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Das SVZ online Archiv
Nachrichten aus Deutschland und der Welt vom 26. September 1996


Verhandlung nach Tumultabgebrochen

Prozeß um Lübecker Brand vertagt / Nebenkläger erlitt Zusammenbruch

Lübeck (dpa/mr) Nach tumultartigen Szenen und dem Zusammenbruch eines Nebenklägers im Gerichtssaal ist der Prozeß um den Brand in einer Lübecker Flüchtlingsunterkunft gestern abgebrochen und auf Montag vertagt worden.

Jean-Daniel Makodila brach gestern zusammen. Foto: AP

Während der Aussage des als Zeugen geladenen Rettungssanitäters Matthias H. - eines Freundes des Hauptbelastungszeugen Jens L. - war der frühere Bewohner des Unglückshauses, Jean-Daniel Makodila, der bei dem Feuer seine Frau und fünf Kinder verloren hatte, mit einem lauten Schrei von seinem Stuhl gestürzt. Er wurde mit einer Kreislaufschwäche in ein Krankenhaus gebracht.

Noch während der Afrikaner auf dem Boden lag, kam es zu einem tumultartigen Streit zwischen Angehörigen der Familie des Angeklagten und Mitgliedern der ebenfalls aus dem Libanon stammenden Familie el Omari, die in dem Unglückshaus wohnten und in dem Prozeß als Nebenkläger auftreten. Ein 17jähriger Sohn der Familie war in dem Feuer in der Nacht zum 18. Januar ums Leben gekommen. Der Verlauf und der Grund der lautstarken Auseinandersetzung, die in arabischer Sprache ausgetragen wurde, war zunächst unklar. Sie seien von Eids Angehörigen als "Hunde" beschimpft und bedroht worden, sagte Walid el Omari. Es gefalle den Eids offenbar nicht, daß "wir hier sind".

Eids Verteidigerin Gabriele Heinecke sagte hingegen, der Streit sei entbrannt, weil einer der Söhne der Familie el Omari den Vater von Safwan Eid bespuckt habe. Dieser habe darauf mit den Worten "Du Hund - Was bespuckst Du mich. Ich bin so alt wie Dein Vater" reagiert.

Den Antrag der Verteidigung, das Beweisverfahren zu schließen und den angeklagten Safwan Eid freizusprechen, hatte der Vorsitzende Richter Rolf Wilcken mit der Begründung abgelehnt, daß die "prozessualen Voraussetzungen" dafür nicht erfüllt seien. Die Rechtsanwältin Gabriele Heinecke hatte ihren Antrag mit der aus ihrer Sicht mangelnden Glaubwürdigkeit des Hauptbelastungszeugen der Staatsanwaltschaft begründet.

Gabriele Heinecke ließ außerdem durchblicken, daß ihr seit Dienstag dieser Woche ein vom Gericht in Auftrag gegebenes Gutachten des Landeskriminalamtes Kiel vorliege. Dieses beschäftigt sich mit den Sengspuren in dem Gesicht eines der zeitweise tatverdächtigen Grevesmühlener Jugendlichen. Der hatte bislang immer behauptet, die Versengungen an seinen Augenbrauen stammen von einer Sprühdose, die er als Flammenwerfer benutzt habe. Dabei sei es zu einem Rückschlag der Flammen gekommen. Kieler Kriminaltechniker hatten daraufhin zahlreiche Versuche mit einem entflammten Sprühdosenstrahl aus verschiedenen Winkeln und unterschiedlichen Entfernungen zu einer Mauer unternommen. Ergebnis: Die Aussage des Grevesmühleners kann so nicht stimmen.


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