Das Ende unserer Politik Januar 1992
Wir sollten akzeptieren, daß diejenigen, die ihr
Terroristen nennt, von sich aus und ohne daß man sie darüber aufklärt,
erkennen, daß ihr physisches Dasein und ihre Ideen nur kurze Blitze sein
werden in einer Welt undurchdringlicher Prachtentfaltung. Fulminant
Saint-Just18 wußte um seine Fulminanz, die Black Panther wußten um ihre
Brillanz und um ihr Verlöschen, Baader und seine Gefährten sagten den Tod
des Schahs von Persien voraus; auch die Fedajin sind Leuchtspurgeschosse,
die wissen, daß ihre Flugbahn augenblicklich erlöschen wird.
Jean Genet, Ein verliebter Gefangener19
Unsere Möglichkeiten, genau das auszudrücken, sind schlichter. Hätten wir beizeiten das Gefühl für Leuchtspurgeschosse gehabt, wäre vielleicht der Vorgang der Selbstauflösung unserer Gruppe entschiedener verlaufen.
Wir haben nach unserer Aktion gegen die Düsseldorfer Staatskanzlei und das Sozialministerium im Januar 1991, die erfolglos blieb und von einer Reihe eigener, gravierender Fehler begleitet war, unsere bisherige Form des militanten Widerstands in der Region aufgegeben. Die Januar-Aktion richtete sich, wie unsere meisten Aktionen davor, gegen die staatliche Flüchtlingspolitik und vor allem gegen die unerhörte Behandlung der Roma durch die NRW-Landesregierung.
I. Wir ziehen heute die Konsequenz aus der Erkenntnis, daß die Form und Struktur unseres Kampfes Ausdruck einer bestimmten Phase der Entwicklung der gesellschaftlichen Widersprüche in der BRD nach 1968 war, die unwiderruflich mit dem Zusammenbruch des Realsozialismus und den darauffolgenden Zersetzungsprozessen, der deutschen Wiedervereinigung und der im zweiten Golfkrieg skizzierten Neuen Weltordnung ihr Gepräge verändert haben. Mit dem neuen Projekt Großdeutschland sind die sozialen Widersprüche die hier ständig reproduzierten und die nach außen, in die europäische Peripherie und in die Ausbeutungs- und Hungerzonen der Trikont-Länder verlagerten bestimmt nicht weniger scharf geworden. Die objektive Analyse dessen, was seit 1989/90 historisch gelaufen ist, der endgültige Sprung Deutschlands zur Weltmacht, die Ausrichtung eines deutschen Europa auch nach Osten hin und die Neue Weltordnung für die 90er Jahre mit ihrer sozialen und militärisch-strategischen Seite, erforderte im Grunde eine ganz andere Stufe der Organisierung des militanten und revolutionären Widerstands. Aber wir können das nur noch als leeren Anspruch formulieren. In Wahrheit sind wir von der Geschichte überrollt worden.
Die Bedingungen linksradikaler Politik in der BRD haben sich innerhalb kürzester Zeit vollkommen verändert. Der Wandlungs- und Auflösungsprozeß der Linken insgesamt wie der politischen Szene, aus der heraus und in Bezug auf die wir in erster Linie operiert haben, ist vielleicht nur ein nebensächliches Produkt dieser Veränderung. Aber unsere Politik war prinzipiell auf diese öffentliche Ebene angewiesen, und wir können nicht stellvertretend für eine historische Tendenz in der BRD seit Anfang der 70er Jahre weitermachen, wenn alles wegbricht. Unsere eigenen Aktionen der letzten Jahre sind im luftleeren Raum verlaufen, waren nicht mehr Bestandteil einer breiteren sozialen Praxis. Unser Koordinatensystem
bewaffnete Opposition Vermittlung Verankerung Vermassung stimmt nicht mehr, der Bezugsrahmen hat sich verschoben, Verhältnisse haben sich aufgelöst. Der Kampf gegen die Kolonialisierung der Köpfe, den wir auf unsere Fahnen geschrieben haben, wird sich in anderen Formen abspielen müssen, wenn wir den Schluß aus dieser Verschiebung ziehen. Denn wir sind weder bereit, unsere Politik ohne jeden Anspruch auf eine Wechselbeziehung zwischen legalen und illegalen Kampfmethoden fortzuführen, was ja auch heißt
ohne Kontrolle, noch
wollen wir für unsere Vorgehensweise eine Gültigkeit unabhängig von jeder
konkreten historischen Situation behaupten, nur weil uns außer der einmal
getroffenen Entscheidung für diese Politik nichts besseres einfällt. Wenn
wir politische Subjekte bleiben wollen, sind wir gezwungen, uns etwas
anderes auszudenken.
Das Ende unserer Politik vollzieht sich im Zusammenhang einer Neugestaltung
nationaler und internationaler Kontexte und einer Radikalisierung des
Imperialismus, deren Ergebnisse wir nicht kennen. Sicher ist nur, daß die
weltweiten Migrationen der wichtigste Indikator dieser Entwicklung sind und
daß sie die Metropolenländer mehr als bisher unmittelbar berühren und
beeinflussen werden. Was in den Metropolen künftig an Revolten oder
Anpassungsprozessen entstehen wird und wo die Bruchlinien liegen werden ist
noch weitestgehend unausgemacht. Die Kämpfe und Aneignungsformen im
proletarischen Spektrum, in den Subschichten der jugendlichen
ImmigrantInnen, der sozial entrechteten Frauen, der Opfer der Deregulation
im Osten, erscheinen uns bisher undurchschaubar, weil wir mit Bildern
konfrontiert werden, in denen wir das Wesen der Emanzipation der Klasse
nicht erkennen, und weil unser analytisches Instrumentatium nicht
ausreicht, um hinter den Erscheinungsformen die Bedeutung der Kämpfe zu
entziffern. Es bleibt daher nichts anderes übrig, als sich dem historischen
Prozeß zu stellen, ohne auf die hierarchisch-patriarchalischen,
antik-kommunistischen Politikmuster und Organisationsmodelle
zurückzugreifen und ohne vorschnell neue Ideologien zu produzieren, die der
völlig offenen Situation schon wieder ein Korsett anpassen und vorhandene
Widersprüche zugunsten einer monokausalen Weltsicht glätten würden.
II. Beginnen wir damit, nachdem unser Versuch, zur Entwicklung einer revolutionären Situation in der BRD beizutragen, obsolet geworden ist, nach einigen Ursachen zu fragen, die das Ende unseres Bemühens markieren. Vielleicht erhalten wir auf diese Weise, wenn wir die Phasen und Wendepunkte in unserer Politik rückwärts betrachten, einen Schlüssel für eine neuerliche Partizipation an gesellschaftlichen Konflikten.
In den 80er Jahren haben wir in der Region eine militante Politik zu vertreten und zu entfalten versucht, die immer auf dem Prinzip der Verankerung und Vermassung aufgebaut war Verankerung in einem aktiven linksradikalen Umfeld und womöglich in sozialen Konflikten, die über diese linksradikale Szene hinausgingen. Die mit unseren Aktionen und Erklärungen verbundenen thematischen Vorschläge
eine konsequent antirassistische und
internationalistische Orientierung zur Unterstützung des schwarzen
Befreiungskampfes in Südafrika, dann verstärkt unsere Kampagne gegen die
imperialistische Flüchtlingspolitik und ihre staatlich-administrativen
Durchsetzungsorgane diese Vorschläge sollten politisch orientierend
wirken, ohne uns in eine avantgardistische Position gegenüber dem legalen
Teil des Widerstands zu bringen.
Spätestens am Ende der Flüchtlingskampagne, nach dem 18.12.1987, und bei
der Wiederaufnahme unserer Angriffe zur Unterstützung der Roma ab 1989,
wurden wir uns unserer Isolierung bewußt. Die fehlende Verankerung in
unserem politischen Umfeld ließ sich nicht länger mit vereinzelten
Zustimmungsritualen aus der Szene kaschieren. Der 18.12.1987 zur
Erinnerung: Der Schlag des BKA gegen Zusammenhänge, in denen die auch von
der Roten Zora und uns aufgegriffenen anschlagsrelevanten Themen wie
Gentechnologie und Flüchtlingspolitik bearbeitet wurden hat uns gezeigt,
wie weit dieser Beziehungsverlust fortgeschritten und wie dünn unsere
Decke damals bereits war. Obwohl dem Staat der Angriff reichlich mißlang in
Bezug auf konkrete, unmittelbare Erfolge, tat die Androhung der
Kriminalisierung anschlagsrelevanter Themen doch ihre Wirkung. Die
öffentliche Linke war nicht dazu bereit (und wir hatten zu diesem Zeitpunkt
ebenfalls darauf verzichtet), die inkriminierten Themen offensiv
weiterzuführen und damit unseren Anteil an der Kampagne gegen
Gentechnologie und Flüchtlingspolitik zu verteidigen. Stattdessen bezog
sich die zeitweilig breite Unterstützung fast ausschließlich auf die
Repressionsopfer, nicht auf unsere Politik. Die Orientierung auch der
linksradikalen Szene weg von der thematischen Arbeit auf den unmittelbaren
Repressionsaspekt trug zum weitgehenden Zusammenbruch der bestehenden
legalen politischen Strukturen bei, auf die wir angewiesen waren. Bei uns
selbst wurde die Beschäftigung mit dem 18.12. ebenfalls zum Politikersatz,
und dies führte schließlich zu einer fast vollständigen inneren Paralyse
der gesamten RZ. Um es noch einmal klar zu sagen: Wir sind uns heute
sicher, daß nicht die Repressionswelle des 18.12. unserer Politik das
Genick gebrochen hat, sondern daß das BKA zu einem Zeitpunkt eingegriffen
hat, in dem die Vermittlung unserer illegalen Aktionen jedenfalls im
Bereich der Flüchtlingspolitik in eine breitere linke bis linksradikale
Öffentlichkeit zunehmend zum Problem wurde.
Die letzten drei Jahre, als wir versuchten, thematisch an die
Flüchtlingskampagne anzuknüpfen und in die Auseinandersetzung zwischen den
NRW-Behörden und den von rassistischer Sonderbehandlung und Abschiebung
bedrohten Roma einzugreifen, wurden wir nur noch von der Frustration
heimgesucht, daß unsere Aktionen von den öffentlichen Solidaritätsgruppen
entweder nicht zur Kenntnis genommen oder in der politischen
Auseinandersetzung mit der Landesregierung nicht verwertet wurden. So blieb
u.a. unsere auf krimineller Beschaffung beruhende Publikation der
Zigeunerakten20 der Kölner Anlauf- und Beratungsstelle nahezu ohne
Resonanz, obwohl sie genau zu dem Zeitpunkt erfolgte, an dem der Konflikt
zwischen den Roma bzw. ihren UnterstützerInnen und der
Rau21-Heinemann22-Schnoor23-Administration eskalierte.
Es war das eingetreten, was wir unbedingt vermeiden wollten: Wir waren
allein, ohne Austauschmöglichkeiten, so daß sich die Motivation für die
bewaffnete Intervention nur noch aus dem reinsten Subjektivismus zu speisen
begann. Ein Zustand, den wir als Tod von Politik begreifen und als
Einfallstor für Beliebigkeit und Terrorismus.
Die Schwäche unseres Engagements im Roma-Konflikt wurde vollends
offensichtlich, als es uns nicht gelang, andere Gruppen aus unserem
Zusammenhang auf eine gemeinsame Stoßrichtung zu verpflichten. Mit dem
Vorschlag, angesichts der nationalistischen Neuformierung Deutschlands der
im Bündnis zwischen Staat und Mob organisierten Hetze gegen Ausländer und
der sozialtechnischen Inszenierung von Flüchtlings- und
Zigeunerproblemen im Jahr 1990 alle Kräfte der RZ auf die Ingangsetzung
einer breiten, antirassistischen und internationalistischen Kampagne zu
lenken, sind wir nicht durchgekommen. Teile des Zusammenhangs der RZ waren
und sind der Ansicht, mit einer neuen, antipatriarchalen Orientierung das
politische Defizit zu füllen und die RZ über eine Durststrecke bringen zu
können, ohne sie grundsätzlich in Frage zu stellen. Unsere Gruppe konnte
und wollte umgekehrt die Ausrichtung der gesamten Politik auf das Thema
Antipatriarchalismus nicht hinnehmen. Obwohl wir uns über die absolute
Notwendigkeit dieser Diskussion im klaren sind, erschien uns der Stand der
Auseinandersetzung nicht ausreichend, die Theorielücken waren zu groß, die
denkbaren Beziehungen zwischen legalen und illegalen Kampfformen zu
unausgegoren, als daß wir daraus eine bewaffnete Politik hätten ableiten
können. (Das einzige Papier, das in diesem Zusammenhang veröffentlicht
wurde Was ist das Patriarchat? fiel internen Spannungen zum Opfer und
reichte nicht als Ausgangspunkt für eine weiterführende Klärung in unseren
Reihen.) Historisch gesehen, hätten wir vielleicht einen emanzipatorischen
Beitrag zur Patriarchatsdiskussion leisten können, wenn es uns gelungen
wäre, mit den Frauen der Roten Zora eine gemeinsame Politik zu entwickeln,
anstatt ihnen durch unsere Ansichten und unser Verhalten die Trennung von
uns nahe zu legen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Kurzum: In der bisherigen Entwicklung der RZ-internen
Patriarchats-Diskussion, an deren männlichem Elend wir mitverantwortlich
sind, erkennen wir keinen politikfähigen Ansatz: Wenn dann noch der Mann
als Täter in den Vordergrund rückt, Kontemplation Politik ersetzt und im
Verzicht auf männliche Definitionsmacht politische Enthaltsamkeit geübt
wird, begreifen wir die ganze Richtung eher als Selbstentmündigung und
Entpolitisierung, denn als Beitrag zur Neubestimmung sozialrevolutionärer
Politik. Jedenfalls hilft der Antipatriarchalismus nicht über das
dringlichste Problem, über die fehlende Bedingung hinweg, daß der militante
Widerstand und der bewaffnete Kampf, so wie wir ihn zu entwickeln versucht
haben, eine Angelegenheit von immer weniger Leuten geworden ist und keine
soziale Basis mehr zu haben scheint.
Den politischen Rest bekamen wir, als die Linke in der BRD/DDR sich
außerstande sah, auf den Wiedervereinigungsprozeß und seine Folgen zu
reagieren. Mit diesem Nichtverhalten, mit dem Verzicht auf die Formulierung
von Alternativen und der totalen Unfähigkeit, dem aufkeimenden
Nationalismus auch nur theoretisch eine internationalistische Perspektive
entgegenzusetzen, trat die Linke als innenpolitischer Faktor ab. Aber auch
die RZ haben sich durch anhaltende Passivität endgültig aus dem
historischen Prozeß hinauskatapuliert. Zu den entscheidenden Ereignissen,
die wie es scheint, die 90er Jahre prägen werden, zur deutschen Hegemonie
in Europa, zum Golfkrieg (einschließlich der damit in diesem Land
verbundenen politischen Debatte und der Veränderung der Koordinaten der
Linken) und zum Zerfall des Realsozialismus konnten wir keine klärende
Position finden. Auch die von uns benutzten antiimperialistischen oder
sozialrevolutionären Erklärungsmuster haben gegenüber dem historischen
Wandel versagt.
Wir sind in den Strudel der Auflösung linker Utopien und kommunistischer
Systeme geraten, obwohl wir aus unserer politischen Geschichte heraus
meilenweit von dem entfernt waren, was jetzt als Realsozialismus zurecht
Bankrott gegangen ist. Daß die bolschewistisch verstaatliche Form des
Kommunismus eben nichts als eine Herrschaftsform war, haben wir immer
gesagt, und unsere eigene Praxis zielte perspektivisch nie auf irgendeine
Machtfrage, sondern auf die Entwicklung und Verbreiterung sozialer
Selbstbestimmungsrechte von unten her. Trotzdem fällt uns dieser Bankrott
auf die Füße, wir können nicht so tun, als gingen uns die Perversionen des
zur Macht gekommenen Kommunismus nichts an. Eine Perspektive auf soziale
Befreiung, zumal eine revolutionäre Perspektive in den europäischen
Metropolenländern, wird künftig verdammt schwer zu begründen sein. Dafür
reicht der abstrakte Bezug auf den auch nach dem globalen Sieg des
Imperialismus fortexistierenden Widerspruch der millionenfachen Verarmung
und Verelendung nicht aus. Erst wenn sich erwiesen hat, daß die albanischen
Flüchtlinge in Italien 1991 nur die Vorboten einer Unterminierung der
Festung Europa gewesen sind, werden auch hier die Verhältnisse wieder zu
tanzen beginnen. Im Moment sehen wir jedenfalls nicht, wie die Fortsetzung
von bewaffneten Aktionen ein Ersatz für eine fehlende politische
Perspektive der Verbreiterung und Vermassung revolutionärer Politik in der
BRD sein kann. Die Form und das Mittel des bewaffneten Kampfs, das wissen
wir selbst ziemlich genau, wird leicht zum Selbstzweck, zum Ersatz für
politische Strategien.
III. Heute vermuten wir, daß bereits mit der Entscheidung für die Flüchtlingskampagne Mitte der 80er Jahre und mit dem Versuch einer Annäherung an die sogenannte Soziale Frage unsere Abkapselung in ein irreversibles Stadium eingetreten war obwohl wir das Gegenteil hatten erreichen wollen. Wir hofften damals, mit der Thematisierung der neuen Klassenzusammensetzung und der Ausgrenzung des unteren Armutsdrittels einen Weg gefunden zu haben, uns einem möglichen revolutionären Subjekt annähern und seine Kämpfe vorwegnehmen zu können. So sollte die Reduzierung und Orientierung auf die Teilbereichsbewegungen (AKW, Häuserkampf) überwunden werden, in denen wir uns zusammen mit der autonomen Linken seit Ende der 70er Jahre engagiert hatten. Wir waren mit unserer Fixierung auf diese Teilbereichskämpfe in eine Krise geraten, denn die Hoffnung, sie als Keimformen einer allgemeinen sozialen Umwälzung interpretieren zu können, hatte sich als Fehleinschätzung erwiesen.
Hinzu kam der Versuch, mit der Formulierung eines konkreten
Antiimperalismus die Verkrustungen und die Eindimensionalität des
vorherrschenden linken Internationalismus jener Jahre aufzubrechen. Wir
haben in der Verbindung von sozialer Thematik und Flüchtlingskampagne
Möglichkeiten gesehen, einen neuen Handlungsspielraum für internationale
Solidarität in den Metropolen selbst zu eröffnen.
Was wir damals nicht richtig begriffen oder wofür wir jedenfalls keine
Lösung parat hatten, war die in dieser Kampagne zum ersten Mal in aller
Schärfe auftretende Trennung zwischen Thema (Flüchtlinge) und Adressat
unserer Propaganda (linksradikale Szene). In den Flüchtlingen sahen wir die
in die Metropolen reichende Verlängerung eines weltweiten
Aneignungskampfes, VertreterInnen eines Weltproletariats, gegen die die
staatlichen Ausländer- und Sozialbehörden exemplarisch Sondermaßnahmen
ergreifen, die auch für Teile der metropolitanen Klasse bestimmt sind. Zwar
hatten wir nicht die Hoffnung, daß sich rasche Verbindungslinien zwischen
Flüchtlingen und hiesigen proletarisierten Schichten ergeben würden, die
eine rassistische Spaltung überwinden könnten. Aber wir phantasierten den
Willen der Flüchtlinge, in den Metropolen ihren Anteil am
gesellschaftlichen Reichtum und an existentieller Sicherheit einzuklagen,
als direkten antiimperialistischen Kampf, verbunden mit trikontinentaler
Widerstandserfahrung und damit als ein mögliches Terrain unserer eigenen
Politik. Als die Kämpfe in dieser Form ausblieben, auf die wir hätten Bezug
nehmen wollen (wobei wir die vielen reformistischen Forderungen von
Asylsuchenden leicht übersahen), kompensierten wir dies mit der Analyse der
staatlichen Flüchtlingspolitik und mit Angriffen auf deren zugängliche
Agenturen. Wir machten die Sache der Flüchtlinge zu der unsrigen, ohne auf
ihre Subjektivität und Erwartungen Rücksicht zu nehmen, ja ohne sie zu
kennen. Diese Flüchtlingspolitik ohne Flüchtlinge ergab sich scheinbar
notwendig, sie entsprang unseren Erfahrungen aus der öffentlichen
Flüchtlingsarbeit und sie war theoretisch begründet in der Einschätzung der
Rolle des Staats gegenüber der Migration. Aber wir vergaben uns damit die
Chance eines wirklichen Zugangs zur Sozialen Frage, vielleicht weil wir
ahnten, mit den Problemen, die ein solcher Schritt nach sich ziehen würde,
als illegale Gruppe überfordert zu sein, und weil es damals keinen
Transmissionsriemen in der Linken zu den Flüchtlingen gab. Die
Einbahnstraße entstand also dadurch, daß wir in dem Versuch der Verknüpfung
von sozialer und Flüchtlingsthematik die alten Teilbereichsbewegungen
verließen, um wieder eine umfassende, auf gesamtgesellschaftliche Umwälzung
zielende Perspektive zu gewinnen; daß wir aber weder die eigene
Organisationsform noch die bisherigen Methoden und Objekte unserer Angriffe
in Frage stellten und vor allem den Adressatenkreis unserer Politik, das
linksradikale Milieu, nicht verließen oder ausweiteten.
Inzwischen kann die Linke bzw. das, was von ihr übrig ist, durch die
unaufhörliche Verschärfung der staatlichen Flüchtlings- und
Ausländerpolitik und die neuerlichen rassistischen bergriffe die
bedrohliche Situation von Flüchtlingen in der BRD nicht weiter verdrängen.
Sie hat sich der Notwendigkeit gestellt, zumindest ein Bleiberecht zu
verteidigen. Paradoxerweise geschieht das zu einem Zeitpunkt, in dem wir
selbst mit unseren Bemühungen in dieser Richtung vollkommen isoliert
sind.
IV. Bisher haben wir uns darauf beschränkt, den Verlust unserer Bezüge und das daraus entstandene Mißverhältnis zwischen unserem revolutionären Anspruch und der tatsächlichen politischen Entwicklung als Begründung für unser Aufgeben zu benennen. Das Problem stellt sich grundsätzlicher. Die Frage muß lauten
Kann eine Formation wie die RZ mit ihrem Eigenverständnis von Verankerung und Vermassung und mit dem Einsatz bestimmter, eingeschränkter Kampfmittel ihren politischen Zielen auf Dauer gerecht werden ?
Die RZ entstand Anfang der 70er Jahre, als die Diskussion über
revolutionäre Gewalt noch breit geführt wurde und nicht tabuisiert war.
Bewaffneter Widerstand wurde wenn auch nur von wenigen praktiziert von
vielen als legitimer Kampf begriffen, der weltweit die Dynamik der
Klassenauseinandersetzungen bestimmte. Die bewaffneten Gruppen waren in der
Selbsteinschätzung der Linken ein Teil des revolutionären Spektrums. In den
Fabrikkämpfen Anfang der 70er Jahre, den Häuserkämpfen, der Jugend- und
Randgruppenbewegung und besonders bei den sich entwickelnden Kämpfen der
Frauenbewegung zeigten sich Ansätze für soziale Umwälzungen in den
Metropolen. Die Erfahrungen der lateinamerikanischen Guerilla als
notweniger Bestandteil der Massenbewegung auf dem Weg zur Revolution hatten
auch für die Metropolenkämpfe jener Jahre einen zentralen Stellenwert. Sie
wurden nach hierher übertragen, und der Sturm auf das Hauptquartier
schien im Bereich des Möglichen zu liegen.
Erst die massive staatliche Repression führte zu den bekannten
Entsolidarisierungsprozessen. Der Deutsche Herbst 1977, die
Anti-AKW-Bewegung und die Orientierung der Spontis24 später der Autonomen
auf die Teilbereichsbewegungen beendeten diese Phase. Nach der Repression
1977 gegen unsere Organisation verbanden die RZ ihr politisches Schicksal
mit den jeweils aktuellen Konjunkturen der Teilbereichskämpfe, zogen ihnen
quasi hinterher, ergänzten sie und sahen in ihnen die neuen Keimformen der
Revolte. Sie gingen über die beschränkten Ziele der Teilbereichskämpfe
insoweit hinaus, als sie an einer grundsätzlichen revolutionären
Orientierung festhielten. In dieser Phase gelang es, mit den Aktionen der
RZ die Bereitschaft zum militanten Widerstand in den Teilbereichsbewegungen
zu fördern, mit exemplarischen Beispielen die Handlungsgrenzen auszuweiten
und die bewaffnete Opposition als Teil der linken politischen Kultur zu
verankern. Die Themen wechselten, die waren (fast) beliebig und
austauschbar (AKW, Startbahn West, Häuserkampf, Friedensbewegung,
Gentechnologie usw), das Credo der RZ blieb: Bewaffneter Widerstand ist
möglich. Unsere Verankerung oder was wir dafür hielten drückte sich in
der Propaganda und Vermassung militanter und bewaffneter Widerstandsformen
aus; der Spiegel dieser Verankerung schien uns die Akzeptanz und Nachahmung
in den Reihen der radikalen Linken zu sein. (Genau aus diesem Grund wurden
diverse Handbücher und Bauanleitungen veröffentlicht.) Je breiter und
militanter sich der Widerstand gebärdete, desto gewisser waren wir uns der
Zustimmung zu unseren Aktionen. Wir legten sie so an, daß sie nicht in
Widerspruch zu den Bewegungen gerieten. Deshalb vermieden wir die Ebene
reiner Machtauseinandersetzungen. Die Parolen Kampf um die Köpfe und
Herzen und Schafft viele RZ standen für dieses Vermassungskonzept.
In den Kämpfen um die Startbahn West, als sich breitester öffentlicher
Widerstand mit illegalen Aktionen verband, schlug für die dort agierende RZ
eine Sternstunde. Sie hatte es verstanden, in einem regionalen Konflikt
eine Rolle zu spielen. Sie brachte zeitweilig die allgemeine
Gewaltbereitschaft mit ihren Interventionen in Einklang für uns ein
Bespiel für gelungene Verankerung revolutionärer Politik. (Durch einen
einzigen verhängnisvollen Fehler, den Mord an Karry25, wurde dieses Konzept
von Popularität schlagartig desavouiert.) In einem viel reduzierteren Maß
glückte die Verbindung noch einmal in der Fahrpreiskampagne an Rhein und
Ruhr mit der massenhaften Verteilung nachgedruckter Fahrkarten in
proletarischen Vierteln. Es war ein kleiner Beitrag von uns, die Menschen
zu gesetzwidrigem, kostensparendem Handeln zu animieren ...
Das Konzept Schafft viele revolutionäre Zellen ging nur insofern auf, als
eine Parallelität der Kampfmethoden entstand. Es war uns jedoch nicht
gelungen, in den Teilbereichsbewegungen Fuß zu fassen oder die Militanten
aus ihren Zusammenhängen heraus für eine revolutionäre Perspektive und
Organisation zu gewinnen. Der Häuserkampf ist dafür ein Beispiel. Die
Militanzbereitschaft war inzwischen gewachsen, der Einsatz ähnlicher Mittel
wie der unsrigen war Ausruck einer breiten politischen Widerstandskulur
geworden. Die Vermassung unserer Angriffsformen ließ sich aus jedem
Jahresbericht des Verfassungsschutzes belegen. Dennoch wurden wir in diesen
Jahren für die autonomen HäuserkämpferInnen mehr zum Mythos als zum Teil
ihrer eigenen Kämpfe. Wir hatten kaum Verbindungen mehr zu den neuen
Generationen der HausbesetzerInnen und der Jugendbewegungen, außer in der
abstrakten Form gelegentlicher bewaffneter Unterstützung.
In der Fixierung auf unsere Kampfmethoden verzichteten wir darauf, eine
theoretische politische Orientierung zu entwickeln, die mehr beinhaltete
als einzelne Versatzstücke zu bestimmten Konflikten. Unser
sozialrevolutionäres Theorieverständnis setzte sich bestenfalls mosaikartig
aus der Summe der Kommentare und Analysen zu den einzelnen
Widerstandsfeldern zusammen, eine festere Anbindung war so nicht
möglich.
Die RAF mit ihrer Imperialismusanalyse (militärisch-industrieller Komplex)
und der Ausrichtung auf die Befreiungsbewegungen hatte eine Theorie
vorgegeben, die Bestandteil der Propaganda der sie unterstützenden Gruppen
war. Mit dem Konzept der Front26 hatte sie 1982 den organisatorischen und
propangandistischen Rahmen für die ideologische Verbreiterung ihrer Politik
gegeben. Wir diskutieren hier nicht die Mängel an diesem Konzept, denn es
geht nicht darum, uns an ihren Fehlern abzuarbeiten, sondern an unseren. Es
bleibt festzuhalten, daß in der Propagierung unserer eigenen Kampfmittel
als Mittel für alle eher ein Aktionsmodell steckte als eine politische
Theorie. (Das Papier Zwischen Beethoven und MacDonalds26a stellte in
diesem Zusammenhang klar, wie gründlich die Linke das Selbstverständnis der
RZ mißverstanden hatte, als sie Bomben von Rechtsradikalen auf
Wohneinrichtungen und Autos der US-Streitkräfte mit uns in Verbindung
brachte.) Unser fundamental-revolutionärer Ansatz korrespondierte nicht mit
den Zielen der Teilbereichsbewegungen, und der zunehmenden Zersplitterung
autonomer Zusammenhänge setzten wir keine vereinheitlichende Perspektive
entgegen. Trotzdem lagen unsere Stärke und unser Mythos in der Eröffnung
und Nachahmung militanter Aktionsformen und unserer Fähigkeit,
gesellschaftliche Konflikte aufzugreifen, die eine gewisse Sprengkraft
bargen.
Unsere theoretischen Beiträge befaßten sich also im wesentlichen mit den
Konflikten, an denen wir partizipierten. In diesem Sinne trugen wir zur
Theoriebildung bei. Erst in der Entwicklung der Flüchtlingskampagne gingen
wir in unserem theoretischen Selbstverständnis über die
Teilbereichsbewegungen hinaus. Die damit gewonnene Ausweitung der
Konfrontationsebenen war objektiv auch ein erster Schritt aus der
Selbstreduzierung heraus, die in unseren Methoden angelegt war. Eigentlich
hätte diese Kampagne zu einer konsequenten Revision der von uns benutzten
Kampfmittel und -formen führen müssen.
Aber dies geschah nicht, wir repräsentierten weiterhin die Form einer
sozialrevolutionären Guerilla, die ihre Kontinuität in der Durchführung
bestimmter bewaffneter Aktionen aufrechterhielt. Ihr herausragendes Merkmal
blieb die Symbolik des Bombenanschlags.
Die Dialektik von bewaffnetem Widerstand und Massenkämpfen blieb rein
äußerlich. Die eigene, subjektive Entscheidung für grenzüberschreitendes
politisches Verhalten, für bewaffnete Anschläge, und die Zustimmung der
Linken zu unseren Aktionen legten wir fälschlicherweise als
systemsprengende revolutionäre Kraft, als erste Schritte eines
revolutionären Prozesses aus. Hatten wir wirklich geglaubt, mit einem
derartig reduzierten Programm die Komplexität der gesellschaftlichen
Veränderungen in ihren politischen und kulturellen, sozialen und
organisatorischen Ausmaßen beeinflußen zu können?
Offensichtlich! Denn über die lange Zeitspanne seit den Anfängen der RZ
veränderten wir kaum die Methoden unserer Interventionen. Wir beschränkten
uns im wesentlichen auf Sabotageakte und Sachbeschädigungen, deren
politische Wirkung auf Gedeih und Verderb auf die Berichterstattung durch
die Medien angewiesen war was im extremsten Fall bedeutete, daß eine
Aktion nicht stattgefunden hatte, die nicht in den Schlagzeilen war. Nichts
dokumentiert deutlicher die Distanz zu den gesellschaftlichen Prozessen.
Kein Thema, das wir diskutierten, keine Analyse, die wir erstellten,
eröffnete uns die Perspektive für neue Interventionsformen. Wir reduzierten
die von uns und unserer Propaganda antizipierte soziale Befreiung auf den
Akt des Angriffs immer gleicher Objekte, als wenn sich in der ständigen
Wiederholung des ewig gleichen Einsatzes der ewig gleichen Mittel subjektiv
der Beitrag als Revolutionär erschöpfen könnte; als wenn das, was wir
erreichen wollten, nämlich Förderer und Teil der revolutionären Kräfte zu
sein, sich in dieser Selbsteinschränkung einlösen ließe. Unsere Aktionen
blieben kalkulierbar. Das Festhalten an den traditionellen
Konfrontationslinien und Angriffsformen in der Flüchtlingskampagne wurde
denn auch für uns zum Sargnagel.
Und doch hatte das Beharren auf dem reduzierten Spektrum von Mitteln im
revolutionären Kampf einen Grund. Wir haben einerseits unsere Mittel
niemals relativiert, weil wir sie nicht wirklich in Bezug gesetzt haben zu
Klassenkämpfen, sondern immer nur zur linken Szene. Andererseits gingen wir
nicht über diese Mittel hinaus, weil sie perfekt mit unserer Anonymität
korrespondierten und das persönliche Risiko einschränkten. Diese Anonymität
produzierte (glücklicherweise) keine HeldInnen. Niemand konnte zur
Verantwortung gezogen werden, alle konnten es gewesen sein.
Hierin lag gleichsam der Verzicht, Menschen als Träger von Ideen und
Propaganda zu präsentierten, identifizierbar zu machen. Ohne bekannte
Mitglieder, ohne Gefangene als PropagandistInnen existierten die RZ nur als
abstrakte Idee. In dieser Abstraktion lagen zugleich die Stärken und die
Schwächen der Zellen. Sie waren stark genug, weil ganz unabhängig von ihren
Militanten die Idee des bewaffneten Widerstands überleben konnte und weil
die Solidarisierung sich nicht auf Personen, sondern auf Aktionen bezog.
Diese Abstraktion und Anonymität verhinderte aber gleichzeitig die
Ausweitung von Propaganda und verengte die politischen Perspektiven und
Interventionsfelder. Die Konfrontations- und Angriffsmöglichkeiten blieben
beschränkt. In genau dieser Logik lag die Verselbständigung der Mittel
begründet, genauso wie das Auslaufen einer Kampagne aus Mangel an
geeigneten Angriffszielen. In ihr war die Isolierung unserer Politik
angelegt.
Heute, zu einem Zeitpunkt rassistisch motivierter Angriffe auf
Flüchtlingsunterkünfte, verbietet sich der Gebrauch von Feuer und Flamme
als Mittel revolutionärer Politik in diesem Bereich von selbst. Aber die
Frage, warum unsere Kampfmittel nicht nur von den Herrschenden als
terroristisch empfunden werden, stand angesichts von Sprengsätzen in
Flugzeugen, Kaufhäusern und Synagogen mit Hunderten von Toten schon eher
an. Zu glauben, daß es nur davon abhängt, wer diese Mittel in welchem
Maßstab und mit welchen Zielen anwendet, ist eine gefährliche
Vereinfachung. Der Diskreditierung des Widerstands- und Befreiungskampfs
durch die globale Ausbreitung eines dreckigen, geheimdienstlich
durchsetzten Terrorismus konnten wir praktisch kaum etwas entgegensetzen.
Für den Einsatz revolutionärer Gewaltmittel ist dies zu einem
entscheidenden Problem geworden.
V. Der letzte Aspekt unserer Reflexion betrifft unser Verhältnis zum sogenannten Internationalen Terrorismus. Durch die Offenlegung der Stasi-Akten, durch Presseberichte über Carlos27 und Co. und vor allem durch die Ermordung von Gerd Albartus sind wir mit dem Teil unserer Geschichte konfrontiert, den die meisten von uns gar nicht kennen, den die anderen am liebsten verdrängt hätten.
Seit Entebbe und der OPEC28-Aktion kann sich jede/r
vorstellen, daß die Geschichte der RZ nicht erst mit dem Einstieg in die
Teilbereichsbewegungen begonnen hat. Die damals üblichen internationalen
Kontakte wurden aber schon vor 1977 wegen politischer Differenzen
abgebrochen, so daß die neuen Mitglieder der RZ mit ihrem
sozialrevolutionären Veständnis von Politik davon unberührt blieben.
Diejenigen, die von den alten Zusammenhängen wußten, sahen sich nicht
veranlaßt, die faktische Neugründung der RZ mit der alten Geschichte zu
verbinden. Das war ein Fehler, weil sich heute niemand von uns mehr der
politischen Verantwortung entziehen kann, auch diesen Teil der Geschichte
und seine Folgen im internationalen Terrorismus zur Kenntnis zu nehmen und
ihn als einen historischen Ursprungsort der RZ zu akzeptieren.
Der Umgang mit diesem Komplex zeigt einerseits die Blauäugigkeit, mit der
die Militanten der RZ die eigene Politik durch Zuordnung zur linksradikalen
und autonomen Szene definiert haben, als wenn eine neue Orientierung allein
schon bedeuten würde, daß die alte Geschichte gegessen sei. Andrerseits
läßt er bei denjenigen, die etwas von den früheren Bezügen und
internationalen Kontakten ahnten oder wußten, auf eine Art zustimmenden
Gehorsam zu den terroristischen Auswirkungen dieser Geschichte schließen.
Beide Verhaltensweisen dokumentieren die Schwäche politischer Moral. Die
politische Verantwortung bleibt davon unberührt.
Wir wollen mit diesem Papier nicht der Selbstaufgabe revolutionärer Politik das Wort reden. Wir können auch nicht für den gesamten Zusammenhang der RZ sprechen, von dem wir nur ein Teil sind. Offenbar aber reichen die von einer ganzen Generation seit Anfang der 70er Jahre in der BRD gemachten Erfahrungen mit dem militanten Widerstand und dem bewaffneten Kampf noch nicht einmal aus, um die gegenwärtige Krise zu bestimmen und näher zu analysieren, geschweige denn, um einen offensiven Ausweg daraus zu finden. Wir meinen, daß mit der Fortschreibung des RZ-Mythos nichts gewonnen ist, sondern daß es im Gegenteil darauf ankommt, eine historische Etappe abzuschließen, verkrustete Strukturen und Kampfmittel aufzugeben, um überhaupt wieder eine Chance zu bekommen, als politische Subjekte in den gegenwärtigen gesellschaftlichen Prozeß eingreifen zu können. Die politische Öffnung der RZ scheint uns dafür der einzig richtige Schritt.