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Betreff : Geheimdienste parlamentarisch nicht zu kontrollieren
Datum : Di 30.05.95, 08:36 (erhalten: 31.05.95)
Struck verläßt die PKK
*SPD-Politiker nennt Kontrolle der*
*Geheimdienste unmöglich*
Von Helmut Lölhöffel
BONN, 28. Mai. Aus Verärgerung über die "unergiebige" Informationspraxis in der Parlamentskommission zur Kontrolle der
Geheimdienste (PKK) tritt der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, aus dem Geheimgremium aus. "Ich mache das nicht mehr mit", sagte Struck am
Sonntag der FR in Bonn. "Immer wieder werden uns Auskünfte verspätet, unvollständig oder gar nicht gegeben."
Die Bundesregierung erfülle ihre gesetzliche Informationspflicht
nicht, bemängelte Struck. So sei eine wirksame Kontrolle der Geheimdienste unmöglich, "und darum ist meine Mitgliedschaft in
der PKK nicht mehr sinnvoll".
Oft könne die Kommission erst aktiv werden, wenn es Berichte in
der Presse gegeben habe. Diese beruhten entweder auf journalistischen Recherchen oder auf gezielten Indiskretionen aus der
Bundesregierung und den Diensten selbst. Gerade die Aufdeckung
der Plutoniumaffäre und das Verhalten der Behörden habe wieder
gezeigt, "daß wirkliche Aufklärung nur in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuß möglich ist".
Er sei es leid, sagte Struck, hinter verschlossenen Türen von
Staatsminister Bernd Schmidbauer (CDU) nichtssagende, wertlose
Informationen zu bekommen, über die alle PKK-Mitglieder wegen
ihrer Verpflichtung zur Geheimhaltung nicht sprechen dürften,
aber kurze Zeit später im Fernsehen hören zu müssen, wie Schmidbauer das gleiche "öffentlich hinausposaunt". Struck kündigte
an, er werde in der SPD-Fraktion seinen Vorschlag weiterverfolgen, die PKK aufzulösen und sie durch einen vom Bundestag mit
Zweidrittelmehrheit zu wählenden Beauftragten für die Geheimdienste zu ersetzen. Er könne viel wirkungsvoller kontrollieren
und dann dem Parlament berichten.
Anfang 1990 hatte aus den gleichen Gründen wie jetzt Struck der
damalige SPD-Fraktionsgeschäftsführer Gerhard Jahn die PKK verlassen. Er erklärte damals den Versuch, die Geheimdienste von
Abgeordneten kontrollieren zu lassen, für "gescheitert". Seit
1992 gilt ein neues PKK-Gesetz, in dem es heißt: "Die Bundesregierung unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkomission umfassend über die allgemeine Tätigkeit (der Nachrichtendienste)
und über alle Vorgänge von besonderer Bedeutung." Dem Gremium
gehören neun Mitglieder an: Vier der CDU/CSU, drei der SPD, je
eines von Bündnisgrünen und FDP. Den Vorsitz führt zur Zeit der
CSU-Abgeordnete Wolfgang Zeitlmann, am 1. Juli fällt er turnusgemäß der SPD zu.
aus: FR, v. 29. 05. 95
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