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Datum: 15.10.1996, Berliner Zeitung
Ressort: Politik
Autor: Bo Adam, Lübeck
Gericht bestätigt Achilles als Gutachter
Experte wirft Staatsanwälten im Lübecker Brandprozeß mangelnde Sorgfalt vor

Zur Begründung der Entscheidung erklärte Richter Rolf Wilcken, es gebe keine Zweifel an der Unvoreingenommenheit von Achilles. Dieser habe nicht gegen den Grundsatz der Unparteilichkeit verstoßen. Der Brandexperte spielt in dem Prozeß eine Schlüsselrolle. In Vorbereitung des Verfahrens hatte er Ungereimtheiten in den Ermittlungen der Staatsanwälte festgestellt. Dadurch wird die Grundlage der Anklage gegen den Libanesen Safwan Eid erschüttert. Richter Wilcken erklärte gestern, unterschiedliche Betrachtungen der Brandursache seien dem Gericht dienlich.

Gegenüber der Berliner Zeitung erklärte Ernst Achilles, die Vorwürfe der Anklage gegen ihn seien unhaltbar gewesen. Er habe immer vor allem betont, daß weiter ermittelt werden müsse. Leider seien die von der Staatsanwaltschaft geleiteten Untersuchungen mitunter nicht mit der gebotenen Sorgfalt betrieben worden. So sei der Vorbau des Brandhauses als möglicher Brandherd kaum untersucht worden. Verschiedene Beweisstücke seien nach dem Brand anscheinend auf den Müll gekippt worden. Zum Beispiel die Bodenplatte, auf der das Feuer nach Ansicht der Staatsanwälte begann.

Verwundert zeigte sich der Gutachter, der auf 30 Jahre Berufserfahrung zurückblicken kann, über den Vorwurf der Inkompetenz. Auch das Argument, er sei nicht neutral, weil er ursprünglich von der Verteidigung um seine Expertise gebeten wurde, sei nicht haltbar. Folgte man dieser Logik, so der frühere Chef der Frankfurter Berufsfeuerwehr, könnte die Verteidigung nie einen Gutachter um seine Meinung bitten.

Achilles, der das Brandhaus inzwischen mehrfach inspizierte, bestätigte gegenüber der Berliner Zeitung seine bisherigen Erklärungen zum Brandverlauf: Es sei durchaus möglich, daß das Feuer im Erdgeschoß entstanden sei. Dies sei seiner Meinung nach sogar wahrscheinlicher als ein Ausbruch im ersten Stock. Eine aktuelle Computersimulation, so Achilles, bekräftige seine Thesen.

Die Staatsanwälte gehen bis jetzt davon aus, daß der angeklagte Hausbewohner Safwan Eid den Brand im ersten Stock des Katastrophenhauses legte. Die Verteidigung vermutet einen Anschlag von außen. Ihrer Ansicht nach könnte das Feuer in dem hölzernen Vorbau im Erdgeschoß des Hauses entfacht worden sein. Während der letzten Verhandlungstage erklärten mehrere entscheidende Zeugen, darunter Feuerwehrleute, starkes Feuer in dem Erdgeschoß-Vorbau gesehen zu haben.

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