Folgender Text erschien in der ZECK, der Zeitung der Roten Flora/ Hamburg,
und koennte fuer alle interessant sein:
Autonomie-Kongreß der linksradikalen undogmatischen Bewegungen
Einladung
zum bundesweiten
Vorbereitungstreffen für den
Autonomie-Kongreß der
undogmatischen linksradikalen
Bewegungen am 3.-5. Februar in
Hamburg
Worum es gehen wird:
Nachdem wir uns auf dem letzten Treffen in
Erfurt auf eine grobe Struktur des
Kongresses geeinigt haben, wird es in
Hamburg darum gehen, diese Struktur mit
Inhalten zu füllen.
Es wird also darum gehen, sich genaue
Gedanken zu den täglichen Eingangsveranstaltungen zu machen: Wer soll dort etwas
sagen? Welche Inhalte sollen repräsentiert
werden? Was für eine Form sollen die
Veranstaltungen haben (Podiumsveranstaltung oder anderes)?
Welche AGs wird es geben, und wie sollen
sie organisiert werden?
Wie soll die Idee mit den 100er- bzw.
200er-Plena umgesetzt werden?
Außerdem gibt es bisher nur äußerst vage
Vorstellungen über das kulturelle Rahmenprogramm und vor allem den Abschlußtag. Was für eine Abschlußaktion soll
es am Montag geben?
Geklärt werden muß auch, ob es im Vorfeld
des Kongresses einen Reader mit wichtigen
Beiträgen und Stellungnahmen geben wird
(wer stellt den zusammen, was soll rein?),
und wie die Ergebnisse des Kongresses
dokumentiert und aufgearbeitet werden
sollen.
Wo wir uns treffen:
Das Treffen findet statt in der Roten Flora,
Schulterblatt 71.
Dort wird es Freitag ab 20 Uhr in der
VoKü etwas zu Essen geben und die
Schlafpätze werden verteilt.
Samstag gibt es dort um 10 Uhr
Frühstück und um 11 Uhr geht's dann mit
dem Treffen los.
Abends sorgen wir dann wieder für's
Essen.
Und Sonntag geht's wie gehabt um 10
Uhr mit dem Frühstück weiter.
Um die Anzahl der Schlafplätze abschätzen
zu können, wäre es schön, wenn ihr den
Anmeldezettel an uns zurückschicken
würdet.
Für Essen und sonstige Auslagen hätten wir
gerne 30,- DM pro Person oder soviel ihr
euch leisten könnt.
Bis denne im Hamburg
die Hamburger KongreßvorbereiterInnen
PS: Leider wird es keine rollstuhlgerechten
Räumlichkeiten geben. Sorry!
Das "Erfurter Programm"
In Erfurt wurde das im Kasten dokumentierte Programm für den Kongreß beschlossen. Es sieht nun drei Fragenkomplexe für
die ersten drei Kongreßtage vor: 1. Autonomie: Geschichte, Aktualität und Zukunft
einer Gesellschaftsvorstellung und eines
Politikansatzes; 2. Die Trennungslinien der
Linken - Differenzierungen, Brüche, Spaltungen; 3. Gibt es (revolutionäre) Perspektiven autonomer Politik?
Die Auflösungstendenzen einer linksradikalen Szene sind nicht zu übersehen. Politische Arbeit findet heute meistens in
kleineren Gruppen statt, die ¯ihr® Spezialgebiet beackern, die sich oft irgendwann
von der ¯Szene® losgelöst haben und die in
der Regel wenig oder garnichts mit anderen
linksradikalen Gruppen zu tun haben. Diese
Entwicklung ist kein zufälliges Produkt. Sie
spiegeln gesamtgesellschaftliche
Spaltungslinien wie Sexismus, Rassismus,
historische Entwicklungen und gesellschaftliche Vereinzelungstendenzen wieder. Folge
dieser Entwicklung ist jedenfalls, daß es
inzwischen wohl unmöglich geworden ist,
von einem ¯wir® der Bewegung zu
sprechen. Folge ist auch, daß über die
begründeten Spaltungen hinweg kaum noch
Kommunikation oder gar gemeinsame
politische Arbeit stattfindet.
Auf dem Kongreß soll es nicht darum
gehen, diese Spaltungslinien der linksradikalen Bewegungen in einer großen Einheitsfeier zuzukleistern, was wir aber wollen, ist, den Dialog, die Diskussion, Auseinandersetzung und den Streit zwischen
den Strömungen zu ermöglichen. Wichtig
ist, daß die unterschiedlichen Bewegungen
über ihren Tellerrand hinausblicken und sich
in Bezug zueinander setzen, denn die
übergreifenden Fragen betreffen alle. Eine
Antifa-Gruppe beispielsweise muß ebenso
Antworten auf die Frage finden, mit wem
sie wie Veränderung vorantreiben will, wie
eine Gruppe, die zum Thema Gentechnik
arbeitet, oder eine Männergruppe.
Die verschiedenen existierenden Trennungslinien werden ein zentrales Thema auf
dem Kongreß sein. Sie werden sich in der
Struktur und den Inhalten des Kongresses
niederschlagen, deswegen können die
Diskussionen nicht (sofort) um Strategien
und Perspektiven gehen. Es soll erst einmal
um eine Art Bestandsaufnahme linksradikaler Politik gehen, von der aus dann weiter
geguckt werden kann. Wie gesagt, das Ziel
ist nicht, alles zu vereinheitlichen und die
Widersprüche wegzuwischen, sondern sich
mit den Inhalten und Vorbehalten der
unterschiedlichen Bewegungsteile
auseinanderzusetzen; Unterschiedliche
Ansätze nebeneinander existieren zu lassen,
aber trotzdem zu schauen, wo (oder ob) es
eine gemeinsame Basis gibt.
Der (vorläufige) Kongreßverlauf
1. Tag (Freitag, 14.4.95)
Der erste Tag soll ein Einstieg in den
Kongreß sein.
Er soll den Raum aufmachen, miteinander
zu diskutieren, Positionen auszutauschen,
eigene Standpunkte zu formulieren, andere
Politikansätze wahrzunehmen, sich zu
öffnen.
morgens/vormittags: Eröffnungsplenum:
Eingangsworte, Technos, Erklärung des
Tagesmottos: Erläuterung des Begriffes
¯Autonomie® unter der Frage des
unterschiedlichen Zugangs mit den
Fragestellungen:
- woher kommen wir - was trennt uns - was verbindet uns
Dieses Motto ist der Diskussionsrahmen für
die anschließenden Arbeitsgruppen.
mittags/nachmittags: Es soll in Kleingruppen diskutiert werden. Dies kann in Frauen, Männer-, Jugend-, MigrantInnen, Ost-,
etc.pp. Gruppen, als auch in gemischten,
bunt zusammengewürfelten Gruppen
passieren.
abends: großes, gemeinsames Plenum:
Bestandsaufnahme und Kritik autonomer,
linksradikaler, undogmatischer Politik unter
Einfluß der Ergebnisse aus den Kleingruppen
2. Tag (Samstag, 15.4.95)
Am zweiten Tag wollen wir den unterschiedlichen Spaltungen und Auseinanderdifferenzierungen innerhalb der linksradikalen undogmatischen Bewegungen
während der letzten Jahre Rechnung
tragen.
Mit anderen Worten: Wir wollen die Frage
nach dem ¯Wir® stellen ohne vereinheitlichen und die Widersprüche verdecken zu
wollen, für die es gute Gründe gibt.
Das Motto soll lauten: Solidarisierung /
Auseinandersetzung / Abgrenzung
linksradikaler undogmatischer Gruppen
zueinander - Wer macht hier eigentlich
noch radikale Politik (mit revolutionärem Anspruch)?
Ziel ist, das Schweigen der Linken zu
durchbrechen.
Es soll differenzierte Beiträge aus den
Gruppen und zu den politischen Schwerpunkten geben, die über den jeweiligen
Tellerrand blicken und damit eine Kommunikation und Konfrontation ermöglichen.
Die Frage nach dem ¯Wir® läßt sich nicht
mit wenigen diskutieren. Andererseits ist
es wohl auch nicht möglich, sie im großen
Plenum differenziert und genauer zu
erörtern. Daraus resultiert eine Mischform
und Dreiteilung für den zweiten Tag:
9.00 Uhr Frühstück
10.00 Uhr Großveranstaltung mit oben
genanntem Motto
(kurze prägnante Beiträge mit
provokanten Thesen, die die
Diskussionen in den AG's
anregen sollen)
12.00 Uhr AGs (wir stellen uns Gruppen
bis ca. 25-30 Leute vor)
16.00 Uhr Kleinplena (zusammengesetzt
aus verschiedenen AG's mit
unterschiedlichen politischen
Schwerpunkten, ca. 100-200
Leute)
Auf den Kleinplena soll die Diskussion, die
in den AG's geführt wurde, mit den anderen AG's fortgesetzt werden. Damit soll
erreicht werden, daß sich die bestehende
Zersplitterung nicht in den AG's reproduziert. Wir halten 100-200 Leute für eine
überschaubare Größe, in denen sich
dennoch die Spaltungslinien der Linken
wiederfinden werden.
3. Tag (Sonntag, 16.4.95)
Revolution - täglich oder gar nicht!
Gleiche Struktur wie am zweiten Tag mit
dem inhaltlichen Unterschied bezüglich des
Eröffnungsplenums und der AG's: Was
nun? Organisierung? Widerstand? Träume
und Utopien?
- Neubestimmung der Angriffsziele linksradikaler undogmatischer Politik
- Organisierung in den Bewegungen
- Widerstand? Wie und gegen was kämpfen
und wehren wir uns (gemeinsam)?
- Wie bestimmen wir unsere Position in der
Gesellschaft? Wo sind dort mögliche
BündnispartnerInnen?
- Selbstghettoisierung
- Agitation, Projektion, Mobilisierung
4. Tag (Montag , 17.4.95)
morgens / vormittags: allerletztes Frühstück
Abschlußplenum (Resümee)
nachmittags: große gemeinsame Abschlußaktion
--r.
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