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Wed Sep  6 19:32:05 1995
 

JETZT ERST RECHT : FREIHEIT FÜR MUMIA ABU-JAMAL ! SOFORTIGER BAUSTOPP DES KINDER- UND JUGENDKNASTES BERLIN-LICHTENRADE !

In der Nacht zum 13.8.95 haben wir zeitgleich im Hof der Firmenzentrale von Heilit + Woerner (Badenallee, Charlottenburg) sowie am Neuköllner Maybachufer Brandbomben unter Firmenfahrzeugen gezündet und Flugblätter hinterlegt.

Mit unserer Aktion reihen wir uns ein in die internationale Solidaritätsbewegung zur Rettung des Lebens und für die Freiheit des ex - Black Panther- Abu Jamal.

Die Firma Heilit + Woerner führt in eigener Regie die komplette Planung, Bauarbeiten und Finanzierung des in Lichtenrade im Bau befindlichen Knastes für 14 bis 17jährige Kinder und Jugendliche durch. Der Senat übernimmt bei Fertigstellung das Gefängnis und zahlt innerhalb einer 10 Jahresfrist die Errichtungskosten in Raten an den Baukonzern zurück. Im Kinder- und Jugendknast Lichtenrade soll leberal getünchter Verwahrungsstrafvollzug praktiziert werden. Hier wie in den USA sind die Knäste vollgestopft mit Menschen vor allem aus den Unterschichten.

Bild: Trauerzug
Bildtext: 20. Sept. 1971. Elliot Barkley wird von Black Panther- Genossen zu Grabe getragen. Barkley war bei einer Knast-Revolte in Attica mit 29 anderen Gefangenen (!) von der Polizei erschossen worden.)

Darunter ein hoher Anteil von "ausländischen" und nichtweißen Gefangenen. Dieser Zustand ist Ausdruck der kapitalistischen, rassistischen Klassengesellschaft. Menschen, die nicht mehr auf dem offiziellen "Arbeitsmarkt" benötigt werden, werden von den Herrschenden nach ihrer Klassenherkunft, Geschlecht, Hautfarbe und nationaler Herkunft gesellschaftlich ausgegrenzt. Die Konzernbosse und ihre Handlanger aus Wirtschaftsverbänden, Parteien und Medien beschipfen sie ganz gezielt als "Sozialschmarotzer", "Arbeitsunwillige" oder gar als "potentielle Kriminelle und Gewalttäter". Damit schaffen sie den Druck, um über staatliche Zwangsarbeit für die von regulären Arbeitsverhältnissen Abgeschnittenen, das hisherige Lohntarifgefüge zu zerschlagen. Gleichzeitig saniert der Staat auf Kosten der Armen seinen Finanzhaushalt. Durchaus vergleichbares gilt schon seit Jahren für diejenigen, die durch die gesellschaftlichen Verhältnisse in die "Kriminalität" gedrängt wurden. Sie dürfen ebenfalls Zwangsarbeit für ein paar Groschen leisten, allerdings hinter Gittern. Angesichts der real 7 Millionen Arbeitslosen, der zunehmenden Internationalisierung des Arbeitsmarktes und der technologischen Entwicklung erfährt das menschenverachtende Denken der herrschenden Klassen noch eine Steigerung. In den letzten 50 Jahren noch vorwiegend auf die Menschen der "3.Welt" bezogen, ist es vor allem unter deutschen Mittelschichtkarrieristen Mode nun von einer Uuml;berbevölkerung in der BRD zu reden.
FREUNDINNNEN UND FREUNDE, DIESEM PACK DIE FAUST INS GESICHT ! Daß auch Leute aus der proletarischen Klasse diesen üblen rassistisch gefärbten Dreck verbreiten, zeigt zum einen die anhaltend starke Wirkung, die die kapitalistisch, rassistische Ideologie auf die Herzen und Köpfe großer Teile der Bevölkerung hat, zum anderen welche Versäumnisse und Schwächen die bisherige Politik der mittelschichtdominierten Linken kennzeichnen, und, wie wichtig die praktische Umsetzung der klassenkämpferischen Parole "die Grenzen verlaufen nicht zwischen den Völkern - sondern zwischen Oben und Unten!" in unserem Lebensalltag ist.
Bild: Balkon eines Wohnsilos mit Transparent EAT THE RICH
Bildtext: an dieser stelle sei ein kleiner seitenhieb auf neu"linke" trends erlaubt. klaro, es ist modern und einfacher sich mit dem kampf der mexik. indianer zu "solidarisieren". der konflikt ist ja schön weit weg von hier, oder ewig über triple opression theorie zu faseln, und jeglichen bezug zu einer praktischen intervention in der hiesigen gesellschaft zu verlieren, oder nach aktuellster mode sich als tierrechtler-in zu organisieren, weil tiere keine bewußtsein besitzen, man-frau nicht mit ihnen reden und argumentieren muß, und trotzdem das gefühl bleibt etwas ganz edles zu tun. wie jämmerlich !!!!!!!!!

Die Forderung nach "Sicherheitsverwahrung" und Todesstrafe für "Kriminelle" wie in den USA werden unter deutschen Ober- und Mittelschichtler-innen (auch an den Stammtischen der Grünen Parteigänger- innen) langsam wieder konsensfähig. Dahinter steckt ihr Wissen, daß in der zugespitzten kapitalistischen Krise die bisherigen Integrations- und Korrumpierungsfähigkeiten des Systems nicht mehr ihre vorherigen Wirkungen entfalten können. Daraus resultiert ihre größte Angst daß zunehmend mehr Menschen aus der proletarischen Klasse anfangen sich selbst und die kapitalistischen Zustände zu hinterfragen, sich nicht mehr gegeneinander ausspielen und aufhetzen lassen, sondern bewußt ihre Wut und ihren Hass gegen die kapitalistische Unordnung richten und damit dem extrem ekelhaften egoistischen Lebensstil der oberen Klassen ein für alle mal ein Ende setzen, anstatt, wie oft bisher, ihn nur kopieren zu wollen. Weit über 1 ! Million Strafgefangene gibt es in den Knästen der USA, viele Millionen Menschen in den Armenvierteln auf dem Land und in der Stadt, die dort weitgehend vom mittelklassedominierten gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen "dahinvegitieren". Machen wir uns nichts vor, soche Tendenzen sind auch in Deutschland zu erkennen, wenn beispielsweise ständig neue Knäste gebaut werden und gleichzeitig immer weiter Gelder bei Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilfeempfänger-innen sowie Flüchtlingen eingespart werden!
Die proletarischen Jugendlichen, insbesondere die "ausländischen" unter uns, sind in einer besonders schwierigen Situation. Das fängt beim Finden einer Lehrstelle an und hört nicht beim Suchen einer eigenen Wohnung auf. Den Jugendlichen wird permanent über Eltern, Lehrer, Meister und Medien die "Werte" der kapitalistischen Todeskultur eingehämmert: Konkurrenz, da "Recht" des Stärkeren, Anerkennung und Selbstfindung durch Leistung und Konsum usw. . In unseren Stadtvierteln drückt sich das "Jede-r gegen Jede- r", gekoppelt mit dem Spüren der eigenen gesellschaftlichen Benachteiligung und Ausgrenzung, unter anderem in Auto- und Wohnungseinbrüchen in der proletarischen Nachbarschaft aus, oder in Gewalt untereinander, oft mit sexistischem und rassistischem Hintergrund. Hinzu kommen Probleme, wie Junk oder der zunehmend stärker werdene Einfluß von rechten nationalistischen oder islamischen Gruppen speziell unter den aus der Türkei oder Jugoslawien stammenden Jugendlichen.
Mit solch einem Hintergrund wirkliche Freundschaften, emanzipatorische soziale Beziehungen auf breiter Ebene aufzubauen, die ein Teil des Fundaments für die Neuformierung als international zusammengesetzte kämpfende Klasse bilden, ist alles andere als leicht. ABER FREUNDINNEN UND FREUNDE, HREN WIR ENDLICH AUF ZU JAMMERN !
Gegen die gegenwärtige Tendenz von Ohnmacht und Resignation sollten wir uns an solchen Menschen wie der in der Todeszelle sitzende Genosse Mumia Abu Jamal oder die im Hungerstreik gestorbene Genossin Gülnaz Baghistani orientieren.

Bild: Plünderung
Bildtext: Jugendliche plündern einen Kettenladen in East Harlem

Ihr Denken und Handeln, ihre Entschlossenheit und Unbeugsamkeit auch in schwierigster Situation geben Kraft und Zuversicht, um den Weg den wir eingeschlagen haben fortzusetzen. Mut macht auch das Verhalten, der wegen der Zeitung radikal Festgenommenen und ihrer Freund-innen, die sich nicht von den Bullen unterkriegen lassen, oder die Initiative der Passauer Jugendlichen, die nach den "Selbstmorden" ihrer vier Freund-innen nicht resignieren, sondern den Kampf für ein autonomes Jugendzentrum aufgenommen haben. Positive Beispiele hier im Land, wie international gibt es viele !

VON GAZIOMANPASA BIS KREUZBERG, VON PANAMA-STADT BIS SOUTHCENTRAL, L.A. - FÜR DEN KRIEG KLASSE GEGEN KLASSE !
K.G.K.

Bild: Vor einem zerstörten Haus rumstehende Nationalgardisten
Bildtext: Nationagardisten am Morgen des 6.4.1968 in Washington, als nach schweren Unruhen der schwarzen Bevölkerung ca. 60 Prozent der Stadt verwüstet waren.