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Nachrichten aus Deutschland und der Welt vom 29. Mai 1997
Der Prozeß gegen den Libanesen Safwan E. (21), dem die Lübecker Staatsanwaltschaft vorwirft, allein oder mit anderen für das Feuer in einem Asylbewerberheim an der Hafenstraße verantwortlich zu sein (zehn Bewohner starben, 38 wurden zum Teil schwer verletzt), geht in seine Endphase. Nach einmonatiger Sitzungsunterbrechung verkündete die Große Strafkammer des Landgerichts gestern nach insgesamt 55 Verhandlungstagen die Termine für die Plädoyers im Juni.
Noch einmal wurde es gestern spannend: Nachdem Verteidigung und die Nebenkläger-Anwälte alle noch ausstehende Beweisanträge zurückgezogen hatten, überraschte Staatsanwalt Dr. Michael Böckenhauer mit einer brandaktuellen Information, die er erst gestern von der Polizei bekommen habe. Es gehe dabei um ein Protokoll, das Hinweise zum Verhältnis zwischen dem Angeklagten Safwan E. und dem unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommenen Heimbewohner Sylvio Amossou aus Togo enthalte. Die völlig verbrannte Leiche des Togolesers war im Eingangsbereich des hölzernen Vorbaus gefunden worden - die Todesursache ist bis heute ungeklärt. Die Verteidigung sieht den Vorbau als Brandausbruchsort an.
Das Protokoll enthalte Hinweise, so der Staatsanwalt, daß es zwischen den beiden Streit gegeben habe. "Am Vortag des Brandes hat Sylvio zu einer Zeugin gesagt, er hätte Angst, in das Haus zurückzukehren. Es habe zwischen ihm und Safwan Streit gegeben, dabei gehe es um gemeinsame Rauschgiftgeschäfte, so Dr. Böckenhauer Die Kammer allerdings bewertete die Unterlagen anders: "Es gibt keinen Anlaß, hier weiter tätig zu werden", sagte der Vorsitzende Richter.
Nachdem die Anklagebehörde gestern ebenfalls ihre noch ausstehenden Beweisanträge zurückgezogen hat, steht nun den Plädoyers nichts mehr im Wege. Manfred Rüscher
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