Aktion gegen die Zahnradfabrik, Friedrichshafen und gegen Daimler, Schwäbisch-Gmünd (Oktober 85)
Wir haben in der Nacht vom 13.10. auf den 14.10.85 den Stromversorgungsmast der Zahnradfabrik Friedrichshafen AG (ZF) und die Niederlassung von Daimler Benz in Schwäbisch-Gmünd mit Sprengsätzen angegriffen.
Daimler Benz nach der Übernahme von MTU und Dornier mit
einem für 1985 angepeilten Umsatz von über 50 Milliarden DM wohl der
zweitgrößte Rüstungskonzern nach Siemens ist schon lang eine der
wichtigsten Stützen des faschistischen Systems der Republik Südafrika
(RSA)
Schon 1972 reiste der Chef der südafrikanischen Streitkräfte, General Hienstra, auf Kosten der Firma quer durch die BRD anlässlich eines Abschlusses eines beträchtlichen Unimog-Geschäfts. Die Zahlen sind gängig: weit über 6.000 dieser Fahrzeuge wurden bis heute verschifft, zum Teil direkt ab Werk Gaggenau versehen mit Tarnbeleuchtung, infrarotabweisender Lackierung, schußsicheren Führerhauben, Waffenhalterungen für Maschinengewehre und Raketen.
Direkt vor Ort in East-London/Pretoria produziert die Mercedes Benz of South Africa samt ihrer 13 Tochtergesellschaften Motoren und sog. Nutzfahrzeuge, zu 50,1 % im Besitz von Daimler Benz; 23,4 % gehören der schweizerischen Ernst-Göhner-Stiftung, 26,5 % der südafrikanischen Volkskas. Aus strategischen Gründen ist ein anderer Motorenhersteller als Daimler Benz in der RSA nicht zugelassen. Der heutige Kriegsminister General Malan erklärte das anlässlich der Volkskas-Jahresversammlung im August 1980 so: Total strategy heißt, daß jedes Mittel des Staates eine Waffe wird. Es handelt sich um eine Schlacht, in der der Soldat in den Hindergrund rückt. Aber der Geschäftsmann, der Diplomat, der Wirtschaftswissenschaftler, der Industriemanager, der Psychologe etc. rücken in den Brennpunkt der Szene. Ebenso sind Diplomatie, Industrie, Handel und Technologie Waffen geworden. Dabei ist die Wirtschaft eines der Hauptschlachtfelder ...
Im Zuge der staatlichen Koordination dieser Terrormaschinerie, gestützt auf das national supplies procurement nr. 89, wonach das südafrikanische Kriegsministerium jederzeit die Möglichkeit hat, zivile Betriebe wenn es für die Sicherheit des Landes notwendig ist auf Rüstungsproduktion zu verpflichten, hat also Daimler Benz das Monopol auf die Motorenproduktion, mit der z.B. 1978 300 Fahrzeuge zum Einfall nach Namibia ausgestattet wurden Motoren, die sämtliche Jeeps der Army antreiben oder die bei Atlantic Diesel Engines S.A. in Lizenz für gepanzerte Mannschaftswagen, Panzer und Kampfschiffe gebaut werden.
Nur, verpflichtet werden zu dieser Produktion mußte Daimler Benz nie! Für den Profit läßt der Konzern in der RSA 5.400 Arbeiter schwitzen, davon 3.000 Schwarze. Und wenn die Wirtschaft des Landes im Niedergang begriffen ist, dann werden auch mal einige von ihnen auf die Straße gesetzt wie geschehen Anfang dieses Jahres, als 280 schwarze Arbeiter abtransportiert wurden. Erst 1981, durch den Druck interner Fabrikkämpfe und zunehmender internationaler Solidarisierung verzichtete die Firma, die hierzulande viel auf ihre freiwilligen Sozialleistungen und humane Arbeitsplatzgestaltung gibt, auf die räumliche Aufteilung der Kantinen, Duschen usw. für Schwarze und Weiße. Bis dahin wurden für Schwarze Löhne nur knapp über dem Existenzminimum gezahlt, gewerkschaftliche Betätigung für Schwarze war generell verboten, Aufstiegschancen und Bildungseinrichtungen existierten nur für Weiße. Wenn sich das geändert hat, dann ist es Resultat der Klassenkämpfe, sicher aber nicht Auswirkung dieser dreckigen Unternehmerphilosophie!
Abgerundet wird das Bild mit den Aktivitäten der Tochter MTU, die mit Motoren für Minenkampf- und Raketenschnellboote sowie mit C-160-Transall-Triebwerken die Marine und Luftwaffe der RSA-Army versorgt.
Doch was wären alle diese verdammten Motoren ohne die Technik und das Know-How der Zahnradfabrik Friedrichshafen AG (ZF), Europas größtem Getriebehersteller! In den meisten Militärfahrzeugen arbeiten ZF-Getriebe und -Lenkungen. ZF liefert Lizenzen, Konstruktionspläne und Kapital für den Aufbau eines neuen Unternehmens in der RSA, der AS transmissions and steerings, die zur Zeit durch Ausbau der Maschinenfabrik Sandock-Austral (Herstellung von gepanzerten Fahrzeugen, Schiffen und Spezialgetrieben) entsteht, um als Direktzulieferer der Atlantic Diesel Engines-Motoren zu fungieren. Und das über alles Geschwätz von Boykott, Sanktion usw. hinweg.
Die Kooperation zweier deutscher Rüstungskonzerne, Daimler Benz und ZF unter den Fittichen der südafrikanischen Army zur Stützung eines faschistischen Systems, dem das international kämpfende Proletariat den Krieg erklärt hat!
Die gegenwärtigen Kämpfe der schwarzen Mehrheit gegen das weiße Rassistenregime sind im Kern Klassenkämpfe. Sie richten sich gegen die weiße Bourgeoisie und das internationale Kapital, die beide die Apartheid als politisches System zur Durchsetzung ihrer Herrschaft benutzen. Hunger, Entrechtung der schwarzen Arbeiter, Verbot der meisten ihrer Gewerkschaften, Verhaftung, Folter und Mord bei Zuwiderhandlung das ist bis heute die gesicherte Rechtsordnung, die das westdeutsche Kapital so bejubelt. Die höchsten Profitraten der Welt, d.h. höchste Ausbeutung der Arbeiter bei niedrigsten Löhnen, das ist die eigentliche Funktion der Apartheid, der spezifischen Verknüpfung von Rassismus und kapitalistischer Produktionsweise.
Außerdem gilt die RSA als klassisches Rohstoffland im südlichen Afrika mit großen Vorkommen an strategischen Mineralien wie Chrom, Mangan, Asbest sowie Gold und Uran, die fast ausschließlich durch transnationale Konzerne kontrolliert sind.
Zur Absicherung der imperialistischen Interessen wurde die südafrikanische Armee mit modernsten Waffen und Geräten ausgestattet und in die NATO-Strategie integriert. Die RSA besitzt die stärkste Armee in Afrika und stellt durch die Besetzung Namibias1 und militärische Aggressionen gegen die Nachbarländer auch eine ständige Bedrohung für die Völker in Angola und Mozambique dar. Die RSA hat für den Süden Afrikas dieselbe Funktion als Ordnungsmacht wie Israel im Nahen Osten. Mit dieser Armee und durch ökonomischen Druck hält die RSA die Märkte des südlichen Afrikas offen für die Ausplünderungsabsichten der westlichen Industrienationen.
Die Verbrechen, die die Rassisten aus Pretoria im südlichen Afrika begehen, sind nicht die Verbrechen eines isolierten, selbständigen Regimes. Für jegliche Ausbeutung, jegliche Unterdrückung, jeden Toten im Befreiungskrieg zeichnen die britischen, amerikanischen und westdeutschen Imperialisten verantwortlich.
Allein die Bundesregierung vergibt Steuergeschenke in Millionenhöhe an Firmen, die in der RSA tätig sind.
Bundesdeutsche Banken unterstützen das Regime durch Milliardenkredite
und sind gerade jetzt nach nach dem Teil-Rückzug2 anderer imperialistischer
Länder zu einer der wichtigsten Stützen der Rassisten geworden. Die BRD,
deren ungebrochene faschistische Tradition erst kürzlich die Ermordung von
Günter Sare3 zu verantworten hatte, ist inzwischen noch vor den USA zum
wichtigsten Lieferland für die rassistische RSA avanciert!
Anschlag gegen Brüggemann & Brandt, Hagen und Mercedes Lueg,
Bochum (Dezember 85)
Burn, Baby, Burn4
Südafrika 1985 tägliche Zusammenstöße mit der Polizei,
Verwundete und Erschossene, Tausende von Internierten, zuletzt auch
Hinrichtungen. Und dennoch ein Jahr der Hoffnung, dort, aber auch für uns.
Hoffnung auf eine breite, vor allem von Jugendlichen getragene Bewegung,
die nicht um den Abfall vom Tisch der weißen Herren kämpft, sondern in
einer Mischung aus schwarzem Selbstbewußtsein, krimineller Aneignung und
militanter politischer Praxis in den Straßen, das Überleben im Ghetto das
war ein Funke, der auch in den afro-karibischen5 Revolten in den englischen
Slums gezündet hat. Auch hier ist Südafrika war zu hören, als im Sommer
vor den geplünderten, brennenden Läden getanzt wurde. Hoffnung auf
Südafrika, weil die innere Reform, die Modernisierung des Rassismus bisher
nicht funktioniert hat. Mit Reformgesten war das Botha-Regime angetreten, die schwarzen
Gewerkschaften wurden legalisiert, die blutige Fassade, die altmodisch
stinkende Apartheid sollte übertüncht werden. Und dennoch eine Explosion
der Kämpfe, kompromißlos wie nie zuvor: gegen die Hungerpolitik, gegen die
Zwangsmobilisierung der Arbeiter, gegen die Umsiedlung und Zerstörung der
schwarzen Gemeinschaften, gegen das militärische Kommando über die Minen,
gegen die schwarzen Kollaborateure.
Und dann wird der Alptraum der Buren erstmals wahr: die schwarzen
Hungerleider dringen nicht als Bittsteller oder Arbeitstiere, sondern in
einem Rausch der Zerstörung in die weißen Sicherheitszonen und Wohnviertel
ein, wo nicht nur Scherben, sondern der Mythos der weißen Unberührbarkeit
zerschlagen wird. Hoffnung auf Südafrika, weil damit nicht nur die
Segregation, die Parkbänke für schwarz und weiß, die Rassengesetze zum
Thema wurden, sondern der Kampf um die Existenz, um Lebensmittel, Wohnen,
Gesundheitsversorgung im kompromißlosen Angriff auf die weißen,
imperialistischen Inseln. Das löste das Alarmsignal in den USA, in Europa,
in den Zentralen der Multis aus, denn im Verhältnis zwischen dem schwarzen
Land und den städtischen weißen Inseln bildet sich nichts anderes ab, als
das Verhältnis von Metropolen und 3. Welt, nur eben das ist das
persönliche Pech der Buren in der Reichweite von Steinen und Gewehren.
Befreiung, das ist nicht mehr nur das Ende der Apartheid, die Erhöhung
der Mindestlöhne. Befreiung, das wird mehr sein, als bei den
Geheimverhandlungen zwischen ANC und südafrikanischen Kapitalisten Konsens
war.
Dennoch wird dieser Kampf noch lange dauern. Das Regime ist
bemerkenswert stabil, es wird nicht nur von aussen gestützt, sondern von
Millionen entschlossener, bis an die Zähne bewaffneter Weisser getragen. In
diesem Jahr der heftigen internen Kämpfe ist es der südafrikanischen Armee
gelungen, den eigenen Einfluß und Operationsbereich auf die gesamte
südliche Hemisphäre Afrikas auszudehnen, auf Namibia, Angola, Lesotho,
Mozambique. Anders als die imperialistische Solidarität war die der
westdeutschen Linken immer schwach, halbherzig, bestenfalls konjunkturell.
So löste z.B. die provokative Hinrichtung schwarzer Widerstandskämpfer vor
wenigen Wochen nicht die geringste Reaktion aus, mit der Demo-Pflichtübung6
in Bonn wurde sich vorab schon Absolution erteilt. Politisch, kulturell
waren der westdeutschen Linken die Lateinamerikaner, die Palästinenser, die
Iraner stets näher das ist unser kleiner Rassismus.
Die praktische Solidaritätsarbeit ist deshalb auch getragen und bestimmt
gewesen von kirchlichen Gruppierungen. Ihr Verdienst war es, den
südafrikanischen Rassismus zum politischen Thema gemacht zu haben, aber
ohne jedes Interesse an einer Radikalisierung eigener Aktionsformen oder
der Wahrnehmung des südafrikanischen Widerstandes über den Kampf gegen die
Apartheid, gegen den stiernackigen Rassismus hinaus.
Im Insistieren auf Anti-Apartheid war diese und auch unsere Solidarität
nicht anders als die Kehrseite der jämmerlichen Hungerhilfe, nicht einmal
Brot für die Welt7, nur gute Worte.
Unser Thema sind aber nicht Desinvestment8, Mindestlöhne, ein
antirassistischer Verhaltenskodex oder das Verstecken der Krüger-Rands9 in
die hinteren Schubladen: wir wollen die fast 150 westdeutschen Multis, die
den südafrikanischen Subkontinent an die Ausbeutungs- und Kapitalströme der
Metropolen ankoppeln, nicht zu einer fairen Geschäftspolitik anhalten. Sie
sind als Teil einer weltweiten imperialistischen Ausbeutungsstruktur hier
wie dort anzugreifen.
Nicht nur in ihren Glaspalästen und Computerzentralen, auch in der
Verbindung mit unseren Schwarzen, den ausländischen Arbeiterinnen und
Arbeitern, den Asylbewerber/innen.
Das war unsere Absicht bei den Besuchen, die wir der Firma Brüggemann
und Brandt in Wengern bei Hagen und der Firma Mercedes Lueg in
Bochum-Wattenscheidt abgestattet haben.
Beide Firmen sind mit ihren Tochterunternehmen unmittelbar an der
militärischen Ausrüstung der südafrikanischen Armee beteiligt, Brüggemann
und Brandt mit Fallschirmen und Luftladegeräten, Daimler Benz mit
Lastkraftwagen und Geländefahrzeugen.
Solidarität.
Das darf nicht nur Feuer in unseren Herzen sein, das müssen
Feuersbrünste in ihren Produktionshallen, unter ihrer Konsumscheiße
werden.
Sprengsatz gegen Daimler Benz, Wuppertal (Januar 86)
Wir haben in der Nacht vom 12. auf den 13.1.86 die Daimler
Benz-Vertretung in Wuppertal mit einem Sprengsatz angegriffen.
Die Daimler Benz AG kürzlich durch die Übernahme der AEG zum
größten BRD-Konzern aufgestiegen spielt innerhalb des
Zentralisationsprozesses des BRD-Kapitals eine Vorreiterrolle.
Die weltweit stattfindende Kapitalkonzentration setzt auf Monopolbildung
in strategisch wichtigen Produktionsbereichen. Strategisch wichtig sind für
die kapitalistischen Ökonomien:
e a) Investitionen, die unter den gegebenen Bedingungen
eine Profitmaximierung versprechen und
b) perspektivisch den Weg für eine Kapital- und Machtzusammenballung
ebnen.
Gegenwärtig sind da vor allem die
Hochtechnologiebereiche zu nennen Mikroelektronik, Informations- und
Kommunikationstechnologien, Gentechnologie. Daimler Benz (durch
Direktbeteiligung 25 % und Depotstimmrecht vorwiegend durch die
Deutsche Bank beherrscht) setzt in ihrer Produktdiversifizierung und
Investitionspolitik in zunehmendem Maße auf die Rüstungsproduktion, die
kontinuierlich durch technologische Innovationen steigende Gewinne
garantiert. Dornier10 und AEG, die Daimler Benz den Titel größter
Rüstungsproduzent der BRD einbrachten, garantieren dem Konzern zugleich
eine Beteiligung am SDI-Projekt.
Daimler Benz im innerimperialistischen Konkurrenzkampf zur
zentralen Machtfigur des BRD-Kapitals gewachsen, nutzt ihre durch
Kapitalzusammenballung gestiegene politische Macht skrupellos aus, ohne auf
größeren Widerstand zu stoßen, wie sich kürzlich in der 150 Millionen
DM-Investition in ein Tochterunternehmen in Südafrika zeigte. Durch diese
Kapitalverlagerung wird auch deutlich, daß das Apartheid-System in
Südafrika seinen rassistischen Krieg gegen das Volk nicht allein führt. Es
ist lediglich Teil der imperialistischen Gesamtstrategie, die darauf
abzielt, günstige Investitionsbedingungen weltweit durchzusetzen bzw. zu
erhalten.
Das BRD-Kapital wird immer mehr zum wichtigsten Stützpfeiler der
südafrikanischen Wirtschaft und damit gleichzeitig auch der Apartheid.
Daimler Benz ist an dieser Stützfunktion in doppelter Weise beteiligt:
e 1. durch direkte Investitionen (Produktionsstätten in
Pretoria, Kapstadt, East-London),
2. durch die Lieferung von Militärlastwagen, Zugmaschinen und Unimogs an
das Botha-Regime.
Wir begreifen unsere Aktion als Solidarität mit dem
revolutionären Befreiungskampf der Schwarzen in Südafrika. Dieser
Befreiungskampf kann nur erfolgreich sein, wenn die verschiedenen
politischen Strömungen des südafrikanischen Widerstands eine gemeinsame
Front bilden. Diese Einheit ist Bedingung für die Umkehrung der
Machtverhältnisse zugunsten des Volkes. Deshalb wäre es auch falsch, aus
unserem Metropolenblickwinkel heraus einer möglichen Spaltung Vorschub zu
leisten und die verschiedenen Widerstandsbewegungen genannt seien an
dieser Stelle nur die Volksorganisationen ANC, AZAPO, PAC in gut und
böse, falsch und richtig, revolutionär und reformistisch einzuteilen.
Der seit Jahrzehnten andauernde imperialistische Krieg der
Rassisten und des westlichen Kapitals gegen das Volk von Südafrika ist in
den letzten Monaten in eine neue Phase eingetreten. Zunehmender Widerstand
der Unterdrückten und Ausgebeuteten und die brutale Reaktion des
Repressionsapparates führte zu einer Eskalation der Kämpfe, in denen allein
im Jahr 1985 über 1.000 Schwarze ermordet wurden.
Angesichts dieser Situation sind die schwachen und halbherzigen
Solidaritätsbekundungen der BRD-Linken ein unerträglicher Zustand.
Kämpfende Revolutionäre in den Metropolen sind Teil einer
internationalen Front gegen den Imperialismus.
Es bleibt eine Tatsache, daß erfolgreiche Befreiungskämpfe in der 3.
Welt (Vietnam, Nicaragua) auch in den Metropolen ihre Wirkung erzielen.
Bedingung für eine politisch effiziente Solidarität, die über gut gemeinte
Absichtserklärungen hinausgeht, ist ein starkes revolutionäres
Widerstandspotential. Der Kampf gegen den Imperialismus in den
Metropolenländern entwickelt sich erst an den Bedingungen, die hier die
Lebens- und Arbeitsbedingungen prägen, zu seiner eigentlichen Schärfe. Nur
ein klassenbewußter Kampf, der den imperialistischen Angriff auf die
Menschen hier aufzeigt, kann perspektivisch gesellschaftliche Gegenmacht
gegen die Herrschaft des Geldes und der weißen Männer über den Rest der
Welt entwickeln.
Das ist wesentlicher Bestandteil einer revolutionären Bewegung im Kampf
gegen den heutigen Imperialismus sich auf die weltweiten Befreiungskämpfe
zu beziehen, deren positive Wechselwirkung allen revolutionären Prozessen
neue Kraft gibt.
Die aktuellsten Beispiele für diese Wechselwirkung sind die Kämpfe der
Unterklassen in Südafrika und die fast gleichzeitig stattfindenden
Ghettoaufstände in den englischen Städten Tottenham, Brixton usw.
Copycat-Aufstände nannte der britische Innenminister die Unruhen in
Tottenham, womit er meinte, daß die Klassenauseinandersetzungen in den
englischen Slums als Reaktion auf die ausführliche Berichterstattung der
britischen Medien über die Unruhen in Südafrika verstanden werden
müßten.
Orientierungspunkt für die westeuropäischen revolutionären Bewegungen
kann allerdings nicht nur der Befreiungskampf der Völker der 3.Welt sein,
auch wenn er in der Regel weiter entwickelt ist. Ausgehend von den
Verhältnissen hier in den imperialistischen Zentren und aufbauend auf den
Widersprüchen einer kapitalistischen Metropolengesellschaft, die
Entwicklung eines breiten militanten Widerstandspotentials voranzutreiben,
ist die primäre Aufgabe der Revolutionäre in der momentanen Phase des
Klassenkampfes.
Diese Zielsetzung beruht auf dem Bewußtsein, daß
e a) eine Befreiung von den kapitalistischen
Ausbeutungsverhältnissen sich weltweit nur durchsetzen läßt, wenn an
verschiedenen Abschnitten der Feind gleichzeitig angegriffen wird und
b) eine Verbreiterung und Verankerung des revolutionären Widerstands in
der BRD-Gesellschaft sich am ehesten über einen Angriff auf die
systemspezifischen Produktions- und Lebensverhältnise durchsetzen läßt.
Aktuelle Angriffspunkte wären z.B. die Projekte in der
Gentechnologie Züchtung von Hochertragssorten in der Pflanzenforschung,
die die Abhängigkeit der 3.Welt auf Dauer zementieren soll, Zugriff auf die
Frauenkörper oder die Weiterentwicklung der Mikroelektronik, die durch
profitorientierte Produktionsweise Arbeitslosigkeit und Verelendung
hervorruft, sowie den staatlichen Überwachungs- und Repressionsapparat
vervollkommnet.
Eine sozialrevolutionäre Linie zu entwickeln heißt momentan,
kontinuierlich den Widerstand unter anderem zu den genannten Sektoren
voranzutreiben, wobei man/frau sich nicht der Verpflichtung gegenüber den
Befreiungskämpfen in der 3. Welt entziehen kann.
Freiheit für Nelson Mandela11 und alle gefangenen
Kämpfer/innen des südafrikanischen Widerstands!
Liebe und Kraft dem südafrikanischen Volk!
Aktion gegen Firma REWE, Wesel (November 87)
Auch REWE verdient an der Unterdrückung der schwarzen
Frauen!
Weltweit bestimmten frühkapitalistische
Ausbeutungsverhältnisse das Bild in den Weltmarktfabriken, den Außenstellen
der Multis oder den riesigen Agrarplantagen. Immer wieder sind es die
Frauen, die diese Unterdrückung doppelt und dreifach ertragen müssen.
Eines der gravierendsten Beispiele dafür ist die Obst-, Gemüse- und
Konservenproduktion in Südafrika. Die Früchte, die in den Zeitungsannoncen
der hiesigen Supermarktketten als Sonderangebot offeriert werden, sind das
Produkt von Frauenarbeit, unter Bedingungen, die die gesamte Breite der
kapitalistischen und sexistischen Unterdrückung darstellen:
Durch die Technisierung der Anbaumethoden und den dadurch verringerten
Arbeitskräftebedarf haben Arbeiterinnen meist nur noch den Status von
Saisonarbeiterinnen oder Tagelöhnerinnen; gleichzeitig haben sie auch die
gesundheitlichen Folgen der Kapitalisierung der Landwirtschaft die durch
Pestizid-12 und Kunstdüngereinsatz entstehenden Krankheiten zu tragen.
Sie werden für die gleiche Arbeit weit geringer entlohnt als die Männer,
wenn sie überhaupt Geld erhalten und nicht in Naturalien (z.B. Trauben oder
Tomaten) ausgezahlt werden. Sie arbeiten durchschnittlich 60 bis 70
Stunden in der Woche, ohne Arbeitszeitbegrenzung oder
Überstundenentlohnung, wobei oft auch noch die Kinder umsonst mitarbeiten
müssen, da die Mütter nicht wissen, wo sie den Nachwuchs während der Arbeit
lassen sollen.
Frauen werden durch die Paßgesetze gezwungen, ihr Leben lang auf Farmen
zu arbeiten, während die Gesetze auf der anderen Seite weder
Sozialleistungen noch Mutterschaftsurlaub vorsehen. Darüberhinaus sind sie
der alltäglichen Gewalt der weißen Vorarbeiter ausgesetzt, wobei selbst die
Tatsache, daß Südafrika die weltweit höchste Vergewaltigungsquote hat,
wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs des permanenten
Gewaltverhältnisses sichtbar werden läßt.
Wenn die Landwirtschaft im Staat der Buren auch eines der
augenfälligsten Beispiele für die Unterdrückung der Frauen ist, so
erschöpft sie sich darin noch lange nicht. Für Frauen heißt es seit dem
Bestehen des rassistischen Systems, dreifach unterdrückt zu sein und
dagegen zu kämpfen:
Als Schwarze unterliegen sie der gesamten rassistischen Unterdrückung
durch die selbsternannte weiße Herrenrasse;
als Teil der schwarzen Unterklassen werden sie in den miesesten Jobs
mit den schlechtesten Löhnen ausgebeutet und vernutzt
und als schwarze Frauen sind sie aufgrund ihres Geschlechts immer mit
Männergewalt und -herrschaft konfrontiert.
Konkret bedeutet dies für schwarze Frauen u.a.:
daß sie als Minderjährige lebenslänglich unter der Vormundschaft
ihrer männlichen Verwandten stehen,
daß sie bei einem Tod des Mannes ihr Wohn- und Landrecht
verlieren,
daß durch die Praxis der Wanderarbeit die Familien zerrüttet sind und
Frauen meist allein die Verantwortung für Kinder und Lebensunterhalt
haben,
und daß sie einer rassistischen Bevölkerungspolitik ausgesetzt sind,
die durch Zwangssterilisation und Drei-Monats-Spritzen versucht, den Anteil
der schwarzen Bevölkerung zu senken.
Gleichzeitig bilden Frauen die Grundlage jeglichen
Widerstandes, was nur allzuoft übersehen wird. Sie schaffen erst die
Bedingungen, die in den überfüllten Slums der Townships oder den
vertrockneten Homelands das Überleben sichern. Sie organisieren den
Widerstand gegen Umsiedlungen und Mietpreiserhöhungen und protestieren in
Form von Boykotten und Überfällen auf Großhändler gegen Wucher und
Kollaboration. Sie machen die großen Streiks wie kürzlich die der
Daimler-Arbeiter und der Bergleute erst möglich, weil sie durch ihre
Arbeit und ihre Organisation die ohne Streikgeld zurückkommenden
Wanderarbeiter versorgen. Genauso kämpfen Frauen in den militanten Gruppen
der Townships oder der Guerilla.
Diesem Kampf der Frauen gehört unsere Solidarität, nicht nur
in Zeiten der tagespolitischen Aktualität. Es geht um internationale
Solidarität jenseits von Konjunkturen und politischer Mode. Und es geht
darum, die Multis und Konzerne, die als Teil einer weltweiten
imperialistischen Ausbeutungsstruktur das rassistische Regime stützen,
anzugreifen.
Der ehemalige Premierminister von SA Vorster hat 1972 geäußert: Jeder
Kauf eines südafrikanischen Produkts ist ein neuer Baustein für die Mauer
unseres Fortbestehens. Darauf antworteten kirchliche Frauengruppen, deren
Verdienst es ist, seit Jahren den Boykott südafrikanische Waren zu
propagieren, daß sie nicht an dieser Mauer mitbauen wollten, da diese auf
Apartheid gründe.
Wir wollen diese Mauer zerstören. Uns geht es nicht um
halbherzige Sanktionen oder wortgewaltige Stellungnahmen. Wir wollen, daß
die Waren aus den Regalen verschwinden.
Aus diesem Grund waren wir am 31.10.1987 in der Weseler Niederlassung
der REWE-Gruppe. REWE ist eine diese Warenhausketten, die letztlich von der
Ausbeutung der schwarzen Frauen profitieren. In über 7.000 Geschäften
dieser Gruppe werden täglich Obst und Gemüse sowie Konserven aus
Südafrika verschachert. REWE verkauft nicht nur im Einzelhandel, sondern
beliefert auch in großem Umfang Großverbraucher wie Kantinen, Krankenhäuser
und Großküchen. Bezeichnend für den Profit aus dem Geschäft mit
südafrikanischem Obst und Gemüse, welches selbst nach einem Transport über
zehntausende von Kilometern und den damit verbundenen Frachtkosten hier
noch konkurrenzfähig sein kann, ist ein Satz aus einer Konzernmitteilung
1986. ...verzeichnen die Spezialgroßhandlungen (Obst, Gemüse,
Großverbraucher) außerordentlich gute Ergebnisse.
Solidarität mit dem Befreiungskampf der schwarzen Frauen
und Männer in Südafrika!
Aktion gegen die Transportfirma Olff & Sohn, Hamburg (April
88)
Solidarität mit dem Volksaufstand im besetzten
Palästina!13
Solidarität mit dem Freiheitskampf in Azania!14
Was in diesen Tagen in der Weltöffentlichkeit als brutaler
Umgang der Israelis mit dem sogenannten palästinensischen
Flüchtlingsproblem gezeigt wird, ist in Wirklichkeit die direkte
Konfrontation zwischen dem unterdrückten und ausgebeuteten
palästinensischen Volk und der zionistischen Bevölkerungspolitik, zwischen
dem kämpferischen antikolonialen und antiimperialistischen
palästinensischen Proletariat und den arabischen Bourgeoisien in
Kooperation mit dem Zionismus. Es geht heute um mehr im Nahen Osten als nur
um regional begrenzte Kriege (Palästina, Libanon, Kurdistan, Golfkrieg)
langanhaltender bewaffneter Volks- und Klassenkrieg gegen Durchsetzung
einer neuen imperialistischen Ordnung. Als Reservoirs für billige
Arbeitskräfte erfüllen die sogenannten besetzten Gebiete in Palästina
dieselbe Aufgabe wie die sogenannten Homelands in Südafrika. Es ist kein
Zufall, daß die beiden Apartheid-Regimes in Israel und Südafrika eng
miteinander zusammenarbeiten Entwicklung und Herstellung gemeinsamer
Waffen; Destabilisierung von fortschrittlichen Ländern in Afrika,
Terrorisierung und Liquidierung von afrikanischen Freiheitskämpfer/innen.
Neben dem Schutz des Regimes in Pretoria vor Umsturz und der Hilfe zur
Umgehung von Sanktionen sind die zionistischen subversiven Aktivitäten in
Afrika Teil der imperialistischen Strategie zur Unterwerfung afrikanischer
Länder unter kapitalistische Interessen und zur Niederschlagung
revolutionärer Befreiungsbewegungen. Inzwischen hat der Freiheitskampf
unserer Schwestern und Brüder in Südafrika und Palästina gegen Rassismus,
Kolonialismus und Imperialismus einen neuen Aufschwung erfahren. Seit
Anfang Dezember 1987 hat sich der Widerstand des palästinensischen Volkes
hundertausende Jugendliche und Frauen voran zu einem breiten
Volksaufstand entwickelt. Revolutionärer Internationalismus in den
Metropolen muß da praktisch werden, wo neben den Streiks der umfassende
ökonomische und politische Boykott gegen Israel und Südafrika zur Waffe
werden kann und hier bei uns vor Ort die Konzerne ihre Geschäfte
weiterführen. Hamburg ist der zentrale Importhafen für Früchte aus
Südafrika und Israel. In der Oberhafenstraße beim Fruchthof liegt die
Verwaltungszentrale der wichtigsten Firmen des internationalen
Früchtegeschäfts. Exemplarisch zu nennen ist die SCIPIO-Tochtergesellschaft
OLFF & SOHN als Generalagent für südafrikanisches und israelisches Obst,
die zugleich den Umschlag und Transport der Ware mitorganisiert und damit
zu führenden Partnern der beiden Regimes wird. Wir haben uns bemüht, daß
Feuer und Flamme Zugang in die Verwaltungszentrale finden. Den antiimperialistischen Kampf in den drei Kontinenten
aufgreifen und in das Herz der Bestie tragen!
Die Widersprüche hier zur Explosion bringen!
Thaura hat al Nassr Revolution bis zum Sieg!
Asijiki! Wir werden nicht zurückweichen!
aus:
Die Fruechte des Zorns
Texte und Materialien zur Geschichte der Revolutionaeren Zellen und
der Roten Zora
ID-Archiv im IISG/ Amsterdam (Hg.)
ISBN: 3-89408-023-X
[Inhaltsverzeichnis]