Freispruch im
Lübecker Brandprozeß erwartet
Verteidiger und Staatsanwalt verzichten auf weitere
Beweisaufnahme
Nach 55 Verhandlungstagen einigten sich gestern
Ankläger und Verteidigung des angeklagten Libanesen
Safwan Eid darauf, die etwa 50 noch nicht erledigten
Beweisanträge in diesem Verfahren fallenzulassen, da sie
für den Ausgang des Prozesses von geringem Gewicht
seien.
So ist der Weg frei für die Plädoyers am 4. und
18.Juni.
Nach einem halben Jahr in Untersuchungshaft und einem
dreiviertel Jahr vor Gericht kann Eid darauf hoffen, noch
Ende Juni freigesprochen zu werden.
Obwohl die Staatsanwaltschaft sich nicht zu Berichten
äußern wollte, daß sie selbst auf Freispruch
plädieren werde, legt die Abkürzung der Beweisaufnahme
dies doch nahe.
Die Staatsanwälte und die Anwälte des Angeklagten
folgten einem Rat des Vorsitzenden Richters, Rolf
Wilcken.
Dieser hatte vor einigen Wochen in einer
"Zwischenbilanz" des bisherigen Prozeßverlaufs
deutlich zu verstehen gegeben, daß er keine Beweise für
die Schuld Eids erkennen könne und ein baldiges Ende des
Verfahrens anstrebe.
Am letzten Tag der Beweisaufnahme hatte Staatsanwalt
Michael Böckenhauer zunächst noch einmal Hinweise der
Ermittlungen gegen Eid vorgebracht.
Danach soll der Angeklagte laut Zeugen mit Rauschgift
gehandelt haben.
In diesem Zusammenhang soll der bei dem Brand ums
Leben gekommene Hausbewohner Sylvio Amoussou am Vorabend
der Katastrophe angeblich von einem heftigen Streit mit
Safwan Eid gesprochen haben.
Die Umstände des Todes von Amoussou konnten im
Verfahren nicht aufgeklärt werden.
Nach einer kurzen Beratungspause befand das Gericht
die von der Staatsanwaltschaft vorgebrachten Hinweise als
"dünn und unerheblich".
Richter Wilcken erklärte, er sehe keinen Anlaß,
"hier weiter tätig zu werden".
Auch die Staatsanwaltschaft gab zu, daß "die
Beweisführung schwierig" geworden wäre.
Die Verteidigung warf der Anklage vor, bis zum Schluß
gegen den Angeklagten voreingenommen zu sein und ihm
unbewiesene Taten zu unterstellen.
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