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Sat Oct 7 02:43:58 1995
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Info-Laden-Koeln zu Durchsuchungen vom 13.06.95
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StadtRevue Verlag GmbH Telefon: (0 22 1) 95 15 41-0
Kölns Stadtillustrierte Telefax: (0 22 1) 95 15 41-11
Maastrichter Straße 49
50672 Köln e-mail: Stadtrevue.koeln@link-lev.dinoco.de
Stellungnahme des Kölner Info-Ladens
zu den bundesweiten Durchsuchungen vom 13.6.1995
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Am 13.6.1995 wurden in Köln fünf Privatwohnungen, das Antifa-
Café und der Info-Laden im Rahmen einer bundesweiten Aktion der
Bundesanwaltschaft (BAW) durchsucht (siehe auch erweiterte
Presseerklärung vom 15.6.1995). Unter dem medienwirksamen
Vorwand, gegen die »Antiimperialistischen Zellen (AIZ)« sowie
in Berlin v.a. gegen »Das K.O.M.I.T.E.E.« zu ermitteln, wurde
bundesweit vor allem gegen vermeintliche HerausgeberInnen und
UnterstützerInnen der »radikal« ermittelt. Die BAW spricht in
diesem Zusammenhang von 25 Personen, im konkreten Fall von Köln
wird eine Person namentlich genannt. Auf dieser Basis wurde das
persönliche Umfeld des Beschuldigten observiert, durchleuchtet,
durchsucht und der Repression ausgesetzt. Wie selbst
Innenminister Kanther in einem Interview mit den »Tagesthemen«
am 13.6. einräumte, ging es der BAW vor allem um einen
"Präventivschlag" gegen linke und linksradikale Zusammenhänge.
Die Ermittlungen gegen die »AIZ« nahm die BAW zum willkommenen
Anlaß, um in einem Aufwasch auf breiter Front ermitteln und
durchsuchen zu können.
In gewohnter Art und Weise konstruiert erscheinen die Vorwürfe
und Ermittlungsverfahren gegen linke AktivistInnen im
Zusammenhang mit dem Repressionsschlag vom 13.6.95. Sie werden
darüberhinaus propagandistisch einmal mehr dazu benutzt, die
entpolitisierte Leier vom rechten und linken Terror
aufrechtzuerhalten. Ob es sich dabei um faschistisch motivierte
Briefbombenanschläge, wie jüngst in Lübeck, oder das Herstellen
einer Zeitung handelt, spielt dabei keine Rolle. Ein
Bedrohungsszenario muß aufrecht erhalten werden und lenkt
weiterhin von der Rolle des Staates und seiner Organe bewußt
ab. Staatlich organisierter Terror und Polizeiübergriffe, sei
es gegen linke Zusammenhänge oder ausländische Organisationen,
sei es gegen Flüchtlinge und ImmigrantInnen oder auch die
stattfindende Neuformierung militärischer Potentiale zum
Eingriff außerhalb Groß-Deutschlands fallen schlicht, und das
ist auch beabsichtigt, unter den Tisch.
Das Hauptaugenmerk der aktuellen Durchsuchungen richtete sich
rein quantitativ auf die Zeitschrift »radikal«. Dies darf nicht
dazu verleiten, die Ermittlungen gegen die »AIZ« und gegen das
»K.O.M.I.T.E.E.« zu unterschätzen. Mittlerweile sind 4
Haftbefehle in Zusammenhang mit der »radikal« ergangen. Ob
diese auch in Zusammenhang mit darüber hinaus gehenden
Vorwürfen erlassen wurden, ist z.Z. nicht klar. Klar ist
jedoch, daß sich die BAW bei einer so großangelegten Aktion in
8 Bundesländern, die sich "nur" gegen die »radikal« gerichtet
hätte, lächerlich machen würde. Natürlich ist den
Staatsschützern die seit Ende der 70er-Jahre erscheinende
»radikal« ein Stachel im Fleisch, es handelt sich dabei
allerdings mehr oder weniger um Phantomschmerzen. Die Bedeutung
der »radikal« hat in den letzten Jahren in der linken
Auseinandersetzung immer weiter abgenommen. Zum einen hat dies
mit dem Niedergang vieler linker Strukturen und der Krise in
der Linken seit 1989 zu tun, anderseits aber lebt die Zeitung
noch von ihrer Geschichte und ihrem Mythos, zu dem auch die
Kriminalisierung nicht unwesentlich beiträgt. Trotz (im
wahrsten Sinn des Wortes) alledem: Die »radikal« wird gemacht,
»radikal« wird vertrieben, »radikal« wird gekauft und - wie aus
gewohnt gut informierten Kreisen verlautet - auch gelesen.
Aus unserem Selbstverständnis als Info-Laden verbreiten wir
zensierte und unterdrückte Nachrichten aus dem linken
Widerstand, versuchen Diskussionen anzuregen und die dafür
notwendigen Vorraussetzungen zu schaffen: Der Treffpunkt und
Kommunikationsort "Infoladen", Veranstaltungen und natürlich
die Verbreitung von Büchern, Texten und Zeitschriften. Deshalb
werden wir die »radikal« weiter verkaufen und archivieren.
Wir protestieren aufs Schärfste dagegen, daß die Existenz einer
Zeitung, die nur in Einzelteilen kriminalisiert wurde, zum
Anlaß für weitgreifende Repressionsmaßnahmen gegen
Einzelpersonen und ihr gesamtes Umfeld gemacht wird.
Wir fordern demzufolge:
- die Freilassung aller inhaftierten Personen
- Einstellung sämtlicher Ermittlungsverfahren
- Rückgabe aller beschlagnahmten Gegenstände und Schriften
Im speziellen Fall des Info-Ladens Köln:
- Rückgabe der beschlagnahmten technischen Geräte (Kopierer,
Fax-Gerät, Schreibmaschine und Anrufbeantworter)
- Rückgabe des Bibliotheksverzeichnisses, der Adressendateien,
der Unterlagen über Bestellungen und Abrechnungen, der
internen Unterlagen und des Schriftverkehrs
- Rückgabe der beschlagnahmten Exemplare der »radikal«,
insbesondere des Archivbestandes
- Rückgabe aller darüber hinaus beschlagnahmten Zeitschriften,
Broschüren und anderer Schriften.
Da sowohl bei den BewohnerInnen der durchsuchten Wohnungen, als
auch im Info-Laden umfangreiches technisches Gerät
beschlagnahmt wurde, was für die tägliche Arbeit (Ladenbetrieb,
Studium, etc.) gebraucht wird und demzufolge umgehend
wiederbeschafft werden muß, rufen wir zu Sach- und Geldspenden
auf.
Konto: Wohnen und Leben e.V.
KtNr.: 8132 501
Postbank Köln, BLZ 370 100 50
Stichwort!: Durchsuchung
Wir fordern die Presse auf, den ganzen Sachverhalt darzustellen
und das Spendenkonto zu veröffentlichen. Sollten größere
Geldbeträge eingehen, leiten wir das Geld für Anwaltskosten für
die Inhaftierten weiter, soweit dies nicht ausdrücklich anders
vermerkt ist.
Infoladen Köln, 15.6.1995