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Frankfurter Rundschau 30.05.97

Prozeßende in Lübeck in Sicht

Verzicht auf weitere Anträge im Verfahren gegen Safwan E.


Von Karsten Plog


LÜBECK. Im Prozeß um den Brand in einem Lübecker Flüchtlingsheim, bei dem Ende Januar 1996 zehn Menschen ums Leben gekommen waren, kann der Angeklagte Safwan E. offenbar bald auf einen Freispruch hoffen. Das Gericht hat die Beweisaufnahme am Mittwoch aus formellen Gründen zwar noch nicht abgeschlossen, doch wurden bereits die Termine für die Abschlußplädoyers festgelegt, die den gesamten Juni in Anspruch nehmen werden. Am kommenden Mittwoch beginnen die Staatsanwälte.

In dem seit vergangenen September dauernden Verfahren ist der Libanese Safwan E. angeklagt, den Brand gelegt zu haben. Nach der Beweisaufnahme rechnen die meisten Beobachter mit einem Freispruch. Auch das Gericht hatte bereits vor vier Wochen darauf hingewiesen, daß Safwan E. wahrscheinlich freigesprochen wird. "Eine hinreichende Belastung" des Angeklagten, so Richter Rolf Wilken, sei nicht gegeben.

Die beteiligten Prozeßparteien hatten ihre restlichen rund 50 Anträge am Mittwoch zurückgezogen. Das Gericht wird sich auch nicht mehr mit einem von der Staatsanwaltschaft vorgetragenen Hinweis befassen, einen Tag vor dem Brand habe es Streit zwischen Safwan E. und seinem Mitbewohner Silvio Amoussou gegeben, der tot im Vorbau des Brandhauses aufgefunden worden war. Bei dem Streit sei es um Rauschgift gegangen. Amoussou habe sich entsprechend gegenüber einer Zeugin geäußert.

Die Zeugin hatte das jedoch bei ihrer Vernehmung vor der Polizei am 22. Mai dieses Jahres nicht bestätigt. Die Amoussou zugeschriebenen Äußerungen seien ihr gegenüber nicht gefallen. So meinte dann auch Richter Wilken, das entsprechende Aktenstück "bietet keinen Anlaß, weiter tätig zu werden".

Die Verteidigung sieht in diesem letzten Versuch der Anklage einen weiteren Beweis für deren Voreingenommenheit, bei der sie auch nicht davor zurückschrecke, den Angeklagten durch derartige Hinweise in ein schlechtes Licht zu rücken.

Die Verteidigerin Gabriele Heinecke rechnet fest mit einem Freispruch ihres Mandanten Safwan E.: "Niemand, der an dem Prozeß beteiligt war, kann die Verurteilung Safwan E.s fordern, ohne sich lächerlich zu machen."

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