junge Welt, Freitag, 22. November 1996, Nr. 273, Seite 5, inland
Die Rechtsanwältin Gabriele Heinecke wies am Donnerstag Behauptungen zurück, nach denen ihr Mandant Safwan Eid im Lübecker Brandverfahren durch Zeugenaussagen der Familie El Omari schwer belastet worden sei. Wenn die Presse seit einigen Wochen von einer »Wende im Prozeß« rede, sei das wohl eher eine Medienwende, sagte die Verteidigerin gegenüber jW. »Wir nehmen das mit Gelassenheit zur Kenntnis und zweifeln trotzdem nicht daran, daß es bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht das Geringste gibt, was Safwan Eid weiter belastet.« Dem Libanesen wird vorgeworfen, für den Brand in der Flüchtlingsunterkunft am 18. Januar dieses Jahres verantwortlich zu sein.
Am späten Mittwochnachmittag hatte Walid El-Omari, selbst ehemaliger Bewohner des Flüchtlingsheimes, ausgesagt, der Vater des Angeklagten habe Druck auf Zeugen ausgeübt. Marwan Eid soll demnach ein Mitglied der Familie El-Omari angerufen und angekündigt haben, daß Vertreter der Presse vorbeikommen wollten. Die Kinder sollten diesen erzählen, das Fenster des hölzernen Vorbaus sei offen gewesen. Mit wem Marwan Eid dieses Gespräch geführt habe, daran konnte sich der Zeuge allerdings nicht erinnern. Ebensowenig daran, wann er davon erfahren habe. Ein möglicherweise geöffnetes Fenster würde weitere Anhaltspunkte für einen von außen verübten Anschlag auf die Unterkunft liefern.
»Für die Familie El-Omari war dieses Fenster bisher überhaupt kein Problem,« sagte Heinecke. Die Mitglieder der Familie El Omari bemühten sich offensichtlich, so die Hamburger Anwältin, das Bild einer nicht gerade positiven Atmosphäre zwischen den beiden Familie zu schildern. In bisherigen Aussagen vom Januar lese sich das allerdings noch ganz anders.
Wolf-Dieter Vogel
(jW veröffentlicht am kommenden Montag ein ausführliches Interview mit Gabriele Heinecke zum derzeitigen Stand des Verfahrens)