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Datum: 10.04.1997, Berliner Zeitung
Ressort: Politik
Autor: (nicht benannt)

Abhören in Haft rechtswidrig
Lübecker Gericht untersagt Verwendung der Protokolle

Die Staatsanwaltschaft Lübeck hatte im Februar 1996 mit richterlicher Genehmigung sechs Gespräche des Angeklagten Safwan Eid mit seinen Brüdern und seinem Vater abgehört. Der Vorsitzende Richter der Ersten Strafkammer, Rolf Wilcken, erklärte gestern, die Maßnahme als solche beruhe auf einer gesetzeswidrigen Ermittlungstätigkeit.

Die Anklagebehörde hatte die Abhöraktion damit begründet, daß sie für die Ermittlungen unerläßlich sei: Eid bestreite die Tat, und es lägen Anhaltspunkte dafür vor, daß Zeugen beeinflußt werden sollten. Der hierbei zugrunde gelegte Paragraph 100c der Strafprozeßordnung deckt aber nach Ansicht des Gerichts das Abhören nicht. Zweck sei nicht Vorbeugung, sondern Strafverfolgung gewesen. Der Bundesgerichtshof habe den Wohnungsbegriff weit ausgelegt. Auch ein Untersuchungshäftling habe Anspruch auf eine räumliche Privatsphäre. Durch die Abhörmaßnahme sei ein unantastbar geschützter Bereich privater Lebensgestaltung betroffen.

Seit September 1996 muß sich Eid wegen besonders schwerer Brandstiftung vor Gericht verantworten. Bei dem Brand in dem Flüchtlingshaus am 18.Januar 1996 waren zehn Menschen ums Leben gekommen. Die Staatsanwaltschaft verdächtigt Eid, den Brand gelegt zu haben, nach Auffassung der Verteidigung waren rechtsradikale Jugendliche die Täter.

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© G+J BerlinOnline GmbH, 15.04.1997