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Nachrichten aus Deutschland und der Welt vom 07. Februar 1996


Bewegender Abschied

Trauerfeier für die zehn Opfer der Lübecker Brandkatastrophe

Lübeck (AP/ddpADN/dpa) Mit einer bewegenden Trauerfeier haben gestern die Angehörigen der Lübecker Brandopfer von den zehn Opfern Abschied genommen. Mehrere hundert Menschen waren in den Lübecker Dom gekommen und bekundeten ihre Anteilnahme.

Politiker und Geistliche sprachen den überlebenden ihr Mitgefühl aus. "Menschen suchten Schutz und Leben unter uns, in unserer Stadt, und sie fanden den Tod in den Flammen", sagte Bischof Karl Ludwig Kohlwage.

Bei dem Brand am 18. Januar in der Lübecker Hafenstraße waren zehn Asylbewerber gestorben. Ein 21jähriger Libanese sitzt in Untersuchungshaft, die Polizei wirft ihm Brandstiftung und zehnfachen Mord vor.

Die Trauerfeier wurde gemeinsam von Geistlichen der evangelischen und der katholischen Kirche gestaltet, sowie von in Deutschland lebenden Afrikanern. In einer Predigt erklärte der afrikanische Pastor Martin Ndogala, Menschen könnten einander zwar das Leben des Körpers nehmen, nicht aber das Leben des Geistes.

"Die Menschen hier in der Kirche zeigen Euch, daß Ihr nicht allein seid. Ihr seid heimgesucht worden, und das läßt uns nicht gleichgültig", sagte Probst Helmut Siepenkort.

Landtagspräsidentin Ute Erdsiek-Rave versuchte, den überlebenden Trost zu spenden: "Unsere Gedanken sind bei Ihnen, den Angehörigen der Toten, bei Ihren Freunden und Nachbarn. Und angesichts der Bilder der Toten schämen wir uns unserer Tränen nicht."

Lübecks Bürgermeister, Michael Bouteiller betonte, daß es sich bei dem Feuer in der Asylbewerberunterkunft "nicht allein um individuelles Unglück handelt". Die Katastrophe sei "in den Gesamtrahmen der Asylbewerberproblematik" eingebettet. Durch die Trauerfeier "gewähren wir nun den ausländischen Lübeckern die Gleichstellung, die wir ihnen im Leben versagt haben". Für den Umgang mit Ausländern forderte er: "Wir sollten sie so behandeln, wie wir selbst behandelt werden möchten." Die Verpflichtung zur Achtung der Menschenwürde sei ein guter Maßstab, ein noch besserer das Herz und die tätige Menschenliebe.

Bouteiller erinnerte daran, daß die meisten der 38 überlebenden des Feuers "nach dem Buchstaben des Gesetzes und der Gerichte" von Abschiebung bedroht seien und rief zu Zivilcourage gegenüber "kleinsten Anzeichen von Ausländerfeindlichkeit" auf. Diese Zivilcourage sei "eine direkte Verwandte des zivilen Ungehorsams".

Zum Gottesdienst waren mehrere hundert Menschen in den Dom gekommen. Vor dem Altar waren Fotos der Toten aufgestellt. Während im Dom noch afrikanische und arabische Chorgesänge erklangen, waren die Särge der Verstorbenen bereits auf dem Weg zum Hamburger Flughafen. Von dort wurden sie in ihre Heimatländer zur letzten Ruhe überführt.


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