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Sun Dec 11 09:42:30 2005
 

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Bullen Standardlügen

tom & lisa
Im Zuge einer Verhaftung hat bisher jedeR die Erfahrung gemacht, dass Polizeibeamte bewusst lügen, um ermittlungstechnisch Erfolge zu erzielen. Dabei werden nicht nur mit der Unwahrheit bezüglich des Tathergangs gearbeitet, beispielweise „Dein Freund hat sowieso schon alles ausgepackt. Wenn du jetzt nichts sagst, stehst du schlecht da.“. Auch Verdrehungen rechtlicher Grundlagen auf dem Revier oder in der Gefangenensammelstelle oder beim Landeskriminalamt, dass man seinen Anwalt nicht anrufen darf oder als Zeuge aussagen muss vor Polizeibeamten, sind keine Ammenmärchen. Um einige dieser klassischen Unwahrheiten zu benennen folgendes Fallbeispiel, um im Falle einer Verhaftung auf einiges vorbereitet zu sein.


Es war einmal...
Tom und Lisa waren unterwegs. Sie bemerken nicht wie in ihrer Nähe ein blaumetallic-farbener Passat hält und mehrer Personen aussteigen. Als sie dann auch schon aufgefordert werden stehen zu bleiben mit einem kurz „Halt – Polizei. Stehen bleiben“. Die kriegen uns nicht, denken sich beide, und sporten los. Lisa ist leichtfüßig und kann sich nach einem längeren Sprint in Sicherheit bringen. Tom allerdings hatte in der Nacht zuvor zu tief ins Glas geschaut und durchnächtigt wie er war, kam er nicht weit. Ein Beamter führt ihn zurück im Wagen, wo er zunächst aufgeforderte seinen Pass vorzuzeigen. Verärgert um dieses unnötige Gewese wegen einer solchen Kleinigkeit, gab er mürrischen seinen Personalausweis heraus. Während nun der eine Zivilbeamte seinen Personalien überprüfen ließ, forderte ihn ein anderer auf seine Arme gegen den Wagen zu legen und die Bein zu spreizen und klopfte seine Kleidung ab. Im Wissen, dass sich in dieser Gegend häufig auch Nazis umhertrieben hatte Tom noch ein Teleskopschlagstock in der Tasche stecken. Der Zivilbeamte freute sich, fachmännisch meinte er, es handele sich dabei um einen Totoschläger und füllte sogleich ein Beschlagnahmeprotokoll aus.

Da Tom schon mal gelesen hatte, dass er hier keine Unterschrift leisten musste verweigerte er diese unter dem Protokoll. Der Beamte meinte, dass das so Vorschrift sei und herrschte ihn aggressiv an. Verärgert, dass sie ihn so nervten blieb Tom allerdings standhaft. Erst dann rückte der Zivilbeamte und ein und unterschrieb das Protokoll endlich eigenhändig.

Mittlerweile war auch schon eine Polizeiwanne eingetroffen. Nachdem Tom eine Stunde am Passat in der Kälte rumgestanden hatte wurde er in die Wanne verbracht. In der Wanne wurde er von einem BGS –Einsatzbeamten bewacht. Dieser plauderte auch schon munter drauf los. Tom solle doch schon zugeben, was er getan hatte. Man wisse doch sowieso alles. Er würde allen Zeit ersparen, wenn er jetzt etwas zugeben würde. Für die doof hält mich die braungebrannte Wurst eigentlich? – fragt sich Tom und hält seinen Mund. Als würde ich einfach so ein Geständnis ablegen, denkt er weiterhin bei sich. Nach einer weiteren Viertelstunde mit dem „so freundlichen“ Beamten in der Wanne taucht nun der Zivilbeamte auf und erklärt Tom, dass er zum Auffinden von Beweismitteln in das LKA in Tempelhof verbracht wird. Nach einer unbequemen Fahrt wird Tom in Tempelhof in eine Zelle geführt. Inzwischen müde geworden legt er sich sogleich auf die dort installierte Pritsche. Als er nach kurzem bereits wieder jäh von einem Schließer geweckt wird und in einen Raum geführt, in der er nochmals gründlicher durchsucht wird. „Na toll, jetzt muss ich auch noch meine Hosen runterlassen, finden sie das nicht auch ein bisschen kindisch?“ fragt er den Beamten. Dieser guckt ihn nur verwundert an und sagt, er mache nur seinen Job.

Als Tom nun auch unter diesem Protokoll seine Unterschrift verweigert, meint der Schließer, dass Tom in diesem Falle seine Sachen danach nicht wiederbekommen werde. Schon etwas in Sorge um sein gutes Nokia Handy bleibt Tom dennoch standhaft. Als er nun auf seine Frage, wann er endlich mal einen Anwalt anrufen darf noch die Antwort erhält, dass das nicht genehmigt ist und er auch nicht das Recht dazu habe, muss Tom fast loslachen. Er dachte das gibt es nur im Film. Kein Problem denkt er sich, später wird er halt einfach eine Beschwerde einlegen.

Zurück in der Zelle ist es nun schon fast vier. Todmüde wirft sich Tom auf die Pritsche. Er meint zu träumen als um halb fünf diesmal eine korpulente weibliche Schließerin auftaucht und das Frühstück verteilt. Auf Nachfragen hat auch sie wieder eine schlüssige Antwort, warum das Frühstück um halb fünf verteilt wird –das sei nun mal der Rhythmus. Seinen Anwalt dürfe er immer noch nicht anrufen. Als Tom die Schließerin zu belehren versucht, dass das sein gutes Recht sei, erwidert sie nur, dass so etwas gefährliches Halbwissen sei. Nun gut denkt er bei sich, zweiter Punkt für seine Beschwerde. Langsam wird Tom ungeduldig, Fliesen zählen wird letztendlich doch etwas langweilig.

Irgendwann taucht ein Beamter auf und führt ihn zu ED – Behandlung in andere Räume. Zunächst wird ihm befohlen sich an eine Wand zu stellen für Fotos von ihm. Habe ich schon mal gehört von dieser Prozedur, erinnert er sich, und bläht vor dem ersten Klick seine Wangen auf. Währenddessen stellen ihm die Beamte beiläufig Fragen. „ Ich habe nichts zu sagen“ erwidert Tom. Als er belehrt wird, dass er dazu verpflichtet sei. Tom ist fast schon fassungslos mit was für einer Dreistigkeit der Beamte mit dem schlechten Haarschnitt lügt. Für wen hält der sich ? – denkt Tom - dann habe ich meinen Anwalt hinterher einfach mehr zu erzählen. Und zurück in seine Zelle geführt muss er auch nicht mehr lange warten, als er zum Verhör abgeführt wird.

Fragenkatalogartig werden ihm Fragen gestellt. Ob er zur Schule geht, welche Konfession er hat. Auf seine Frage, ob er nicht nur seinen Namen und seinen Wohnort angeben muss, lächeln die Beamten. Idioten, denkt er bei sich und guckt verbissen zum Fenster rauf als sie nicht aufhören sinnlose Fragen an ihn zu richten. Sie schließen das Verhör und Tom wird eröffnet, dass er jetzt auch gehen könne. Endlich. Am Ausgang erhält er seine Sachen zurück. Geübt verweigert Tom inzwischen automatisch die Unterschrift. „Ja, ja. Dann bekomme ich meine Sachen nicht zurück“, sagt nun lächelnd Tom und erhält seine Gegenstände von dem Beamten ausgehändigt, der sich über das unkooperative Verhalten beschwert, das solche Abläufe nur erschwert. Am Ausgang warten schon seine FreundInnen auf ihn. Tom verabredet sich gleich mit einem Anwalt, um eine Dienstaufsichtsbeschwerde und eine Beschwerde gegen die Festnahme einzulegen.

Einige Wochen später erhält Tom dann unerwartet Post ins Haus. Ein Schreiben vom Verwaltungsgericht Berlin. Seiner Beschwerde wurde stattgegeben. Na, dann werde ich gleich mal versuchen Schadensersatz geltend zu machen, denkt sich Tom.



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