Freispruch für den Staatsanwalt
Die Staatsanwaltschaft Lübeck hat sich selber
freigesprochen.
Indem sie gestern vor dem Landgericht Freispruch für den
von ihr angeklagten Libanesen Safwan Eid forderten,
entkamen die Ankläger ihrer eigenen Verurteilung.
Sie hätte gelautet: Verstoß gegen die
Unschuldsvermutung.
So aber hat sich die Staatsanwaltaschaft im letzten
Augenblick einer Elementarregel des Rechtsstaats
entsonnen - im Zweifel für den Angeklagten.
Den Zweifel an der Schuld des Liubanesen hatte die
Verteidigung von Anfang an, ein Gutachter hat ihn
begründet, und der zuständige Richter hat ihn sich
jüngst zu eigen gemacht.
Bei diesem Verfahrensstand mußten die Ankläger
Freispruch verlangen, nicht obwohl, sondern weil sie an
die Täterschaft Safwan Eids immer noch glauben - aber
nicht davon überzeugt sind.
Die Vertreter der Anklage haben sich in ihrem Plädoyer
zur Verkündung einer Binsenweisheit durchgerungen.
Sie sagen: Möglicherweise gebe es zwei Wahrheiten, eine
prozessuale und eine "wirkliche".
So ist es, nicht nur im Prozeß von Lübeck, sondern vor
jedem Gericht.
Wer das nicht weiß, hat nichts verstanden - die
Staatsanwälte haben für diese Einsicht bemerkenswert
lange gebraucht.
Allein diesen Vorwurf werden sie ertragen müssen.
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