Datum=07.10.1996; Seite=6; Artikel=hsh049; Schlagwort=Kriminalität/Brände/Prozesse/;
Titel: LÜBECK (lno).
Text:
Teils unterschiedliche Aussagen machten Feuerwehrleute gestern im Prozeß um den Brand in einem Lübecker Asylbewerberheim. Zwei Feuerwehrmänner haben ausgesagt, sie hätten bereits kurz nach ihrem Eintreffen am Brandort Feuer im hölzernen Vorbau des Hauses in der Hafenstraße gesehen. Dies unterstützt die These, daß möglicherweise das Feuer von außen gelegt worden sein könnte. In dem Prozeß um den Brand in dem Ausländerwohnheim sind am siebten Verhandlungstag acht Feuerwehrleute als Zeugen vernommen worden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Hausbewohner Safwan Eid vor, das Feuer gelegt zu haben, bei dem am 18. Januar zehn Menschen getötet wurden Ein Berufsfeuerwehrmann erklärte, er habe bei seinem Eintreffen gegen 3.46 Uhr Feuer in dem Vorbau gesehen. Außerdem habe der erste Stock zur Hafenstraße hin in voller Ausdehnung gebrannt, im zweiten Stock habe er Feuerschein bemerkt. "Das kam mir eigenartig vor", sagte der 56jährige. Es sei aber möglich, daß sich durch das Mauerwerk dringende Rauchgase durch Sauerstoffzufuhr entzündet hätte, erklärte er auf Nachfrage der Verteidigung. Sein Kollege sagte aus, aus dem Vorbau sei zunächst nur dicker Qualm gedrungen. Etwa zehn Minuten später habe er Flammen in dem Anbau gesehen. Die anderen Feuerwehrleute erinnerten sich nur noch an Flammen im ersten Stock. Den Vorbau hätten sie während ihres Einsatzes nicht im Blick gehabt oder sie hätten nicht
darauf geachtet, erklärten sie. Zum Schluß der Verhandlung beantragte Staatsanwalt Michael Böckenhauer, den Frankfurter Brandschutzsachverständigen Ernst Achilles wegen Befangenheit als Gutachter abzulehnen. Auch der Rechtsanwalt der als Nebenkläger auftretenden Familie El-Omari hatte bereits einen solchen Antrag gestellt. Über beide Anträge wird frühestens morgen entscheiden.
Eingang=DPA_07/10_15:24;