junge Welt, Donnerstag, 17. Oktober 1996, Nr. 243, Seite 6,inland
Am zehnten Verhandlungstag im Lübecker Prozeß gegen den libanesischen Flüchtling Safwan Eid schilderten am Mittwoch Polizeibeamte ihre Wahrnehmungen in der Brandnacht. Da sie sich der Flüchtlingsunterkunft von der Hafenstraße aus genähert hatten, entdeckten sie das Feuer zuerst dort im ersten Stock. Ein Anwohner, der ebenfalls am Mittwoch vor der Jugendkammer der Hansestadt vernommen wurde, kam auf einer Querstraße zur Flüchtlingsunterkunft, von wo aus er als erstes den hölzernen Vorbau brennen sah.
Über die Frage, wo das Feuer, dem am 18. Januar dieses Jahres zehn Menschen zum Opfer fielen, tatsächlich ausgebrochen ist, streiten sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Während die Ankläger davon ausgehen, der Brand sei im ersten Stock entstanden, vermuten die Anwältinnen Safwan Eids einen Brandherd im hölzernen Vorbau des Wohnheimes. Sie schließen deshalb einen rechtsradikalen Hintergrund nicht aus.
Bei weiteren Vernehmungen bestätigten am Mittwoch zwei Polizeibeamte, sie hätten in der Nacht an einer sechs Kilometer entfernten Tankstelle einen Wartburg mit Grevesmühlener Kennzeichen und mehrere Männer gesehen. Ob es sich dabei um die Verdächtigen aus der Mecklenburger Kleinstadt gehandelt hat, ist indes unklar. Weder habe es eine Gegenüberstellung gegeben, noch seien den Zeugen Bilder gezeigt worden, erklärte einer der Beamten auf Fragen der Verteidigung. Der mögliche Tankstellen-Aufenthalt gilt als Alibi der drei Männer.
Elke Spanner, Lübeck