Dokumentation eines Auszuges aus ihrer Erklärung vom 6. März
1994
wir sagen jetzt noch einmal was zu der vergangenen phase seit april '92. uns
ist klar, daß nach der ganzen katastrophe - unserem kontakt zu dem
vs-bullen steinmetz der dem staatsschutz die ermordung von wolfgang grams und
die verhaftung birgit hogefelds ermöglicht hat, bis hin zur spaltung
zwischen uns und einem teil der gefangenen aus der raf - eine menge fragen an
uns auf dem tisch liegen. warum wir mit allem gescheitert sind, was wir in
dieser phase erreichen wollten. natürlich ist das auch unsere frage, die
wir beantworten wollen, soweit wir unsere verantwortung sehen.
den
genosslnnen, die von uns erwarten, daß wir hier über "unsere
hoffnungen" auf den staat reden, daß wir einen von uns angeblich
angestrebten "deal" mit dem staat kritisieren, können wir nur
sagen: wir können darüber nicht reden, weil es nicht der wahrheit
entspricht, es gibt in dieser hinsicht nichts, "was wirklich gelaufen ist"
oder was wir "zugeben könnten".
die schwerste verantwortung
dafür, daß der druck für die freiheit der gefangenen, soweit er
mit uns verbunden war, sich ins nichts auflöste, sehen wir in unserem
fehler, kontakt mit einem bullen gehabt zu haben. deshalb geht es jetzt zum großen
teil darum. wir haben gehört, daß es genossInnen gibt, die die
diskussionen, die sich aus der spaltung ergeben haben, teilweise erfreulich
finden. "endlich kommen die fragen auf den tisch" wir sind davon nicht
begeistert. wir sehen diese spaltung als schwächung und die tatsache, daß
sich genossInnen erst nach so einem crash zusammensetzen und fragen, was die
ziele von uns oder den gefangenen seit 89 gewesen seien, drückt auch aus,
wie wenig genau die diskussion in den letzten jahren an diesem punkt in der
linken geführt worden ist.
sicher ist es jetzt richtig die p o l i t i s c h e n widersprüche
heraus zu arbeiten. insgesamt geht es um die aneignung der erfahrungen aus den kämpfen
der radikalen linken und um die zukunft emanzipatorischer politik für die
umwälzung. darum ging es uns auch in den letzten jahren. angesichts der "raf-debatte",
die wir seit dem 28.10./2.11. haben, sind wir erstmal darauf zurückgeworfen,
zu klären, "was wirklich war". das ist jetzt erstmal die
bedingung für uns, um uns wieder auf die inhaltliche vertiefung und
entwicklung konzentrieren zu können. die klärung ist notwendig, weil
die offenen fragen zu den letzten jahren einem weiterführenden prozeß
im wege stehen. trotzdem ist es so, daß diese diskussion mitsamt diesen
fragen der wirklichkeit weit hinterher hinkt - auch wenn wir die notwendigkeit,
darüber zu reden, sehen. die fragen, die eigentlich anstehen, berühren
beispw. kinkel nur insoweit, als daß er als heutiger außenminister
wesentlich die rolle der brd im internationalen rahmen mitbestimmt. wie z.b. die
direkte teilnahme der brd am krieg des türkischen staates gegen das
kurdische volk und die verlängerung dieses krieges durch das verbot der
kurdischen organisationen in die brd hinein. darüber hinaus beinhaltet die
beantwortung dieser fragen kaum den schlüssel für die fragen nach den
politischen zielen, den sozialen inhalten und formen der organisierung, die die
linke der herrschenden entwicklung entgegenstellen wird.
seit dem schlag in bad kleinen war uns definitiv klar, daß ein teil
unseres versuchs aus den vergangenen jahren: auch in einer zeit des übergangs
zu neuen bestimmungen unsere konkrete initiative für die freiheit der
gefangenen einzusetzen, gescheitert und unmittelbar so nicht fortzusetzen war.
doch statt mit neuen überlegungen wieder fuß fassen zu können,
haben wir uns seither im kreis bewegt: die auseinandersetzung um den bullen, der
offensichtliche bruch zwischen uns und einem teil der gefangenen danach und
schließlich die denunziationen und die spaltung ein-schließlich der
debatte, die das ausgelöst hat. uns geht es darum, alles das abzu-schließen,
um überhaupt wieder den blick nach vorne freizubekommen. für uns haben
sich die ausgangsbedingungen entscheidend verändert. eine "große
diskussion", wie wir sie uns vor 2 jahren vorgestellt haben, ist bisher
nicht zustande gekommen. wir denken, daß das mehr oder weniger zufällig
und unstrukturiert auch nicht zustande kommen kann.
ein neuer anlauf ist
sicher notwendig. wie der klärungsprozeß zur neubestimmung für
uns nun genau verlaufen wird und wie wir uns darin einbringen werden, ist für
uns zum jetzigen zeitpunkt völlig offen.
unser schwerster fehler in
den letzten jahren - der kontakt mit dem bullen steinmetz - hat natürlich
bei genossInnen fragen aufgeworfen, die geklärt werden müssen. wie
konnte es dazu kommen?
nachdem das staatsschutzprojekt, steinmetz nach bad
kleinen weiter als spitzel einzusetzen, gescheitert war, war es die veränderte
staatsschutzlinie, lügen über den inhalt der verbindung von uns zu
steinmetz zu lancieren. sie haben gesehen, daß diese denunziationen wirken
und z.b. die spaltung innerhalb des politischen zusammenhangs raf/gefangene
forcieren. unser versuch, zu einer umfassenden diskussion zur neubestimmung
systemantagonistischer politik zu kommen, war in den letzten jahren kaum in gang
gekommen. in dieser situation sollte die staatsschutzpropaganda von der
verquickung unserer politik mit einem vs-spitzel unsere isolierung von allen,
die nach einer weiterentwicklung der emanzipatorischen kämpfe suchen,
produzieren und so das scheitern unseres versuchs erreichen.
bis jetzt
sind dem staatsschutz kaum grenzen dabei gesetzt worden, die
steinmetz-geschichte immer weiter auszumodellieren. dazu haben wir auch unseren
teil beigetragen, weil wir - nach allem, wovon wir 93 überrollt worden sind
- uns erst jetzt dazu äußern können.
so teilt der vs via
steinmetz in einem interview (spiegel 7/94 ) ein weiteres mal mit,
steinmetz hätte zwischen der "scene" und dem staat und zwischen
uns und dem staat den "mittler" gespielt. wir hätten mit einem
vermittler des vs diskutiert, dessen position gegenüber uns quasi die
propagierung von "frieden mit dem staat" gewesen sei. tatsächlich
spielte steinmetz uns gegenüber die rolle "revolutionärer linker",
der z.b. gerne eine diskussion mit uns darüber geführt hätte, ob
es seine eigene perspektive sein könnte, in der guerilla zu kämpfen. -
eine diskussion, auf die wir uns nicht eingelassen haben.
dieser
vermittlerquatsch ist genauso frei erfunden, wie die neueste version von seiner
angeblichen "mitgliedschaft" in der raf und die funktion dieser lügen
offensichtlich. es wäre auch vollkommen falsch zu glauben, daß
steinmetz, als einer, der "dazwischen" steht, nicht alles das an
informationen über genossInnen an den staatsschutz weitergegeben hat, was
er mitbekommen hat, und alles das liefern wird, was er nicht weiß, aber
was der staatsschutz von ihm verlangt. was jetzt angelaufen ist, das theater um
die "großen widersprüche" im apparat, die geschichte von
der angeblichen vertuschung der angeblichen "mitgliedschaft" eines
bullen in der raf soll die diffamierungen gegen uns noch weiter in die köpfe
der leute, weit über die linken zusammenhänge hinaus, einpflanzen. wer
würde schon in frage stellen, daß der staatsschutz vertuscht und lügt,
wo er kann!
für diese geschichte haben sie in längerer prozedur
den "renitenten" bka-beamten in der öffentlichkeit aufgebaut, der
aufgrund seiner "wahrheitsliebe" den repressalien seiner dienstherren
ausgesetzt sei. wie groß die übereinstimmung des
vs-bka-baw-interesses tatsächlich ist, zeigt sich u.a. daran, daß der
vs über seine schreiber in der taz die vertuschungsstory groß
aufbauen läßt - wo er doch selbst der vertuschung beschuldigt ist. es
ist schon eine gigantische staatsschutzoperation, die mit dem ziel, die größtmögliche
verunsicherung über uns zu schaffen, läuft. um der "phantom"-lüge
authentizität zu verleihen, inszeniert das bka auch hausdurchsuchungen bei
ihren geheimdienstschreibern landgraeber, sieker, wisnewski, den autoren des "raf-phantom".
die lüge, steinmetz sei an unserer aktion gegen den knast in
weiterstadt beteiligt gewesen, soll sowohl die von den geheimdiensten in die
welt gesetzte "phantom"-diskussion als auch zur zukünftigen
kriminalisierung von legalen genossInnen die alte lüge von einer "gesamt-
raf" auffrischen. mal abgesehen davon, daß sie damit bezwecken, die
politische wirkung der aktion im nachhinein zu zerstören.
gegen diese
phantom-propaganda und die alte kriminalisierungslinie gegen legale genossInnen
sagen wir noch einmal:
wir werden einiges auch konkretes zu der geschichte sagen, nicht, um eine
lebensnahe story hinzulegen, sondern einzig und allein deswegen, weil von uns
und von anderen fehler gemacht wurden, die wir begreifbar machen wollen, um so
zu ihrer aufhebung kommen zu können. nur darin hat die transparenz einen
sinn.
auch wenn für uns konsequenzen und korrekturen notwendig sind, über
die wir hier nicht reden werden, denken wir, daß aus unseren fehlern mit
steinmetz auch für andere, die sich damit auseinandersetzen, wie widerstand
organisiert werden kann, einiges deutlich wird und herausgezogen werden kann.
wichtig ist : es wäre möglich gewesen und es ist möglich,
einen bullen wie steinmetz, der voll und ganz in der scene lebt, zu enttarnen.
nach dem 27.6.93 sind so viele schrägheiten in der geschichte des
spitzels ans licht gekommen, daß der gedanke zur gewißheit wird : wären
wir und die, die mit ihm zusammengelebt haben , den "komischen gefühlen"
und seltsamen geschichten auf den grund gegangen, dann wäre dieser fehler
nicht passiert.
die chronologie seiner karriere (siehe die broschüre
der recherche-gruppe aus wiesbaden) macht das deutlich.
es ist fatal, daß
genossInnen (in einem papier in dieser broschüre zur aufarbeitung...) immer
noch von sich sagen, es wäre ihnen unmöglich gewesen, steinmetz als
v-mann zu enttarnen. was wir aus der ganzen sache ziehen ist nicht, daß
der vs unschlagbar "gut" gewesen ist, sondern, daß wir große
fehler gemacht haben. wir hören des öfteren von leuten, die heute
sagen, sie hätten "schon immer ein komisches gefühl" zu k.s.
gehabt, ihnen wären sachen seltsam vorgekommen und es hätte sogar in
der vergangenheit anlässe zu brüchen mit ihm gegeben. aber wir hören
selten darüber, warum diese leute nichts damit angefangen hatten. aber erst
daraus könnte gelernt werden.
es geht uns jetzt darum :
wir gehen heute davon aus, daß steinmetz - nach einer vorlaufzeit ab
84 - spätestens 86/87 die konkrete aufgabe übernommen hatte,
beziehungen zu genossInnen aufzubauen, die den bullen aus dem politischen
zusammenhang der front bekannt waren, um langfristig an uns dranzukommen.
86/87 hat der staatsschutz als reaktion auf den schritt, mit den offensiven 85
und 86 als gemeinsame revolutionäre front von raf, organisierten militanten
und genossInnen aus dem antiimperialistischen widerstand zum handeln zu kommen,
mit einer massiven repressionswelle gegen legale genossInnen geantwortet.
sie wollten diesen prozeß mit gewalt abwürgen. auf der anderen seite
witterten sie ihre chance, über die politischen diskussionszusammenhänge
an die illegalen strukturen dranzukommen
in dieser zeit ist steinmetz nach
wiesbaden gezogen. er hat in rasantem tempo engen kontakt zu genossInnen
bekommen, die aus der politischen entwicklung der frontzeit kamen, also auch bei
jeder gelegenheit im zentrum der observationen der bullen standen. ende 87 waren
schon viele zusammenhänge von genossInnen, die sich vorher auf die
politischen bestimmungen der front bezogen hatten, auseinandergebrochen.
schon damals waren viele dieser genossInnen auf der suche nach neuen
orientierungen und die politischen fragen, die sie in der frontvorstellung nicht
klären konnten oder wollten, standen für sie im vordergrund.
aus
dieser zeit stammt der erste verdacht gegen steinmetz, er könnte ein bulle
sein, der uns damals auch bekannt geworden ist. da beginnt der erste fehler, wo
wir heute sagen konnen, wir hätten einen einfluß darauf gehabt, daß
dieser verdacht geklärt wird.
steinmetz hängte sich damals in
einer art an genossInnen dran, mit der er mißtrauen auf sich zog. er
vermittelte sich gegenüber genossInnen, die ihn kaum kannten, als "technikcrack",
der schon "andere" sachen gemacht hätte. er verbreitete eine aura
um sich, als sei er in der vergangenheit in militanten zusammenhängen
gewesen, die ihm inhaltlich zu flach geworden seien, und als sei er auf der
suche nach einer weitreichenderen revolutionären perspektive, die er unter
anderem bei genossInnen aus der antiimperialistischen scene zu finden hoffte.
tiefer begründete er das weder aus seiner politischen vorstellung noch aus
seiner subjektiven entwicklung. es blieb bei plattheiten wie: "es geht um's
ganze statt um teilbereichskämpfe" oder "militant und illegal ist
wichtig"... auch war er schmierig genug, genosslnnen gegenüber, die
darauf nicht eingingen und im gegenteil andere vorstellungen vermittelten,
sofort umzuschwenken und so zu tun, als sei es genau das, was er auch wollte.
sein verhalten ist damals als ein abchecken durch ihn empfunden worden, ob
genossInnen darauf einsteigen und etwas von sich offenmachen.
der verdacht
damals war eine sache von gefühlen, d.h. die widersprüche sind
empfunden worden. aber es gab keine indizien und in seiner geschichte stimmte
oberflächlich betrachtet alles. es gab gespräche mit anderen, die
steinmetz verhalten auch verdächtig fanden, aber die unsicherheit überwog,
oder es blieb bei verschiedenen meinungen stehen, wie es in der radikalen linken
gerade bei solchen fragen immer wieder vorkommt. die konsequenz war dann
lediglich, sich selbst gegen steinmetz abzuschotten, um damit die engsten
genossInnen und auch uns zu schützen.
nicht auf die aufklärung zu
bestehen, hatte verschiedene schlechte gründe. die unsicherheit, bei so
einem verdacht sehr stark von gefühlen auszugehen, ohne etwas konkretes in
der hand zu haben. und die befürchtung, statt einer aufklärung könnte
eine gerüchteküche entstehen, die einen typen, der sich nur da und
dort wichtig machen und "dazugehören" will, zu unrecht mit einem
harten verdacht trifft. diese unsicherheit wurde dadurch verstärkt, daß
steinmetz offensiv mit dem mißtrauen gegen sich umging. er hatte
realisiert, daß abstand von ihm gehalten wurde und eine auseinandersetzung
gefordert.
das ist ein immer wieder auftauchendes problem. solche
unsicherheiten, die dazu führen, die ganze sache dann doch mehr oder
weniger laufen zu lassen, statt die entscheidung zu treffen sich dann hinter
eine aufklärung zu klemmen, die eine gerüchteküche nicht
aufkommen läßt. das ermöglicht es spitzeln, ihre karriere in
linken zusammenhängen fortzuführen. das ernstnehmen von
geheimdienstangriffen gegen die linke durch spitzel reicht dann gerade noch
soweit, sich und die allernächsten zusammenhänge - wenn überhaupt
- gegen so einen abzuschotten. so war es damals auch mit steinmetz. ein
herumlavieren statt einer lösung. entsprechend sind andere genossInnen, die
viel mit steinmetz zu tun hatten, nicht mit dem verdacht gegen ihn konfrontiert
worden. das war das konkrete.
der hintergrund, den wir wesentlich finden, um
die damaligen fehler zu begreifen, war im ende der front angelegt. das ende der
front war nicht einfach ein ende, das so bestimmt war und eine reflektion der
erfahrungen aller am frontprozeß beteiligten erarbeitet und daraus
gemeinsam nach einer neuen vorstellung gesucht wurde. sondern das ende war ein
schleichender zerfallsprozeß, in dem viele genossInnen trennungen statt
auseinandersetzung vorgezogen haben. ein zerfallsprozeß, in dem sich die
frontzusammenhänge größtenteils auflösten und individuell
oder als kleinstgruppe andere wege eingeschlagen wurden. auch von uns kamen
keine impulse für eine andere umgehensweise. auf der strecke blieb sowohl
die verantwortung füreinander, als auch die gemeinsame verantwortung für
die zukunft revolutionärer politik. dieser zustand hat es steinmetz leicht
gemacht, verschiedene genossInnen abzuchecken, ohne größer gefahr
laufen zu müssen, daß das zur gegenseitigen vermittlung der
genossInnen untereinander und so möglicherweise zu seiner enttarnung führt.
das ausweichen vor einer klärung hat es steinmetz mit ermöglicht,
jahrelang weiter in verschiedenen zusammenhängen zu leben und teil von
immer mehr mobilisierungen der radikalen linken zu sein.
die chronologie
seiner karriere macht deutlich, daß der fehler, nur auf den eigenen
unmittelbaren horizont zu achten, im zusammenhang mit steinmetz sehr oft
gelaufen ist. wir sind uns sicher, wären beispielsweise die information über
die verhöre bei der staatsanwaltschaft in kaiserslautern mit dem verdacht
zusammengekommen, hätte die geschichte damals einen anderen verlauf
genommen. mit schuldzuweisung hat das nichts zu tun, dazu haben wir gar keinen
anlaß.
wir hatten den verdacht gegen steinmetz nicht vergessen. wir hatten lange
zeit nichts mehr über steinmetz gehört. soweit wir wußten, hatte
er sich '89 erstmal aus verschiedenen auseinandersetzungen zurückgezogen.
ca. `90 erfuhren wir, daß er teil in diskussionszusammenhängen wurde,
zu denen es von uns politische bezugspunkte gab. uns hat das überhaupt
nicht gefallen. es war damals noch gar nicht die frage von uns, selbst mit ihm
kontakt aufzunehmen. trotzdem wollten wir nicht, daß einer in
diskussionszusammenhängen teil ist, mit denen wir es uns vorstellen
konnten, in einer gemeinsamen politischen perspektive zusammenzukommen. also
haben wir versucht, dem früheren verdacht über verschiedene stränge
noch einmal auf den grund zu gehen. es gab genosslnnen, die von unseren fragen
zu ihm wußten. nach ihrer einschätzung hatte sich das, was zu dem mißtrauen
früher geführt hatte, aufgelöst. steinmetz hatte z.b. angefangen,
sein früheres "abfahren auf technik" zu kritisieren. auch daß
es ihm schwerfällt, eigene politische gedanken über das "gegen
die schweine" hinaus zu entwickeln, hatte er als problem von sich
angesprochen. (wir stimmen dem nicht zu, was ein genosse im arranca-interview
sagte, er sei bei solchen widersprüchen immer ausgewichen. unsere erfahrung
mit ihm ist anders. es zieht sich durch, daß er immer versucht hat, mit
seinen schwächen, die er als bulle hatte, offensiv umzugehen; immer alles
als "probleme", die er lösen will, zu thematisieren. das machte
er allerdings nur dann, wenn er es für notwendig hielt, persönliche "offenheit"
zu demonstrieren, damit wir den kontakt zu ihm weiter aufrechterhalten. daß
er diese "probleme" natürlich nie aufgelöst hat, versteht
sich ja von selbst.)
in der auseinandersetzung um steinmetz sind wir viel
zu schnell und selbstverständlich von gemeinsamen kriterien zwischen uns
und anderen genossInnen ausgegangen, wir haben viel zu wenig hinterfragt. dazu
kommt, daß wir uns auf das "hände ins feuer legen" für
ihn von genossInnen verlassen haben, deren kriterien wir überhaupt nicht
kannten. das waren genossInnen aus einem anderen politischen zusammenhang, die
vermittelten, daß sie erfahrungen mit ihm, auch konspirativer art, und
daraus vertrauen zu ihm hatten - es sei ausgeschlossen, daß er ein bulle
sei. wir hätten uns über deren kriterien verständigen müssen.
allein die tatsache, daß dieses oder jenes mal geklappt hat, heißt
natürlich nicht, daß kein bulle dabei gewesen sein kann. es war eine
große ungenauigkeit von uns, zu akzeptieren, daß wir nicht mehr über
den politischen und praktischen rahmen dieser geschichte erfahren konnten und
wir aus wenigem, was wir vermittelt bekamen, einen falschen respekt vor einer
von uns nicht zu hinterfragenden struktur hatten. obwohl wir nichts genaues über
sie wußten und sich keine tiefere diskussion mit ihnen entwickelte, haben
wir auf ihre einschätzung an so einer entscheidenden frage gezählt.
aufgrund all dieser ungenauigkeiten konnte steinmetz karriere weiterlaufen.
trotzdem ist es uns wichtig zu sagen, daß die fragen an genosslnnen
im brief von birgit hogefeld (taz, 22.7.93) kein "abschieben des
problems auf andere" ist.
wir müssen uns als illegale bei solchen
fragen schon sehr weitgehend auf andere genosslnnen verlassen können. vor
einer kontaktaufnahme mit leuten, die wir nicht kennen, sowieso. was natürlich
ein sehr hohes maß an genauigkeit aller daran beteiligten vorraussetzt.
hinzu kommt, daß wir schon oft genug die erfahrung gemacht haben, daß
genossInnen sich bei treffen mit uns vollkommen anders vermittelt haben, als sie
in ihrem alltag gelebt haben, und wie sie in ihren zusammenhängen, in den
beziehungen der genosslnnen untereinander waren. es ist ein anderes kennenlernen
möglich in gemeinsamer kontinuierlicher praxis und im alltag, im
zusammenleben als in der ausnahmesituation illegaler treffen.
steinmetz hat
dann im folgenden jahr immer mehr mit genossInnen und verschiedenen zusammenhängen
zu tun bekommen, "gehörte also richtig dazu". zu politischen
zusammenhängen, die damals für sich den anspruch formulierten,
umfassende perspektiven auch im politischen zusammenhang mit militanten und
bewaffneten gruppen wie der raf entwickeln zu wollen. er hat sich als einer
vermittelt, der auch, wenn nötig, mal praktisch etwas hilft -wie sowenige
in der ganzen zeit damals. wir waren immer auf der suche nach genosslnnen, die
helfen, die diskussion zu organisieren, was immer auch eine praktische frage
ist. es waren die ganzen jahre nicht gerade die massen von genosslnnen, die dazu
bereit waren. es gab immer viel mehr genossInnen, die "eine front"
oder den anspruch auf gemeinsame diskussion mit uns bekundet haben, als welche,
die auch bereit waren, dafür etwas zu tun. dementgegen vermittelte
steinmetz den eindruck, daß er bereit sei, seine "politischen
vorstellungen" auch praktisch anzupacken. wir sehen es heute so, daß
genau das sowohl bei uns als auch bei anderen genossInnen im weiteren verlauf
der geschichte entscheidend dafür war, warum wir kriterien in der
auseinandersetzung -die wir aus langen erfahrungen hatten und weder 89 noch 92
aufgegeben haben - im verhältnis zu ihm nach hinten geschoben haben. im
verhältnis zu steinmetz ist, nachdem der bullenverdacht vermeintlich ausgeräumt
war, sehr schnell in den vordergrund gerückt, daß er im zusammenhang
der organisierung der diskussion (wen wundert's heute!) äußerst
zuverlässig war.
in der zeit nach 89 waren wir definitiv mit der
tatsache konfrontiert, daß aus dem frontprozeß keine gemeinsame
relevante kraft entstanden war, die in die rasante entwicklung in irgendeiner
weise produktiv für die seite der befreiung hätte eingreifen können.
das hat bei uns zu diskussionen darüber geführt, worin unsere fehler
in den jahren vorher gelegen haben, was falsch war an dieser vorstellung und an
ihrer umsetzung. es war uns bewußt, daß es nicht nur die folgen der
weltweiten umbrüche waren, die zu diesem ergebnis geführt hatten. in
der phase von 89 bis 92 ging es uns darum, was wir erkannt hatten und verändern
wollten, direkt in unserer praxis umzusetzen. entlang unserer damaligen
vorstellungen wollten wir neue bezüge zu genossInnen aufbauen.
auf große
resonanz sind wir mit unseren versuchen, in eine gemeinsame diskussion mit
genossInnen zu kommen, nicht gestoßen.
dem entgegen war steinmetz
einer von denen, die verstärktes interesse an einer direkten
auseinandersetzung mit uns vermittelten. das war mitte/ende 91.
die ersten beiden relativ kurzen treffen hatten schon eindeutig eine falsche
gewichtung. es ging dort fast ausschließlich um eine beschreibung der
situation in der radikalen linken. über steinmetz selbst wußten wir
nach dem ersten treffen zwar, daß er "nett" war - und heute
sehen wir darin diese schmierige, oft übertriebene "herzlichkeit"
des bullen, der unbedingt übereinstimmung signalisieren wollte - ansonsten
blieb es uns verschwommen, was er überhaupt und speziell mit uns wollte. er
hatte vermittelt, er hätte das interesse, etwas gegen die distanz zwischen
uns und "der autonomen scene" zu tun. außerdem würde er
daran überlegen, ob es für ihn nicht selbst perspektive sein könnte,
in der guerilla zu kämpfen. zum ersten konnte er nicht viel erklären.
auf die diskussion über eine perspektive von ihm bei uns ließen wir
uns nicht ein. denn darum kann es mit niemandem gehen, den wir nicht genau
kennen und verstehen.
nach diesem treffen wollten wir aber weitersehen, ihn
und seine vorstellungen in weiteren treffen kennenlernen.
beim nächsten
treffen erzählte er, er sei in einer internationalismus - gruppe zur
vorbereitung der widerstandstage gegen den wwg in münchen. nachdem wir
interesse an einer diskussion darüber zeigten, löste sich das jedoch
in luft auf. die begründung dafür war, daß die gruppe
auseinandergegangen sei, bzw. dort keine gemeinsamen diskussionen in gang
gekommen seien.
auch beim 2. treffen wollte er über seine mögliche
perspektive bei uns reden. diese beiden treffen fanden vor dem 10. 4. 92 statt
und wir haben uns darüber gewundert dass er später vermittelte, unsere
entscheidung sofort gut und richtig zu finden. darauf angesprochen behauptete
er, er hätte schon seit 91 den gedanken, daß eine "pause"
richtig wäre. auf die frage, warum er dann vorher ganz anders diskutiert hätte,
antwortete er, er hätte befürchtet, wir würden die diskussion mit
ihm gar nicht erst anfangen, wenn er uns das sagt.
steinmetz war weder an
unserer reflektion beteiligt noch an diskussionen hin zu unserem schritt im
april 92, wir haben ihn nicht als einen gesehen, mit dem wir im denken eine große
übereinstimmung hätten. im gegenteil hat er nach dem 10. 4. oft
positionen in die diskussion eingebracht, die wir gerade in dieser zeit öffentlich
kritisiert haben, weil sie die diskussion, die wir führen wollten,
blockierten. so war er einer derjenigen, der z.b. unsere grußadresse an
alle teilnehmerInnen der demonstration und des internationalen kongresses gegen
den wwg in münchen mit der aussage: "es fehlen die konkret greifbaren
bestimmungen für die zukunft" kritisiert hat. was wir von dieser
erwartungshaltung an uns halten, die von uns verlangt, daß wir nur
fertiges auf den tisch legen sollen und ansonsten das maul halten, haben wir
daraufhin im august 92 öffentlich gesagt. mit ihm war es anlaß zum
streit, weil er selbstverständlich auch nicht in der lage war, zu füllen,
was er damit meint.
bei den drei treffen nach dem 10.4.92 und vor juni 93
kam es immer zu widersprüchen zwischen ihm und uns oder wir mußten "fehler",
die er gemacht hatte, mit ihm klären. in solchen diskussionen nahm er meist
das, was wir kritisierten zurück und begründete alles damit, daß
er aus den bedingungen der treffen nicht genügend zeit zum überlegen
hatte und deshalb unüberlegte sachen sagen würde.
die diskussionen mit steinmetz sind immer an die grenze gestoßen, daß
es mit ihm nicht möglich war, gemeinsame politische vorstellungen zu
entwickeln, aus denen er dann politische initiativen dort, wo er lebte,
angepackt hätte. immer wieder begründete er, politische initiativen,
die er sich angeblich vorgenommen hatte, seien unmöglich gewesen, weil zu
wenige genossInnen die verantwortung "für den prozeß" übernehmen
würden. je länger wir mit steinmetz zu tun hatten, desto mehr hatten
wir das bild von ihm, daß er nicht in der lage ist, sich eigene gedanken
in der auseinandersetzung zu machen. dass er auf alles abfährt, wo sich äußerungen
von genossInnen einigermaßen "klar" und entschieden anhörten.
wir haben das als eine schwäche von ihm gesehen, etwas, das er verändern
müßte und das auch von ihm verlangt. wir hatten es ja auch
realisiert, dass er überall seine nase drin hatte und trotzdem nichts
eigenes anfing.
nach dem treffen im april 93 stand für uns fest, daß
wir in den ganzen diskussionen mit ihm bis dahin nicht zusammengekommen waren.
es gab erste überlegungen, den kontakt mit ihm zumindest solange
abzubrechen, bis er sich selbst klar da-rüber wird, was er selbst richtig
findet und will. beim treffen in bad kleinen sollte es noch einmal darum gehen,
wie und ob es zwischen ihm und uns weitergehen wird.
die überlegung, der fehler von uns, kontakt mit steinmetz aufzunehmen,
hinge mit einer politischen öffnung und den damit verbundenen gefahren
zusammen, trifft den realen hintergrund nicht. wir haben die diskussion mit ihm
als einem aus der radikalen linken angefangen. die spezielle situation ende 91 -
93, in der wir großes interesse hatten, so viel wie möglich von den
diskussionen auch der radikalen linken mitzubekommen, hat sicher zum teil zu
unserem fehler beigetragen. steinmetz hat uns da immer viele informationen
gebracht - heute sagen wir, wir haben das konsumiert und sind dabei dem typen
selbst nicht richtig auf den grund gegangen.
natürlich war auch der inhalt der diskussionen zwischen steinmetz und
uns von der situation 92 geprägt. unser liberalismus in dieser diskussion
geht aber gerade in eine andere richtung, als viele genossInnen, die unserem
versuch '92 mißtrauisch gegenüber standen, meinen wollen. steinmetz
ist uns gegenüber weder als der protagonist einer neuen politischen
entwicklung noch der entwicklung in seiner stadt seit '89 (siehe wiesbadener
broschüre, hausbesetzung etc.) aufgetreten. tatsächlich vertrat er
inhaltliche positionen, die 92 in politischen zusammenhängen, die sich früher
auf uns bezogen hatten, als schlagworte kursierten. also positionen der eher "aufrechten
revolutionäre", die uns darauf hinwiesen, daß das system aber
letzten endes doch nur bewaffnet umzuwälzen ist, oder die meinten, daß
unsere drohung gegen den staat nicht ernstzunehmen sei und allenfalls als
moralische haltung verstanden werden könnte. er ist da nicht aus dem rahmen
der in teilen der alten antiimperialistischen oder in teilen der autonomen scene
kursierenden dikussionen herausgestochen. er bezog sich in den diskussionen auf
zusammenhänge, die - als ergebnis der entwicklung des politikverständnisses
aus der frontzeit - die frage stellten, ob es nun, da wir die eskalation in der
konfrontation zurückgenommen hatten, überhaupt noch notwendig sei,
sich mit dem, was wir zu sagen haben, auseinanderzusetzen. natürlich hat er
solche positionen in jeder diskussion zurückgenommen. aber das problem war,
daß wir es wieder und wieder akzeptiert haben, daß wir uns schließlich
damit auseinanderzusetzen haben, wenn genossInnen uns nicht verstehen, bzw.
immer wieder darauf hinzuweisen, daß wir diese phase als gemeinsame
anstrengung begreifen und unsere sachen nicht als etwas fertiges. anstatt die
diskussion mit ihm abzubrechen.
die behauptung, die "neue politik"
der raf sei die ursache für den fehler gewesen, soll über die
katastrophe hinaus, die der fehler mit steinmetz für uns ohnehin schon
bedeutete, gleich alles, was wir in den letzten jahren versucht und gemacht
haben, zur hölle schicken. wir sagen, daß die wurzeln für diesen
fehler tiefer liegen, als in der entwicklung, die wir seit '89 gemacht haben.
wir waren mit einer situation konfrontiert, die auch aus fehlern der
vergangenheit gekommen war, und die wir überwinden mußten. und darin
haben wir fehler gemacht. für uns macht das die sache keinen deut besser,
nur muß es darum gehen, für uns und für andere, daran wirklich
etwas begreifen zu können und nicht, diesen fehler politisch gegen uns
auszunutzen.
es ist immer einfacher, zu erkennen, was in der vergangenheit
falsch gemacht worden ist, oder die mitverantwortung für eine entwicklung
zu erkennen, die von den ursprünglichen zielen abgewichen ist, als daraus
umfassend die richtigen konsequenzen zu ziehen. das trifft auch auf uns zu im
zusammenhang des endes der front und den sich daraus notwendig ergebenden veränderungen.
wir wußten z.b. genau, welche strukturen wir in den diskussionen mit
genossInnen nicht mehr wollten. wie wir schon im august 92 beschrieben haben,
hatte die politische festlegung in der frontvorstellung darauf, daß die
guerilla und damit die militärische angriffsfähigkeit im zentrum der
front stehen muß, direkte auswirkung auf die struktur in der diskussion:
die hierachisierung der diskussion, die eine politische enge und begrenzung der
diskussion und praxis zur folge hatte.
diese hierarchisierung drückte
sich auch in dem bewußtsein aus, in dem die organisierung der militanten
als "durchgangsstadium" zur guerilla begriffen wurde. das führte
zu einem subjektivismus, der sich vor die auseinandersetzung um politische
perspektiven schob. daraus entstand weder eine politische verankerung der front
noch eine langlebige organisierung. es war nicht von anfang an so und es trifft
auch nicht auf alle militanten aus den frontzusammenhängen zu. aber es
wurde zur haupttendenz in der diskussion. es liegt auf der hand, daß es
weder positive auswirkungen auf die entwicklung der politik, auf das selbstbewußtsein
der genossInnen noch auf ihre diskussionen mit anderen - auch mit uns - hat,
wenn die genossInnen bei jedem schritt, den sie tun, denken, das sei politisch
eigentlich gar nicht das wesentliche, das wesentliche sei der erst noch
bevorstehende sprung zur guerilla. nachdem wir das erkannt hatten, war es für
uns wesentlich, den krampf in den diskussionen zwischen uns und genossInnen, die
fremdheit, die falsches anspruchsdenken produzieren muß, zu überwinden.
tatsächlich war aber nicht alles von heute auf morgen anders.
wir
hatten auch nach 89 viele quälende diskussionen mit genossInnen , die aus
einem anspruchsdenken heraus sich und uns vormachten, sie ständen kurz vor
dem schritt, hier mit uns zusammen zu kämpfen. auseinandersetzungen, wo
sich von treffen zu treffen mühsam herausschälte, daß das gar
nicht stimmt. oder die erfahrung, daß genossInnen uns gegenüber nicht
aufrichtig waren, ihre kritik nicht sagten und sich nicht wagten, ihre eigenen überzeugungen
zu sagen, wenn sie gefahr liefen, damit in widerspruch zu einer von ihnen uns
zugeordneten meinung zu geraten.
was steinmetz betrifft, war es für uns
offensichtlich, daß er uns entweder vor oder nach dem 10. 4. angelogen
hatte. diese lügen kamen uns schon fast "normal" vor. für
uns waren das die altbekannten erscheinungen, die wir aus vergangenen
auseinandersetzungen schon zur genüge kannten. mit seinen lügen sind
wir dann so umgegangen, daß wir nichts weiter davon wissen wollten. zumal
wir uns vorher schon gar nicht auf eine diskussion mit ihm darüber, ob er
zur guerilla kommt, eingelassen hatten. wir wollten nicht schon wieder so eine
auseinandersetzung. 1
auch an einem anderen
punkt haben wir falsches aus der vergangenheit einfach umgedreht: wir haben
einen widerlichen liberalismus in der diskussion mit ihm entwickelt. wir haben
widersprüche nie soweit eskaliert, daß sie sich klären mußten.
stattdessen haben wir uns immer wieder von ihm mit seinen verwaschenen erklärungen
abspeisen lassen. so blieb immer etwas übrig, was nicht geklärt war,
d.h.: wir haben ihm das lavieren einfach gemacht. unser verhalten war ein reflex
darauf, daß wir früher offenheit in den diskussion oft selbst
blockiert hatten. denn wir hatten diskussionen an widersprüchen oft mit
einer härte geführt, die manchmal mehr auf niedermachen als auf klärung
herauslief. das wollten wir so nicht mehr. aber: die negation des falschen
bleibt noch falsch - ihr fehlt die aufhebung ...
gedanken darüber, ob steinmetz schizophren sei, haben für uns
keine bedeutung. nach allem, was jetzt offen ist, springt vielmehr seine
dreistigkeit und hartnäckigkeit ins auge, mit der er erst über jahre
hinweg das ziel verfolgte, an uns dran zu kommen und dann dran zu bleiben. er
hat sich mit uns getroffen, obwohl er von dem früheren verdacht von uns
gegen ihn wußte. das sagt auch etwas über seine zielstrebigkeit und
eigeninitiative in der ganzen sache aus.
es wäre mit sicherheit ein fehler, die speziellen schwächen von
steinmetz - z.b. seine geringe fähigkeit, sich politisch zu artikulieren -
zum erkennungsmerkmal für spitzel zu machen. andere bullen können
andere schwächen haben.
kriterium ist nicht, wie gut oder schlecht
jemand politische reden halten kann. für ein entscheidendes kriterium
halten wir, daß in der politischen auseinandersetzung eine ernsthaftigkeit
zu spüren ist. wie ernst es jemandem ist, das was er/sie formuliert auch
umzusetzen und weiterzuentwickeln und dafür auch die verantwortung übernimmt.
alles das, was inhalt der "politischen auseinandersetzung" zwischen
steinmetz und uns war, hatte in seinem handeln nie die geringste konsequenz. was
wir für konsequenz bei ihm hielten, nämlich dass er uns bei der
organisierung der diskussion "unterstützte", sagte in
wirklichkeit nichts über ihn, sondern mehr über uns aus; unsere
fixierung darauf, an jeder möglichkeit, informationen über die
diskussion in der linken zu erhalten, festhalten zu wollen. daß steinmetz
selbst gar kein interesse an der weiterentwicklung der diskussion hatte, also in
dieser richtung auch nicht initiativ war, hätten wir schnell merken können,
wenn wir bewußter darauf geschaut hätten.
auch daran, daß
er "politische widersprüche" nie von sich aus klären wollte
und nur als reaktion auf unser nachfragen versuchte, sich aus widersprüchen
herauszulavieren, hätten wir die unernsthaftigkeit und identitätslosigkeit
erkennen können.
sicher ist es nichts neues, wenn wir jetzt sagen, daß
in zusammenhängen, in denen tiefes vertrauen voraussetzung ist, den/die
andere wirklich zu verstehen, grundlage sein muß. widersprüche können
weder einfach weggedrückt, unterdrückt noch ignoriert werden. wirklich
vertrauensvolle beziehungen können niemals durch die verständigung über
oder gegen andere entstehen, nicht über abgrenzungen, sondern immer nur
daraus, was genossInnen sich zu sagen haben über ihre politischen und
praktischen vorstellungen, über ihr leben und ihre träume.
auch
aus diesen gründen sind die spaltungseuphorien der letzten zeit unsere
sache nicht. wo an die stelle der auseinandersetzung ausgrenzung gesetzt wird,
da hört das kämpfen um begreifen auf. wo sich in abgrenzung zusammen
gefunden wird, ist größte oberflächlichkeit einfach. das ist ein
einfallstor für staatsschutzpropaganda und spitzel.
"an jedem
punkt, wo leute sich zu linker arbeit zusammenfinden, ist eine
verantwortlichkeit einzufordern, die über die erfordernisse des jeweiligen
gruppenrahmens hinausgeht..." (broschüre der recherchengruppe
wiesbaden). es ist die aufgabe aller, denen es ernst ist, den "machtbesoffenen
herrschenden" die weichenstellung für die entwicklung hier und
weltweit aus den händen zu reissen, eine organisierung zu schaffen, in der über
konkrete, kurzfristige ziele und mobilisierungen hinaus eine gemeinsame
langfristige perspektive und daraus verbindliche strukturen und umfassende
verantwortung selbstverständlich sind.
verbindlichkeit und umfassende verantwortung sind nicht alleine fragen der
moral und nicht nur die frage nach grundsätzlicher solidarischer haltung,
sondern die frage nach dem politischen bewußtsein. es stellt sich die
frage nach der fähigkeit und dem willen der linken zu einer organisierung,
die das terrain der verschiedenen getrennten bereiche, der kleinstgruppen und
spontaneistischen zusammenschlüsse hinter sich lassen kann.
(...)