junge Welt, Donnerstag, 11. Juli 1996, Nr. 160, Titelseite
L e t z t e M e l d u n g :
Die vier Grevesmühlener Jugendlichen, die kurzzeitig als Tatverdächtige im Zusammenhang mit dem Lübecker Brandanschlag festgenommen wurden, sind jetzt erneut vernommen worden. Dies bestätigte Oberstaatsanwalt Klaus Dieter Schultz am Mittwoch. Sie seien aber nicht als Beschuldigte gehört worden. Das Alibi der vier werde nicht in Zweifel gezogen. Drei der Männer waren nach Angaben der Ermittler in der Nacht zum 18. Januar zur Brandausbruchszeit an einer rund sechs Kilometer vom Flüchtlingsheim entfernt gelegenen Tankstelle gesehen worden. Eine Täterschaft sei deshalb auszuschließen.
Diese Erklärung widerspricht der Begründung der Lübecker Jugendkammer zur Freilassung des bisher beschuldigten Safwan Eid. Der Ausbruchszeitpunkt des Brandes ist nach Aussagen der Richter gar nicht eindeutig festzustellen. Doch auch bei den Ermittlungen zu den Verbrennungen, die bei drei der vier Jugendlichen nach ihrer Festnahme festgestellt wurden, scheint die Staatsanwaltschaft eher ihre bisherige Praxis fortführen zu wollen. Die Jugendlichen hatten sich widersprechende Angaben über die Ursache für die Verbrennungen ihrer Gesichtshaare gemacht. Die Staatsanwaltschaft nimmt hingegen an, die vier hätten in der fraglichen Nacht ein Auto verbrannt. »Es gibt kein abgefackeltes Auto in den Akten«, sagte die Rechtsanwältin Eids, Gabriele Heinecke zu dieser Hypothese. Das Auto will Oberstaatsanwalt Schultz jetzt herbeischaffen. Am Mittwoch hat er angekündigt, man werde sich jetzt - sechs Monate nach der Festnahme - darum kümmern, ob die drei tatsächlich ein Auto angezündet hatten.