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Sun Jul 30 00:34:57 1995
 

Folgender Text erschien in der ZECK, der Zeitung der Roten Flora/ Hamburg,

und koennte fuer alle interessant sein:

Autonomie-Kongreß der linksradikalen undogmatischen Bewegungen

Einladung

zum bundesweiten

Vorbereitungstreffen für den

Autonomie-Kongreß der

undogmatischen linksradikalen

Bewegungen am 3.-5. Februar in

Hamburg

Worum es gehen wird:

Nachdem wir uns auf dem letzten Treffen in

Erfurt auf eine grobe Struktur des

Kongresses geeinigt haben, wird es in

Hamburg darum gehen, diese Struktur mit

Inhalten zu füllen.

Es wird also darum gehen, sich genaue

Gedanken zu den täglichen Eingangsveranstaltungen zu machen: Wer soll dort etwas

sagen? Welche Inhalte sollen repräsentiert

werden? Was für eine Form sollen die

Veranstaltungen haben (Podiumsveranstaltung oder anderes)?

Welche AGs wird es geben, und wie sollen

sie organisiert werden?

Wie soll die Idee mit den 100er- bzw.

200er-Plena umgesetzt werden?

Außerdem gibt es bisher nur äußerst vage

Vorstellungen über das kulturelle Rahmenprogramm und vor allem den Abschlußtag. Was für eine Abschlußaktion soll

es am Montag geben?

Geklärt werden muß auch, ob es im Vorfeld

des Kongresses einen Reader mit wichtigen

Beiträgen und Stellungnahmen geben wird

(wer stellt den zusammen, was soll rein?),

und wie die Ergebnisse des Kongresses

dokumentiert und aufgearbeitet werden

sollen.

Wo wir uns treffen:

Das Treffen findet statt in der Roten Flora,

Schulterblatt 71.

Dort wird es Freitag ab 20 Uhr in der

VoKü etwas zu Essen geben und die

Schlafpätze werden verteilt.

Samstag gibt es dort um 10 Uhr

Frühstück und um 11 Uhr geht's dann mit

dem Treffen los.

Abends sorgen wir dann wieder für's

Essen.

Und Sonntag geht's wie gehabt um 10

Uhr mit dem Frühstück weiter.

Um die Anzahl der Schlafplätze abschätzen

zu können, wäre es schön, wenn ihr den

Anmeldezettel an uns zurückschicken

würdet.

Für Essen und sonstige Auslagen hätten wir

gerne 30,- DM pro Person oder soviel ihr

euch leisten könnt.

Bis denne im Hamburg

die Hamburger KongreßvorbereiterInnen

PS: Leider wird es keine rollstuhlgerechten

Räumlichkeiten geben. Sorry!

Das "Erfurter Programm"

In Erfurt wurde das im Kasten dokumentierte Programm für den Kongreß beschlossen. Es sieht nun drei Fragenkomplexe für

die ersten drei Kongreßtage vor: 1. Autonomie: Geschichte, Aktualität und Zukunft

einer Gesellschaftsvorstellung und eines

Politikansatzes; 2. Die Trennungslinien der

Linken - Differenzierungen, Brüche, Spaltungen; 3. Gibt es (revolutionäre) Perspektiven autonomer Politik?

Die Auflösungstendenzen einer linksradikalen Szene sind nicht zu übersehen. Politische Arbeit findet heute meistens in

kleineren Gruppen statt, die ¯ihr® Spezialgebiet beackern, die sich oft irgendwann

von der ¯Szene® losgelöst haben und die in

der Regel wenig oder garnichts mit anderen

linksradikalen Gruppen zu tun haben. Diese

Entwicklung ist kein zufälliges Produkt. Sie

spiegeln gesamtgesellschaftliche

Spaltungslinien wie Sexismus, Rassismus,

historische Entwicklungen und gesellschaftliche Vereinzelungstendenzen wieder. Folge

dieser Entwicklung ist jedenfalls, daß es

inzwischen wohl unmöglich geworden ist,

von einem ¯wir® der Bewegung zu

sprechen. Folge ist auch, daß über die

begründeten Spaltungen hinweg kaum noch

Kommunikation oder gar gemeinsame

politische Arbeit stattfindet.

Auf dem Kongreß soll es nicht darum

gehen, diese Spaltungslinien der linksradikalen Bewegungen in einer großen Einheitsfeier zuzukleistern, was wir aber wollen, ist, den Dialog, die Diskussion, Auseinandersetzung und den Streit zwischen

den Strömungen zu ermöglichen. Wichtig

ist, daß die unterschiedlichen Bewegungen

über ihren Tellerrand hinausblicken und sich

in Bezug zueinander setzen, denn die

übergreifenden Fragen betreffen alle. Eine

Antifa-Gruppe beispielsweise muß ebenso

Antworten auf die Frage finden, mit wem

sie wie Veränderung vorantreiben will, wie

eine Gruppe, die zum Thema Gentechnik

arbeitet, oder eine Männergruppe.

Die verschiedenen existierenden Trennungslinien werden ein zentrales Thema auf

dem Kongreß sein. Sie werden sich in der

Struktur und den Inhalten des Kongresses

niederschlagen, deswegen können die

Diskussionen nicht (sofort) um Strategien

und Perspektiven gehen. Es soll erst einmal

um eine Art Bestandsaufnahme linksradikaler Politik gehen, von der aus dann weiter

geguckt werden kann. Wie gesagt, das Ziel

ist nicht, alles zu vereinheitlichen und die

Widersprüche wegzuwischen, sondern sich

mit den Inhalten und Vorbehalten der

unterschiedlichen Bewegungsteile

auseinanderzusetzen; Unterschiedliche

Ansätze nebeneinander existieren zu lassen,

aber trotzdem zu schauen, wo (oder ob) es

eine gemeinsame Basis gibt.

Der (vorläufige) Kongreßverlauf

1. Tag (Freitag, 14.4.95)

Der erste Tag soll ein Einstieg in den

Kongreß sein.

Er soll den Raum aufmachen, miteinander

zu diskutieren, Positionen auszutauschen,

eigene Standpunkte zu formulieren, andere

Politikansätze wahrzunehmen, sich zu

öffnen.

morgens/vormittags: Eröffnungsplenum:

Eingangsworte, Technos, Erklärung des

Tagesmottos: Erläuterung des Begriffes

¯Autonomie® unter der Frage des

unterschiedlichen Zugangs mit den

Fragestellungen:

- woher kommen wir - was trennt uns - was verbindet uns

Dieses Motto ist der Diskussionsrahmen für

die anschließenden Arbeitsgruppen.

mittags/nachmittags: Es soll in Kleingruppen diskutiert werden. Dies kann in Frauen, Männer-, Jugend-, MigrantInnen, Ost-,

etc.pp. Gruppen, als auch in gemischten,

bunt zusammengewürfelten Gruppen

passieren.

abends: großes, gemeinsames Plenum:

Bestandsaufnahme und Kritik autonomer,

linksradikaler, undogmatischer Politik unter

Einfluß der Ergebnisse aus den Kleingruppen

2. Tag (Samstag, 15.4.95)

Am zweiten Tag wollen wir den unterschiedlichen Spaltungen und Auseinanderdifferenzierungen innerhalb der linksradikalen undogmatischen Bewegungen

während der letzten Jahre Rechnung

tragen.

Mit anderen Worten: Wir wollen die Frage

nach dem ¯Wir® stellen ohne vereinheitlichen und die Widersprüche verdecken zu

wollen, für die es gute Gründe gibt.

Das Motto soll lauten: Solidarisierung /

Auseinandersetzung / Abgrenzung

linksradikaler undogmatischer Gruppen

zueinander - Wer macht hier eigentlich

noch radikale Politik (mit revolutionärem Anspruch)?

Ziel ist, das Schweigen der Linken zu

durchbrechen.

Es soll differenzierte Beiträge aus den

Gruppen und zu den politischen Schwerpunkten geben, die über den jeweiligen

Tellerrand blicken und damit eine Kommunikation und Konfrontation ermöglichen.

Die Frage nach dem ¯Wir® läßt sich nicht

mit wenigen diskutieren. Andererseits ist

es wohl auch nicht möglich, sie im großen

Plenum differenziert und genauer zu

erörtern. Daraus resultiert eine Mischform

und Dreiteilung für den zweiten Tag:

9.00 Uhr Frühstück

10.00 Uhr Großveranstaltung mit oben

genanntem Motto

(kurze prägnante Beiträge mit

provokanten Thesen, die die

Diskussionen in den AG's

anregen sollen)

12.00 Uhr AGs (wir stellen uns Gruppen

bis ca. 25-30 Leute vor)

16.00 Uhr Kleinplena (zusammengesetzt

aus verschiedenen AG's mit

unterschiedlichen politischen

Schwerpunkten, ca. 100-200

Leute)

Auf den Kleinplena soll die Diskussion, die

in den AG's geführt wurde, mit den anderen AG's fortgesetzt werden. Damit soll

erreicht werden, daß sich die bestehende

Zersplitterung nicht in den AG's reproduziert. Wir halten 100-200 Leute für eine

überschaubare Größe, in denen sich

dennoch die Spaltungslinien der Linken

wiederfinden werden.

3. Tag (Sonntag, 16.4.95)

Revolution - täglich oder gar nicht!

Gleiche Struktur wie am zweiten Tag mit

dem inhaltlichen Unterschied bezüglich des

Eröffnungsplenums und der AG's: Was

nun? Organisierung? Widerstand? Träume

und Utopien?

- Neubestimmung der Angriffsziele linksradikaler undogmatischer Politik

- Organisierung in den Bewegungen

- Widerstand? Wie und gegen was kämpfen

und wehren wir uns (gemeinsam)?

- Wie bestimmen wir unsere Position in der

Gesellschaft? Wo sind dort mögliche

BündnispartnerInnen?

- Selbstghettoisierung

- Agitation, Projektion, Mobilisierung

4. Tag (Montag , 17.4.95)

morgens / vormittags: allerletztes Frühstück

Abschlußplenum (Resümee)

nachmittags: große gemeinsame Abschlußaktion

--r.

Infogruppe Hamburg (ifghh@krabat.comlink.de)

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