen aufzuzeigen, wo die Lüge steckt, die uns einerseits in hoffnungsloser Wut erstickt, andererseits aber das Leben sehr lebenswert macht.(...) Nach ihrer letzten Rolle, als emanzipierte Linke, wurde sie sie selbst. Als Anarchistin, die nicht mehr Mutter, Geliebte, Linke u.s.w. war, konnte sie nur noch sich selbst durch ihren grenzenlosen Haß verwirklichen; unter Verlust aller Geborgenheit realisierte sie sich bis zum Verlust ihres Lebens. Die Repräsentanten der Gesellschaft, an der die Frau sterben mußte, weil sie in ihr nicht leben konnte, können ihr dieses Sterben nicht verzeihen, weil es letzter anarchistischer Schritt des Subjekts ist. Sie ahnen, während sie die Tote 'untersuchen', weder, daß die Todesursache außerhalb der Toten zu suchen wäre, noch daß sie selbst Repräsentanten jener sind, welche die Todesursache waren" (Nr. 1, 1976).
Die Schwarze Botin ist sicherlich die Zeitung, die zu jeder Zeit am entferntesten war vom politischen "mainstream": Wir wollen auch ein Stück vom Kuchen haben... Auch in den vielfachen Buchbesprechungen in der Schwarzen Botin werden die Diskussionen um die radikale Unterschiedlichkeit des Weiblichen wiederaufgenommen (wobei hier Weiblichkeit als etwas noch zu konstituierendes gemeint ist). Es gibt nur wenige Zeitungen, die sich so klar an eine bestimmte Zielgruppe wenden.
Auch eine klare Zielgruppe, nur ganz anderer Hintergründe, hat die Schlangenbrut (Münster), Zeitschrift für feministisch und religiös interessierte Frauen. Eine Zeitschrift, deren Inhalte sich auf Biologismen stützt, sie widmet sich der Natur des vom Patriarchat verschüttetenwirklich weiblichen.


Anspruch und Wirklichkeit
Mitte der 80er Jahre beschäftigen sich die meisten regionalen Frauen/Lesbenzeitungen mit eher theoretischen Texten und feministischen Strategien zur Einmischung. Die klassischen CR-Gruppen (Consciousness Raising - Selbsterfahrung) waren in den 70ern notwendig und geraten nun in die Defensive.
Im Sommer 1989 haben die beiträge zur feministischen theorie und praxis 33 damals existierende regionale, autonome, feministische Frauenzeitungen befragt. Der Fragebogen, der an die Redaktionen geschickt wurde, umfaßte die Themenkomplexe Entstehung und Entwicklung der Zeitungsprojekte, redaktionelle Konzepte, Redaktionsstrukturen, Finanzierung sowie Produktionsbedingungen und Vertrieb. Von den 33 angeschriebenen Frauenzeitungen beteiligten sich 21 Projekte an der Untersuchung:
Abschminke (Heidelberg), Blattgold (Berlin), die andere (Augsburg), Donna Wetter (Saarbrücken), Else wohin (Osnabrück), Frankfurter Frauenblatt (Frankfurt), Freiburger Frauenzeitung (Freiburg), Gute Mine (Germersheim), Hamburger Frauenzeitung (Hamburg), igitte (Dortmund), infemme (Berlin), Komma (Düsseldorf), Krampfader (Kassel), Labecula (Hildesheim), Lava (Karlsruhe), ilaac (Aachen), Lila Lotta (Moers), Meta M. (Wuppertal), Schamlos (Münster), Stechpalme (Erlangen), Tarantel (Bilelefeld). (Heute existieren davon noch neun Projekte.)
Neben den augenfälligen Dingen, wie Nord-Süd Gefälle, hohe Konzentration in NRW, fällt auf, daß fast nur in Unistädten Frauen/Lesbenzeitungen existieren. Die Zeitungen werden meist von Studentinnen gemacht, aber fast alle genannten Zeitungen begreifen sich als offen gegenüber allen Frauen. Ein Dialog mit den Leserinnen findet kaum statt. Wenn Frauenzeitungen aber ein Mittel feministischer Politik darstellen sollen, so ist zwingend, daß es einen Dialog und einen gemeinsamen Prozeß geben muß. Oder: "Als feministische Frauenprojekte, die zudem noch Öffentlichkeit schaffen wollen, müßten die Redaktionen - so unsere These - integraler Bestandteil der lokalen Frauenbewegung sein. Ist das nicht der Fall, fehlt der Kontakt zur Basis, so ist dies eine Parallele zur patriarchalen Medienwelt: Es ist kein direkter Kontakt zu den Leserinnen vorhanden, und infolgedessen auch keine inhaltliche Orientierung an den Leserinnen möglich. Feministische Zeitungsprojekte, meinen wir, bedürfen also dringend der Einbindung in die örtliche Frauenszene" (beiträge... 30/31, 1991).
Nur die Hälfte der Zeitungen bezeichnete ihren Kontakt zur örtlichen Frauenszene als positiv. Nicht alle Zeitungen haben den Anspruch, Organ der Frauenbewegung zu sein, Blattgold und Komma wollen rein deskriptiv Terminkalender und Info zu sein.
Einen eher theoretischen Anspruch, d.h. Diskussionen voranzutreiben, haben die Hamburger und Freiburger Frauenzeitung und Tarantel. Artikel werden in den Redaktionen diskutiert, die Zeitungsmacherinnen führen selbst ständige Auseinandersetzungen.
Das Ziel Gegenöffentlichkeit herzustellen formulierten Else wohin, Gute Mine, igitte, Stechpalme und Labecula. Wobei alle einräumten, daß ihr Einfluß auf die Medienszene marginal ist. Gegenöffentlichkeit - so die kritische Anmerkung der beiträge - als Zielsetzung formuliert, läßt positiv formulierte Ziele außer acht, beziehungsweise benennt sie nicht.
Nur wenige der regionalen Magazine werden auch in andere Städte getragen. Nur die Zeitungen aus den Metropolen avancieren zu überregionalen Zeitungen.
Dazu gehört sicherlich die auch heute noch existierende Hamburger Frauenzeitung. Sie stellte sich 1981 folgendermaßen vor: "Zur Entwicklung einer feministischen Politik gehört auch, zu A L L E N Themen aus Frauensicht Stellung zu nehmen, einen konsequenten Frauenstandpunkt zu entwickeln und uns dann einzumischen und Forderungen zu stellen. Wichtig für uns ist, nicht bei den üblichen sogenannten 'Frauenthemen' (wie z.B. SS218, Empfängnisverhütung) stehenzubleiben und sich im Kreis zu drehen. Berichten wollen wir über unseren täglichen organisierten und ständigen Frauenkampf gegen sich immer mehr verschärfende Repressionen und die Unterdrückung.
Eine ständige Rubrik in der Zeitung wird sein 'Blick in die Welt', dort wollen wir ein aktuelles, tagespolitisches Thema (diesmal z.B. Sparpolitik) darstellen und uns erarbeiten, was das speziell für Frauen heißt. Uns ist klar, daß dies erst erste kleine Schritte auf dem Weg zu einer feministischen Politik sind" (Hamburger Frauenzeitung, November 1981).


Von Szenefrauen/lesben
für Szenefrauen/lesben

ne neue frauenzeitung!
von frauen aus der 'szene'!
von Frauen, die nüscht mehr mit
der frauenbewegung zu tun haben
oder noch nie hatten (...) (anagan)
1984 stellt sich die in Berlin gemachte Anagan vor: "Haß und Lust. Du hast anfangs durch die Frauenbewegung begriffen und mehr durch die Zeiten des Häuserkampfes und anderer autonomer Kämpfe, daß es eine Lust an der Andersartigkeit, an der Radikalität, an Grenzüberschreitungen gibt, die deinen Alltag umkrempelt. (...) Da ist eine Kluft, die immer wieder aufreißt, aufreißt beim Wahrnehmen, Erleben und Ausüben von Gewalt.
Wenn in der Nacht des türkisch-deutschen Länderspiels Männerbünde auf der Lauer nach Faschos und Bullen durch Kreuzbergs Straßen ziehen und frustriert sind, daß nichts 'abgeht' und einer meint zum anderen 'jetzt brauch ich wenigstens `nen Fick' - dann weißt du, daß ihr nicht auf der gleichen Seite der Barrikade steht" (Anagan, Nullnummer, 2/1984).
Die Anagan hat sieben lesenswerte Nummern gebracht, mit eigenen Auseinandersetzungen und Berichten über Frauenkämpfe aus anderen Ländern. In Nummer drei gibt es einen kleinen Seitenhieb auf die radikal mit dem Titel ,,Unsere Leichen leben noch..." "Wenn schon illegal, dann radikal, heißt die Devise des jüngst erschienenen Möchtegern Phönix aus längst verrauchter Bewegungsasche." Es geht in diesem Ton weiter. Als Kritik läßt sich zusammenfassen, daß die radikal krampfhaft versuche radikal zu bleiben... Die Anagan setzt sich selbstkritisch mit Standpunkten und Szeneaktionen auseinander, ohne dabei außen vor zu stehen.
Nach zwei Jahre hört die Redaktion auf. Sie selbst formulieren, daß sie der Dilletantismus ankotzt, den aufzuheben würde aber verlangen, ihre Lebensweise zu verändern... und schließlich: "schlechte Zeiten für Zeitungen mit radikal-autonom-feministischem Anspruch. Keine Bewegung in Sicht, in der frau sich bewegen und auf die sie sich beziehen könnte; keine Aktionen, Demonstrationen, für die sie mobilisieren könnte (wenn wir selbst nicht hingehen?), zur Realpolitik sind wir nicht willens und zur tiefgründigen postmodernen Philosophie nicht fähig. Und die Szene liefert uns nicht einmal ein Skandälchen, über das wir spotten könnten"(Anagan, Nr.7, 1986).
1990 erschien das erstemal die Zeitung von und für LesbenFrauen AMAZORA in Berlin. "Wir nennen diese Zeitung eine BEWEGUNGSzeitung, weil sie von EUCH; von EUREN flugis, aufrufen, artikeln, analysen, gedanken, terminangaben, mobilisierungskampagnen leben wird. wenn ihr uns nix schickt, können wir keine zeitung herausgeben." Die ersten Nummern der AMAZORA werden zu internen Auseinandersetzungen genutzt. Was sind radikale feministische Positionen, wie können diese beispielsweise auf Demos rübergebracht werden, ohne daß dabei Verbalradikalismen entstehen, auf die nur Ohnmacht folgen kann. Rassistische und sexistische Gewalt gegen Frauen ist ein zentrales Thema, sowie internationale Solidarität, d.h. die Auseinandersetzung mit den Frauen/Lesbenkämpfen in anderen Ländern. Die AMAZORA lebt von den ihr zugesandten Artikeln. Die Nummer 13 besteht nur aus einem Artikel: "wir gehen nachwievor davon aus, daß es für die frauenlesbenbewegung ABSOLUT NOTWENDIG ist, eine eigenständige und von männern unabhängige (und für männer nicht zugängliche) bewegungszeitung zu haben. das ist doch klar. aber wie siehts bei euch aus???" (Nr.13/1991)
In der Nummer 30 (März 1992) kündigt die AMAZORA ihr Ende in drei Nummern an, für länger reiche das Geld nicht, außerdem werde die AMAZORA zu wenig genutzt. Aber es ging dennoch weiter. "Einige Frauen aus der radikal" haben ihre Texte an die AMAZORA geschickt und in der radikal dazu aufgerufen, Texte und Flugis an AMAZORA weiterzuleiten. In der radikal Nr 147 kündigen sie an: "Um es kurz zu machen: Wir verkünden unseren Ausstieg aus dem Projekt 'radikal'! Wir, das sind die Frauen, die in den letzten Ausgaben als 'einige Frauen aus der radikal' verschiedene Beiträge veröffentlicht haben. Wir sehen in dem Projekt für uns keine Arbeitsgrundlage mehr, möchten das hier aber nicht weiter ausführen."
Aber die Probleme der AMAZORA sind damit nicht beendet. 1994 beschließt die Redaktion, bis Ende des Jahres nicht mehr zu erscheinen. Die Probleme sind die gleichen: keine Kohle, zu wenig Frauen, technische Probleme und die ,,Sinnfrage", Dienstleistungsbetrieb... Die AMAZORA ist die einzige überregionale Frauen/Lesbenzeitung. Deshalb kämpft sie um ihren Erhalt und veränderte zum Jahre 1996 nochmals ihre Struktur. Es werden Schwerpunktthemen bestimmt, zu denen dann Artikel, Flugis und Aktionen eingereicht weren können. Bisher sind zwei neue Nummern erschienen.


"Feministische Inhalte in der radikal"
So lautete der Untertitel eines Artikels (in der alhambra februar 1996), in dem sich 'einige Lesben aus Bremen' unumwunden fragen, ob die Linke feministische und lesbische Inhalte zensiere und inwieweit dies auch die radikal betrifft. Beispielhaft haben sie 14 Ausgaben auf ihren feministischen Gehalt hin untersucht und festgestellt, daß sie statistisch etwa 1/8 der Zeitung ausmachen. Abgesehen von der Zwischenphase, in der sich "einige Frauen aus der radikal" zu Wort meldeten, und der Zeitung wesentliche antisexistische Inhalte beisteuerten, sei der erwähnte Anteil geblieben:
"Dieser Frauenschwerpunkt im Heft 150 umfaßt die Seiten 5 bis 15, das sind 10 von 80 Seiten. Inhalte der anderen Artikel dieses Heftes sind: Roma-Situation, Auseinandersetzung um die Kaindl-Aktion, Kurdistan, Illegalität. In dem Artikel zu illegal Leben/ Abtauchen steht zum Beispiel, daß der beste Schutz vor Auslieferung vom Ausland an die BRD eine Heirat und dann noch ein Kind wären. Schöne Vorschläge für Frauen, insbesondere für Lesben!"
Ausführlich beschreiben die Bremer Lesben ihre prinzipielle Kritik an der aktuellen Nr. 153, in der Frauen zwar an einigen Stellen vorkommen, aber nur so wie die 15jährige Antifaschistin Martina aus Passau, zu der nicht mehr zu sagen war, als daß sie mit einem Antifa-Aktivisten liiert war, bevor sie sich umbrachte.
Oder es werde in einem Bericht vom Autonomie-Kongreß 1995 in Berlin zwar die Kritik erwähnt, die autonome Frauen/Lesben im Vorfeld äußerten, aber der/die AutorIn resümiere mit keinem Satz ihre Berechtigung.
"Unsere Schlußfolgerung ist kurz formuliert. In den zwei bis drei Jahren der Frauenredaktion nahm der Anteil der Frauen-Artikel in der radikal stark zu. Frauenaspekte fanden in den restlichen Artikeln, außer dem GdV (Gegen das Vergessen), keinen oder kaum Eingang. Das Verhältnis von Frauenartikeln zu 'gemischten' war nach dem Rausgang der Frauenredaktion fast wie in alten Zeiten, ca. eins zu acht. (...) Eine Gruppe, die eine Zeitungsausgabe vorbereitet und macht, auch eine illegale, bestimmt Themen oder Schwerpunkte und kann Texte mit eigenen Kommentaren und Einschätzungen versehen, eine Praxis, die in der radikal bei anderen Themen durchaus üblich ist. Die radikal ist Spiegel der radikal-linken Bewegung. Wie in anderen Gruppen haben Feministinnen versucht, ihre Inhalte darin einzubringen und sind gescheitert. Nicht umsonst wurde eine eigene radikale feministische lesbische Zeitung, die AMAZORA, gegründet."
Trotz ihrer massiven und berechtigten Kritik versuchen "einige Lesben aus Bremen" konstruktiv zu bleiben und zählen abschließend Inhalte und Themen auf, die bislang in der radikal fehlten, aber gerade unter dem derzeitigen Repressionsdruck dringend nötig sind: Umgang mit Kindern bei Knast & Exil, Sexismus im Knast, insbesondere Lesbensituation im Knast, lesbische Beziehung ( die verlobte Lesbe) und Besuchsrecht bzw. Zeugnisverweigerungsrecht...



AMAZORA, c/o (äußerer Umschlag) Papiertigerinnen, Cuvrystr. 25, 10997 Berlin
die andere c/o E.-M Noppen-Eckaer,
Mauberg 31, 86152 Augsburg
Ariadne Archiv der deutschen Frauenbewegung, Sommerweg 1b, 34125 Kassel
blau c/o Buttgereit, Kottbusser Damm8, 10967 Berlin
Blattgold Goldrausch Frauennetzwerk, Berlin e.V., Potsdamer Straße 139, 10783 Berlin
Donna Wetter Saarländische Frauenzeitung, Landwehrplatz 2, 66111 Saarbrücken
Hamburger Frauenzeitung
Postfach 20 16 03, 20206 Hamburg
Hydra Nachtexpress Hydra e.V.,
Rigaer Str. 3, 10247 Berlin
Ihrsinn - eine radikal-feministische Lesbenzeitschrift, Schmidtstr. 12, 44793 Bochum
Krampfader c/o Aradia Frauenbuchladen, Regionalstr. 14, 34119 Kassel
Koriphäe Feministische Naturwissenschafts-und Technikkritik, c/o Romy Klupsch, Schleusenstr. 26, 26135 Oldenburg
La Li Berta Luisenstr. 7, 40215 Düsseldorf
Labecula Feministische Zeitschrift für Niedersachsen, Kleine Düwelstr. 21, 30171 Hannover
Mathilde Frauenzeitung für Darmstadt und Region
c/o SEFO, Postfach 11 10 08, 64225 Darmstadt
Meta M. Postfach 20 05 52, 42205 Wuppertal
Medusa - eine feministische Studentinnenzeitung
c/o Frauen und Lesbenreferat der FH Braunschweig, Ludwig-Winter-Str. 2, 38120 Braunschweig
Die Monatliche Frauen-abhängige Zeitung für Thüringen, Thomas-Münzer-Str. 20, 99084 Erfurt
Schamlos Münsters Frauenzeitung,
Achtermannstraße 10-12, 48143 Münster
Zaunreiterin Revue für Frauen, Frauenverlag Zaunreiterin, Tschaikowskistraße 5, 04105 Leipzig