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aus Berliner Zeitung

Datum: 28.10.1997,
Ressort: Politik
Autor:

(nicht benannt)

Eid trotz Freispruchs unter Verdacht
Urteilsbegründung im Lübecker Brandprozeß

LÜBECK, 27.August.
Vier Monate nach dem Freispruch im sogenanntenLübecker Brandprozeß besteht für die Jugendstrafkammer des Landgerichts weiterhin ein Verdacht gegen Safwan Eid.
Das geht aus der schriftlichen Urteilsbegründung hervor, die das Gericht am Montag veröffentlicht hat.
Eid, der nach dem Feuer in einemLübecker Ausländerwohnheim mit zehn Toten Anfang 1996 wegen besonders schwerer Brandstiftung und Körperverletzung angeklagt war, war Ende Juni diesen Jahres aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden.
Das Feuer in dem Ausländerwohnheim sei nach Überzeugung der Kammer mit großer Sicherheit von einem oder mehreren Hausbewohnern gelegt worden, heißt es in der Begründung weiter.
Ob Eid aber das Feuer selbst gelegt oder lediglich Beihilfe geleistet habe, sei nicht mehr feststellbar gewesen.
Bei dem verheerenden Brand in dem Wohnheim waren im Januar 1996 zehn Menschen getötet und 38 verletzt worden.
Vor allem Eids Äußerung "Wir waren·s" gegenüber einem Rettungssanitäter betrachte die Kammer als "Indiz für die Tatbeteiligung des Angeklagten im weiteren Sinne", heißt es in der Begründung.
Die Kammer geht danach zweifelsfrei davon aus, daß Eid diesen Satz tatsächlich so gesagt hat.
Revision eingelegtIn der mündlichen Urteilsbegründung nach der neunmonatiger Verhandlung war noch von einem möglichen Mißverständnis die Rede gewesen.
Ausdrücklich stellt das Gericht in seinem schriftlichen Urteil fest, daß ein Teil der als Nebenkläger auftretenden Hausbewohner sich mit dem Angeklagten solidarisiert habe.
Dadurch sei die Wahrheitsfindung nicht gefördert worden.
Mit der schriftlichen Urteilsbegründung beginnt für die beiden Nebenkläger, die unmittelbar nach dem Freispruch Revision beantragt hatten, die vierwöchige Frist für die Begründung ihrer Anträge.
Der Anwalt der Familie El-Omari hatte in einem Interview erklärt, seine Mandanten bestünden weiterhin darauf, daß der Prozeß neu aufgerollt werde.
Die Familie hatte bei dem Brand einen Sohn verloren und war, anders als andere Hausbewohner, nicht von der Unschuld Eids überzeugt.