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Wed Dec  4 17:38:03 1996
 

Zusammenfassung



Daß niemand außer der Zeugin Baron den aufgesetzten Schuß gehört hat, ist nicht verwunderlich. Ein Gutachter der StA Schwerin bestätigt, daß ein aufgesetzter Schuß durch die sich vorwölbende Haut des Schädels, die unter dem Druck der die Kugel treibenden und ihr folgenden Gase die Mündung der Waffe umschließt, kaum hörbar ist, vergleichbar mit einem Schuß aus einer Schalldämpferwaffe. Kaum jemand weiß das und die Zeugin Baron sicher auch nicht. Aber genau so beschreibt sie den Schuß, nämlich dumpf und anders als die vorangegangenen Schüsse.

Die StA Schwerin behauptet, erst 30 bis 60 Sekunden nach dem Sturz von Wolfgang Grams sei der erste Beamte zu ihm in's Gleis gestiegen. Das ist nicht richtig - und widerspricht sogar den Aussagen der beschuldigten GSG 9-Beamten. Einige Zeugen haben ausgesagt, daß ihm sofort mehrere Personen in das Gleis nachgesetzt sind. Allerdings haben sie dann fast alle weggeschaut. Und die Schweriner Staatsanwälte haben in keinem Fall nachgehakt.

Auch an vielen anderen Punkten zeigt das Vorgehen der StA Schwerin System. Mit der gleichen Parteilichkeit, mit der sie die Lügen der GSG 9-Beamten billigt und rechtfertigt, beteiligt sie sich an der Demontage der Zeugin Baron, unterläßt sie selbstverständliche Ermittlungsschritte, übergeht sie Hinweise, behindert sie die Anwälte der Eltern Grams, verzichtet sie auf die gebotene Gegenüberstellung der Zeugin Baron mit den GSG 9-Beamten.

Die "wissenschaftliche" Hauptstütze der Selbstmordbehauptung ist nicht so sehr der von offizieller Seite hochgelobte Wissenschaftliche Dienst der Stadtpolizei Zürich, sondern der Münsteraner Rechtsmediziner Prof. Brinkmann. Er ist der einzige der von der StA Schwerin bestellten Gutachter, der behauptet, einen Selbstmord beweisen zu können. Sein Gutachten wurde durch ein Gegengutachten, das die Anwälte der Eltern Grams durch den Düsseldorfer Rechtsmediziner Prof. Bonte anfertigen ließen, in allen Punkten widerlegt. Auffälligerweise sind gerade bei Prof. Brinkmann, einem Freund des Schweriner Oberstaatsanwalts Schwarz, auch einige wichtige Spuren zugunsten nebensächlicher Untersuchungen vernichtet worden.
Prof. Bonte hat auch schlüssig nachgewiesen, daß Wolfgang Grams die Waffe entwunden wurde. Bis heute hat aber kein eingesetzter Beamter zugegeben, überhaupt näher als anderthalb Meter an Wolfgang Grams herangekommen zu sein, geschweige denn, ihn berührt zu haben.

Entgegen jeder Logik behauptet die Polizei, auf dem Bahnsteig 3/4, auf den Wolfgang Grams geflohen ist, seien keine Beamte eingesetzt gewesen. Die dafür angegebenen Begründungen halten einer Überprüfung nicht stand. Es gibt Hinweise darauf, daß dort noch mehr Beamte postiert waren. GSG 9 Nr. 4, der seinen Posten dort unmittelbar vor dem Zugriff verlassen haben will, verstrickt sich in eine Unzahl von Widersprüchen.

GSG 9 Nr. 4 wird mit beträchtlichem Aufwand von Bahnsteig 3/4 weggelogen. Das bringt andere GSG 9-Beamte in ihren Vernehmungen in Erklärungsnotstände, wie zum Beispiel Nr. 6, der drei verschiedene Versionen der Auslösung des Zugriffs zum Besten geben muß, bis seine Aussage endlich mit der von Nr. 4 zusammenpaßt. Auch die erst spät eingeführte Geschichte mit dem falsch verstandenen Funkspruch als Auslöser des Zugriffs mußte erfunden werden, um sein angebliches Verlassen von Bahnsteig 3/4 zu erklären.

Der GSG 9-Beamte Newrzella wird auf Bahnsateig 3/4 unter ungeklärten Umständen erschossen. Einges spricht dafür, daß er in eine Falle gelaufen ist, die Wolfgang Grams galt.

Die Vertuschung begann um 15.16 Uhr: "Absolute Nachrichtensperre" sogar gegenüber den Notärtzten, Zeugen können ungehindert den Bahnhof verlassen, ohne daß ihre Personalien festgesellt werden, aber betreten darf den Tatort niemand. Die Asservierung der Waffen erfolgt unter dem Motto: "Wer geschossen hat, soll seine Pistole abgeben." - ob sie geschossen haben, dürfen die Täter selbst entscheiden.
Vor allem aber werden die wichtigsten Spuren sowohl am Tatort als auch bei der Leichenschau noch am gleichen Tag vernichtet, gegen alle Regeln. Zu diesem Zweck verweist das BKA in beiden Fällen die eigentlich zuständigen lokalen Polizeidienststellen vom Platz.
Die Staatsanwaltschaft Schwerin hat die mannigfaltigen und schwerwiegenden Widersprüche in den Aussagen der verdächtigten GSG 9-Beamten Nr. 6 und Nr. 8 penibel aufgelistet und analysiert. Schließlich kam sie aber zu dem mehr als wohlwollenden Schluß, diese Beamten hätten lediglich deshalb soviel "erdichtet und erlogen", weil sie aus Scham einen völlig mißglückten Einsatz zu einem mustergültigen zurechtbiegen wollten.

Zeugenaussagen bestätigen die naheliegende Vermutung, daß sich auf und in der unmittelbaren Nähe von Bahnsteig 3/4 entgegen der offiziellen Darstellung Polizeibeamte befanden, als Wolfgang Grams die Treppe hochstürmte. Viele der nach offiziellen Angaben eingesetzten Beamten wurden von der StA Schwerin nicht vernommen, weil sie sich nach Angaben von BKA und GSG 9 im weiteren Umfeld des Bahnhofs befunden haben sollen. Diese Behauptung wurde nicht überprüft.


Wir hoffen, daß der ganze Komplex "Bad Kleinen" in dieser Rekonstruktion nicht hinter der Vielzahl der Einzelheiten verschwunden ist, sondern in ihnen zum Ausdruck kommt. Denn "Bad Kleinen" ist gerade nicht die Summe der Lügen und Betrüge, sondern ihre bewußte und gezielte Addition.

Redaktionsgruppe Jitarra