junge Welt, Donnerstag, 8. August 1996, Nr. 184, Titelseite
Erfolgsmeldung aus der Hamburger stern-Redaktion. Wie das Blatt vorab berichtet, hätten neue Ermittlungen im Libanon ergeben, daß der wegen des Brandanschlages auf das Lübecker Flüchtlingsheim angeklagte Safwan Eid zur Tatzeit doch 21 Jahre alt gewesen sein soll. Dies soll aus einem aktuellen Personenregisterauszug hervorgehen, der den Justizbehörden vorliege. Dem Beschuldigten unterstellt der stern, er habe durch gefälschte Dokumente erreicht, daß er sich vor einem Jugendgericht verantworten müsse. Die Verteidigerin Eids, Gabriele Heinecke, hatte den Sicherheitsbehörden im Juni einen botschaftlich beglaubigten Kinderausweis vorgelegt, in dem Eids Alter mit 20 Jahren angegeben war. Demnach muß gegen den Libanesen nach dem milderen Jugendstrafrecht verhandelt werden. Über das zweite Dokument wird nun vermutlich im Prozeß verhandelt werden. Zuständig für das Verfahren bleibt voraussichtlich die Jugendkammer. Diese wird dann gegebenfalls nach dem Erwachsenenrecht urteilen müssen.
Staatsanwalt Michael Bökkenhauer hatte dem stern bereits in einem Interview Anfang Juli »verraten«, daß es in diesem Zusammenhang »neue Erkenntnisse gibt, die uns in der Hauptverhandlung beschäftigen werden«. Das Blatt hat den Wink offenbar verstanden, schließlich, so war beim stern zu erfahren, sei man »der Wahrheitsfindung verpflichtet«. Bislang hatte sich die Zeitschrift insbesondere in Sachen Motivsuche hervorgetan. Ende Januar wußte der stern, daß offensichtlich ein Eifersuchtsdrama den Libanesen zur Brandstiftung getrieben habe. Die Staatsanwaltschaft hingegen mußte später eingestehen, ein Tatmotiv sei Eid nicht nachzuweisen.