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Nachrichten aus Deutschland und der Welt vom 11. März 1997
Es war der Tag des Ernst Achilles. 42 Prozeßtage lang hatte der vom Gericht zum Gutachter bestellte pensionierte Frankfurter Branddirektor die Verhandlung eher zurückhaltend verfolgt - nur ab und zu bei den Zeugenvernehmungen Fragen gestellt. Jetzt redete er. Als erster der drei Gutachter (zwei Experten des LKA und BKA werden ebenfalls noch gehört) versuchte Professor Achilles gestern, Aufschlüsse über Entstehung und Verlauf des Brandes zu geben, bei dem zehn Menschen starben und 38 zum Teil schwer verletzt wurden. Seine Grundaussage war nicht neu, er hatte bereits vor Prozeßbeginn in einer Vorabstellungnahme das geäußert, was nun detailliert vorgetragen wurde.
"Im Vorbau gibt es eindeutig die stärksten Brandzehrungen, dort sind die hölzernen Stützbalken bis zu einer Tiefe von sechs Millimetern verkokt. Außerdem sind im hölzernen Fußboden unweit des Briefkastenschlitzes der Außenwand drei Durchbrennungen", so schloß Achilles es nicht aus, daß eine brennbare Flüssigkeit durch diese öffnung in den Vorbau gelangt sei. Als nicht nachvollziehbar bezeichnete er die Tatsache, daß eine der Holzpaneelen mit Brandspuren zwar ausgesägt, aber nicht mehr aufzufinden sei. Auch die fehlende Drahtglasfüllung der Eingangstür hätte seiner Meinung nach wertvolle Hinweise auf die Stärke der Temperaturen geben können.
"Mit hoher Wahrscheinlichkeit kann die vom LKA und BKA angenommene Stelle des Brandausbruches im Flur der ersten Etage nicht als Brandausbruchsort angenommen werden", betonte Achilles. Mit rund einhundert Fotografien, einem Videofilm und seinem fast dreistündigen Vortrag belegte er seine Theorie. Damit stützte Achilles die These der Verteidigerinnen des angeklagten Libanesen Safwan Eid (21), die von einem Brandanschlag von außen ausgehen.
Manfred Rüscher
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