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Sun Dec 11 09:42:19 2005
 

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Der Plumpssack geht um...

Die letzten Jahre war es relativ entspannt in Berlin, die Polizei kam selten unangemeldet im großen Stil und wenn Durchsuchungen erfolgten, dann meistens im Zusammenhang mit einer vorherigen Festnahme. Die letzten 129/129a-Verfahren lagen lang zurück und die/der durchschnittliche Linksradikale fühlte sich so einigermaßen sicher. Dieser beschauliche Normalzustand (Normalität im Sinne des Gewohnten) scheint nun von Polizei und Justiz aufgekündigt worden zu sein. Die radikale Linke war ahnungslos wie eine in der Sonne badendene Schildkröte, als die Repressionsschläge mit großem "Hallo" eintraten. Recht willkürlich wurden Leute zum Objekt staatlicher Repression und sahen sich mit Durchsuchungen und massiver Observation (Telefon, E-Mail, Personen) konfrontiert. Neben verschiedenen Einzelpersonen, waren auch politische Strukturen Ziel der Durchsuchungen.
Auf juristischer Ebene haben und hatten die Bullen so gut wie nix in der Hand und es ist fraglich, ob es in diesen Fällen je zu einem Gerichtsprozess kommen wird. Das heisst, den eifrig ermittelnden Polizisten geht es - wie so oft - nicht um die Feststellung von StraftäterInnen, sondern um die Durchleuchtung von linksradikalen Strukturen und Personenkreisen. Diese scheinbar sinnlosen und ungezielten Schläge des Repressionsapparates sind Teil polizeilicher Beschäftigungsspiele, um die radikale Linke in Atem zu halten und in die Defensive zu drängen. Die Initiative liegt bei Ihnen und wir rennen den Ereignissen hinterher. Ein wesentliches Moment der Repression ist es, ein allgemeines Bewusstsein der Bullenpräsenz zu schaffen und so eine Lähmung der AktivistInnen zu erreichen. In diesem Sinne ist auch die Stellungnahme des Polizeipräsident Dieter Glietsch zu verstehen, der in einem Taz- Interview vom 7. September 2005 erklärte, die Berliner Polizei würde mit den Durchsuchungen nur auf die vermehrten Straftaten der Linken reagieren, so hätten sich die Gewalttaten von Linken gegen Rechte im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt.


Paranoia is coming....
Doch gerade die Willkürlichkeit der Durchsuchungen erzeugt Angst und Lähmung , es kann Jede und Jeden treffen... und auf einmal ist es wieder so weit, auch in Berlin geht jetzt der Plumpssack um. Der Schweiß klebt dir das Hemd an den Rücken, aus Fenstern starren dir sonnenbrillenschwarze Augen nach, wohin du auch gehst.... Autos rollen langsam an dir vorbei, drin sitzen zwei junge Typen und visieren dich aus den Augenwinkeln... vor deiner Haustür parkt seit Tagen ein Auto... im Telefon knistert es plötzlich nicht mehr wie früher oder jetzt gerade... im Haus gegenüber ist auf dem Balkon eine Satelliten-Antenne angebracht, die genau auf dich zielt... über deiner Straße knattert in diesen Tagen oft ein Hubschrauber.... jemand hat nach dir gefragt.... jenseits des blauen Sommerhimmels zieht ein Spionagesatellit seine Kreise und fotografiert dich fünfzig mal die Sekunde, während du durch menschenleere Straßen gehst... Lass dich nicht von der Paranoia klein kriegen! Repression, Überwachung, (Zivi) Bullen und VS sind in irgendeiner Form immer präsent, ohne das daraus nun unbedingt etwas folgen muss. Nicht umsonst wird ständig darauf hingewiesen, dass bei jeder Veranstaltung mit Zivis zu rechnen ist, Telefone abgehört werden können und bestimmte Orte überwacht werden. Faktisch ist dadurch noch nie linksradikale Politik verhindert worden! Der schlimmste Fall bei gestiegener Repression ist für die Linke dickköpfiger Leichtsinn und Kopf-in-den-Sand-stecken! Der zweit schlimmste Fall ist Panik und Lähmung!


Versuch macht klug ...
Ist da eine Broschüre, die den ganzen Repressionsscheiss nochmal aufdröselt nicht kontraproduktiv und ein guter Grund, sich erstmal hinter der heimigen Playstation zu verkrümmeln? Halbwissen und Paranoia gehen Hand in Hand, dazu ein Schuss Vereinzelung und Distanzierung von denen, die durch die Bullen getrietzt werden und schon ist ein politischer Zusammenhang geschwächt. Sinnvoller ist es also, die Erfahrung von Vielen zusammenzutragen, sich auszutauschen um zu merken, dass es Andere auch nicht leicht haben. Insbesondere muss die radikale Linke das Rad nicht immer neu erfinden. Wirft man ein Blick in die heimische Broschürenkiste, lassen sich recht deutlich die Höhen und Tiefen der Auseinandersetzung zwischen uns und den ProtagonistInnen der herrschenden Verhältnisse ablesen. Da findet sich eine Broschüre zu Aussageverweigerung nach den Schüssen an der Startbahn West, ein Rückblick auf die Arbeit der „SoKo Osterei“ anläßlich des versuchten Anschlags auf den Abschiebeknast in Grünau 1993, mindestens drei Broschüren zum Fall des bei einer Auseinandersetzung mit AntifaschistInnen ums Leben gekommenen Faschisten Gerhard Kaindl, eine über dem Bewaffneten Kampf in Europa (Das Ohr auf den Schienen der Geschichte...), eine über die Repression gegen die Zeitschrift „radikal“ und zuguterletzt auch eine über den Bullenterror in Göteborg und Genua. Viel bedrucktes Papier bei uns und in den Aktenschränken der Polizei sowieso.


united we stand – divided we fall...
Das Thema wird sicherlich aktuell bleiben, denn solange es Widerstand ausserhalb der herrschenden Ordnung (sprich Ausbeutung und Unterdrückung) gibt, wird es auch Repression geben. Ein guter Grund, sich ständig darüber auszutauschen und in Erinnerung zu behalten, was seit eh und je gilt: Das Solidarität siegen hilft, dass es gilt in kritischer Solidarität zusammenhalten, sich zu unterstützen und sich dabei nicht zu scheuen, eine Auseinandersetzung um die eigenen Fehler einzufordern. Die ultimative Antwort auf die Frage, warum die Repression so kommt, wie sie kommt wird es auch diesmal nicht geben. Ist es nun die herannahende WM, das Wirken dunkler Mächte, ein sich verselbständigender Polizeiapperat mit individuell gepflegten Feindschaften oder das offizielle Ende des Aufstandes der Anständigen? Man weiss es nicht... scheiss drauf, Geschichte wird gemacht & we will win.



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