nadir start
 
initiativ periodika Archiv adressbuch kampagnen suche aktuell
Online seit:
Fri Sep  4 00:27:06 1998
 

(Auszug)

03.02.1997

An das Landgericht Lübeck

2a KLs 29/96

In der Strafsache
gegen
Herrn Safwan Eid

erklärt die Verteidigung zur Vernehmung der Zeugen William Munir und Ahmad El-Rifahi am 29.01 l997 gemäß § 257 StPO:

1. Mit dem Zeugen William Munir hat nach Ottodzo Dope Agonglovi und Gustave Sossou- der dritte der aus dem Brandhaus geretteten Bewohner aus der rechten Wohnung im 1 Stock bestätigt, daß es zu einem Zeitpunkt, als sich bereits dicker Qualm entwickelt hatte, kein Feuer im Flur und schon gar nicht im Bereich des engen Durchgangs in Höhe von Toilette und Dusche gab. Der Zeuge Munir hat auf richterliches Befragen erklärt im Zimmer sei nur etwas Rauch gewesen, er habe aber keine Wärme empfunden. Er habe -nachdem. schon der Zeuge Vicor Atoe in den Flur entschwunden sei- selbst die Tür geöffnet und auf den Flur geschaut. Er habe nur dicken. Qualm, aber keinen Feuerschein gesehen.

Hätte die einzig auf die Aussage des Zeugen Leonhardt und entsorgte Spanplatten gestützte Theorie der Staatsanwaltschaft auch nur weitläufig mit dem realen Brandverlauf zu tun, hätte im Bereich des WC: etwa ausgeschüttetes Benzin, Öl, Sprit oder andere brennbare Flüssigkeit direkt an dem Zimmer des Zeugen Munir vorbeilaufen müssen, um eine Treppe zu erreichen, die es dann hätte hinunterlaufen können. Das tatsächliche Brandgeschehen N aber ganz offensichtlich anders.

2. Die Aussage des Zeugen Munier läßt unter Beachtung der Aussagen der Zeugen Thorsten Reher, Thorsten Kröplin und Rudolf Ortmann von der Fa. Brüggen sowie der in den Akten befindlichen Beschuldigtenvernehmung des Heiko Patynowski vom I8.01.1996 (Band I, B1. 42 ff <46>) eine nähere zeitliche Eingrenzung der Anwesenheit der Grevesmühlener Jugendlichen vor dem Haus Hafenstraße 52 in der Brandnacht zu. In der Beschuldigtenvernehmung vom 18.01.1996 soll Heiko Patynowski erklärt haben:

“Der Rene wendete den Wartburg und fuhr dann über die Schienen rechts auf einen Seitenstreifen. Er wollte sich unbedingt angucken, was hier passiert war. Wir verließen alle drei das Fahrzeug, blieben jedoch direkt am Fahrzeug stehen Wir konnten von dieser Stelle aus beobachten, wie zunächst eine Frau mit einem Kind im Arm aus einem der Stockwerke auf das Sprungkissen sprangen. Danach folgten dann noch andere Leute, die ebenfalls durch die Fenster das Haus verließen. Wenn ich hier danach gefragt werde, so bin ich der Meinung, daß die Leute aus der dritten Etage heraussprangen. Eine Szene bleibt für mich noch in absoluter Erinnerung. Eine Frau kniete vor einer Person, die in Folie eingehüllt war. Eine Frau weinte ohne Ende.“

Sollte die Einlassung des damals beschuldigten Herrn Patynowski in diesem Punkt seinen tatsächlichen Wahrnehmungen entsprechen, wären die Grevesmühlener Jugendlichen nicht erst nach der Ankunft von Trave 2/12 mit den Zeugen Nörenberg/ Borkowsky gegen 3.47 Uhr in der Hafenstraße angekommen, sondern wohl schon vor Ort gewesen, bevor Florett 77/92 mit den zeugen Svoboda und Baumann und bevor Trave 90/51 mit den Zeugen Metternhausen und Quandt am Brandhaus eintrafen. Die Beschreibung des Vorganges “wie zunächst eine Frau mit einem Kind im Arm aus einem der Stockwerke” sprang, paßt nur zu einem sehr frühen Ereignis.

Denn nicht nur aus der 3. Etage, sondern überhaupt aus dem Haus Hafenstraße 52 springt bzw. fällt nach dem Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme nur eine Frau mit einem Kind im Arm, nämlich Monica Maiamba, die Ehefrau des Zeugen Bunga, mit ihrer 7-jährigen Tochter Nsuzana. Und die fällt nicht in ein Sprungkissen -das ist zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht da-, sondern auf den Gehsteig und verletzt sich tödlich.

Die Beschreibung paßt weder auf den Vorgang der Rettung der Zeugin Ottodzo Dope Agonglovi und ihrer Kinder, die von ihr oder dem Zeugen Munir in die Arme des Zeugen Sossou geworfen werden, noch auf den vom Zeugen Sossou beschriebenen Vorgang der Rettung der Kinder der noch zu hörenden Zeugin Kate Davidson über den hölzernen Vorbau.

Der Zeuge Munir sieht den leblosen Körper der Frau, die nur mit Unterwäsche bekleidet ist -das ist Monica Maiamba- und ihres Kindes gleich nach seinem Hinausspringen aus dem Haus am Boden liegen. Die Zeugen Kröplin und Reher hatten ausgesagt, die Körper ebenfalls schon bei ihrer Ankunft liegen gesehen zu haben. Nur war weder zum Zeitpunkt des Hinausspringens des Zeugen Munir, noch zum Zeitpunkt des Eintreffens der Zeugen Kröplin und Reher Polizei oder Feuerwehr vor Ort.

Die zeitliche Einordnung der Anwesenheit der Grevesmühlener Jugendlichen zu diesem Zeitpunkt paßt zu den Bekundungen der Zeugen Reher und Ortmann in der Hauptverhandlung. Beide Zeugen erklärten übereinstimmend die Grevesrnühlener Jugendlichen an ihrem Wartburg bereits beim Verlassen des Geländes der Fa. Brüggen und noch vor Ankunft beim brennenden Haus Hafenstraße 52 gesehen zu haben. Dies war zu einem Zeitpunkt als weder Polizei noch Feuerwehr in der Hafenstraße eingetroffen waren. (...)

Heinecke Klawitter
Rechtsanwältin Rechtsanwältin