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junge Welt, Sonnabend/Sonntag, 13./14. Juli 1996, Nr. 162, Seite 5, inland

Späte Präzisierung

> Lübecker Staatsanwalt: Gutachten-Ergebnisse bereits »berücksichtigt«

Klaus-Dieter Schultz bleibt sich treu. Der Lübecker Oberstaatsanwalt sieht keine Veranlassung, aufgrund eines neuen rechtsmedizinischen Gutachtens den Brandanschlag in dem Flüchtlingsheim anders zu bewerten. Schultz reagierte damit vorab am Donnerstag abend auf eine Sendung des WDR-Magazins Monitor, in der Ergebnisse einer entsprechenden Untersuchung veröffentlicht wurden. Das von der Staatsanwaltschaft selbst in Auftrag gegebene Gutachten bestätigte, daß »Hitzeschäden«, die bei vier zunächst tatverdächtigen Deutschen gefunden wurden, in der Brandnacht entstanden sein müssen.

Laut Schultz präzisiere das Gutachten der Lübecker Universität lediglich den Begriff »frisch«. In den vergangenen sechs Monaten hatten sich die Ermittler mit diesem Begriff zufriedengegeben. Nun aber sei bestätigt, was man ohnehin »berücksichtigt« habe: Die drei Grevesmühlener Jugendlichen hatten sich ihre Brandspuren maximal 24 Stunden vor deren Feststellung zugezogen - also genau in dem Zeitraum, in dem die jungen Männer sich auf dem Weg zwischen Grevesmühlen und Lübeck oder in der Hansestadt aufgehalten hatten. Dennoch stört den Staatsanwalt weiterhin nicht, daß einer der drei bei polizeilichen Vernehmungen erklärt hatte, er habe sich die Versengungen an Augenbrauen, Wimpern und Haaren bereits vier Tage vor dem Brand zugezogen. Es seien ja »bei keiner Person Rußanhaftungen festgestellt« worden, so Schultz. Bei der »vorzunehmenden Gesamtschau des Ermittlungsergebnisses« führe das neue rechtsmedizinische Gutachten zu keinem Tatnachweis. Die jungen Männer waren am 18. Januar in unmittelbarer Nähe des brennenden Flüchtlingswohnheimes gesehen und am kommenden Morgen kurzzeitig als Tatverdächtige festgenommen worden.

Wolf-Dieter Vogel