medizinische untersuchungen

4. bericht von dr. meyer, mitglied der internationalen untersuchungskommission


auf bitten der internationalen untersuchungskommission erstellte deren mitglied, dr. h. j. meyer, neuro- psychiater in mayen (eifel), bundesrepublik deutschland, einen bericht zu den medizinischen tatsachen, den tod frau ulrike meinhofs betreffend. er hat ihn nach den vorliegenden gutachten und obduktionsfotos ausgearbeitet.

"meine aufgabe ist es, der iuk ueber die medizinischen tatsachen, die ueber den tod von frau ulrike meinhof vorliegen, zu berichten und daraus, soweit es moeglich ist, schlussfolgerungen zu ziehen. um irrtuemer vorzubeugen, muss ich zunaechst erklaeren, dass ich nicht gerichtsmediziner bin, sondern facharzt fuer neurologie und psychiatrie, und dass ich im laufe meiner aerztlichen taetigkeit mit spezifischen gerichtsmedizinischen fragen selten in beruehrung gekommen bin, ausser auf gebieten, in denen sich gerichtsmedizin und forensische psychiatrie ueberschneiden. ich musste diese arbeit uebernehmen, weil sich kein gerichtsmediziner fand, der diese zusammenfassung besorgt haette.

ich setzte die kenntnis der bisher erstellten gutachten voraus und erwaehnte einzelheiten und auch widersprueche nur, wenn sie von bedeutung erscheinen.

das uns vorliegende material besteht aus dem obduktionsbericht der professoren mallach und rauschke und dem bericht der nachobduktion von prof. janssen;die beiden gutachten sind nur vorlaeufig, weil eine anzahl von befunden aus untersuchungen mikroskopischer und anderer art, zu denen gewebematerial entnommen wurde, noch nicht mitgeteilt worden sind (*****). dadurch bleibt der medizinische tatbestand unvollstaendig und manche schlussfolgerungen koennen nicht oder nicht vollstaendig gezogen werden.

ausser den beiden gutachten ueber die allgemeinsektion liegt noch ein neuropathologisches gutachten von prof. peiffer vor, das als endgueltig zu betrachten ist, weiterhin die ergebnisse von prof. rauschkes rechtsmedizinischer leichenuntersuchung (3. 1) vom 9. mai 76, untersuchungen des landeskriminalamtes baden- wuerttemberg und untersuchungsbefunde des instituts fuer gerichtliche medizin in tuebingen.

alle drei gutachten kommen zu dem ergebnis, dass es sich bei ulrike meinhof um einen selbstmord durch erhaengen handelt. im gutachten mallach/rauschke wird woertlich ausgefuehrt:"die anordnung des haengens der leiche in der zelle, die anbringung und laenge des erhaengungswerkzeuges sowie die am auffindort und bei der obduktion erhobenen gerichtmedizinschen befunde entsprechen einer eindeutigen selbsterhaengung mit folgendem hergang:frau meinhof hat sichauf den unter dem fenster auf der bettmatratze stehenden stuhl gestellt, den handtuchstreifen unter dem kinn doppelt verknotet und den stuhl durch einen schritt ins leere verlassen, sodass sie frei am fenstergitter hing und bald darauf bewusstlos wurde und in folge erstickung starb. "

dazu ist folgendes zu sagen: - einen schritt ins leere konnte frau meinhof nicht tun, weil vor ihr die stuhllehne stand, die sie daran hinderte. - sie hing nicht frei am fenstergitter, da der linke fuss auf den stuhl aufgesetzt war. - ausserdem stuetzt sich dieses gutachten auf voellig falsche fakten:

das erhaengungswerkzeug (die schlaufe) war nicht, wie es im obduktionsbericht heisst 26 und 25 cm (51 cm) lang. tatsaechlich gibt prof. rauschke in seinem bericht von der rechtsmedizinischen leichenschau, die zwei stunden vor der obduktion stattfand, als mass zweimal 34 cm (68 cm) an. der strang ist also zwischen den beiden messungen verkuerzt worden.

die erstgenannte messung (51 cm) wurde vorgenommen, nachdem der strang beim herunternehmen der leiche durchgetrennt worden war. der schnitt wurde im abstand von 1 cm vom aufhaengepunkt am fenstergitter gemacht. die 26 und 25 cm sind also die masse der strangstuecke vom nicht geoeffneten doppelknoten bis zur schnittstelle. die zweitgenannte messung (68 cm), die vorgenommen wurde, waehrend die leiche noch hing, ist eine mit 2 multiplizierte (gerade) strecke:der abstand zwischen dem aufhaengepunkt des stranges am gitter und dem doppelknoten, der die schlaufe unter dem kinn zusammenschloss.

allerdings gibt dieses mass immer noch nicht die urspruengliche laenge der schlaufe an, denn es beruecksichtigt den tatsaechlichen verlauf der schlaufe um den hals nicht. um diese laenge zu erhalten, muss man an jeder seite bis zu 6 cm hinzurechnen, also bis zu 12 cm. die urspruengliche schlaufe mass also ungefaehr 80 cm (68 und 12 cm). in solch einer schlaufe wurde ulrike meinhof aufgehaengt.

indem man den gutachtern eine schlaufe von 51 cm umfang vorlegte, d. h. eine um einen anteil von 29 cm (80- 51 cm) verkuerzte schlaufe, hinderte man sie daran, ueberhaupt die problematik der aufhaengung von fraun meinhof zu erkennen und fuehrte sie in die irre. dadurch kamen mallach und rauschke zu ihrer darstellung des erhaengungsvorganges, die nur unter der voraussetzung, dass die schlaufe so kurz war, wie sie bei der sektion vorlag - 51 cm - , richtig war.

im gutachten von prof. janssen heisst es:

"nach den verwertbaren befunden der nachsektion handelt es sich bei frau meinhof um einen tod durch erhaengen. die befunde am hals, am kehlkopf, an den kopfnickermuskeln und an der vorderseite der wirbelsaeule fuehren zu der feststellung, dass frau meinhof zur zeit des erhaengens lebte. "

der dritte gutachter, prof. peiffer, direktor des instituts fuer hirnforschung der universitaet tuebingen sagte:

"diese (die strangulation, anm. d. ref. ) ist - da andere ursache fuer das eintreten des todes, jedenfalls von neuropathologischer seite nicht gefunden werden konnten - mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit die unmittelbare ursache des todes. "

die aufhaengesituation, der strick, seine laenge und die strangulationsmarke am hals von u. m. sind also fuer alle gutachter das entscheidende kriterium dafuer, dass u. m. durch erhaengen gestorben ist. ebenso wie janssen haben mallach und rauschke ausgefuehrt, dass frau meinhof zu beginn der erhaengung noch lebte, doch die beweise dafuer sind nicht stichhaltig:

- eine strangulationsmarke kann auch an der frischen leiche erzeugt werden.

- die fraktur des grossen zungenbeinhorns, die bei u. m. gefunden wurde, kann ebenso wie der abbruch der beiden schildknorpelhoerner, der auch bei u. m. festgestellt wurde, auch kurz nach tod noch erfolgen und zu blutaustritten in das umgebende gewebe fuehren.

- auch die kleinen blutungen im bereich der unteren ansatzpunkte der grossen kopfnickermuskel koennen noch kurz nach dem tod eingetreten sein.

nur die von janssen festgestellten kleinen bis gut hirsekopfgrossen roetliche fleckenbildungen unter den vorderen laengsbaendern im bereich des ersten und zweiten lendenwirbels sind mit grosser wahrscheinlichkeit intravital (******) entstanden, weil blutungen in diesem gewebe meist nicht mehr nach dem tod auftreten koennen. diese blutungen haben aber sicherlich eine andere ursache, als die begleitblutungen von frakturen und die anderen blutungen, die durch aeussere gewalteinwirkung entstanden sind. sie muessen nicht gleichzeitig entstanden sein, und es ist ganz unwahrscheinlich, dass sie von einer aussen an den koerper herangetragenen gewalteinwirkung stammen. ihre intra vitale entstehung beweist daher noch nicht, dass auch die anderen blutungen intravital entstanden sind. ein ueber alle zweifel erhabener beweis dafuer, dass ulrike meinhof bei ihrer erhaengung noch lebte, ist nicht erbracht worden. dagegen kann der nachweis erbracht werden, dass sie zu diesem zeitpunkt nicht mehr leben konnte.

eingangs wurde bereits darauf hingewiesen, dass die erhaengungssituation dadurch falsch dargestellt worden ist, dass man die schlaufe, in der ulrike meinhof hing, um 29 cm verkleinert hat. tatsaechlich wurde ulrike meinhof in eine schlaufe gehaengt, die einen umfang von 80- 82 cm hatte und demgemaess einen kreisdurchmesser von 26 cm. jedermann kann sich leicht davon ueberzeugen, dass eine schlaufe von diesem durchmesser leicht ueber den kopf gestreift werden kann und dass man den kopf ebenso leicht wieder herausziehen kann. tatsaechlich handelt es sich bei einer solchen schlaufe im prinzip um nichts anderes als um eine glissonschlinge, deren anwendung in der medizin sehr verbreitet ist und bei der keine gefahren bestehen. um sich in ihr zu erhaengen, muss man den kopf nach vorne nehmen und das kinn auf die brust fuehren, weil sonst die schlinge keinen halt fuer den koerper hat. diese kopf- und kinnhaltung kann man jedoch nur solange beibehalten, als man noch bei bewusstsein ist. mit eintritt der bewusstlosigkeit aber, sind willkuerbewegungen nicht mehr moeglich, der muskeltonus verschwindet in zunehmendem masse, und die so haengende person faellt aus der schlinge heraus, gemaess dem zug, den der haengende koerper auf den kopf ausuebt. der kopf wuerde nach hinten geneigt, die schlinge wuerde das kinn und den kopf ebenfalls nach oben druecken. damit waere eine fixierung der schlinge am hals nicht mehr moeglich. die schlinge wuerde auch keine strangilierungsmarke wie die, die bei u. m. bestand, hervorrufen koennen, denn sie liegt um den vorderen teil des halses und wuerde sich ueber den seitlichen halsteil frei hinwegspannen, weil sie auseinandergehen muss, denn sie wird um den hinterkopf herumgefuehrt. sie koennte wahrscheinlich noch nicht einmal zur drosselung der blutgefaesse fuehren.

ganz anders liegen die verhaeltnisse, wenn die schlinge nur einen umfang von 51 cm hat. dann kann der kopf nicht mehr durchgesteckt werden und ebenfalls nicht mehr herausfallen. der aufhaengepunkt liegt dann auch nicht mehr in der hoehe des hinterkopfes, sondern hinter dem hals, fuehrt tatsaechlich zu einer tiefen strangmarke auch seitlich am hals. dieser eindruck wurde den gutachtern auch durch die verkuerzung des schlaufenumfanges erweckt. er entspricht aber nicht den tatsaechlichen gegebenheiten.

die aufhaengung in einer so weiten (80- 82 cm) schlinge ist nach dem oben ausgefuehrten nicht nur ein wenig taugliches mittel zur erhaengung eines menschen, sondern ist auch nicht geeignet dazu, eine leiche stundenlang in der haengelage zu halten, denn sie wuerde nach den gleichen physikalischen gesetzen aus der schlinge herausfallen wie der lebende mensch, soweit er bewusstlos ist. eine einigermassen sichere aufhaengung ist nur dann moeglich, wenn man die totenstarre dazu benutzt, den kopf in eine haltung zu bringen, durch die die schlaufe nicht mehr abgestreift werden kann. man muss dazu den kopf ganz leicht nach vorne nehmen und vor allem das kinn auf die brust fuehren, sodass kinn und hals eine rinne bilden, in der der strick liegen kann, ohne den kopf herauszuwerfen. mit hilfe der totenstarre lassen sich die kopfhaltungen imitieren, die es dem lebenden, noch nicht bewusstlosen menschen auch ermoeglichen, in der schlinge zu haengen. diese erhaengung ist einigermassen stabil, solange die totenstarre anhaelt, kann aber in der zeit der tonuserschlaffung vor eintritt der leichenstarre nicht bestanden haben. im fall der u. m. scheinen denen, die sie erhaengt haben, auch zweifel an der stabilitaet der aufhaengung gekommen zu sein. jedenfalls haben sie die aufhaengung dadurch stabiler gemacht, dass sie den linken fuss der leiche auf den vor ihr stehenden stuhl aufsetzten. in der leichenstarre wirkt das ausgestreckte bein wie ein holzstab, mit dem man ein darueberliegendes gewicht stuetzen kann. dadurch wurde ein teil des koerpergewichts abgestuetzt und die zugkraft des haengenden koerpers vermindert. weiterhin wurden die schultern der leiche nach vorne genommen, sodass das gegengewicht gegen die zugkraft vergroessert wurde. dass das linke bein erst im zustand der leichenstarre auf den stuhl gesetzt wurde, erkennt man daran, dass der fuss in seiner normalen haltung geblieben ist. haette er unmittelbar nach dem tode bereits so gestanden, dann waere im stadium der tonusaufhebung der fuss umgeknickt und durch die leichenstarre in dieser haltung fixiert worden. das war aber nicht der fall.

in dem arrangement von leiche, stuhl und stuhlunterlagen hat der stuhl eine stuetzfunktion fuer die leiche. das erkennt man auch daran, dass ausser der matratze noch wolldecken unter den stuhl gelegt wurden, damit das podest die genuegende hoehe fuer das linke bein bekam. dass diese stuetzfunktion auch wirkte, erkennt man im uebrigen auch daran, dass die rechte stuhlseite deutlich tiefer steht als die linke, neben der der rechte fuss herunterhaengt.

was das erhaengungswerkzeug selbst betrifft, erscheint es ganz klar, dass ein strang von solcher laenger (80 cm fuer die schlaufe, ohne den doppelknoten und die beiden freien enden mitzurechnen, die fuer unsere darstellung nicht erwaehnt zu werden brauchten) nicht aus einem streifen, der von einem handtuch von 75 cm laenge abgerissen worden war, ohne eine naht hergestellt werden konnte. dies ist ein weiterer punkt, in dem die offizielle berichterstattung fragwuerdig ist. und das zerschnittene handtuch sowie seine lage ueber dem fensterrahmen unmittelbar links von der leiche hatten ja wohl den zweck, bei der auffindung der leiche den eindruck des selbstmordes zu verstaerken. dieser eindruck wuerde sofort durch die kenntnis der masse des strangwerkzeuges zerstoert.

merkwuerdigerweise hat niemand daran gedacht, die laenge des strangwerkzeuges zu messen. rauschke begnuegte sich mit der messung eines abstandes. bei keiner amtliche erwaehnung der masse des strickes wird eine stricklaenge genannt, die groesser als 73 cm ist.

die tendenz, die mit dem abschneiden des handtuches verfolgt wurde, stimmt also mit der ueberein, die bei den massangaben der amtlichen berichte zu erkennen ist. auch bei der aufmerksamen lektuere eines solche berichtes vergegenwaertigt sich der leser die tatsaechliche stricklaenge nicht, wenn ihm nur ein teilmass angegeben wird, das er zu einem anderen teilmass adieren muesste, um die wirkliche laenge zuerfahren.

aus der tatsache, dass in der zelle von ulrike meinhof eine gluehbirne in der schreibtischlampe gefunden wurde, wurden keine konsequenzen gezogen. so wie die sache dargestellt wird, hat man die vermutung, dass u. m. die gluehbirne versteckt und in der nacht benutzt hatte.

in stammheim besteht die anordnung, dass die gefangenen abends, wenn es dunkel ist, gluehbirnen und leuchtstoffroehren aus den lampen entfernen und um 22h beim wachpersonal abgeben. am naechsten morgen, wenn es hell ist, bekommen sie diese gluehbirnen dann zurueck. diese anordnung, in der die absurditaet zum prinzip erhoben ist, ist auch am abend des 8. mai 1976 befolgt worden. wenn man nun behaupten will, dass die gluehbirne, die am naechsten morgen gefunden wurde, von u. m. in die lampe eingeschraubt worden sei, dann muss man diese behauptung erhaerten. es hat in der vergangenheit schon mehrfach zellendurchsuchungen bei ihr gegeben. wenn sie eine gluehbirne versteckt gehabt haette, haette man sie doch einmal entdecken muessen. ist das nicht der fall, dann muss doch ernsthaft diskutiert werden, ob die gluehbirne nicht von einem dritten in die lampe eingeschraubt worden ist. der verdacht, dass es so sei, ist umso groesser, als u. m. sich nachts ja licht durch das fernsehgeraet beschaffte. ein fremder aber, der nachts in der zelle hantierte, waere auf lampenlicht mehr angewiesen. hinzu kommt, dass ulrike meinhof - angenommen, dass sie es gewesen waere, die die gluehbirne in die lampe schraubte - die lampe im entscheidenden augenblick nicht benutzt haette, d. h. in dem augenblick als sie, um sich zu erhaengen, den wegen der nachgiebigen unterlage (matratze und decken) sehr wackeligen stuhl bestieg. tatsaechlich war das licht am morgen des 9. mai 1976 ausgeschaltet.

die tatsache, dass eine birne in die lampe eingeschraubt war, spricht also eher fuer die anwesenheit eines dritten als fuer die urheberschaft von u. m. die anwesenheit eines dritten in der nacht ist mit der selbstmordtheorie nicht vereinbar. fuer die vernichtung der fingerabdruecke auf der gluehbirne bestand fuer u. m. ueberhaupt kein anlass.

die frage nach einem selbstmordmotiv bei u. m. verschiebt das tatsaechliche problem auf eine frage, die gar nicht beantwortet werden kann. jeder, der sich mit der suicidalitaet des menschen beschaeftigen muss, weiss, dass diese frage durch reine verhaltensbeobachtung nicht zu klaeren ist. man muss die moeglichkeit der exploration haben, um etwas einigermassen verbindliches sagen zu koennen, und selbst dann kann man die frage nach der suicidalitaet nicht mit sicherheit beantworten.

das problem der ulrike meinhof ist jedoch ein anderes.

es besteht nicht in der frage, ob sie selbstmordmotive hatte, sondern in der, warum sie keinen abschiedsbrief geschrieben hat. das fehlen des abschiedsbriefes ist ein entscheidender faktor. dieser spricht m. e. entschieden gegen selbstmord und steht auch im gegensatz zu allem, was wir sonst ueber sie wissen. sie hatte ihre ueberzeugung nicht aufgegeben, wusste, dass sie noch anhaenger hatte, und es ist unvollstellbar, dass sie, ohne diesen ein erklaerendes wort zu hinterlassen, aus dem leben geschieden waere. ebenso haette sie ihrer schwester eine nachricht hinterlassen, die das bei einer frueheren gelegenheit gesprochene wort:"wenn du hoerst, ich haette mich umgebracht, dann kannst du sicher sein, es war mord !" zurueckgenommen haette. ein anderes verhalten steht in vollkommenem gegensatz zu allem, was sie sonst gesagt und getan hat.

was wir ueber ihr verhalten in den letzten tagen gehoert haben, spricht nicht dafuer, dass die von prof. peiffer festgestellten anatomischen "elemente einer pseudoencephalitis wernicke" klinisch bei ihr bestanden haben. ich verweise darauf, dass ohnehin und gerade bei der pseudoencephalitis wernicke zwischen anatomischen und klinischem befund eine erhebliche diskrepanz bestehen kann. dafuer, dass ulrike meinhof an einer krankheit litt, die durch zunehmende bewusstseinstruebung, konfabulation, schwere merkfaehigkeitsstoerungen, stoerungen der peripheren nerven und gleichgewichtsstoerungen gekennzeichnet ist, liegt kein anhalt vor.

zusammenfassend koennen wir feststellen:

. . .
die gutachter, die den tod durch erhaengen bejaht, wurden durch die vorlage eines um ca. 29 cm verkleinerten strangwerkzeuges getaeuscht. die tatsaechliche erhaengnungssituation und deren problematik stellte sich ihnen gar nicht. die problematik dieser erhaengungssituation aber besteht darin, dass die erhaenung in einer schlaufe, die so gross ist, dass man sie zwanglos ueber den kopf stuelpen kann, kaum moeglich ist, weil der kopf der erhaengten wieder aus der schaufe herausfaellt. im allgemeinen wird er nicht laenger in der schlaufe haengen, bis eine bewusstlosigkeit eingetreten ist. auch eine leiche kann in diesem zustand nicht ueber stunden haengen.

eine aufhaengung der leiche kann nur dann in solch einer schlaufe erfolgen, wenn dazu die totenstarre benutzt wird. in diesem fall ist es auch moeglich, die last des koerpers teilweise auf das linke bein zu verlagern, wie es bei ulrike meinhof geschehen ist. es ergibt sich also aus der aufhaengsituation, dass diese erst nach eintritt des todes und des totenstarre arrangiert werden konnte. es handelt sich um eine gleichsam fixierte situation bei der aufhaengung eines lebenden.

aus verhaltensweisen allein kann nicht auf eine suicidalitaet geschlossen werden. das problem bei ulrike meinhof ist auch nicht, ob sie selbstmordmotive hatte, das problem heisst vielmehr, warum sie keinen abschiedsbrief hinterlassen hat. es ist ausgeschlossen, dass ulrike meinhof einen selbstmord begangen haette, ohne einen abschiedsbrief zu hinterlassen. "

nadir start
 
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Wed Apr 16 12:31:47 1997