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Datum: 29.05.1997, Berliner Zeitung
Ressort: Politik
Autor: Bo Adam

Vor dem Freispruch in Lübeck

Safwan Eid, zur Zeit noch Angeklagter im Lübecker Brandprozeß, kann einem Freispruch entgegensehen.
Im Verlauf des Verfahrens um die Katastrophe, die im Januar 1996 zehn Menschen das Leben kostete, ist die Anklage gegen den jungen Libanesen Stück für Stück zusammengebrochen.
Gestern zogen die Staatsanwälte daraus die Konsequenz und verzichteten auf weitere Beweisanträge.
Es ist sogar möglich, daß sie in ihrem Plädoyer nächste Woche selbst auf Freispruch für den Angeklagten plädieren werden.
Dies wäre der Versuch eines ehrenhaften Rückzuges in einem Prozeß, in dem sie keine besonders überzeugende Rolle spielten.
Nach deutschem Recht sind Ankläger nicht - wie etwa in den USA - einseitig Partei in einem Verfahren.
Hier sind sie gehalten, objektiv zur Wahrheitsfindung beizutragen. Durch das Abwägen von Pro und Contra.
In diesem Prozeß hatte die Anklage aber von vornherein eine Schieflage.
Die Vorwürfe gegen Safwan Eid waren widersprüchlich, die vorgelegten Indizien meist fadenscheinig. Während der über 50 Verhandlungstage konnten die Staatsanwälte ihre Thesen nicht untermauern.

Zum Glück wird das Verfahren gegen Safwan Eid von souveränen Richtern geleitet, die das erkannten und jetzt auf einen Schluß drängen.

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© G+J BerlinOnline GmbH, 30.05.1997