junge Welt, Donnerstag, 19. Juni 1997, Nr. 140, Titelseite
Safwan Eid müsse voll rehabilitiert werden. Das forderte im Prozeß um den Brandanschlag auf ein Lübecker Asylbewerberheim eine der beiden Verteidigerinnen, Barbara Klawitter. In dem Plädoyer der Verteidigung am Mittwoch beantragte Rechtsanwältin Klawitter gemeinsam mit ihrer Kollegin Gabriele Heinecke neben dem Freispruch eine Haftentschädigung für die fünfeinhalbmonatige Untersuchungshaft des angeklagten Libanesen. Sie bezeichneten den Haftbefehl als »objektiv willkürlich«.
Der Libanese sei nicht Täter, sondern selber Opfer wie die anderen Hausbewohner. Eid betonte in seinem eigenen Schlußwort nochmals, daß er unschuldig sei. Das wisse auch der Staatsanwalt. Der hatte zwei Wochen vorher mangels Beweisen selber auf Freispruch plädiert.
Die Verteidigung griff in ihrem Plädoyer die Anklage scharf an. Sie hätte versucht, den Angeklagten zur Verzweiflung zu bringen und ihm das Bleiben in der Bundesrepublik unmöglich zu machen. Anwältin Klawitter verwies erneut auf die drei ursprünglich verdächtigen und festgenommenen Rechtsradikalen aus Grevesmühlen. Sie waren am Tatort beobachtet worden und hatten laut Gutachten »typische Brandstifterspuren« - versengte Haare, Augenbrauen und Wimpern. Die entnommenen Haarproben, die das belegen, gelten aber inzwischen als verschwunden.
Die Verteidigung warf der Staatsanwaltschaft vor, alle Fakten ignoriert zu haben, die zur Entlastung Eids hätten führen können. Bei dem Brand waren zehn Menschen ums Leben gekommen und 38 verletzt worden.
(ddpADN/AP/AFP/jW)
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