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Tue Nov 14 06:45:42 1995
 

GEGEN FASCHISMUS UND KLASSENJUSTIZ!
Die Antifaschistische Aktion!

Broschuere der Autonomen Antifa (M) zu den Aktionen um den 2. Oktober 1995

Preis: 4,- DM + Porto. Zahlung nur in bar und im voraus. Keine Schecks. Bestellung an: Autonome Antifa (M) c/o Buchladen Rote Strasse 10 D-37073 Goettingen

INHALT Technische Hinweise 2 Inhaltliches 3 Einleitendes 4 Klassenjustiz und buergerliches Recht 6 Aggressiv nach aussen - repressiv nach innen 15 Ein Widerspruch - kein Antagonismus 21 Nur in der Anonymitaet gelingt ein technokratisch sauberes Abservieren politischer Opposition 28 Ableitendes 37 Chronologie * Daten * Informationen 39

EINLEITENDES

Schwerpunkt dieser Broschuere liegt in der Auseinandersetzung mit dem Thema Klassenjustiz. Sie wird veroeffentlicht in Verbindung mit den Aktionen am 2. Oktober 1995, an dem eine Agit-Prop-Aktion und im Anschluss daran eine Demonstration unter dem Motto "Gegen Faschismus und Klassenjustiz - Die Antifaschistische Aktion!", stattfindet. Diese Aktionen, zu denen seit 1990 jedes Jahr aufgerufen wird, sind Teil des politischen Konzeptes der Autonomen Antifa (M). Ziel ist Position zu gesellschaftlicher Rechts-Entwicklung zu beziehen und ihr antifaschistische Politik entgegenzusetzen. Am 2. Oktober 1994 kam als Einschaetzung zu den Verfahren nach *129 ("kriminelle Vereinigung") und *129a ("terroristische Vereinigung") gegen die Autonome Antifa (M) die Broschuere "...folgerichtig ist Antifaschismus kriminell!" heraus. Die nun vorliegende Broschuere ist in Anlehnung an die erste entstanden. Die Gruppe Kunst und Kampf (KuK) druckte in der Broschuere "Verbotene Kunst" das zuvor kriminalisierte "Weiterstad Plakat" ab. Auf dem Plakat war seinerzeit eine Veranstaltung mit ehemaligen politischen Gefangenen angekuendigt worden. Die Generalstaatsanwaltschaft (GSA) Celle erhob eine neue Anklage nach *129a gegen KuK und auch gegen den Buchladen Rote Strasse wegen des Verkaufs dieser Broschuere. Die Anklagen nach *129a (Werbung fuer eine terroristische Vereinigung) und die Anklage der GSA wegen der Broschuere des GNN-Verlages "Ausgewaehlte Zeitdokumente" (Zur Geschichte der RAF) wurden durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) fallengelassen. Dies befreite nicht nur den Buchladen Rote Strasse von seiner Anklage, sondern zeigte wiederum die verbissene Verfolgungswut der GSA, die - trotz juristischer Aussichtslosigkeit - an ihrer Wadenbeisserei festhielt. Doch was fast laecherlich anmutet, ist bitterer Ernst. Die Kriminalisierung revolutionaeren Widerstands hat lange Tradition. Das Fallenlassen der Anklage nach *129a ist als Teilerfolg der politischen Arbeit zu sehen. Doch der Mammutprozess vor der Staatsschutzkammer Lueneburg, in dem es darum gehen wird, die Autonome Antifa (M) als "kriminelle Vereinigung" zu verurteilen, steht noch aus. 17 Personen sind angeklagt, weitere Verfahren sind nicht auszuschliessen. Denn die SoKo 606 existiert bis heute, und es wird munter weiter ermittelt. Die Interessen, die dahinter stehen, sind eindeutig: mit dem sich wahrscheinlich jahrelang hinziehenden Prozess und den dazu benoetigten Observationen soll die politische Arbeit der Gruppe behindert und sie letztlich zerschlagen werden. Durch gezielte Falschmeldungen der Verfolgungsbehoerden, die wohlwollend durch buergerliche Medien breitgetreten werden und der Aussicht fuer BuendnispartnerInnen, in die Ermittlungen einbezogen zu werden, soll radikale antifaschistische Politik diskreditiert und isoliert werden.

Zum Aufbau der Broschuere: Der erste Teil beschaeftigt sich mit einer grundsaetzlichen Analyse von Klassenjustiz und ihrer Funktion im kapitalistischen System. Im zweiten Teil geht es um die aktuellen Angriffe von Seiten des Staates gegen die Linke, u. a. die bundesweiten Durchsuchungen im Sommer diesen Jahres im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die Zeitschrift "radikal", die "antiimperialistischen Zellen (AIZ)" und das "K.O.M.I.T.E.E.". Der dritte Teil bezieht Stellung zu dem auch in Zusammenhang mit den "Chaostagen" in Hannover vielzitierten sogenannten Deeskalationskonzept; einer angeblichen Polizeistrategie, die gar keine ist. Praktische Erfahrungen, die die Autonome Antifa (M) mit Ant Repressionsarbeit gemacht hat, sollen im letzten Teil vermittelt werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Oeffentlichkeitsarbeit. Anti-Repressionsarbeit, gerade weil sie erhebliche Kapazitaeten verschlingt, muss so angelegt sein, dass sie als Teil der Politik offensiv gegen staatliche Repression gerichtet wird. Die Vernichtung der Wurzeln des Faschismus ist unser Ziel!

KLASSENJUSTIZ UND BUERGERLICHES RECHT

Wenn heute Gerichte und ihre Urteile als Klassenjustiz bezeichnet werden, verbirgt sich dahinter zumeist die Entlarvung der RichterInnen als RepraesentantInnen des Staates und seiner ureigensten Interessen. Dabei handelt es sich nicht nur um Gesinnungsjustiz, die sich im Sinne der jeweils herrschenden Staatsraeson gegen den politischen Gegner richtet. Klassenjustiz beginnt im alltaeglichen Bereich: Urteile zum Vorteil von VermieterInnen und Konzernen oder auch eine Strafjustiz, die den "Schutz des Eigentums" ueber den "Schutz des Menschen" stellt und fuer sogenannte Eigentumsdelikte (Diebstahl) Menschen in den Knast steckt, die am Wesen des Kapitalismus scheiterten. Zudem existiert eine Verwaltungsrechtsprechung, die Fluechtlinge in Abschiebeknaeste und -lager bringt. Sie ersetzt inzwischen damit die "Arbeit" der Nazibanden auf der Strasse, indem sie nach aussen hin unauffaellig Fluechtlinge in die Laender zurueckschickt, wo Folter und Tod auf sie warten oder Fluechtlinge in den BRD-Abschiebeknaesten - in Erwartung des Todes im eigenen Land - Selbstmord begehen. Damit ist eine strukturelle "saubere Loesung" gefunden, die keine "schokkierte Oeffentlichkeit" produziert. Am deutlichsten drueckt sich Klassenjustiz durch die Staatsschutzsenate und -kammern aus, deren politische Bestimmung darin besteht, mit dem Schwert der ** 129 und 129a gegen RevolutionaerInnen, Linke und AntifaschistInnen zu Felde zu ziehen. Sei es um Vernichtung anzudrohen oder sie in letzter Konsequenz auch durchzusetzen. Hinter diesen vielfaeltigen Erscheinungen verbirgt sich mehr als nur der reaktionaere Charakter einiger "MittelstandsrichterInnen". Es stehen sich heute auch nicht mehr sichtbar zwei Klassen gegenueber, von denen die eine die Justiz als Instrument in der Hand haelt. Denn es sind - parlamentarisch verabschiedete - Gesetze, die die Grundlage jeder gerichtlichen Entscheidung bilden. Die Existenz der Klassenjustiz ist heute vielmehr im modernen Recht selbst angelegt.

Die Urspruenge Die Geschichte der Klassenjustiz ist so alt wie die buergerliche Gesellschaft selbst. Zwar gab es auch in anderen Gesellschaften zuvor Klassen und Organe, die im Interesse der Herrschenden richteten, allerdings ist Klassenjustiz heute gekennzeichnet von der Durchsetzung oekonomischer Interessen fuer die herrschenden Eliten. Dies mittels buerokratischen, formalen Verfahren, denen der Schein einer neutralen, gerechten Instanz anhaftet. Bei der Entwicklung der Gesellschaft hin zum Kapitalismus vor etwa 150 Jahren hatte das Recht in den meisten Laendern noch die Funktion, in Form von Befehlen der "Obrigkeit", Menschen an die neuen Produktionsbedingungen zu ketten und zugleich zu disziplinieren. Die entstehende Industrie verlangte nach Massen von ArbeiterInnen, die ueberwiegend aus ehemaligen Bauern und Baeuerinnen bestanden. Diese verloren per Dekret ihr Land und damit ihre Lebensgrundlage und waren so gezwungen, ihre Existenz in den neu entstehenden industrialisierten Grossstaedten zu fristen. Waehrend buergerliche Philosophen noch ueber die Idee des gleichen und freien Menschen nachdachten, schaffte sich das Kapital diesen in Form der "freien" LohnarbeiterInnen; frei von Existenzmitteln und damit gezwungen, in "freien" Vertraegen ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Die politischen Rechte der ArbeiterInnen aber mussten zu jener Zeit hart erkaempft werden. Denn zu eng waren die alte Feudalaristokratie und das aufstrebende Buergertum noch mit dem Staat verwoben. "Gleich" waren die Menschen also nur innerhalb ihres Standes, ihrer Klasse.

Justiz und Klassenkampf Diese Entwicklung war zugleich Ursache einer Klassenjustiz, die sich gegen die ArbeiterInnen richtete. Denn die erreichten gesellschaftlichen Zustaende der revolutionaeren Umwaelzungen des 18. und 19. Jahrhunderts blieben auf eine buergerliche Vorstellung des Gesellschaftsaufbaus beschraenkt. Die ArbeiterInnen schlossen sich zunaechst zusammen, um ihre Arbeits- und Lebensbedingungen, spaeter auch die diesen zugrunde liegenden politischen Verhaeltnisse, zu aendern (Wahlrechts-, Stundentagsforderung sowie die Forderung nach Abschaffung der Kinderarbeit). Der direkte Vorlaeufer der heutigen **129, 129a aus dem preussischen Strafgesetzbuch, der *99, richtete sich bereits gegen sozialistische Parteien und Gewerkschaften. Ab 1871 - mit der Gruendung des ersten deutschen einheitlichen Staates - existiert dieser Paragraph als *129 (kriminelle Vereinigung), dessen Inhalt bis heute im Kern erhalten blieb. Nicht nur in der juristischen Definition zur Verfolgung der Opposition schlug Deutschland einen Sonderweg ein. Der "preussische Obrigkeitsstaat" blieb noch lange bestehen. In ihm waren saemtliche Ordnungsaufgaben einer allmaechtigen Polizei zugewiesen, die im Gegensatz zum sogenannten Rechtsstaat keiner formalen Kontrolle unterlag und in dem der/ die Einzelne ohne rechtlichen Schutz den Herrschern und ihren Ordnungsorganen ausgeliefert war. Diese Rueckstaendigkeit liegt zum einen in den gescheiterten buergerlichen Revolutionen begruendet (1848), die die buergerlichen Kraefte in Deutschland immer wieder Kompromisse mit den Institutionen der Feudalaristokratie schliessen liess. Zum anderen war die Kleinstaaterei erst spaet ueberwunden (1871). Damit wurde auch die Herausbildung des Nationalstaates, der "moderner" staatlicher Organe bedarf, stark verzoegert.[1] Mit der Entstehung des einheitlichen Nationalstaates fand die Bekaempfung der ArbeiterInnenbewegung unmittelbar in den "Sozialistengesetzen" unter Bismarck von 1878 ihre gesetzliche Regelung. Die "Sozialistengesetze" verboten Versammlungen, Organisation sowie Publikationen der sozialdemokratischen ArbeiterInnenbewegung und erweiterten die Polizeibefugnisse. Die erste politische Geheimpolizei entstand in dieser Zeit. Es galt, die damalige Sozialdemokratie mit ihrer Forderung nach politischer Teilhabe und menschenwuerdigen Lebensbedingungen im rohen Kapitalismus, zu bekaempfen. Der streng hierarchische Justiz- und Polizeiapparat war das Mittel dazu. Mit ihm hatten spaeter auch Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht zu kaempfen. Luxemburg hatte waehrend des I. Weltkrieges, angesichts des Umschwenkens der SPD-Mehrheit, gegen den deutschen Militarismus agitiert und musste dafuer mit Strafhaft und "Schutzhaft" bis zum Ende des Krieges 1918 zahlen. Die spaetere Ermordung der beiden durch rechts-reaktionaere Freikorps unter Billigung staatsbeteiligter Sozialdemokraten[2] war fuer dieselbe Justiz kein Anlass, die Moerder zu verurteilen. Die spaeter in die deutsche Reichswehr eingegliederten Freikorpsverbaende hatten ja in "Not fuer Volk und Vaterland" gehandelt. Nicht nur wurden diese Verbrechen juristisch sanktioniert, deutsche Gerichte schickten auch tausende revolutionaerer ArbeiterInnen der Aufstaende nach 1918, insbesondere nach den "Mitteldeutschen Aufstaenden" 1921 in die Gefaengnisse. Die erste Generation der RevolutionaerInnen, die fuer die Beendigung des I. Weltkrieges gesorgt hatte, war durch die Aufstaende zwischen 1918 bis 1923 entweder getoetet worden, oder aber sass in den ueberfuellten Zuchthaeusern der jungen Weimarer Republik. Ein markantes Beispiel hierfuer ist der Ausgang des Kapp-Putsches von 1920. "Waehrend die RevolutionaerInnen teilweise bestialisch hingerichtet und abgeschlachtet wurden" - durch die rechten Freikorpsverbaende, zuvor unter politischer Verantwortung der SPD in die Reichswehr eingegliedert, die in das Ruhrgebiet gegen die entwaffneten ArbeiterInnen einmarschierten - "konnten die rechten Putschisten vor allem in den Prozessen damit rechnen, mit Samthandschuhen angefasst zu werden. Von 705 amtlich bekanntgewordenen Straftaten der Rechten waren bis 1922 bereits 412 amnestiert, 176 Verfahren eingestellt, 109 durch Tod oder sonstige Gruende nicht weiter verfolgt, noch nicht erledigt 7 und bestraft sage und schreibe 1 Person."[3]

Dass die aus der Kaiserzeit kommende Richterschaft sich zumeist mit wehenden Fahnen in den Rechtsapparat des Faschismus einreihte, nicht nur als Werkzeug, sondern mit vorauseilendem Gehorsam, liegt auf einer Linie mit ihrer Funktion: naemlich im Dienste der herrschenden Eliten zu richten. Ueber die Klassenjustiz in diesen offenen Formen berichtete schon der Rechtsanwalt und spaetere Kommunist Karl Liebknecht in seiner Rede ueber "Rechtsstaat und Klassenjustiz" von 1907: "Der Richter versteht alles natuerlich vom Standpunkt seiner besonderen Klasse".[4]

Die "Freiheitlich-Demokratische Grundordnung" Mit der militaerischen Zerschlagung des deutschen Faschismus 1945 wird oft - so wurde es gerade im vergangenen Jahr in den Medien breitgetreten - die "Stunde Null" von "Marktwirtschaft und Demokratie" gefeiert. Diese neue Epoche soll sich nun endgueltig von der Zeit der Klassenkaempfe und des Faschismus abgeloest haben. Aber ohne Frage waren weder die Wurzeln des Faschismus generell vernichtet worden, noch endete die Klassenjustiz; der buergerliche Staat gab sich nur ein anderes Gewand. Das Gewand traegt den aufgeblasenen Namen "Freiheitlich-Demokratische Grundordnung" (FDGO). Diese Begriffsschoepfung sollte in den naechsten Jahren ob ihres schwammigen Inhaltes dazu genutzt werden, all das als verfassungsfeindlich zu erklaeren, was nicht in das (antikommunistische) Bild des BRD-Staates passte. Damit war zum Beispiel das Verbot der KPD durch das Bundesverfassungsgericht 1956 und die strafrechtliche Verfolgung hunderttausender KommunistInnen und SozialistInnen in jener Zeit begruendet.[5] Auch die Berufsverbote der 70er Jahre, mit denen saemtliche Berufe im Staatsdienst von fortschrittlichen Menschen "gesaeubert" wurden, gehen auf das Totschlagargument der FDGO zurueck. Mit dem bis heute genutzten und oft zitierten ideologisch dehnbaren Begriff ist eine Kategorie geschaffen worden, die jegliche Unterdrueckung oppositioneller Organisationen, Gruppierungen und Einzelpersonen gesetzlich legitimieren laesst, die die Gesellschaftsform der BRD in Frage stellen, also die des kapitalistischen Verwertungssystems. Eine aehnliche ideologische Kategorie im Fundament der BRD ist der Begriff der "wehrhaften Demokratie", der gerne dann in die oeffentliche Debatte eingeworfen wird, wenn es um die Forcierung der Durchsetzung schaerferer Gesetze im Bereich der "InnerenSicherheit" geht. Hintergrund ist hier abermals die "Totalitarismusthese".[6] In Anlehnung an das Ende von Weimar wird hier immer wieder heraufbeschworen, dass das demokratische Gesellschaftssystem so wehrhaft sein muesse, dass es sich gegen die Extreme von links und rechts durchsetzten koennen muesse. Schaerfere Gesetze sollen dies dann gewaehrleisten; Gesetze zur Unterdrueckung der Ansaetze, die das Gesellschaftssystem in Frage stellen, also Gesetze gegen die linke Opposition.

Die Geschichte der BRD liefert zahlreiche Beispiele, die den Klassencharakter der Justiz durch strukturelle Massnahmen (Gesetze und Verwaltungsbestimmungen) deutlich zu erkennen geben. Sei es das Aufstandsbekaempfungsprogramm der Notstandsgesetze 1968, die das "sanfte" Hineinwachsen in einen Krieg gewaehrleisten und die Aufrechterhaltung des Kriegszustandes durch eine Umstrukturierung der Innenpolitik ermoeglichen, oder aber die weitbekannte justizielle Aufruestung und Verfeinerung durch den *129a im Jahr 1976. Der *129a setzt juristisch das um, was politisch propagiert wird: Terroristenhatz. Die Auslegungspraxis der Staatsschutzsenate im "Deutschen Herbst" 1977 entsprach selbst aus buergerlich-liberaler Sicht nicht mehr "rechtsstaatlichen Standards". Die Schnittpunkte mit faschistischer Gesinnungsjustiz waren seinerzeit unuebersehbar geworden. War im "Deutschen Herbst" die Motivation und der "Machtkampf" seitens des Staates erkennbar geworden, sind die Methoden der Justiz als Klassenjustiz heutzutage so angelegt, dass ein offensichtlicher Klassencharakter nicht mehr ohne weiteres erkennbar ist; doch die Bekaempfung linker Bewegungen ist heute mehr denn je in den Strukturen verankert, als dass sich die Klassenjustiz an Machtkartellen reaktionaerer Charaktere festmachen liesse

Kapitalismus und Recht Abgesehen von der Feststellung, dass bestimmte Gesetze und Urteile objektiv den herrschenden Eliten nuetzen, stellt sich dennoch die Frage in welchem Verhaeltnis Inhalt und Form des Rechts zueinander stehen. Zunaechst laesst sich Inhalt und Form des Rechts unterscheiden. Der Inhalt einzelner Normen ist eine Bewertung eines menschlichen Verhaltens, woraus eine technische Regel bzw. eine Verhaltensorientierung abgeleitet wird. Bei Nichtbeachtung folgen staatliche Sanktionen. Der jeweilige Inhalt kann vordergruendig fortschrittlich sein, bleibt aber im Gesamtzusammenhang reaktionaer. Zum Beispiel enthaelt eine Quotenregelung fuer Frauen zweifelsohne progressive Elemente. Im Gegensatz dazu steht hingegen die Neuregelung des *218, die noch immer nicht den Kern, naemlich die Selbstbestimmung der Frau, entsprechend gewaehrleistet. Beide Regelungen, sowohl die "fortschrittliche" Quotenregelung, als auch der reaktionaere *218 existieren, aber beide in Form von Gesetzen, in der Rechtsform also.[7] Fuer die Rechtsform (Gesetz, Bestimmung) ist es unerheblich, welchen Inhalt sie hat. Denn das Recht hebt nur bestimmte Merkmale aus der gesamtgesellschaftlichen Struktur heraus und formuliert anschliessend daraus ein Rechtsverhaeltnis. Diesem Rechtsverhaeltnis, dieser Regel, liegt schon ein reales menschliches Verhaeltnis zugrunde. Beispielsweise betrachtet das Recht beim Kauf nur Uebereinstimmung des Willens von KaeuferIn und VerkaeuferIn, also den Vertrag. Was nicht beruecksichtigt wird, sind die jeweiligen Gruende und sozialen Bedingungen, aus denen heraus der/die jeweilige VertragspartnerIn in einen Vertrag einwilligt. Kann also der Rechtsinhalt als Ausdruck des Willens der herrschenden Klasse, oder - entsprechend den historischen Kraefteverhaeltnissen - als erkaempfter Kompromiss emanzipatorischer Kraefte betrachtet werden, so ist dies bei der Rechtsform nicht der Fall. Regelungen, Gesetze sind nicht per se einem bestimmten Inhalt verpflichtet.

Ware und Recht Das einzige, was der Mensch von Natur aus besitzt und was ihn zum Leben befaehigt, ist seine Arbeitskraft. Diese ist imstande, mehr zu schaffen als der Einzelne tatsaechlich zum Leben braucht. Damit der Mensch in der modernen Industriegesellschaft ueberhaupt lebensfaehig ist, ist er gezwungen, seine Arbeitskraft zu verkaufen. Die Tatsache, dass der Mensch mit seiner Arbeit mehr zu produzieren vermag, als er zum eigenen Leben benoetigt, ermoeglicht den Tausch der Dinge und Produkte, die durch Arbeit erzeugt werden. Der Austausch der Waren, der die Grundlage des Gesellschaftssystems des Kapitalismus darstellt, wird durch Gesetze geregelt, also durch die Rechtsform. Da nur der Wille zaehlt, "frei" ueber eine Ware zu verfuegen, wird auch das zugrunde liegende Verhaeltnis verschleiert: naemlich die eben genannte besondere Eigenschaft der Ware Arbeitskraft. So erscheint auch der Vertrag zwischen "UnternehmerIn" und "ArbeitnehmerIn" als gerechtes, ausgeglichenes Verhaeltnis, welches es aber nicht ist, da die sozio-oekonomische Lage ausgeklammert wird. Eine Gleichheit besteht lediglich in dem Punkt, dass alle Menschen - wollen sie Teil der Gesellschaft sein - Waren kaufen und verkaufen muessen. Diese buergerliche Gleichheitsidee stellt sich damit im Endeffekt als eine Ideologie einer theoretischen Gleichheit dar. Die Idee der Freiheit ist dementsprechend nur als ideelle Freiheit zu sehen und nicht als tatsaechliche. Den Geschmack der Freiheit, den die moderne Industriegesellschaft bereithaelt, ist die Freiheit, Vertraege zu schliessen. Da die Ideen von Gleichheit und Freiheit ein falsches Bild der Wirklichkeit der gesellschaftlichen Situation im Kapitalismus wiederspiegeln, steht das im Widerspruch zur realen Herausbildung des Rechts in der modernen Industriegesellschaft.

Der Zwangscharakter des Rechts_ Die gesellschaftlichen Regeln in Form des Rechts machen natuerlich keinen Sinn, wenn sie nicht durchsetzbar sind, weil sie sich im permanenten Widerspruch zu ihrem eigenen (theoretischen) Ideal von Gleicheit und Freiheit bewegen. Denn die Verwertung der Arbeitsprodukte auf dem Markt erfordert, wenn der Warenaustausch, also der gesellschaftliche Alltag, reibungslos vonstatten gehen soll, die zwangsweise Durchsetzung des Tausches der Waren. Diese Funktion erfuellt der Staat als gesetzliche und ausuebende Gewalt. Er "ist das Eingestaendnis, dass diese Gesellschaft sich in einen unloesbaren Widerspruch mit sich selbst verwickelt, sich in unversoehnliche Gegensaetze gespalten hat, die zu bannen sie ohnmaechtig ist. Damit diese Gegensaetze, Klassen mit widerstreitenden oekonomischen Interessen, nicht sich und die Gesellschaft in fruchtlosem Kampf verzehren, ist eine scheinbar ueber der Gesellschaft stehende Macht noetig geworden, die den Konflikt daempfen, innerhalb der Schranken der 'Ordnung' halten soll; diese, aus der Gesellschaft hervorgegangene, aber sich ueber sie stellende, sich ihr mehr und mehr entfremdende Macht ist der Staat."[8] Der Staat kann also nichts weiter sein als eine die Ordnung haltende Macht. Die Mittel, die der Staat zu Verfuegung stellt, damit das kapitalistische Verwertungssystem tagtaeglich funktionieren kann, reicht von der Schaffung infrastruktureller Massnahmen bis zur Ausbildung der Ware Arbeitskraft, der gesetzlichen Regelung ihrer Ausbeutung und ihres Verkaufs. Dazu gehoert ebenfalls die Reproduktion der Arbeitskraft, die im derzeitigen Stadium des Kapitalismus durch die "Keimzelle" der Familienstruktur gesichert wird. Die Form der gesellschaftlichen Organisation dient gleichermassen zur Unterdrueckung oder Integration sozialer politischer Bewegungen, die tendenziell die Klassenstruktur dieser Gesellschaft in Frage stellen und fuer eine Alternative zum kapitalistischen System kaempfen.

_und seine ideologische Verklaerung Die Rechtfertigung des Staatsapparates und einzelner Normen geschieht durch eine ideologische Ueberbewertung des Rechts (Recht=Gerechtigkeit). Frueher waren dies goettliche - angeblich unhinterfragbare - Voraussetzungen und inzwischen sind es "vernunft"-rechtliche. Der gesellschaftliche Charakter des Rechts wird damit verschleiert, so wie heute die Staatsdoktrin der parlamentarischen Demokratie und der Gewaltenteilung als beste Form "gesellschaftlichen Zusammenlebens" gefeiert und festgeschrieben wird. Im Widerspruch zur eigenen Aussage der Gewaltenteilung steht, dass Regierung, Verwaltung, Polizei, Gerichtsbarkeit und Parlament grundsaetzlich einheitlich im Interesse desselben buergerlichen Staates handeln, allesamt auf dem Boden der FDGO fuer eine "wehrhafte Demokratie" arbeiten und verurteilen. Heute laesst sich geradezu von einer juristischen Weltanschauung sprechen: Gerechtigkeit wird als etwas Endgueltiges, Feststehendes begriffen, das den gesellschaftlichen Verhaeltnissen und ihren Veraenderungen nicht unterliegt. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zum Beispiel wurde bisher als etwas "Heiliges" gehandelt, als kaeme jede Entscheidung aus einer Instanz der hoechsten Wahrheit. Allerdings wird das Bundesverfassungsgericht (BVG) doch dann in Zweifel gezogen, wenn es nicht im Sinne reaktionaerer Kreise entscheidet, wie es zum Beispiel bei den diesjaehrigen Entscheidungen zu "Soldaten sind Moerder" und zum Noetigungsparagraphen der Fall war. Nach dieser neuerlichen Entscheidung stellen Sitzblockaden keine Noetigung mehr dar, was eine umfassende Entschaedigung der bisher Verurteilten bedeutet. Geradezu grotesk-komisch wird die Rolle des BVG beim aktuellen "Kruzifix"-Urteil in Bayern. Nachdem religioese Fanatiker und katholische Glaubensextremisten den Aufstand probten, sah sich das BVG genoetigt, das "Kruzifix-Urteil" zu korrigieren und soweit einzuschraenken, dass das vielgeliebte Kreuz inclusive "Lattenjupp" in oeffentlichen Schulen nicht abgenommen werden muss, sondern haengen bleiben darf, solange sich niemand beintraechtigt fuehlt.

Die buergerliche Gesellschaft_ Das Recht in dieser Gesellschaft spiegelt das Verwertungsinteresse des Kapitals wieder und manifestiert in Gesetzgebung und Rechtsprechung die kapitalistischen Widersprueche des Imperialismus, des Patriarchats, der oekologischen Katastrophe usw. Gleichzeitig aber lassen sich bis zu einem gewissen Grad emanzipatorische Inhalte ueber die Rechtsform verwirklichen. Dies aber nur soweit, bis die Rechtsform selbst ueberfluessig wuerde. Dies deshalb, weil der Inhalt der Forderung die gesellschaftlichen Verhaeltnisse in Frage stellt. Mit der Abschaffung des Privatbesitzes an Produktionsmitteln wird zwar das Recht noch nicht ueberfluessig werden, sondern es kann erst nach und nach absterben. Es wird aber soweit "zurueckgedraengt", wie eine bewusste, gebrauchswertorientierte (beduerfnisorientierte) Produktion und damit klassenlose Gesellschaft moeglich wird.

_und ihre Aufhebung Dass dies nicht nur theoretische, sondern praktische Bedeutung fuer das Verhaeltnis zwischen Radikalopposition und Staat hat, laesst sich an vielen Punkten der politischen Praxis ablesen. Zum Beispiel am ewigen Konflikt zwischen "Realpolitik" und systemsprengenden Standpunkten, der nicht nur bei den "Gruenen" ein besonderes Kapitel ausmacht. Die "Realos" operieren mit den Basisbedingungen von Demokratie, Rechtsstaat und Marktwirtschaft, und damit auf Grundlage von Ware ihrem Austausch und Geld. Zudem setzen sie diese Bedingungen als quasi natuerliche voraus. Ihr Ansatz ist damit schon ihr Dilemma. Der radikale Standpunkt will zwar systemueberwindend sein, bleibt jedoch dann folgenlos, wenn ihm die Vermittlung nicht gelingt. Deshalb laesst sich erst in der praktischen Auseinandersetzung mit dem Staat und seinen Organen dieser Konflikt auf der Ebene des Rechts austragen. Mit der tatsaechlichen Infragestellung des "staatlichen Gewaltmonopols" wird zum Beispiel erkennbar, dass die auch verinnerlichten Gesellschaftsstrukturen nicht von goettlicher Ewigkeit, sondern angreifbar und veraenderbar sind. Dies ist beispielsweise moeglich mit der Thematisierung der Form des antifaschistischen Kampfes (Schwarzer Block, Demonstrationen), an der sich die Widersprueche auch innerhalb der staatlichen Organe entzuenden und dabei offizielle ideologische und rechtliche Massstaebe zweifelhaft werden. Sich auf diesen notwendig widerspruechlichen Kampf einzulassen und entsprechend reagieren zu koennen, aber zugleich dem Gegner seine eigenen Grenzen bewusst werden zu lassen, ist eine unvermeidliche Gratwanderung. Denn erst wenn sich auch jenseits der radikalen Linken im Buendnis mit anderen Kraeften die Erkenntnis durchsetzt, dass sich mit Rechtsstaat, Politik im alten Sinn und "Marktwirtschaft" die realen Probleme sich nicht aufloesen lassen, kann auch die Systemstruktur broeckeln.

AGRESSIV NACH AUSSEN - REPRESSIV NACH INNEN

Im Zuge der sowohl aussen- als auch innenpolitischen Stabilisierung der BRD und der angestrebten Machtstellung im neuen Europa laeuft der Repressionsapparat auf vollen Touren. Der BRD-Staat will sich zum 50. Jahrestag der Zerschlagung des Nazi-Faschismus endlich von seiner duesteren Vergangenheit reinwaschen, hat dafuer in den letzten zwei Jahren werbewirksam 10 faschistische Parteien und Organisationen verboten. Vor diesem Hintergrund ist am 30. Juni 1995 ein deutscher Kriegseinsatz parlamentarisch abgesegnet worden; die Bundeswehr hat im August 1995 im Buendnis mit der NATO den ersten deutschen Kampfeinsatz seit Ende des II. Weltkrieges gestartet. Waehrend aussenpolitisch versucht wird, auch militaerisch an erster Stelle zu stehen, wird innenpolitisch der Versuch unternommen, die radikale Linke endgueltig aus dem Weg zu raeumen. Neben der Verabschiedung verschiedener Gesetze, ("Verbrechensbekaempfungsgesetz", saechsisches und brandenburgisches Polizeigesetz, Zusammenarbeit von BND, Verfassungsschutz, Polizei)[9] ist die radikale Linke ueberall, wo sich Ansaetze von Organisierung zeigten, mit unzaehligen Einschuechterungsversuchen und Verfahren ueberzogen worden. Auf eine parlamentarische Anfrage der Gruenen hin antwortete Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, zur Zeit seien beim Generalbundesanwalt 105 Ermittlungsverfahren mit linksextremistischem und zwei mit rechtsextremistischem Hintergrund anhaengig.[10] "Innere Sicherheit" heisst die Rechtfertigung fuer die umfassende Repression der letzten 1 1/2 Jahre gegen linksradikale Organisationen und Strukturen. Die Liste der eingeleiteten Verfahren, Anklagen und auch Verurteilungen wuerde den Rahmen dieser Broschuere sprengen, dennoch soll auf einige Beispiele eingegangen werden. Waehrend mittels des *129a die Kurdische Arbeiterpartei PKK und saemtliche kurdischen Vereine und Organisationen im letzten Jahr verboten und damit praktisch die gesamte kurdische Widerstandsbewegung in der BRD kriminalisiert wurde, ist die deutsche organisierte radikale Linke ebenfalls heftigen Kriminalisierungsversuchen ausgesetzt.

Ein Jahr nach den Hausdurchsuchungen gegen die Autonome Antifa (M) fand am 13. Juni 1995 wiederum eine bundesweite Durchsuchungsaktion statt, initiiert von der Bundesanwaltschaft. Ueber 80 Wohnungen, linke Projekte, Infolaeden und Vereine wurden wegen **129/129 Ermittlungen gegen die Zeitschrift "radikal", die "antiimperialistischen Zellen (AIZ)" und das "K.O.M.I.T.E.E." durchsucht.

Vier Menschen, denen Beteiligung an Herstellung und Vertrieb der "radikal" vorgeworfen wird, sind noch am Tag der Durchsuchung wegen "Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung" (*129) in Untersuchungshaft gesteckt worden. Vier weitere Menschen sind zur Zeit auf der Flucht und eine Person wurde in diesem Zusammenhang am4. Juli dieses Jahres in Beugehaft genommen, nachdem sie die Aussage als Zeuge verweigert hatte.

*129 mit neuer Qualitaet Waehrend die Anwendung des *129a seit seinem Bestehen typisch fuer die Verfolgung des linksradikalen Widerstands ist, gewinnt auch der *129 offensichtlich wieder an Bedeutung und das in zweierlei Hinsicht. Der Versuch, die Autonome Antifa (M) ebenso wie die Zeitung "radikal" zu einer kriminellen Vereinigung nach *129 zu verurteilen, stellt in der politischen Verfolgungspraxis des Staates und seiner Organe ein neues Element dar. Auf der einen Seite ist der *129 zum ersten Mal ueberhaupt gegen eine autonome antifaschistische Gruppierung eingesetzt worden. Ziel der Autonomen Antifa (M) sei es, "kriminelle" Straftaten zu begehen und nicht etwa antifaschistische Politik zu betreiben. Auf diese Weise wird ein politisches Konzept, bestehend aus Demonstrationen, Veranstaltungen, Ausstellungen usw., also in seiner ganzen Komplexitaet mit ein und demselben Paragraphen angegangen. Die Anwendung des *129 geht einher mit dem Versuch, radikalen antifaschistischen Widerstand zu entpolitisieren. Im Gegensatz zu dem *129a, der immer schon wegen seiner eindeutig politischen Funktion umstritten war, steht der *129 hauptsaechlich in Zusammenhang mit der sogenannten "organisierten Kriminalitaet". Organisierter antifaschistischer Widerstand wird somit eingereiht in die Liste der Autoschieberbanden und Drogenkartelle und mit dieser Gleichsetzung seiner politischen Inhalte beraubt. Auf der anderen Seite erreicht der *129 eine neue Qualitaet, wenn schon das Herstellen einer Zeitung als "kriminell" verurteilt werden kann. So wird die Redaktion der "radikal" nicht wegen Anschlaegen verfolgt, sondern es reicht aus, ueber Aktionen anderer Gruppen zu berichten und deren Erklaerungen abzudrucken, um eine "kriminelle Vereinigung" darzustellen. Wenn von Staatsseite jetzt versucht wird, den *129 verstaerkt gegen die linksradikale Bewegung einzusetzen, so kann das unter anderem auf das Fehlen der RAF als aktiver Kraft zurueckgefuehrt werden. Bisher war der *129a sowohl Mittel zur Verfolgung, indem anhand dieses Paragraphen der Weg freigemacht wurde fuer umfangreiche Ermittlungstaetigkeiten wie Observationen, Abhoeren der Telefone, Eingriff in den Postweg usw., als auch Rechtfertigung, indem jede mit 129a-Verfahren ueberzogene Gruppe in der Oeffentlichkeit als irgendwie der RAF zugehoerig diskreditiert werden sollte und das mit dem Ziel, die Gruppe gesellschaftlich zu isolieren. Letzteres wird aber dann absurd, wenn die RAF, fuer die nach *129a geworben oder die unterstuetzt worden sein soll, in der Oeffentlichkeit nicht mehr praesent ist und daher nicht als "terroristisch" wahrgenommen wird. Mit dem *129 hat die verfolgende Justizbehoerde ausserdem die Moeglichkeit, eine politische Gruppe und ihre Mitglieder einfach per Organisationsdelikt abzuurteilen. Wird z. B. die Autonome Antifa (M) als "kriminelle Vereinigung" verurteilt, kann auch jedes nachweisliche Mitglied verurteilt werden, ohne dass ihr nur eine einzige Straftat konkret nachgewiesen werden muss. Diese Moeglichkeit vereinfacht eine Verurteilung und widerspricht dem geltenden Rechtsgrundsatz der Individualschuld.

Methoden Auch wenn gerade von einer neuen Qualitaet des *129 gesprochen wurde, so heisst das nicht, dass die verfolgenden Behoerden auf herkoemmliche und andere Methoden der Repression verzichten. Einschuechterungsversuche und Diffamierungskampagnen gehoeren ebenso ins Repertoire wie jahrelange Zermuerbungstaktiken, Psychoterror und wahnwitzige Intrigenspinnereien. So muessen sich 15 Plauener AntifaschistInnen wegen "schweren Landfriedensbruch in Tateinheit mit schwerer Koerperverletzung" einem Prozess aussetzen, der bestimmt ist von einem zermuerbenden juristischen Hin-und-Her zwischen Aussetzung der Verfahren, Abtrennung der Verfahren von zwei Hauptangeklagten, Entbindung der Pflichtverteidigung und Wiederaufnahme der Verfahren. Der Anklage liegt eine antifaschistische Aktion gegen einen Naz Aufmarsch vom Maerz 1992 zugrunde, in deren Verlauf es zu Auseinandersetzungen zwischen BGS, oertlicher Polizei und Ne Nazis kam.[11] In Passau griff eine widerwaertige Mischung verschiedener Repressionsmechanismen. Nach militanten Aktionen zum Jahreswechsel 1994/ 95 wurden 129a-Verfahren eingeleitet und etliche Wohnungen durchsucht. Die Begruendungen fuer die 129 Verfahren waren vielfaeltig und gespickt von Absurditaeten. So ist die Wohnung eines 15jaehrigen durchsucht und ein 129 Verfahren gegen ihn eingeleitet worden, weil in der Naehe seiner Wohnung Graffitis mit angeblichem RAF-Bezug zu sehen waren. Nicht nur sind Passauer AntifaschistInnen durch in die Presse lancierte anonyme Aeusserungen angeblicher Stadtraete zu gefaehrlichen Brandstiftern gemacht und somit bei ihren buergerlichen Buendnispartnern diskreditiert worden, sondern auch in ihren existenziellen Grundlagen angegriffen worden. VermieterInnen der von Durchsuchungen Betroffenen wurden ueber angebliche terroristische Umtriebe ihrer MieterInnen informiert, was in einigen Faellen Kuendigungen nach sich zog. Ebenso wurden Arbeitsstellen von der Polizei aufgesucht und den Angestellten Anschlaege unterstellt, mit dem Ziel, ihnen die materielle Grundlage zu entziehen. Um auch unter den AntifaschistInnen Misstrauen zu saeen und die sozialen Zusammenhaenge zu zerstoeren, startete der Staatsschutz Anwerbeversuche bei Jugendlichen fuer Spitzeldienste. Zwei der vier Hauptverdaechtigen der "Silvesterkrawalle" haben mit 14 Jahren Selbstmord begangen.[12] Dass die verfolgenden Behoerden gern auch auf Aussagen von Ne Faschisten bauen, zeigen die Verfahren in Weimar. Die Bundesanwaltschaft hatte wegen militanter Aktionen gegen die neurechte Zeitung "Junge Freiheit" vom Oktober 1994 129 Verfahren gegen Unbekannt eingeleitet und im April und Juni diesen Jahres zehn Personen aus der Weimarer linken Szene zu Zeugenaussagen vorgeladen. Gegen die Beschuldigten sagte eine Person als Zeuge aus, die selbst in dem Spektrum der Neuen Rechten als Anwalt taetig ist, glich seine Aussage doch im wesentlichen einem angeblichen Interview, das Redakteure der "Jungen Freiheit" mit gefaelschten "Junge Welt"-Presseausweisen mit Weimarer AntifaschistInnen gefuehrt haben wollen. In diesem angeblichen Interview vom 9. Dezember 1995 sollen die AntifaschistInnen gesagt haben, dass nicht sie, sondern zwei Mitglieder der Autonomen Antifa (M) aus Goettingen den Anschlag veruebt haetten, das aber mit ihrer logistischen Unterstuetzung.[13] Wie weit die Bundesanwaltschaft diese "Goettingen-Connection" weiterverfolgt, ist nicht abzuschaetzen. Offensichtlich ist aber, dass noch so irrsinnige Behauptungen von Neo-Nazis aufgegriffen werden, wenn sie denn "erfolgsversprechend" fuer die verfolgenden Behoerden scheinen. Wenn auch die Methoden der Verfolgung variieren, so ist allen dennoch eins gemeinsam: Sie sollen radikalen linken Widerstand zerschlagen und die Organisierung desselben schon im Keim ersticken. Innenminister Manfred Kanther hatte sich klar zu der Razzia vom 13. Juni 1995 geaeussert: "Die Aktion war eine zielgerichtete praeventive Massnahme zur Einschuechterung gegen die linksradikale Szene."[14]

Mit und ohne RAF Die Strategien der Repression werden der politischen Gesamtlage und den sich daraus ergebenden Moeglichkeiten angepasst. Die letzten 1 1/2 Jahre haben bewiesen, dass Repression nicht von der Existenz des bewaffneten Kampfes abhaengt. Wenn es in der Linken Tendenzen gab und gibt, die RAF indirekt fuer verschaerfte Repression verantwortlich zu machen, so ist das nicht nur eine Fehleinschaetzung, sondern eine Verinnerlichung der staatlichen Propaganda. Schon fuer die Einfuehrung des *129a im Jahre 1976 ist die RAF verantwortlich gemacht worden. Der "Gewaltverzicht" der RAF hat aber eben nicht zur Folge gehabt, dass keine Repression mehr stattfindet. Er hat vielmehr dazu gefuehrt, dass eine neue Methode entwickelt wurde, mit der die organisierte Linke auch ohne die RAF verfolgt werden kann, naemlich die Anwendung des *129.

Umgang und Handhabe Angesichts der Komplexitaet von Repressionsmechanismen, einer schwachen radikalen Linken und immer noch mangelnder Organisierung bleibt eine Entwicklung von Strategien im Umgang mit und im Kampf gegen Repression stark eingeschraenkt. Ist es in Goettingen aufgrund des Organisationsgrades und der politischen Konstellationen moeglich, Angriffen des LKA und der GSA schnell und koordiniert in Form von Demonstrationen, Oeffentlichkeitsarbeit usw. entgegenzutreten, gestaltet sich das Reagieren in anderen Faellen schwieriger. So war die Ausgangslage fuer die wegen Beteiligung an der Knastsprengung in Weiterstadt Verfolgten aus Frankfurt beispielsweise unguenstiger als in Goettingen. Waehrend einer Durchsuchung am 27. Juni 1995 aufgrund eines Ermittlungsverfahrens gegen Unbekannt wegen "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Herbeifuehrung einer Sprengstoffexplosion" sind vier BewohnerInnen der Fritzlarer Strasse zur Zeugenvernehmung vorgeladen worden.[15] Obwohl sie die Aussage verweigerten, ist die angedrohte Beugehaft bisher verhindert worden. Ohne die geleistete gute Medienarbeit[16] der Betroffenen waere ihnen dieser Teilerfolg sicherlich nicht ohne weiteres gelungen. Ein klares Rezept gegen Repression laesst sich nicht zusammenstellen, genausowenig kann die eine oder andere Ant Repressionsarbeit einen Erfolg am Ende garantieren. Sicher ist, dass Teilerfolge nur durch einen offensiven und oeffentlichkeitswirksamen Umgang mit der Repression zu erreichen sind. Wie auch immer sich die Repression im Einzelnen ausdrueckt, bleibt festzustellen, dass, je besser die Betroffenen organisiert sind, desto einfacher und effektiver ist die Ant Repressionsarbeit.

EIN WIDERSPRUCH - KEIN ANTAGONISMUS

Hannover. Seit den "Chaostagen"im August 1995, bei denen es zu Auseinandersetzungen zwischen Punkern und der Polizei kam, geistert ein Begriff durch die bundesweite Medienlandschaft, der zuvor nur mit einigen Demonstrationen - vor allem gegen faschistische Zentren - in Suedniedersachsen verbunden wurde: das sogenannte Deeskalationskonzept der Polizei. Die Streitigkeiten innerhalb der Niedersaechsischen Polizei bzw. im Innenministerium und auf der politischen Buehne haben gar soweit gefuehrt, dass Hannovers Polizeichef Sanders im Alter von 61 Jahren am 25. August 1995, kurz vor seiner Befoerderung, seinen Ruecktritt einreichte. Er uebernahm damit die Verantwortung fuer den Einsatz der Polizei bei den "Chaostagen", da der Druck reaktionaerer Kreise in Politik und im Sicherheitsapparat nach wochenlanger Diskussion zu gross geworden war. "Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft im Deutschen Beamtenbund, Gerhard Vogler, bezichtigte Glogowski, 'nach Goettingen nunmehr auch Hannover zu einem Kultort fuer gewalttaetige Ausschreitungen' gemacht zu haben."[17] Mit dem taktischen Schritt des vorzeitigen Ruecktritts entstand ein Puffer fuer die politisch Verantwortlichen im Niedersaechsischen Innenministerium, allen voran der Niedersaechsische Innenminister Gerhard Glogowski und der ihm unterstellte Staatssekretaer Claus Henning Schapper.

Goettingen. Am 24. August 1995 wartete das Goettinger Tageblatt unter der Ueberschrift "Will Generalstaatsanwaltschaft ein paar Bauernopfer?" mit einemArtikel auf, in dem sich die Goettinger Polizei als Opfer der Ermittlungen des LKA und der Celler Generalstaatsanwaltschaft (GSA) bezeichnet. "Bei der Polizei in Goettingen haben die Ermittlungen (_), unterdessen helle Empoerung ausgeloest", heisst es. "Es gehe der Generalstaatsanwaltschaft in Celle offenbar vor allem darum, die sogenannte Deeskalations-Linie in Misskredit zu bringen (_). Die politische Linie passe der Generalstaatsanwaltschaft nicht. (_). Die Goettinger Polizisten fuehlen sich aber auch vom Landeskriminalamt (LKA) ueber den Tisch gezogen. Beamte der LK Sonderkommission, die in Goettingen jahrelang vergeblich die Urheber zahlreicher Anschlaege auszumachen versuchte, haetten offenbar akribisch Aktenvermerke ueber ihre Goettinger Kollegen angelegt (_)." Die Goettinger Polizei fuehlt sich also in Ermangelung der Faehigkeit, die gesamtpolitische Situation zu erfassen, als Opfer und von ihren eigenen Kollegen des Landeskriminalamtes "ueber den Tisch gezogen". Aber wesentlich aufschlussreicher ist die Tatsache, dass die Goettinger Polizeifuehrung dem Hick-Hack zwischen den Einsatzstrategien fuer Demonstrationen eine politische Dimension bescheinigt. Darueberhinaus unterstellt sie der Generalstaatsanwaltschaft politische Motive. Hatte doch Generalstaatsanwalt Manfred Endler ein Jahr zuvor beteuert, "weder die Polizei noch die Staatsanwaltschaft betreiben in irgendeiner Form Politik (_) Es ist unsere Aufgabe, Straftaten zu verfolgen."[18] Dies sieht offensichtlich nicht einmal mehr die Goettinger Polizei so. Auch die oertliche SPD, die sich noch kurz nach der militanten Demonstration vom 16. Juli 1994 genoetigt sah, sich zu distanzieren, zeigt sich "empoert ueber die Ermittlungen gegen Goettinger Polizisten im Zusammenhang mit der Deeskalationstaktik der Polizei. Offensichtlich politisch motiviert seien die Attacken der Celler Generalstaatsanwaltschaft. Auf der offenbar vergeblichen Suche nach Terroristen torpediere die Staatsanwaltschaft erfolgreiche Einsatzkonzepte der Polizei und verpulvere fuer aufgeblasene Ermittlungsverfahren Steuergelder, erklaerte der Stadtverband(_)".[19]

Widerspruechliche Aussagen zum Widerspruch Als nach der Demonstration zum 2. Oktober 1992 erstmals ueber die Presse oeffentlich wurde, dass sich die oertliche Polizei im Clinch mit dem LKA befaende, glaubte niemand so recht an einen handfesten Streit. Damals hatte die Goettinger Polzeifuehrung den Schnuefflern des LKA untersagt, Observationsaufnahmen waehrend der AgitProp-Aktion und der anschliessenden Demonstration unter dem Motto "Schafft die antifaschistische Einheit" zu fertigen und ihren Kollegen faktisch einen Platzverweis erteilt. "Wie am Mittwoch bekannt wurde, war der polizeiinterne Streit vor allem daran entbrannt, dass die LKA-Fahnder den Demonstrationszug mit starken Kraeften observieren, fotografieren und filmen wollten. Von den Einwendungen der Goettinger Polizeifuehrung, die dadurch die Gefahr einer Eskalation befuerchtete, wollten sich die Terrorfahnder nicht ueberzeugen lassen."[20] Der Streit wurde damals oeffentlich, weil er erst auf der Ebene des Innenministeriums beigelegt werden konnte. Jetzt behauptet die Goettinger Polizei gar: "Es gehe der Generalstaatsanwaltschaft in Celle offenbar vor allem darum, die sogenannte Deeskalations-Linie in Misskredit zu bringen (_)." Hingegen geht aus der Antwort des Niedersaechsischen Innenministeriums vom 6. Juni 1995 an das OLG Celle auf Anfrage bezueglich der Existenz einer "Deeskalationsstrategie" hervor, dass es kein Deeskalationskonzept gibt - weder seitens des Innenministeriums noch seitens der Goettinger Polizei. "Daher gibt es auch kein durch das Innenministerium vorgegebenes landesweites 'Deeskalationskonzept' - auch nicht speziell fuer den Bereich Goettingen i.S. einer 'Goettinger Linie' - , das fuer bestimmte Lagen oder Situationen immer ein standardisiertes Buendel polizeilicher Massnahmen bzw. das Absehen von bestimmten Massnahmen vorsieht. Allerdings wurden und werden diese Abwaegungen auch im polizeilichen Sprachgebrauch als 'Deeskalation' bezeichnet, ohne dass dies (s.o) in einem Konzept oder einer Strategie muendet. Vielmehr liegen diese Entscheidungen jeweils in der Kompetenz des den Einsatz leitenden Polizeifuehrers." Hier wird mehr als deutlich, dass es die gegenueber der Oeffentlichkeit als liberal verkaufte "Deeskalationstrategie" nicht gibt. Vor allem nicht in demSinne, dass die Polizei von sich aus ein liberaleres Einsatzkonzept einfuehrt. Vielmehr muss der Entschluss, eine liberale Demonstrationseinsatztaktik zu fahren, als "spontane", sich aus den politischen Kraefteverhaeltnissen entwickelnde Entscheidung gesehen werden. Im direkt auf die eben zitierte Textstelle folgenden Absatz aus der Antwort des Innenministeriums wird deutlich, dass die Polizei aufgrund der fuer sie politisch verfahrenen Situation handeln musste. "Anzahl und Art und Weise des Verlaufs vor allem der gewalttaetigen demonstrativen Aktionen in Goettingen haben dazu gefuehrt, dass die polizeiliche Einsatzbewaeltigung in Goettingen immer im Lichte der Oeffentlichkeit gestanden hat. Nachdem in den Jahren 1991/1992 die Autonome Antifa (M) vermehrt ihre Demo-Konzepte oeffentlich bekannt machte und sich dementsprechend verhielt, entwickelte sich daraus eine polizeiliche Einsatztaktik, die dann von der Oeffentlichkeit und in der politischen Diskussion als 'Deeskalationsstrategie' bezeichnet wurde." Hieraus geht hervor, dass die derzeitige antifaschistische Demonstrationskultur nicht auf das Wohlwollen der Polizei zurueckzufuehren ist, sondern auf die Glaubwuerdigkeit der Politik der Autonomen Antifa (M).

Ausgangsbedingungen Das, was das Innenministerium dezent mit den Worten, "dass die polizeiliche Einsatzbewaeltigung in Goettingen immer im Lichte der Oeffentlichkeit gestanden hat," umschreibt, heisst im Rueckblick nichts anderes, als dass die Goettinger Polizei seit 1986 immer wieder in die Schlagzeilen geriet und ihr Image stark angekratzt war. Ein paar Schlaglichter verdeutlichen dies:

* z. B. die "JuZI-Razzia" im Jahre 1986. Nach einer Raeumung von drei besetzten Haeusern wurden am Abend des 1.Dezember ueber 400 Menschen mehrere Stunden festgesetzt und ED-behandelt.Diese polizeiterroristische Aktion wurde Jahre spaeter als rechtswidrig erklaert.

* z. B. die Raeumung des Max-Planck-Gymnasiums nach einer Besetzung durch SchuelerInnen im Zuge des Widerstandes gegen die Schulreform 1987. Bei dieser Aktion wurden zum Teil 13-jaehrige SchuelerInnen brutal zusammengeschlagen. Diese Polizeiaktion verursachte einige Tage spaeter nicht nur eine Demonstration mit ueber 3000 Personen - zu grossen Teilen empoerten Eltern - sondern kostete auch den damaligen Oberstadtdirektor seinen weichen aber wackeligen Sessel. * z. B. der Skandal um den politischen Mord an der Antifaschistin Conny Wessmann durch die Polizei. Vor allem die Praktiken der politischen Abteilung des Zivilen Streifenkommandos (ZSK) wurden durch diese Aktion zutage gefoerdert ("Sollen wir sie plattmachen!?")[21]. Dies reihte sich (personell) nahtlos in den sogenannten SpuDok-Skandal ein[22], der schon Anfang der 80er Jahre fuer breite Empoerung ueber die Grenzen Goettingens hinaus gesorgt hatte. Dieser rankte sich ebenfalls um die politische Zivilpolizei und ihre Methoden. * und schliesslich die Uebergriffe der Polizei im November 1991 bei einer Mahnwache zum Gedenken an die Antifaschistin Conny. Es kam dort zu ueberfallartigen Szenen durch die Polizei, nur weil DemonstrantInnen politische Parolen an die Waende angebracht hatten. Dabei wurden zum Teil unbeteiligte Personen verletzt.

Diese durch die Polizei eskalierte politische Gesamtsituation zwang die Polizei, ihr bisheriges aggressives Einsatzkonzept auf Demonstrationen zu ueberdenken. Ein Ausdruck des angekratzten Images der Polizei war die Tatsache, dass sie sich nach internen Beratungen mit dem Innenministerium genoetigt sah, eine Pressestelle einzurichten.[23] In diese Situation hinein erfolgte der Schritt der Autonomen Antifa (M) mit der Silvester-Demonstration 1991/ 92. Da die Polizei sich zurueckhalten musste, war es in der Folgezeit moeglich, eine andere Demonstrationskultur in Suedniedersachsen zu etablieren, die sich nicht mehr bedingungslos an die repressiven Spielregeln des ausgehoehlten Demonstrationsrechtes halten musste. Es geht in der politischen Auseinandersetzung immer darum, reaktionaere Entwicklungen zurueckzudraengen bzw. politisches Terrain zu erkaempfen, was in diesem Falle nichts anderes heisst, als die Polizei zur Zurueckhaltung zu zwingen.

Es wurde die Moeglichkeit geschaffen, dass sich breite Kreise an Demonstrationen beteiligen. Viele waren zuvor durch die konfrontative Situation bei den bis dato ueblichen Demonstrationen abgeschreckt. Darueberhinaus konnte praktisch wie politisch der Schwarze Block durchgesetzt werden sowie sich einer erzwungenen Kontaktaufnahme mit der Polizei bzw. anderen Kontrollinstanzen durch die Anmeldepflicht bei Demonstrationen entzogen werden. Auch die oftmals durch Provokationen der Polizei ausgeloesten Auseinandersetzungen wurden wegen der Abwesenheit der Polizeieinheiten verhindert. Diese Auseinandersetzungen hatten in der Vergangenheit oftmals dazu gefuehrt, dass die eigentlichen politischen Inhalte der Demonstration von Meldungen ueber "Ausschreitungen" ueberlagert wurden.

Durch den Erhalt des Schwarzen Blocks wurde nicht nur in der konkreten Situation einSchutz vor den Kameras der Polizei und der Faschisten erreicht, sondern vielmehr macht der Schwarze Block deutlich, dass es sich bei einer entspechenden Demonstration um eine Initiative einer linksradikalen Kraft handelt, die in grundsaetzlicher Opposition zum kapitalistischen Gesellschaftssystem steht.

D(i)eEskalation Die Entwicklung in Goettingen auf die gesamte politische Situation zu uebertragen und grundsaetzlich als deeskaliert oder entspannt zu bezeichnen, waere kurzsichtig. Hier sollte nicht vergessen werden, dass Demonstrationen nur einen Teil der politischen Arbeit darstellen und Goettingen eine Sonderstellung in der BRD einnimmt. Die sogenannte Deeskalationslinie, mit der sich sowohl der Polizeiapparat vor Ort aber auch wahlweise das Niedersaechsische Innenministerium bruesten, ist eine dem Staat abgezwungene schein-liberale Haltung. Eine Zurueckhaltung der Staatsgewalt, sei es auch nur an der Demonstrations-Einsatztaktik, muss erkaempft werden. Der Erhalt dieser von reaktionaeren Kreisen als "rechtsfreier Raum" bezeichneten Demonstrationskultur, ist eine Frage des politischen Kraefteverhaeltnisses. Das hat auch die GSA Celle bzw. der BGH erkannt. Es geht dabei nicht vordergruendig um die Erhaltung einer "liberalen Linie" auf Seiten der Polizei. Vielmehr war und ist das Ziel der Politik der Autonomen Antifa (M) niemals, die Polizei zu liberalisieren oder das Innenministerium zu ueberzeugen, sondern Handlungsmoeglichkeiten fuer eine radikale linke Politik zu finden. Im Spannungsfeld des entstandenen System-internen Widerspruchs zwischen LKA, GSA auf der einen Seite und der Goettinger Polizei auf der anderen Seite bewegt sich die Politik der Autonomen Antifa (M). Dieser Konflikt innerhalb des Apparates der Inneren Sicherheit dauert nun schon ueber 2 1/2 Jahre an. Dabei geht es , polizeistrategisch gedacht, lediglich um die Frage, wie denn nun der linksradikale Widerstand kleinzukriegen ist; durchSpaltung, offenes Draufschlagen, Totdeeskalieren oder, oder, oder. Rueckblickend bleibt nuechtern festzustellen, dass dieser Widerspruch im Apparat der antifaschistischen Arbeit weniger entgegenstand als die eskalierte Situation in Goettingen Mitte/ Ende der 80er Jahre. Wenn hingegen in der politischen Diskussion - auch innerhalb der Linken und der Solidaritaetsgruppen - die Frage der Rolle der Polizei mehr in den Vordergrund rueckt, als die radika antifaschistsiche Politik, die im Zentrum der Kriminalisierung steht, muss die Frage aufgeworfen werden, wem diese verzerrte Diskussion nuetzt. Wird behauptet, die Existenz der antifaschistischen Demonstrationskultur in Sue niedersachsen, sei auf das Verhalten der Polizei zurueckzufuehren, so wird genau das gewollte Bild buergerlicher Kreise reproduziert, auch in der Linken. Ob die Goettinger Polizei oder der Ortsverband der SPD - alle sehen derzeit die Goettinger Polizei als Opfer. Die verzerrte Diskussion um den System-internen Widerspruch zwischen den Polizeibehoerden blendet die eigentliche Auseinandersetzung aus. Es geht grundsaetzlich - egal ob deeskaliert oder eskaliert - um die Vernichtung der Idee, dass es eine Alternative zum kapitalistischenVerwertungssystem gibt. Fuer diese Alternative, fuer antagonistische Politik, steht die Autonome Antifa (M) vor Gericht.

NUR IN DER ANONYMITAET GELINGT EIN SAUBERES ABSERVIEREN POLITISCHER OPPOSITION

Seit Bekanntwerden der *129a-Ermittlungen in Goettingen im Jahre 1991 [24] besteht die Grundlage der Anti-Repressionsarbeit der Autonomen Antifa (M) darin, jedes neue Detail sofort zu veroeffentlichen. Dieses Vorgehen widerspricht nicht der "Anna und Arthur halten's Maul"-Kampagne. Das Prinzip, keine Aussagen zu leisten, bezieht sich auf das Umgehen mit dem Staatsschutz, nicht jedoch auf die Oeffentlichkeit. Unseres Erachtens ist es elementar, dass Politik im allgemeinen und politische Verfolgung im besonderen fuer Aussenstehende nachvollziehbar und verstaendlich sein muessen. Dafuer wurde Oeffentlichkeitsarbeit in Form von Flugblaettern und Boschueren, vor allem aber durch Presseerklaerungen geleistet. Desweiteren wurden mehr als 50 ueberregionale Veranstaltungen sowie zwei Ausstellungen organisiert. Fuer dieses Vorgehen sprachen neben allgemeinen Ueberlegungen im wesentlichen zwei Gruende.

1. Die Propaganda des Staatsschutzes zielte darauf, den sogenannten "Goettinger Terror-Untergrund" aufzuspueren. Tatsaechlich richteten sich die Ermittlungen politisch von Anfang an gegen das Konzept der legal angelegten Antifa-Arbeit der Autonomen Antifa (M). Via Presse liess das LKA verlautbaren, wer oeffentlich fuer die Gruppe auftrete, koenne festgenommen werden[25]. Durch Einschuechterung sollte erreicht werden, den politischen Wirkungsradius der Autonomen Antifa (M) auf das linksradikale Spektrum zu beschraenken. Eine Weiterentwicklung in Richtung einer oeffentlich agierenden Gruppe sollte verhindert werden. In dieser Situation war es richtig, mit den Ermittlungen oeffentlich umzugehen. Die Arbeit des Staatsschutzes sollte unter Beobachtung der Oeffentlichkeit stehen. Die Oeffentlichkeit ist die einzige Kontrollinstanz von Ermittlungen, nie aber der angeblich gewaltengeteilte Staat. Wie das Kaninchen auf die Schlange zu starren oder gar mit dem von aussen herangetragenen konspirativen Image zu kokettieren, waere politisch katastrophal und eine Niederlage vorprogrammiert gewesen.

2. Mit der fruehzeitigen Oeffentlichkeitsarbeit konnten Hausdurchsuchungen, Anklagen usw. nicht verhindert werden. Entscheidend aber ist, dass Oeffentlichkeit und BuendnispartnerInnen staendig mit den Ermittlungen konfrontiert wurden. Allein die Buendnisarbeit hatte zur Folge, dass sich ueber die Autonome Antifa (M) hinaus mehr Leute mit den Staatsschutzermittlungen befasst haben. Real sind wesentlich mehr Menschen, z.B. TeilnehmerInnen von Veranstaltungen, Bekannte, KollegInnen usw., ueberwacht worden, teilweise sogar intensiver als die BuendnispartnerInnen. Da diese aber keine Mitwirkenden des politischen Buendnis waren, fuehlten sie sich nicht in besonderem Masse betroffen und traten deshalb auch nicht politisch in Aktion. Die Hausdurchsuchungen vom 5. Juli 1994 waren damit nichts grundsaetzlich Unerklaerliches mehr; dass es irgendwann soweit sein wuerde, war abzusehen. Dies erklaert die schnelle Reaktion der Autonomen Antifa (M) und ihrer BuendnispartnerInnen im Anschluss an die Hausdurchsuchungen. Drei Demonstrationen, eine Anzeige gegen Innenminister Glogowski u.a. sowie diverse Stellungnahmen von Organisationen unterschiedlicher politischer Couleur verhinderten ein Einschlafen der Berichterstattung[26].

Veroeffentlichungen zu den Ermittlungen wurden somit Teil der Antifa-Politik, anhand derer der Charakter politischer Verfolgung in der BRD verdeutlicht werden kann. Dabei wurde versucht, die Verfolgung nicht in den Vordergrund zu stellen, schliesslich kann mit Repression nicht fuer die eigenen Ziele geworben werden. Inwiefern das gelungen ist, wird spaeter naeher untersucht. Die Oeffentlichkeitsarbeit hat die Ermittlungen zwar nicht ver-, aber in erheblichem Masse behindert, was auch den Akten zu entnehmen ist. Der Staatsschutz hat primaer das Interesse, ungestoert zu operieren. Nur in der Anonymitaet gelingt ein technokratisch sauberes Abservieren politischer Opposition. Anti-Repressionsarbeit muss dem entgegenwirken. Wenn Hansjoerg Geiger, neuer Chef des Bundesamtes fuer Verfassungsschutz (BfV), dahingegen mehr Transparenz ankuendigt[27], dann soll dies lediglich das schlechte Image seiner Organisation aufpolieren. Der Charakter geheimdienstlicher Methoden bei politischer Polizei und Verfassungsschutz bleibt von diesem Versuch werbewirksam aufzutreten, unberuehrt.

Oeffentlichkeitsarbeit In der Oeffentlichkeitsarbeit wurde auf die aktuelle Berichterstattung in regionalen und ueberregionalen Tageszeitungen der groesste Wert gelegt. In fast allen Faellen fanden Presseerklaerungen zumindest im Goettinger Tageblatt, der ortsansaessigen Monopolpresse, Beruecksichtigung. Ermoeglicht wurde dies durch viele Gespraeche mit JournalistInnen, vor allem aber durch eine ueber Jahre bestehende kontinuierliche politische Arbeit, mit der sich die Autonome Antifa (M) ein politisches Profil, auch fuer die Tagespresse, geschaffen hat. Anti-Repressionsarbeit heisst vor allem Oeffentlichkeitsarbeit mit und ueber buergerliche Medien. Eine Informationspflicht gegenueber der Linken durch Veroeffentlichung authentischer Information in der spezifisch linken Presse darf nicht mit Anti-Repressionsarbeit verwechselt werden. An dieser Stelle sei noch ergaenzend angemerkt, dass es aufgrund der Boykottpraxis gegenueber der Autonomen Antifa (M) vielfach nicht moeglich ist, in autonomen Zirkularen zu publizieren.

Medienrealitaet Es ist ein alter Hut, dass im Zeitalter der Massenmedien (Tageszeitungen, Magazine, Computernetze, Funk und Fernsehen) das reale Ereignis gegenueber der Berichterstattung in den Hintergrund tritt. Realitaet wird durch die Medienwelt simuliert. Umgekehrt folgt daraus, dass ein Eingreifen in politische Prozesse ohne die Medien nicht mehr moeglich ist. Eine Demonstration oder eine Veranstaltung ueber die nicht berichtet wird, entfaltet kaum noch oeffentliche und gesellschaftliche Wirkung. Dieses Prinzip der Simulation von Wirklichkeit erreicht in der sogenannten Flexi-Plus-Gesellschaft neue Dimensionen. Um bessere Verwertungsbedingungen in der internationalisierten kapitalistischen Produktionsweise zu schaffen, wird eine zunehmende Flexibilisierung von Arbeitszeiten und -orten notwendig. Die Anfahrtswege zu den Arbeitsplaetzen werden immer laenger, haeufige Arbeitsplatzwechsel und Auslandsarbeit sind keine Seltenheit mehr. Hinzu kommt die Durchsetzung der ganzwoechigen Arbeitszeit sowie sogenannter Arbeitszeitkorridore, um Arbeitszeiten an die Auftragslage anzupassen. Dieses fuer jede/n Lohnarbeiter/in individuell und zeitlich sich aendernde Arbeitsprofil laesst das soziale Gefuege gehoerig durcheinander geraten. Erhalt und Aufbau sozialer Beziehungen werden durch den Zwang zu oertlicher und zeitlicher Mobilitaet erschwert. Neben der mit dem Untergang der realsozialistischen Gesellschaftsformen verbundenen gegenwaertigen Utopielosigkeit ist dies ein wesentlicher Grund fuer den Rueckgang von Basisbewegungen und -engagement in allen gesellschaftlichen Bereichen. Meinungsbildung geschieht weniger denn je in Diskussionprozessen "von unten". Allein darauf zu setzen oder zu hoffen, waere deshalb verfehlte Politik. Das heisst auf keinen Fall Basisarbeit aufzugeben, schliesslich ist diese fuer die Motivation zu politischem Engagement, Mitarbeit und Kampf wie auch zur eigenen Verankerung elementar; Basisarbeit als Allheilmittel hat jedoch ausgedient. Wer sich dennoch damit begnuegt, traegt der veraenderten Realitaet keine Rechnung und isoliert sich zusehends selbst. Meinungsbildung und Meinungsaeusserung finden also im wesentlichen ueber die Medien statt. Wenn in den Medien von den Ermittlungen berichtet wird, so ist dies ein Anlass fuer politisch Nahestehende, sich oeffentlich zu solidarisieren. Politische Gegner fuehlen sich dazu bemuessigt, ihrerseits Stellung zu beziehen. Beides ist gut, wird doch so die politische Verfolgung Tagesthema. Wenn Juergen Trittin, Bundesvorstandssprecher von Buendnis 90/ Die Gruenen, von Anti-Antifa-Ermittlungen spricht, so fordert das zumindest die GSA Celle heraus, ihrerseits mit einer Presseerklaerung zu reagieren. Eine solche Reaktion erfolgt aber nur auf Aussagen von Seiten gesellschaftlich anerkannter Traeger von Politik; Aussagen linksradikaler Kreise und damit (potentiell) krimineller Subjekte wird eine GSA nie zu einer Presseerklaerung provozieren. Da die zustaendigen Herren der GSA Celle sich offenbar schnell in ihrer Eitelkeit gekraenkt fuehlen, von Oeffentlichkeitsarbeit aber keine Ahnung zu haben scheinen, gelingt es ihnen, sich in der Oeffentlichkeit selbst der Laecherlichkeit preizugeben. So z.B. wird von GSA "energisch zurueckgewiesen" dass sie Ant Antifa-Politik betreibe. Eine Gleichstellung des Tuns der GSA "mit dem Tun und Treiben rechtsterroristischer und rechtsextremistischer Gewalttaeter und Organisationen" sei "absurd"[28].

Buendnisfaehigkeit Unseres Erachtens ist die Buendnisfaehigkeit zur Zeit wichtigstes Moment linker Politik. Das gilt auch fuer die Antirepression Arbeit. Die Ermittlungen des LKA gingen nicht spurlos an den BuendnispartnerInnen der Autonomen Antifa (M) vorbei. Teilweise gerieten sie durch ihr Engagement selbst in die Ermittlungen, teilweise sollten sie als ZeugInnen aussagen[29]. Die Ant Repressionsarbeit wurde somit Teil der Buendnispolitik. Die Erweiterung des antifaschistischen Buendnisses in ein Solidaritaetsbuendnis haette aber nicht gelingen koennen, wenn die Autonome Antifa (M) zuvor keine glaubwuerdige Politik geleistet haette. Ohne die Unterstuetzungs- und Solidaritaetsarbeit anderer Gruppen, Organisationen und Parteien haette der Kampf gegen die staatliche Anti-Antifa nicht so effektiv gefuehrt werden koennen. Kurz nach den Hausdurchsuchungen vom 5. und 6. Juli 1994 riefen 44 Gruppen und 94 Einzelpersonen aus der Region zur bundesweiten Demonstration vom 16. Juli 1994 auf. Bis auf die SPD distanzierte sich keine/r von der militanten Demonstration. Die Gruenen initiierten mehrere Anfragen im niedersaechsischen Landtag wegen der Ermittlungen des LKA Niedersachsen gegen die Autonome Antifa (M), wegen der Razzien vom Juli 1994 und wegen der Anklagen vom Februar 1995. Sie forderten einhellig die Einstellung der Verfahren und die Absetzung von Generalstaatsanwalt Endler und Oberstaatsanwalt Pfleiderer sowie die Streichung der ** 129 und 129a. Eine Initiative von vielen innerhalb der Gruenen Antirepressionskampagne war ihr "Aktionstag gegen die Kriminalisierung antifaschistischer Initiativen" am 19. Maerz 1995 in der groessten Goettinger Diskothek. Um auf ueberparteilicher Grundlage im buergerlichen Spektrum Oeffentlichkeit gegen den Kriminalisierungsversuch herzustellen, gruendete sich in Goettingen im Januar 1995 das Komitee 129. Neben der Organisierung einer grossen Solidaritaetsveranstaltung am 9. Maerz 1995 unterstuetzte es die Demonstration am 11. Maerz 1995 anlaesslich der Anklageerhebungen und veranstaltete am 24. Juni 1995 eine Agit-Prop-Aktion auf dem Goettinger Marktplatz. Auch von gewerkschaftlicher Seite formierte sich Protest gegen die Anklagen und die Celler Generalstaatsanwaltschaft. Die GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) Niedersachsen verabschiedete auf ihrer LandesvertreterInnenkonferenz am 8. Mai 1995 in Braunschweig eine Resolution, in der sie fuer die sofortige Einstellung der Verfahren und die Abschaffung der ** 129 und 129a plaedierte. Die oetv (Oeffentliche Dienste, Transport und Verkehr), Kreisverwaltung Goettingen, forderte in einem Flugblatt ebenfalls die Einstellung der Verfahren, rief zu Spenden auf und stellte die Notwendigkeit eines "breiten Buendnisses gesellschaftlicher Gruppen gegen Faschismus und Auslaenderfeindlichkeit" heraus.

Buendnischarakter Wenn nach der Demonstration in Northeim gegen den FA Funktionaer Thorsten Heise (4. Juni 1994) von der Autonomen Antifa (M) in ihrer Bewertung [30] geschrieben wurde, die Buendnispolitik sei an ihre Grenzen gelangt, so hiess das nie, Buendnispolitik aufzugeben. Genau dies hatte sich das LKA erhofft und entsprechend in den Akten vermerkt. Gemeint war lediglich, dass sich Kompromisse in Buendnisverhandlungen, die zu einer Verschiebung des politischen Ausdrucks von Demonstrationen zuungunsten der Autonomen Antifa (M) fuehren, zukuenftig genauer ueberlegt werden muessen. In Buendnisverhandlungen geht es allen Beteiligten darum, so zu verhandeln, dass moeglichst viele der eigenen Vorstellungen umgesetzt werden. Gleichzeitig sind alle aufeinander angewiesen. Die Autonome Antifa (M) hat sich nie der Illusion hingegeben, dass beispielsweise die SPD antiimperialistische Positionen der Gruppe teilt oder gar uebernimmt. Mit einer gefestigten und klar umrissenen Position ist es aber moeglich, auf alle gesellschaftlichen Gruppen zuzugehen. Ein Buendnis dient zum Transport dieser politischen Inhalte in die gesellschaftliche Diskussion. Und das ist zumindest teilweise gelungen. Um buergerliche Gruppen zum Zusammengehen mit einer autonomen/antiimperialistischen Gruppe zu bewegen, muss diese mehr als nur ihren guten Willen aufbieten. Ohne antifaschistische Kompetenz, organisatorische Staerke und hohe Mobilisierungsfaehigkeit der Autonomen Antifa (M) waere ein Buendnis wohl schwerlich zustandegekommen. So aber war die gegenseitige Unterstuetzung und der Wille, moeglichst viele Leute und Organisationen zu den Demonstrationen gegen faschistische Zentren zu mobilisieren, der Beginn einer konstruktiven Zusammenarbeit. Speziell in der Anti-Repressionsarbeit ist die Autonome Antifa (M) auf das Engagement anderer Gruppen angewiesen. Die Verinnerlichung dieser Abhaengigkeit kann aber schnell zu Fehlern fuehren, so dass in Buendnisverhandlungen zurueckgesteckt wird, wo es nicht sein muesste oder auf Demonstrationen nicht mehr so offensiv aufgetreten wird, wie es real moeglich waere, ohne gleich in's offene Messer des Staatsschutzes zu laufen. Im Nachhinein laesst sich zwar immer schlauer daherreden; nichtsdestotrotz kann von der Tendenz gesprochen werden, bei gestiegenem Repressionsgrad unnoetig defensives Verhalten zu zeitigen. Zum gegenwaertigen Zeitpunkt steht nur die Androhung von Repression im Raum. Eine gaenzliche neue Strategie muesste erst dann eingeschlagen werden, wenn die Autonome Antifa (M) tatsaechlich als "kriminelle Vereinigung" verurteilt wuerde. Die bundesweite Demonstration nach den Hausdurchsuchungen am 16. Juli 1994 in Goettingen hat gezeigt, dass eine offensive Antwort auf Repression moeglich ist. Das Buendnis hat bis heute Bestand und ist bisher nicht, wie allgemein in der BRD ueblich, an der sogenannten Gewaltfrage gescheitert. In diesem Zusammenhang sei noch angemerkt, dass die Steinwuerfe am 16. Juli 1994, die zu fuenf verletzten Polizisten und 17 Anklagen wegen "schwerer Koerperverletzung" fuehrten, laut Aussagen der Polizei auch aus dem Gewerkschafts/ Gruenen-Block kamen. Gerade die von der Autonomen Antifa (M) initiierte Buendnispolitik ist es, die autonomer Politik letztendlich den regionalen Durchbruch aus der Isolation ermoeglicht hat. Gleiches gilt fuer die bislang praktizierte Solidaritaetsarbeit, eine "bundesweit wohl einmalige Form der politischen Zusammenarbeit"[31].

Solidaritaetsgruppen und Trittbrettfahrer Die Konstituierung von Solidaritaetsgruppen ist oft die einzige Moeglichkeit, Anti-Repressionsarbeit zu leisten. Dies ist aber die schlechtere Variante. In der Anti-Repressionsarbeit der Autonomen Antifa (M) standen nicht Einzelschicksale von Angeklagten im Vordergrund, sondern die Politik der Gruppe - eine konsequente Weiterfuehrung ihrer Politik. Solidaritaetsgruppen allein haetten diese Arbeit unmoeglich leisten koennen. Solidaritaetsarbeit setzt sich aus politischen und karitativen Anteilen zusammen. Mit der Beschaffung von Geld fuer Prozesskosten, Unterstuetzung von Gefangenen usw. koennen sich auch Leute identifizieren, die sich nicht der verfolgten Politik verpflichtet fuehlen. Die politische Arbeit koennen aber nur die leisten, die auch hinter der Politik stehen. Oft ist das bei Solidaritaetsgruppen nicht der Fall oder sie sind allein mit karitativer Arbeit hoffnungslos ueberlastet. Erschwerend kommt hinzu, dass die notwendige logistische Vorarbeit fuer ein schnelles oeffentliches Agieren (politisches Profil, Bekanntheitsgrad, Aufbau politischer Kontakte usw.) gar nicht geleistet werden kann. Im aktuellen Beispiel der Verfolgung der radikal nach * 129 etwa liegt es in der Natur der Sache, dass die Redaktion die staatlich erzwungene Konspirativitaet nicht verlassen kann. Hier gibt es also gar keine andere Moeglichkeit, als dass andere fuer sie die Solidaritaetsarbeit organisieren, was die Sache nicht unbedingt erleichtert. Gerade im Fall der Anti-Repressionsarbeit gibt es die Tendenz, dass sich urploetzlich viele Leute einmischen, die mit der verfolgten Politik nichts zu tun haben. Nicht wenige dieser Leute finden sie falsch oder bekaempfen sie gar, wollen aber trotzdem sogenannte Solidaritaetsarbeit leisten. Die Motivation hierfuer ist sehr unterschiedlich. Dazu drei Beispiele:

1 Einige fuehlen sich von dem Verfahren betroffen, obwohl sie de facto nichts damit zu tun haben. Trotzdem wird ein Mitspracherecht moralisch eingefordert, schliesslich seien alle gemeint, auch wenn nur einige wenige konkret verfolgt wuerden.

2Einige wollen exemplarisch aufzeigen, wie scharf der Staat ist, nie jedoch aus solidarischem Handeln gegenueber der verfolgten Politik. Dies geschieht vor dem Hintergrund, Betroffene als Opfer staatlicher Verfolgung wahrzunehmen. Sind oder werden diese zu politischen Akteuren, endet auch die Solidaritaet an diesem Punkt.

3Einige wollen sich einen Namen als Retter der sogenannten Deeskalationsstrategie machen.

Dass es immer wieder Leute geben wird, die die politische Verfolgung anderer nutzen, um sich in Szene setzen zu koennen, ist kein Beinbruch, solange die Anti-Repressionarbeit nicht von diesen Kreisen vereinnahmt wird. Es werden schliesslich immer nur sehr wenige Menschen 100% solidarisch mit der verfolgten Politik sein. Dies zur Bedingung der Unterstuetzung zu machen, waere politisch unklug, weil es in die Isolation fuehren wuerde. Die Kunst besteht darin, zweierlei zu erreichen: moeglichst viele gegen den politischen Gegner zu mobilisieren und gleichzeitig Solidaritaet mit der verfolgten Politik einzufordern. In diesem Spannungsfeld bewegt sich die Ant Repressionsarbeit der Autonomen Antifa (M).

Fortsetzung der Politik der Gruppe Es ist schon erwaehnt worden, dass die Anti-Repressionsarbeit seit Beginn der Ermittlungen des LKA in Goettingen Teil der Politik der Autonomen Antifa (M) wurden. Die Fortfuehrung der Anti-Nazi-Arbeit, politischer Veranstaltungen und der bundesweiten Organisierung blieb von den Ermittlungen unberuehrt. Dies erwies sich als optimale Ant Repressionsarbeit. Die Repressionsfalle besteht allerdings darin, dass selbst bei Intensivierung der Politik der Autonomen Antifa (M), von vielen nur die Anti-Repressionsarbeit wahrgenommen wird. Dies ist qualitativ nichts Neues. Frueher ist die Autonome Antifa (M) allein mit den grossen Buendnisdemonstrationen gegen faschistische Zentren und/oder dem Schwarzen Block identifiziert worden. Dieses ueber die Medien vermittelte reduzierte Bild der Gruppe hat auch teilweise die Linke uebernommen, schliesslich steht auch diese nicht ausserhalb des Medieneinflusses. Sie uebernimmt dieses Bild und reproduziert es im eigenen Spektrum. Mehrfach wurde die Autonome Antifa (M) aufgefordert, doch auf den Schwarzen Block zu verzichten, um nicht "darauf reduziert" zu werden. Weitergesponnen hiesse das, Anti-Nazi-Arbeit aufzugeben, Anti-Repressionarbeit aufzugeben usw., nur um kein reduziertes Bild in der Oeffentlichkeit zu erzielen. Die Situation ist aber gegenwaertig so, dass die Linke nicht stark genug ist, aus eigener Kraft Kristallisationspunkte zu setzen. Um in der Oeffentlichkeit praesent zu bleiben, muessen politische Gruppen mit der Reduzierung leben. Die Autonome Antifa (M) musste sich beispielsweise ein Bein dafuer ausreissen, um auf ihre Kampagne zum 8. Mai 1995 aufmerksam zu machen. Obwohl die grossangelegte Aktion notwendig und richtig war, erreichte sie vor dem Hintergrund staatlicher Verfolgung nicht die noetige Aufmerksamkeit. Da es keine Alternative gibt, muss mit den von den Medien produzierten Bildern weiter gearbeitet werden. Insofern ist die Autonome Antifa (M) zugleich Gefangene und Profiteurin des Schwarzen Blocks und ihrer Anti-Repressionsarbeit. Auch in Zukunft wird sich die Autonome Antifa (M) aus dieser Zwickmuehle der Reduktion kaum befreien koennen, schliesslich spielt die Verfolgung in den ueberregionalen Medien weiterhin die groesste und oft einzige Rolle. Desweiteren erfordert der anstehende Prozess auch de facto grosse Anstrengungen und wird andere Entwicklungen behindern. Die Bindung von Kapazitaeten ist eine Funktion staatlicher Verfolgung.

ABLEITENDES

Selbst bei noch so guter politischer Arbeit kann eine Verurteilung erfolgen. Auf der einen Seite werden die Ermittlungen gegen die Autonome Antifa (M) in der Oeffentlichkeit zwar als ueberzogen wahrgenommen, auf der anderen Seite steht der vom BGH formulierte Verurteilungswille. Solange es Staatsschutz gibt, agiert er gemaess dem Motto "Wer beherzt durchgreift, wird auch dann nicht bestraft, wenn er das gebotenene Mass ueberschreitet"[32]. Deshalb waere es naiv, eine Verurteilung von vornherein auszuschliessen.

Letztlich wird es vom politischen Kraefteverhaeltnis abhaengen, wie das Verfahren vor der Staatsschutzkammer beim Landgericht Lueneburg ausgeht. Dazu gehoert, den Staat nicht als monolithischen Block wahrzunehmen, sondern den internen Streit ueber den rechten Umgang mit der Politik der Autonomen Antifa (M) zu nutzen und, falls moeglich, zu verschaerfen, ohne sich liberalen Kreisen anzudienen. Dass keine **129/ 129a-Verhandlung gegen die Autonome Antifa (M) in Celle stattfindet, dass der *129a keine Rolle mehr in Lueneburg spielt, war ein politischer Etappensieg ueber den Staatsschutz. Juristisch besteht das vorangige Ziel darin, eine Festschreibung der Autonomen Antifa (M) als "kriminelle Vereinigung" zu verhindern. Wenn es dem Staatsschutz gelingen sollte, ein *129-Exempel zu statuieren, so haette dies weitreichende Konsequenzen fuer die gesamte Linke. Demonstrationen sind immer noch Hauptmittel der BRD-Linken, um oeffentlich in Erscheinung zu treten. Wer kontinuierlich Demonstrationen organisiert, die sich nicht dem restriktiven Demonstrationsstrafrecht unterwerfen, muss damit rechnen, als "kriminelle Vereinigung" verfolgt und verurteilt zu werden. Wenn diese Option des Staatsschutzes, die erst durch die Anhebung von Ordnungswidrigkeiten wie Maskierung zum Straftatbestand ermoeglicht wurde, in dem Praezedenzfall Autonome Antifa (M) erstmals juristisch umgesetzt wird, wird dies unweigerlich Veraenderungen in der Demonstrationskultur nach sich ziehen. Vor allem aber wuerde das Bemuehen um legale Organisationsformen einen herben Rueckschlag erleiden und die Isolation linker Politik immens verschaerft werden. Der Kampf um den legalen Status der Autonomen Antifa (M) geniesst deshalb allerhoechste Prioritaet. Sollte die Autonome Antifa (M) nach *129 als "kriminelle Vereinigung" festgeschrieben werden, muessten weitere 17 Leute mit einer Anklage rechnen, die schon jetzt in den Akten als Mitglieder der Autonomen Antifa (M) eingestuft sind. Die Ermittlungen der SoKo 606 des LKA gehen nach wie vor weiter und werden wohl auch solange nicht enden wie die Autonome Antifa (M) Politik machen wird; die Akten erhalten regelmaessig ihr Update. Zudem sind neue Anklagen wegen Demonstrationen in den Jahren 1994 und 1995 von der GSA angekuendigt worden[33]. Wann der Prozess im fernen Lueneburg beginnen wird, ist noch nicht abzusehen. Will man den Richtern Glauben schenken, fruehestens Ostern 1996. Die Prozesse werden sich in einem oder mehreren Mammutverfahren hinziehen und enorm viel Geld verschlingen. Um Oeffentlichkeit herzustellen, wird eine bundesweite und internationale Prozessbeobachtung organisiert werden muessen. Erfolg misst sich am Ziel und Ziel muss es auch sein, die Existenz von politischer Verfolgung und die Existenz von linkem Widerstand optimal zu demonstrieren. Nur Erfolge verdeutlichen, dass die bestehenden Verhaeltnisse nicht gott- oder verfassungsgegeben sind, sondern einem Prozess der Veraenderung unterliegen. Jeder Teilerfolg macht anderen Mut, sich zu politisieren. Politik - und damit auch Anti-Repressionsarbeit - bedeutet keinesfalls Kommentierung des Bestehenden, sondern Eingriff in gesellschaftliche Prozesse.

CHRONOLOGIE - DATEN - INFORMATIONEN

Maerz '91: Ermittlungen wegen der Anschlaege auf das Institut fuer Humangenetik der Universitaet Goettingen am 30. Oktober 1990 und auf das Juristische Seminar der Universitaet Goettingen am 10. Februar 1991 werden vom Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen uebernommen. AntifaschistInnen werden verantwortlich gemacht.

7. Juni '91: Das LKA Niedersachsen richtet die Ermittlungsgruppe EG 63.02 wegen Brandanschlaegen im Raum Goettingen seit dem 30. Oktober 1990 ein.

30. Oktober '91: Die Generalbundesanwaltschaft (BAW) Karlsruhe leitet ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der "Bildung einer terroristischen Vereinigung" (*129a) ein.

14. November '91: Die EG 63.02 wird personell verstaerkt und zur Sonderkommission, Soko 606, umfunktioniert, da weitere Ermittlungsauftraege von Oktober und November 1991 hinzu kommen. Diese Soko 606 geht aus einer laenderuebergreifenden Sonderkommission, Soko 897, aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen hervor. Diese Soko hatte unter anderem die Verfahren gegen die AntifaschistInnen Renate und Burkhard Ende der 80er Jahre gefuehrt, die beschuldigt wurden, an der Antif Aktion des Mobilen Antifaschistischen Kommandos gegen den Neofaschisten Worch beteiligt gewesen zu sein. Schon damals fuehrte die Generalstaatsanwaltschaft (GSA) Celle einen Teil der Ermittlungen. In personeller Kontinuitaet setzen die Ermittlungsbeamten ihre Arbeit in Suedniedersachsen fort, da sie hier nicht nur eine Weiterentwicklung des damaligen Ansatzes, sondern auch personelle Verbindungen vermuten.

30. November '91: Die BAW Karlsruhe gibt die Ermittlungen in Bezug auf den Brandanschlag auf das Haus des Neonazis Karl Polacek vom 25./26. Oktober 1991 zur weiteren Bearbeitung an die GSA Celle wegen minderer Bedeutung ab. Die GSA beauftragt das LKA Niedersachsen mit den Ermittlungen in dieser Sache.

24. Dezember '91: Oeffentliche Bekanntgabe der *129 Ermittlungen der BAW gegen offiziell bisher unbekannte Personen aus der autonomen Szene in Goettingen.

31. Dezember '91: Demonstration der Autonomen Antifa (M) mit einem behelmten Schwarzen Block unter dem Motto: "Zusammen gehoert uns die Zukunft - Gegen Faschismus und Polizeiterror!".

10. Januar '92: Flugblatt der Autonomen Antifa (M) zu den 129a-Ermittlungen.

8. Februar '92: Die BAW weitet ihre *129a-Ermittlungen in Bezug auf die Goettinger Anschlaege auf 20 bekannte Personen aus der autonomen Szene aus.

13. Maerz '92: Das LKA hat fuenf Brandanschlaege in Goettingen aufgeklaert. Sie wurden von einem Psychiatriepatienten und nicht wie vermutet von Autonomen begangen.

25. Maerz '92: Das LKA hat fuenf Jugendliche im Alter von 13 bis 17 Jahren zur Vernehmung vorgeladen. Sie stehen unter Verdacht, eine terroristische Vereinigung gebildet zu haben und als solche gemeinsam mehrere, bis zu vier Jahren zurueckliegende Anschlaege, veruebt zu haben.

18. August '92: Das LKA durchsucht zeitgleich fuenf Wohnungen in Goettingen, im Suedharz und in Berlin. Die Durchsuchungen stehen im Zusammenhang mit den *129a Ermittlungen in Goettingen.

24. August '92: Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zu den Hausdurchsuchungen.

2. Oktober '92: Demonstration in Goettingen unter dem Motto: "Schafft die antfaschistische Einheit - Weg mit den *129 Ermittlungen gegen den Antifa-Widerstand!".

5. Oktober '92: Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Kempmann (Gruene) an den Niedersaechsischen Landtag in Bezug auf die niedersaechsischen Strafverfahrensstatistik wegen "terroristischen Taten" 1980 bis 1989 und 1990 bis 1992.

17. November '92: Flugblatt der Autonomen Antifa (M) zu der Hausdurchsuchung in Uelzen am 10. November 1992, bei einer Person, die angeblich Kontakte zur "terroristischen" Autonomen Antifa (M) hat.

15. Februar '93: Das LKA besucht den NPD-Funktionaer Hans Michael Fiedler in Adelebsen, um die Urheber des Demonstrationsaufrufs zur Demonstration in Adelebsen zu ermitteln.

10. Maerz '93: Veranstaltung zur Demonstration am 20. Maerz 1993 in Adelebsen mit dem Referenten Raimund Hethey unter dem Motto: "Hans-Michael Fiedler - ein rechter Terrorist?". Aufgrund dieser Veranstaltung wurde Raimund Hethey von H.-M. Fiedler wegen Verleumdung spaeter verklagt.

20. Maerz '93: Bundesweite Demonstration in Adelebsen gegen das Schulungszentrum von Hans-Michael Fiedler unter dem Motto: "Gegen die faschistischen Zentren vorgehen!" mit einem breiten Buendnis und etwa 2000 TeilnehmerInnen.

23. Maerz '93: Die Staatsanwaltschaft Goettingen ermittelt wegen Verstoss gegen das Versammlungsgesetz gegen Verantwortliche des Ortsverband der Gruenen in Adelebsen. SPD und Gruene kritisieren die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und werten sie als "peinlich und laecherlich".

29. April '93: Flugblatt und Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zur Veranstaltung am 6. Mai 1993 mit ehemaligen Gefangen der RAF.

6. Mai '93: Veranstaltung der Autonomen Antifa (M) im Ballhaus in Goettingen unter dem Motto: "Freiheit fuer alle Gefangenen aus RAF, Widerstand und Antifa!". ReferentInnen sind die ehemaligen Gefangenen aus der RAF, Gisela Dutzi und Guenter Sonnenberg, der "clockwork 129a"-Redakteur Mathias Meyers und die Autonome Antifa (M). In diesem Zusammenhang entstand auch das sogenannte Weiterstadt-Plakat: "Zusammen gehoert uns die Zukunft!". Das LKA filmt alle BesucherInnen und zaehlt 400 Personen. 10. Mai '93: Das LKA Nordrhein-Westfalen beantragt eine Bewertung des "Weiterstadt-Plakates" nach *129a Abs.3.

12. Mai '93: Stellungnahme der Autonomen Antifa (M) zu den *129a- Ermittlungen in Goettingen.

6. August '93: Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zum Deeskalationskonzept in Goettingen.

18. August '93: Die Staatsanwaltschaft Goettingen hat das Ermittlungsverfahren gegen den Ortsverband der Gruenen in Adelebsen eingestellt.

8. September '93: 1. Sachstandsbericht der Soko 606 an die GSA Celle.. Daraus geht hervor, dass die Autonome Antifa (M) in direkten Zusammenhang mit den Anschlaegen seit 1991 gebracht wird.

21. September '93: Die GSA bittet die BAW um Rueckuebernahme des Ermittlungsverfahren.

23. September '93: Beginn der Veranstaltungsreihe der Autonomen Antifa (M) gegen die Kriminalisierung des Antif Widerstands unter dem Motto: "Hoch die antifaschistische Solidaritaet - Mit politischer Organisierung gegen Kriminalisierung!".

20. Oktober '93: Hausdurchsuchungen und Telefonueberwachungen in Goettingen werden von der GSA beantragt.

26. Oktober '93: Dem Antrag vom 20. Oktober wird stattgegeben.

10. Dezember '93: Die BAW lehnt es ab, gegen die Autonome Antifa (M) wegen "Bildung einer terroristischen Vereinigung" zu ermitteln. Die GSA ermittelt jetzt wegen "Bildung einer kriminellen Vereinigung".

13. Januar '94: Drei Mitglieder von Gewerkschaft, SPD und Gruenen werden vorgeladen, um gegen AntifaschistInnen bezueglich der Demonstration am 20. Maerz 1993 auszusagen.

18. Januar '94: Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zu den Vorladungen des LKA vom 13. Januar.

2. Februar '94: 2. Sachstandsbericht der Soko 606 an die GSA Celle. Darin wird erneut vorgeschlagen Telefonanschluesse zu ueberwachen und Durchsuchungsbeschluesse zu beantragen

10. Maerz '94: Veranstaltung zu den *129a-Verfahren in der Alten Mensa der Universitaet Goettingen unter dem Motto: "Gegen die Spaltung des antifaschistischen Widerstandes!". Beitraege von: BuergerInnen gegen Rechtsextremismus und Gewalt, ein *129 Betroffener aus der Antifa Jugendfront, Autonome Antifa (M), Hulle Hartwig (SPD), Norbert Hasselmann und Stefan Wenzel (Buendnis 90/Die Gruenen).

11. Maerz '94: Die GSA beantragt Durchsuchungsbeschluesse und weitere Telefonueberwachungen.

5. Juli '94: Hausdurchsuchungen in Goettingen, in deren Verlauf 28 Privatwohnungen und oeffentliche Einrichtungen, unter anderem der Buchladen Rote Strasse, der Allgemeine StudentInnenenausschuss der Universitaet (AStA) und die Wohnung des Vorsitzenden des Vereins zur Foerderung antifaschistischer Kultur e.V. durchwuehlt werden. Begruendung fuer die Durchsuchungen sind Ermittlungen gegen vermeintliche Mitglieder der Autonomen Antifa (M) wegen des Verdachtes der Mitgliedschaft in/Unterstuetzung einer kriminellen Vereinigung (*129) und Werbung fuer eine terroristische Vereinigung (*129a, Abs.3). Spontandemonstration mit 700 TeilnehmerInnen gegen die Hausdurchsuchungen. Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zu den Hausdurchsuchungen. Presseerklaerung des Antifa-Archivs im AStA der Universitaet Goettingen zu den Hausdurchsuchungen. Presseerklaerung des Vereins zur Foerderung antifaschistischer Kultur e.V. zu den Hausdurchsuchungen.

6. Juli '94: Weitere Durchsuchungen bei einer ehemaligen Arbeitsstelle und einer Druckerei. Der Praesident der Universitaet Goettingen, Rechtswissenschaftler und CDU-Politiker, Ludwig Schreiber, protestiert gegen die Durchsuchungen des AStA bei der GSACelle und bezweifelt deren Rechtmaessigkeit. Das Volkshaus der Tuerkei protestiert gegen die Angriffe und Provokationen seitens der deutschen Polizei. Parlamentarische Anfrage des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden des Buendnis 90/Die Gruenen, Juergen Trittin, an die Landesregierung zum Vorgehen der weisungsgebundenen GSA Celle gegen die Autonome Antifa (M). Presseerklaerung des AStA der FU-Berlin zu den Durchsuchungen in Goettingen.

7. Juli '94: Flugblatt der Autonomen Antifa (M): "Stoppt den Staatsterrorismus - Schlagt zurueck!" Demonstration in Goettingen unter dem Motto: "Staatsterrorismus hat Kontinuitaet-Weg mit dem Verbot gegen die PKK und andere kurdische Organisationen! Weg mit dem *129 und *129a gegen Antifa!" mit 2000 DemonstrantInnen. Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zu der Demonstration. Buendnis 90/Die Gruenen, die Gewerkschaft oetv und die "BuergerInnen gegen Rechtsextremismus und Gewalt" kritisieren die Durchsuchungsaktion vom 5./6. Juli 1994.

8. Juli '94: Flugblatt vom Verein zur Foerderung antifaschistischer Kultur e.V.: "Staatsschutz beeintraechtigt massiv die Arbeit des Vereins zur Foerderung antifaschistischer Kultur e.V."

9. Juli '94: Solidaritaetserklaerung und Aufruf zur bundesweiten Demonstration am 16. Juli 1994 in Goettingen von der Frankfurter Gruppe "Kein Friede".

10. Juli '94: Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN/ BdA) verurteilt in einer Presseerklaerung das Vorgehen des Staatsschutzes aufs Schaerfste und erklaert: "Generalstaatsanwaltschaft und Polizei arbeiten den Neonazis direkt in die Haende. Diese Staatsorgane unterstuetzen damit die Politik der neofaschistischen Ant Antifa".

11. Juli '94: Dem AStA werden die bei der Durchsuchung beschlagnahmten Unterlagen zurueckgesandt. Offizielle Begruendung: die beschlagnahmten Gegenstaende seien als Beweis fuer den Verdacht auf Bildung einer kriminellen Vereinigung nicht tauglich. Offensichtlich war die politische Reaktion auf die Durchsuchung Ausloeser fuer das fruehe Zuruecksenden der Gegenstaende. Strafanzeige und Strafantrag der Autonomen Antifa (M) wegen "Verleumdung" und "uebler Nachrede" gegen den Niedersaechsischen Innenminister Gerhard Glogowski, Hans-Ruediger Hesse vom Landesamt fuer Verfassungsschutz Niedersachsen, saemtliche Verfasser des sogenannten Verfassungsschutzberichtes Niedersachsen 1993 und den Verfasser der Presseerklaerung der GSA Celle vom 5. Juli 1994 bei der Staatsanwaltschaft Goettingen. 2. Auflage des Flugblattes der Autonomen Antifa (M): "Stoppt den Staatsterrorismus - Schlagt zurueck!"

12. Juli '94: Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zur oben genannten Strafanzeige.

13. Juli '94: Informations- und Diskussionsveranstaltung mit VertreterInnen der Autonomen Antifa (M), Landtagsabgeordneter von Buendnis 90/Die Gruenen Juergen Trittin, VertreterInnen der BuergerInnen gegen Rechtsextremismus und Gewalt, SP Landtagsabgeordnete Hulle Hartwig und VertreterInnen der einladenden Gewerkschaftenin der Alten Mensa.

14. Juli '94: Die Staatsanwaltschaft gibt die Strafanzeige der Autonomen Antifa (M) gegen Inneminister Glogowski sowie Mitarbeiter von Verfassungsschutz und GSA wegen Verleumdung, Beleidigung usw. an die GSA und an das Justizministerium ab.

16. Juli '94: Bundesweite Buendnisdemonstration in Goettingen gegen Hausdurchsuchungen und die ** 129/129a unter dem Motto: "Stoppt den Staatsterrorismus - Schlagt zurueck!" mit ca. 3500 Menschen.

17. Juli '94: Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zur Demonstration am 16. Juli '94 in Goettingen. Presseerklaerung der BuergerInnen gegen Rechtsextremismus und Gewalt zur Demonstration am 16. Juli 1994.

18. Juli '94: Der Leiter der Goettinger Polizei, Otto Knoke, uebt heftige Kritik an den Landtagsabgeordneten Juergen Trittin (Gruene) und Hulle Hartwig (SPD), weil sie zur Demonstration am 16. Juli 1994 aufriefen, bei der es zu "Ausschreitungen" kam. Beide weisen die Vorwuerfe als unverschaemt und an den Realitaeten vorbei gehend zurueck. Goettingens Oberstadtdirektor Hermann Schierwater entschuldigt sich im Namen der Stadt Goettingen bei der Polizei fuer die Ausschreitungen am 16. Juli 1994 und bedauert die Abgrenzungsschwierigkeiten einiger TraegerInnen politischer Verantwortung gegenueber den Autonomen.

19. Juli '94: Die Staatsanwaltschaft Goettingen ermittelt wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs und der gefaehrlichen Koerperverletzung bezueglich der Demonstration am 16. Juli 1994 gegen Unbekannt und wegen des Verdachts des Verstosses gegen das Versammlungsgesetz gegen die Autonome Antifa (M). SPD-Unterbezirksvorsitzender Thomas Oppermann kritisiert Hulle Hartwig und spricht von einem "Sockenschuss", den Hulle Hartwig im Zusammenhang mit ihrem "autonomen Fimmel" habe. Der Vorsitzende der niedersaechsischen CD Landtagsfraktion, Christian Wulff, fordert die eindeutige Distanzierung der Goettinger SPD von rechtswidrigen Aktionen wie bei der Demonstration am 16. Juli 1994 in Goettingen. Hulle Hartwig (SPD) distanziert sich von den Ausschreitungen am 16. Juli 1994. CDU-Landtagsabgeordneter Hartwig Fischer fordert die SPD auf, personelle Konsequenzen im Falle derer zu ziehen, die sich an der Demonstration beteiligt haben. Der FDP-Landesvorsitzende Christian Eberl aus Goettingen spricht sich fuer die Einsetzung einer Sonderkommission durch das niedersaechsische Innenministerium zur Untersuchung der "Goettinger Krawalle" aus.

20. Juli '94: Hartwig Fischer (CDU) kritisiert in einer kleinen Anfrage an die Landesregierung die Zurueckhaltung der Polizei bei der Demonstration am 16. Juli 1994 in Goettingen. Otto Knoke, Chef der Goettinger Polizei, kritisiert das Nichtverhalten der GSA Celle in Bezug auf die Vorwuerfe, dass die Durchsuchungen in Goettingen nicht rechtmaessig gewesen seien.

4. August '94: Buendnis 90/Die Gruenen erheben bei der GSACelle Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Generalstaatsanwalt Manfred Endler, der fuer die Hausdurchsuchungen im AStA am 5. Juli 1994 in Goettingen verantwortlich ist.

9. August '94: Manfred Endler weist die Vorwuerfe der Gruenen zurueck.

15. August '94: Die GSA Braunschweig hat das von der Autonomen Antifa (M) angestrengte Strafverfahren gegen Innenminister Gerhard Glogowski, sowie Mitarbeiter von Verfassungsschutz und GSA wegen Verleumdung, Beleidigung usw. eingestellt, da es ihrer Meinung nach am dringenden Tatverdacht fehle.

18. August '94: Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zum Beschluss der GSA Braunschweig.

23. August '94: Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zur Deeskalationsdebatte. Polizisten beschweren sich bei der Bundestagsabgeordneten Rita Suessmuth ueber die Deeskalationsstrategie und fordern haerteres Durchgreifen. Rita Suessmuth fordert eine Praezisierung der Deeskalationslinie.

24. August '94: Buendnis90/Die Gruenen und SPD kritisieren die Aeusserungen von Rita Suessmuth. Innenministerium bleibt bei der Deeskalationsstrategie.

31. August '94: Die Autonome Antifa (M) beantragt eine gerichtliche Entscheidung beim OLG Celle gegen die Ablehnung der GSA Braunschweig in Bezug auf das Ermittlungsverfahren gegen Gerhard Glogowski u. a.

1. September '94: Juergen Trittin richtet wegen der Ablehnung eine Anfrage an die Landesregierung.

2. September '94: Das Niedersaechsische Justizministerium Hannover weist die Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Manfred Endler zurueck.

3. September '94: Pressemitteilung der Autonomen Antifa (M) zum Beschluss des niedersaechsischen Justizministerium zur Beantragung der gerichtlichen Entscheidung ueber die Anzeige gegen Innenminister Glogowski u.a.

22. September '94: Die GSACelle weitet ihre Ermittlungen gegen die Autonome Antifa (M) aus und uebernimmt jetzt auch die Ermittlungen wegen Landfriedensbruch und gefaehrlicher Koerperverletzung im Zusammenhang mit den Ausschreitungen bei den Demonstrationen am 7. und 16. Juli 1994 in Goettingen.

9. Oktober '94: Ausstellung "Verbotene Kunst" und Antif Solidaritaetstag im Jungen Theater in Goettingen vom Verein zur Foerderung antifaschistischer Kultur e.V.

13. Oktober '94: Broschuere: "...folgerichtig ist Antifaschismus kriminell!" von der Autonomen Antifa (M) erschienen.

20. Oktober '94: Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zur Broschuere: "_Folgerichtig ist Antifaschismus kriminell!".

24. Oktober '94: Beantwortung der "kleinen Anfrage" des Abgeordneten Juergen Trittin (Gruene) vom 1. September 1994 durch das Justizministerium.

31. Oktober '94: Das OLG Celle lehnt den Antrag der Autonomen Antifa (M) vom 13.Oktober 1994 ab. Begruendung: "Der Antrag wird als unzulaessig verworfen, weil er nicht die vom Gesetz geforderte in sich geschlossene und verstaendliche Darstellung des Sachverhalts und die Angabe der Beweismittel enthaelt".

3. November '94: Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zum Beschluss des OLG Celle.

17. November '94: Anklageerhebung gegen den Buchladen Rote Strasse wegen Werbung fuer eine terroristische Vereinigung (*129a). Konkret geht es um den Verkauf eines Papiers der RAF vom Maerz 1994 und einer Broschuere der Gesellschaft fuer Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung (GNN). Aufrufflugblatt der Autonomen Antifa (M) zur Demonstration am 19. November.

19. November '94: Bundesweite Demonstration in Goettingen unter dem Motto: "Nichts ist vergessen und Niemand! Keine Kriminalisierung des antifaschistischen Widerstands!"

2. Dezember '94: Juergen Trittin kritisiert die Anklage des Buchladen Rote Strasse und spricht von einer Gesinnungsjustiz. Er fordert die Streichung des *129a und fordert die Justizministerin auf, das Verfahren der Behoerde zu entziehen.

4. Dezember '94: Solidaritaetserklaerung der Autonomen Antifa (M) mit dem Buchladen Rote Strasse.

22. Dezember '94: Den AnwaeltInnen der vermeintlichen Mitglieder der Autonomen Antifa (M) werden 31 Aktenordner sowie ein vorlaeufiges Ermittlungsergebnis ausgehaendigt.

29. Dezember '94: Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zur Akteneinsicht im Verfahren gegen die Autonome Antifa (M).

7. Januar '95: Erneute Vorladungen in einem neuen Verfahren nach *129a gegen drei MitarbeiterInnen des Buchladen Rote Strasse und zwei vermeintliche Mitglieder der Autonomen Antifa (M. Dabei geht es um den Verkauf bzw. Herstellung der Broschuere: "Verbotene Kunst", in der das "Weiterstadt-Plakat" abgebildet ist.

13. Januar '95: Fuenf weitere Ermittlungsverfahren nach *129a Abs.3. Anlass ist die Broschuere "Verbotene Kunst" von der Gruppe Kunst und Kampf (KuK), die zur gleichnamigen Ausstellung am 9. Oktober 1994 in Goettingen entstanden ist. In dieser Broschuere ist das kriminalisierte "Weiterstadt-Plakat" abgebildet. 20. Januar '95: Gruendung des Komitee 129 Goettinger Buergerinnen und Buerger zur Unterstuetzung der von den **129/129a-Strafverfahren verfolgten Personen, denen Mitgliedschaft in der Autonomen Antifa (M) vorgeworfen wird, sowie dem Buchladen Rote Strasse.

1. Februar '95: Erstausgabe der "EinSatz" - Zeitung fuer Autonome Politik , die sich schwerpunktmaessig mit dem Thema Repression beschaeftigt.

13. Februar '95: Anklageerhebung durch die Generalstaatsanwaltschaft Celle (GSA) beim 3. Strafsenat des Oberlandesgericht Celle (OLG) gegen 17 Personen wegen " Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (*129) und "in Tateinheit" damit "Werbung fuer eine terroristische Vereinigung (*129a)", sowie diverse Verstoesse gegen das Versammlungsgesetz.

17. Februar '95: Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zur Anklageerhebung.

20. Februar '95: Presseerklaerung der GSA Celle zu den Anklagen am 13. Februar 1995 nach *129. Presseerklaerung des Komitee 129 zu den Anklagen. Presseerklaerung des Buendnis 90/Die Gruenen zu den Anklagen. Heidi Lippmann-Kasten, Landtagsabgeordnete der Gruenen, bezeichnet die Vorgehensweise als eine bewusste Kriminalisierung durch rechte Kraefte in Polizei und Justiz.

23. Februar '95: Informationsveranstaltung in der Alten Mensa am Wilhelmsplatz in Goettingen zur staatlichen Repression des linken Widerstandes. Die niedersaechsische Justizministerin Heidi Alm-Merk distanziert sich im Zusammenhang mit dem Vorgehen der GSA gegen die Autonome Antifa (M) teilweise von der Celler Strafverfolgungsbehoerde.

24. Februar '95: Ermittlung der GSA gegen den Goettinger Kreisverband von Buendnis 90/Die Gruenen wegen dem Verdacht der Unterstuetzung einer kriminellen Vereinigung, da der Kreisverband der Autonomen Antifa (M) seit Jahren einen Tagungsraum zur Verfuegung stellt. Thomas Schroeder, rechtspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion von Buendnis 90/Die Gruenen, empoert sich ueber die GSA und wirft ihr eine "abenteuerliche Rechtskonstruktion" wegen Ermittlungen gegen den Goettinger Kreisverband vor.

28. Februar '95: SPD-Landtagsabgeordneter Thomas Oppermann kritisiert die Ermittlungen der GSACelle gegen die Goettinger Gruenen.

1. Maerz '95: Der Kreisverband der Gruenen bezeichnet das Vorgehen der GSA gegen die Autonome Antifa (M) als "Vorverurteilung". "Solange die Antifa (M) nicht rechtskraeftig verurteilt worden ist, besteht eine kriminelle Vereinigung nur in der Phantasie der Staatsschuetzer". Der niedersaechsische Richterbund weist die Kritik der Justizministerin zurueck. Der Stadtverbandsvorsitzende der Jungen Union, Andreas Wobst, kritisiert ebenfalls die Aussage der Justizministerin. 2. Ausgabe der "EinSatz".

3. Maerz '95: Flugblatt der Autonomen Antifa (M): "Kampf der Klassenjustiz!". Die Angeklagten beantragen beim OLG Celle die Uebersendung 84 Beweismittelordner.

Maerz '95: Die GEW Niedersachsen erklaert sich solidarisch mit der Autonomen Antifa (M) und dem Buchladen Rote Strasse und fordert die Einstellung der Verfahren.

9. Maerz '95: Informationsveranstaltung des Komitee 129 unter dem Motto:"Keine Kriminalisierung der Goettinger Linken" in der Alten Mensa am Wilhelmsplatz mit Rolf Goessner (RA und Publizist), Hulle Hartwig (SPD), Albrecht Maurer (Publizist), Heidi Lippmann-Kasten (Buendnis 90/Die Gruenen), einem Vertreter des Buchladen Rote Strasse und einem wegen Mitgliedschaft in der Autonomen Antifa (M) Angeklagten . Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zur Demonstration am 11. Maerz 1995. Demonstrationsaufruf und Presseerklaerung des AStA Goettingen zur Demonstration am 11. Maerz 1995. Aufrufflugblatt der Antifa Jugendfront Goettingen und Politischer Arbeitskreis Goettingen zur Demonstration am 11. Maerz 1995. Demonstrationsaufruf von Kein Friede in Frankfurt zum 11. Maerz 1995.

10. Maerz '95: Das Innenministerium Hannover weist Vorwuerfe der GSA Celle gegen die Goettinger Polizeifuehrung, sie habe Straftaten nicht konsequent verfolgt, entschieden zurueck.

11. Maerz '95: Buendnisdemonstration unter dem Motto: "Keine Kriminalisierung des linken und antifaschistischen Widerstandes!" mit 1200 DemonstrantInnen und einem starken schwarzen Block. Waehrend der Demonstration wurde das kriminalisierte "Weiterstadt-Plakat" verklebt und die Broschuere "Verbotene Kunst" verteilt. Presseerklaerung der BuergerInnen gegen Rechtsextremismus und Gewalt zu der Demonstration am 11. Maerz 1995.

13. Maerz '95: Der Verein zur Foerderung antifaschistischer Kultur e.V. wird von der GSACelle als Tarnverein der Autonomen Antifa (M) bezeichnet und beschuldigt, staedtische Gelder veruntreut zu haben.

14. Maerz '95: Presseerklaerung des Vereins zur Foerderung antifaschistischer Kultur e.V. zu den Beschuldigungen der GSA Celle.

15. Maerz '95: Der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Niedersaechsischen Landtag, Albert Heinemann, kritisiert die Aeusserung der Justizministerin vom 24. Februar 1995 und will in einer Anfrage an die Landesregierung diese Aeusserung debattieren.

18. Maerz '95: Die Stadt Goettingen stellt ihre Zahlungen an den Verein zur Foerderung antifaschistischer Kultur e.V. wegen des Verdachts auf enge Verbindungen zur Autonomen Antifa (M) vorlaeufig ein.

19. Maerz '95: Aktionstag gegen die Kriminalisierung antifaschistischer Initiativen, veranstaltet vom Buendnis 90/Die Gruenen mit dem ersten suedniedersaechsischen Presseclub, der die antifaschistische Arbeit in Goettingen thematisierte. Juergen Trittin, Bundesvorstandssprecher von Buendnis 90/Die Gruenen kritisiert das Vorgehen der GSA gegen die Autonome Antifa (M) und die damit verbundenen Observationen, bei denen unter anderem er selbst und auch die SPD-Landtagsabgeordnete Hulle Hartwig betroffen waren.

22. Maerz '95: In einer Aktuellen Stunde im Landtag kritisieren die Gruenen und die SPD das Vorgehen der GSA.

28. Maerz '95: Fuenf weitere Personen der Goettinger autonomen Szene sind von der Goettinger Staatsanwaltschaft wegen schweren Landfriedensbruch, versuchte schwere Brandstiftung und versuchtem Totschlag angeklagt. Begruendung: Sie sollen 1991 das inzwischen verbotene rechtsextremistische FAP-Zentrum in Mackenrode bei Goettingen angegriffen haben.

1. April '95: Solidaritaetserklaerung der Autonomen Antifa (M) mit den fuenf angeklagten Antifas. 3. Ausgabe der "EinSatz".

2. April '95: Aktionswoche des Jugendzentrum Innenstadt in Goettingen unter dem Motto: "7 Tage gegen Repression und Schnueffelei". Antifa-Solidaritaetstag des Vereins zur Foerderung antifaschistischer Kultur e.V. im Jungen Theater in Goettingen.

5. April '95: Ablehnung des Antrages der Angeklagten vom 3. Maerz 1995 durch das OLG.

6. April '95: Der Verein zur Foerderung antifaschistischer Kultur e.V. stellt Strafantrag gegen Unbekannt wegen illegaler Weitergabe von Ermittlungsakten aus den laufenden Verfahren.

10. April '95: Beschwerde der Angeklagten gegen die Ablehnung des OLG bezueglich der Akten.

1. Mai '95: 4. Ausgabe der "EinSatz". Redebeitrag des Komitee 129 bezueglich der *129/129 Verfahren gegen den antifaschistischen Widerstand in Goettingen auf der traditionellen 1. Mai-Kundgebung des DGB.

10. Mai '95: Das OLG reicht die Entscheidung ueber die Beschwerde von den Angeklagten an den BGH weiter.

12. Mai '95: Buendnis 90/Die Gruenen stellen eine grosse Anfrage an den Niedersaechsischen Landtag bezueglich der "ausufernden Ermittlungspraxis niedersaechsischer Sicherheitsbehoerden im Bereich des polizeilichen Staatsschutzes am Beispiel der Goettinger Anti-Antifa-Ermittlungen".

16. Mai '95: Das OLG Celle richtet einen Fragenkatalog an das Niedersaechsische Innenministerium (MI) bezueglich des sogenannten Deeskalationskonzeptes und der politischen Einsatztaktik bei Demonstrationen in Goettingen.

20. Mai '95: Demonstration in Goettingen gegen die staatliche Repression.

23. Mai '95: Die Anklage der GSA gegen den Buchladen Rote Strasse nach *129a wurde vom OLG Celle zurueckgewiesen. Gleichzeitig aber erhebt die GSA eine neue Anklage wegen Verkaufs der Broschuere "Verbotene Kunst" von der Gruppe Kunst und Kampf (KuK), in der das "Weiterstadt-Plakat" abgebildet ist. Die GSA sieht darin wieder Werbung fuer eine terroristische Vereinigung.

30. Mai '95: Zwei Personen, denen bereits im *129-Verfahren gegen die Autonome Antifa (M) vorgeworfen wird, Mitglieder der Autonomen Antifa (M) zu sein, werden jetzt auch wegen *129a angeklagt. Der Vorwurf lautet: Verbreitung und Herstellung der Broschuere "Verbotene Kunst" und ein Flugblatt, welches eine Ausstellung, das zu der diese Broschuere entstanden ist, ankuendigt. Presseerklaerung von KuK zu den Anklagen nach *129 a gegen KuK.

1. Juni '95: 5. Ausgabe der "EinSatz".

6. Juni '95: Antwort des MI an das OLG, in der es heisst ,,dass es eine 'Deeskalationsstrategie' im Sinne einer 'Goettinger Linie'" nie gegeben habe.

13. Juni '95: Teilentlastung der Autonomen Antifa (M). Das Niedersaechsische Innenministerium erkennt Konzeptpapiere als Demonstrationsanmeldung an.

14. Juni '95: Beschluss des BGH, dass die Akten nicht kopiert und nicht an die Angeklagten uebersandt werden.

17. Juni '95: Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zu den Aeusserungen des niedersaechsischen Innenministeriums.

19. Juni '95: Der 3. Strafsenat des Oberlandesgericht (OLG) Celle lehnt den Antrag der GSA in Bezug auf den *129 und * 129a ab. Vielmehr sollen "Verstoesse gegen Ordnungsvorschriften des Versammlungsgesetzes" gegen alle 17 Angeklagte auf unterster juristischer Ebene, dem Amtsgericht Goettingen, auf der Basis der 115 Aktenordner verhandelt werden.

20. Juni '95: Die oetv-Kreisverwaltung Goettingen fordert die Einstellung der **129/129a-Verfahren.

23. Juni '95: Ausstellung "Kunst als Widerstand" - "Verbotene Kunst" in Berlin.

27. Juni '95: Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zu dem Beschluss des OLG Celle.

28. Juni '95: Pressekonferenz der Autonomen Antifa (M) zusammen mit Heidi Lippmann-Kasten (Buendnis90/Die Gruenen) und Dr. Hermann Engster (Komitee 129) aus aktuellem Anlass.

3. Juli '95: Die GSA Celle legt sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des 3. Strafsenats des OLG beim Bundesgerichtshof (BGH) ein. Sie beantragt den Prozess vor einer anderen Kammer des OLG zu eroeffnen. Flugblatt der Autonomen Antifa (M): "Konstruktion der staatlichen Anti-Antifa zusammengebrochen!".

4. Juli '95: Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zum Widerspruch der GSA Celle gegen den Beschluss des OLG Celle.

8. Juli '95: Die Kreistagsfraktion Buendnis 90/Die Gruenen bezeichnet die Beschwerde der GSA gegen die Entscheidung des OLG Celle als "Verfolgungszwang" der Staatsanwaelte. Extraausgabe der "EinSatz".

15. Juli '95: Der Generalbundesanwalt (GBA) beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe stuetzt die Beschwerde der GSA Celle gegen die Beschwerde des 3. Strafsenats des OLG Celle. Der GBA beantragt, "die Anklageschrift der GSA Celle vom 13. Februar 1995 insgesamt zur Hauptverhandlung (...) vor einem anderen Strafsenat in Celle" zu eroeffnen. 16. Juli '95: Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zur Stellungnahme des GBA.

3. August '95: Der BGH hat endgueltig entschieden, den Prozess wegen "Bildung einer kriminellen Vereinigung" nach *129 gegen 17 Mitglieder der Autonomen Antifa (M) vor der Staatsschutzkammer Lueneburg zur Hauptverhandlung zuzulassen. Die Eroeffnung des Prozesses wegen "Werbung fuer die terroristische Vereinigung RAF" nach *129a wurde abgelehnt.

16. August '95: Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zum BGH-Beschluss.

18. August '95: Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen mehrere Polizeifuehrer in Goettingen wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt in Bezug auf Demonstrationen der Autonomen Antifa (M). Das Niedersaechsische Justizministerium beantwortet die grosse Anfrage von Buendnis 90/Die Gruenen im Landtag zu den Ermittlungsverfahren gegen die Autonome Antifa (M). Justizministerin Heidi Alm-Merkbehauptet, dass es auf Demonstrationen der Autonomen Antifa (M) teilweise zu Pluenderungen und Verwuestungen kam. Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zu den Aeusserungen von Justizministerin Heidi Alm-Merk.

23. August '95: Ermittlungen der GSA Celle gegen die Goettinger Polizei wegen Strafvereitelung im Amt bisher erfolglos.

26. August '95: Die SPD Goettingen empoert sich ueber Ermittlungen gegen die Goettinger Polizei und fordert das Justizministerium auf, der GSA das verfahren zu entziehen.

28. August '95: Die Beantwortung der grossen Anfrage vom 18. August 1995 loest eine erneute Debatte im Landtag aus.

29. August '95: Die Goettinger CDU spricht sich fuer eine Beendigung der Deeskalationsstrategie aus.

31. August '95: Die Goettinger Gruenen erklaeren, weiterhin mit der Autonomen Antifa (M) zusammenarbeiten zu wollen.

1. September '95: 6. Ausgabe der "EinSatz".

3. September '95: Flugblatt der Autonomen Antifa (M): "Gegen Faschismus und Klassenjustiz! - Die Antifaschistische Aktion", mit Ankuendigung der AgitProp-Aktion und anschliessender Demonstration am 2. Oktober 1995.

7. September '95: Michael Thannheiser, Geschaeftsfuehrer der Kulturinitiative "musa in der Brotfabrik" erklaert oeffentlich: "Ich ziehe meinen Hut vor dem, was die Antifa (M) zum Schutz der Auslaender auf der Strasse tut.".

13. September '95: Die Stadt Goettingen stellt Ueberlegungen an, die Demonstration der Autonomen Antifa (M) am 2. Oktober 1995 zu verbieten.

14. September '95: Presseerklaerung der Autonomen Antifa (M) zu den Verbotsueberlegungen der Stadt Goettingen.

Kampf dem Faschismus heisst Kampf dem imperialistischen System!

FUSSNOTEN

1 Weitergehende Informationen in der Broschuere *Ueber alle Grenzen*, Autonome Antifa (M), Oktober 1992 2 Neuere Erkenntnisse belegen diese Tatsache: Klaus Gietinger, Internationale wissenschaftliche Korrespondenz der Arbeiterbewegung der Historischen Kommission zu Berlin, Heft 3/92, 4/92 und *Eine Leiche im Landwehrkanal*, Mainz 1993 3 *Die Geschichte der Antifaschistischen Aktion*, Texte zur Ausstellung *Antifaschistische Organisationen und rechte Wehrverbaende in der Weimarer Republik*, S. 5, Autonome Antifa (M), April 1995 4 Karl Liebknecht, Gesammelte Reden und Schriften, Berlin 1958, Band II, S. 17ff 5 Weitergehende Informationen in der Broschuere: *_folgerichtig ist Antifaschismus kriminell*, Autonome Antifa (M), Oktober 1994 6 Mehr zur Funktion der Totalitarismusthese: *8. Mai 1945/95 - 50. Jahrestag der Befreiung vom Nazi-Faschismus*, Antifaschistische Aktion/BO, April 1995, S. 25ff 7 Weitergehende Informationen dazu vom russischen Rechtstheroretiker und Marxisten Eugen Paschukanis *Allgemeine Rechtslehre und Marxismus*, Frankfurt/M, 1970, Erstveroeffentlichung Berlin 1929 8 Friedrich Engels, MEW, Band 21, Berlin 1965, S. 165 9 einige Beispiele: Der Bundesnachrichtendienst (BND), urspruenglich Auslandsgeheimdienst, muss im Rahmen der *Abwehr von drohenden Gefahren fuer die freiheitlich-demokratische Grundordnung* ermittelte Daten an Verfassungsschutz, Staatsanwaltschaften und Polizei weitergeben. Umgekehrt koennen Strafverfolgungsbehoerden auf die technisch weit entwickelten Ermittlungsmoeglichkeiten des BND zurueckgreifen. Das Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten ist somit auch per Gesetz aufgeloest.

Vor dem dem Amtsgericht koennen mittlerweile sog. Schnellprozesse gefuehrt werden. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft koennen Beschuldigte in einem "beschleunigten Verfahren" 24 Stunden nach der vorgeworfenen Tat ohne Anklageschrift und ohne Verteidiger bis zu einem halben Jahr Knast verurteilt werden. (Rote Hilfe Zeitung 1/95)

Im Mai 1995 entschied der BGH, dass eine Staatsanwaltschaft verdeckte Ermittler auch laenger als drei Tage ohne richterlichen Beschluss einsetzen kann und die Ergebnisse vor Gericht verwendet werden koennen. (FR 10.5.'95)

10 die tageszeitung, 29./30. Juli 1995 11 Rote Hilfe Zeitung, 2/95 und 3/95 12 ebenda 13 Junge Welt, 8. Juni und 16. August 1995 14 Junge Welt, 16. Juni 1995 15 Presseerklaerung, 15. Juli 1995 16 Die Betroffenen verfassten Presseerklaerungen, luden regionale und ueberregionale Presse zur Zeugenvernehmung ein und gaben Interviews. Obwohl sie sich zuvor keinen Namen als politische Gruppe gemacht hatten und insofern unbekannt waren, gelang es ihnen, das Medieninteresse zu wecken. 17 Frankfurter Rundschau, 11.8.1995 18 Cellesche Zeitung, 9.9.1994 19 Goettinger Tageblatt, 26.8.1995 20 HNA, Northeimer Neueste Nachrichten, 8.10.1992 21 Funkspruch kurz vor dem Zugriff der Polizei, den der Einsatzleiter des ZSK als Aufforderung an seine Untergebenen weitergab. Informationen zum ZSK und SpuDok in der Broschuere: *ZSK - Zur Arbeit der Zivilen Streifenkommandos in Goettingen*, Goettingen, 1990. 22 SpuDok-Skandal: 1982 flog das Projekt *Spuren- und Dokumentationsystem* auf, das eingerichtet worden war, um umfangreiche Daten ueber politisch unliebsame Personen einzuspeichern. In diesem Zusammenhang existierte die politische Zivilpolizei unter dem Namen *AuFKDO - Aufklaerung und Festnahmekommando*, deren Festnahmepraktiken damals den Skandal ausloesten. 23 Dies geht aus dem bereits zitierten Dokument, der Antwort des Inneministeriums an das OLG-Celle vom 6. Juni 1995, hervor. 24 Goettinger Tageblatt, 24.12.1991 25 Weserkurier, 22.6.1992; HNA, 1.7.1992; Frankfurter Rundschau, 9.7.1992 26 siehe Chronologie in dieser Broschuere 27 Frankfurter Rundschau, 5.9.1995 28 Presseerklaerung GSA Celle, 20.2.1995 29 Frankfurter Rundschau, 17.1.1994; Goettinger Tageblatt, 21.1.1994 30 radikal nr. 150, Juli 1994 31 Die Zeit, 7.7.1995 32 Fuehrererlass Nr. 7, 24.2.1943 33 Goettinger Tageblatt, 18.8.1995