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Datum: 29.05.1997, Berliner Zeitung
Ressort: Nachrichten
Autor: (nicht benannt)
 

Freispruch im Lübecker Brandprozeß erwartet
Verteidiger und Staatsanwalt verzichten auf weitere Beweisaufnahme

Nach 55 Verhandlungstagen einigten sich gestern Ankläger und Verteidigung des angeklagten Libanesen Safwan Eid darauf, die etwa 50 noch nicht erledigten Beweisanträge in diesem Verfahren fallenzulassen, da sie für den Ausgang des Prozesses von geringem Gewicht seien.

So ist der Weg frei für die Plädoyers am 4. und 18.Juni.

Nach einem halben Jahr in Untersuchungshaft und einem dreiviertel Jahr vor Gericht kann Eid darauf hoffen, noch Ende Juni freigesprochen zu werden.

Obwohl die Staatsanwaltschaft sich nicht zu Berichten äußern wollte, daß sie selbst auf Freispruch plädieren werde, legt die Abkürzung der Beweisaufnahme dies doch nahe.

Die Staatsanwälte und die Anwälte des Angeklagten folgten einem Rat des Vorsitzenden Richters, Rolf Wilcken.

Dieser hatte vor einigen Wochen in einer "Zwischenbilanz" des bisherigen Prozeßverlaufs deutlich zu verstehen gegeben, daß er keine Beweise für die Schuld Eids erkennen könne und ein baldiges Ende des Verfahrens anstrebe.

Am letzten Tag der Beweisaufnahme hatte Staatsanwalt Michael Böckenhauer zunächst noch einmal Hinweise der Ermittlungen gegen Eid vorgebracht.

Danach soll der Angeklagte laut Zeugen mit Rauschgift gehandelt haben.

In diesem Zusammenhang soll der bei dem Brand ums Leben gekommene Hausbewohner Sylvio Amoussou am Vorabend der Katastrophe angeblich von einem heftigen Streit mit Safwan Eid gesprochen haben.

Die Umstände des Todes von Amoussou konnten im Verfahren nicht aufgeklärt werden.

Nach einer kurzen Beratungspause befand das Gericht die von der Staatsanwaltschaft vorgebrachten Hinweise als "dünn und unerheblich".

Richter Wilcken erklärte, er sehe keinen Anlaß, "hier weiter tätig zu werden".

Auch die Staatsanwaltschaft gab zu, daß "die Beweisführung schwierig" geworden wäre.

Die Verteidigung warf der Anklage vor, bis zum Schluß gegen den Angeklagten voreingenommen zu sein und ihm unbewiesene Taten zu unterstellen.

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© G+J BerlinOnline GmbH, 30.05.1997