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aus Berliner Zeitung 25.07.1998

Datum: 25.07.1998,
Ressort: Politik
Autor:

Andreas Juhnke

Safwan Eid muß wieder auf die Anklagebank

KARLSRUHE, 24.Juli.
Niemand in Lübeck hatte ernsthaft damit gerechnet, daß der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil gegen Safwan Eid aufheben würde und ein neues Verfahren gegen diesen Angeklagten stattfinden muß.Im Gegenteil: Die Lübecker Staatsanwaltschaft führt seit Ende März ein neues Ermittlungsverfahren gegen vier Männer aus Mecklenburg.
Maik W., einer von ihnen, hatte im Februar einem Lübecker Staatsanwalt gestanden, er und seine drei Freunde seien die Brandstifter gewesen.
Verschiedene Verdachts-TheorienMaik W. hatte dieses Geständnis erst vor zwei Wochen im "Spiegel" wiederholt.
Beide Bekenntnisse widerrief er jeweils kurz darauf.
Bis heute konnte die Lübecker Staatsanwaltschaft nicht abschließend klären, welche Version Maik W.s zutrifft.
So gibt es derzeit in der Brandermittlung zwei völlig verschiedene Verdachts-Theorien, die einander gegenüberstehen: Einerseits der Hausbewohner Safwan Eid, der nach Angaben eines Sanitäters kurz nach dem Brand gesagt haben soll: "Wir warn s".
Andererseits die vier Mecklenburger, teilweise aus der rechten Szene, von denen drei nach der Tat mit "frisch" versengten Haaren angetroffen worden waren.
Die Staatsanwaltschaft muß jetzt unabhängig von ihren neuen Ermittlungen die alte Anklage gegen Aid noch einmal vertreten.
Der ursprüngliche Anklagesatz, so heißt es in Justizkreisen in Schleswig-Holstein, muß unverändert dem neuen Gericht vorgelegt werden.
Allerdings können in der Hauptverhandlung neue Beweise erhoben werden.
Denkbar wäre beispielsweise, daß die vier Mecklenburger als Zeugen gehört werden, was im ersten Verfahren gegen Safwan Eid nicht geschah.
Ob allerdings die Lübecker Ankläger persönlich vor dem Kieler Landgericht tätig werden, steht noch nicht fest.
Eigentlich zuständig ist jetzt die Kieler Staatsanwaltschaft.
Wer aber zum Prozeß geschickt wird, wird vom Generalstaatsanwalt des Landes entschieden.
Der oberste Ankläger Schleswig-Holsteins hat noch keine Entscheidung getroffen, wie jetzt verfahren werden soll.
Die Kieler Lösung bietet sich an, weil mit Axel Bieler vor zwei Wochen ein Staatsanwalt von Lübeck nach Kiel gewechselt ist, der seinerzeit im Prozeß gegen Eid die Anklage vertrat.
Inwiefern die Abhörprotokolle neue Beweise für Schuld oder Unschuld Safwan Eids enthalten, hatte der BGH nicht zu entscheiden.
In den bisher vorliegenden Übersetzungen ergaben sich keine deutlichen Hinweise auf die Täterschaft des Angeklagten. Während die Lübecker Staatsanwaltschaft im Verlauf des ersten Prozesses die Abhörprotokolle zu einer Säule ihrer Anklage erklärt hatte, war nach dem Prozeß davon nicht mehr die Rede.
Vor den Abgeordneten des Kieler Landtags erklärte im Herbst vergangenen Jahres Justizstaatssekretär Wulf Jöhnk (SPD): "Im nachhinein geht die Bewertung der zuständigen Staatsanwaltschaft und des Generalstaatsanwaltes dahin, daß der mitgeschnittene Text in der Sache unergiebig ist."Die Staatsanwaltschaft hatte deshalb auch darauf verzichtet, gegen Eids Freispruch Revision einzulegen, obwohl sie die Abhörmaßnahme für rechtlich zulässig erachtet hatte.
Auch der Vertreter der Bundesanwaltschaft vor dem BGH war davon ausgegangen, daß die mitgeschnittenen Gespräche keine Beweise für die Täterschaft Eids enthielten, und hatte deshalb die Zurückweisung der Revision beantragt.
Safwan Eids Verteidigerin Gabriele Heinecke sagte der "Berliner Zeitung", daß auch am Ende eines neuen Prozesses ein Freispruch stehen werde.