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Hamburg, den 22.04.1996

Safwan Eid - Haftbeschwerde der Verteidigung
Pressemitteilung

In dem Verfahren gegen den Libanesen Safwan Eid hat die Verteidigung jetzt die am 29.03.1996 eingelegte Haftbeschwerde begründet. Kernpunkte des Begründung sind folgende Sachverhalte:

1. Wie inzwischen durch Vorlage einer Kopie eines durch die libanesischen Behörden ausgestelltes und die deutsche Botschaft im Libanon legalisiertes Dokument glaubhaft gemacht worden ist, ist der Beschuldigte nicht 21 sondern erst 20 Jahre alt. Dies hat die Unzuständigkeit der bisher mit der Sache befaßten Gerichte zur Folge. Weder der Haftbefehl vom 20.01.1996 noch der Haftbefehl vom 20.03.1996 können Bestand haben, vielmehr ist durch das zuständige Jugendgericht der Sachverhalt im Rahmen eines Haftprüfungsverfahrens neu zu bewerten. Erneuter Antrag auf Festsetzung eines Termins zur mündlichen Haftprüfung wurde von der Verteidigung am 18.04.1996 beantragt.

2. In dem am 22.04.1996 dem Landgericht und der Staatsanwaltschaft zugegangen Schriftsatz stellt die Verteidigung nach sorgfältiger Prüfung der von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Akten fest: Die von der Staatsanwaltschaft aufgestellte Behauptung, Safwan Eid habe gegenüber einem Sanitäter in der Brandnacht den genauen Ort des Brandausbruchs bezeichnet und damit Täterwissen bekundet, ist falsch.Von keinem Zeugen -auch nicht dem Sanitäter- wird behauptet, Safwan Eid habe vom 1. Stock -den von der Staatsanwaltschaft angenommenen Brandausbruchsort- gesprochen. Der Hauptbelastungszeuge spricht vielmehr nur von einer Tür, gegen die Benzin gekippt worden sein soll und das dann brennend die Treppe hinuntergelaufen sei.
An dem von der Staatsanwaltschaft angenommenen Brandausbruchsort befindet sich weder Tür noch Treppe. Der angebliche Brandausbruchsort liegt zwischen zwei Türen und ca. 10 m vom Treppenhaus entfernt. Eine im Flur des 1. Stockes vorgenommene Gefällemessung der Kriminalpolizei ergab vielmehr, daß etwa ausgegossenes Benzin immerhin 13 cm negatives Gefälle “bergauf” hätte überwinden müssen, um zum Treppenhaus zu kommen.

3. Bezüglich der Behauptung des Sanitäters, Safwan Eid habe in der Brandnacht gesagt “Wir warns” hat die Verteidigung in einem mit einer Dolmetscherin in der Haftanstalt am 03.04.1996 geführten Gespräch feststellen müssen, daß Herr Eid auf entsprechende Frage antwortete, es könne sein, daß er dem Sanitäter gesagt habe “dir waren das” oder “dir haben das gemacht”. Die Nachfrage und Bitte, den Satz aufzuschreiben, den er dem Sanitäter gesagt haben könnte, schrieb der Beschuldigte vor Augen der Verteidigerin und der Dolmetscherin oben genannte Sätz auf. “Dir” verwendet der Beschuldigte für das Wort “die”.

4. Gegen die Behauptung des Sanitäters, der Beschuldigte habe ihm gesagt “Wir warns” spricht weiter, daß ausweislich der Akten Safwan Eid kurze Zeit vor dem Gespräch mit dem Hauptbelastungszeugen gegenüber einem Busfahrer und einem Bekannten von einem Brandanschlag von Personen außerhalb des Hauses berichtet hatte.
Gegen eine Täterschaft spricht auch, daß Safwan Eid laut der durchgeführten rechtsmedizinischen Untersuchung keine brandbedingten Veränderungen an den Händen oder im Gesicht hatte, die ein Hinweis auf eine möglichen Brandleger hätten sein können.

5. Die Verteidigung stellt in der Beschwerdeschrift fest, daß der von der Staatsanwaltschaft vorgelegte Untersuchungsbericht, der von einem Brandausbruchsort im 1.Stock ausgeht, in wesentlichen Punkten falsch ist. So behauptet der Untersuchungsbericht, man könne widerspruchsfrei von einem Durchbrand von der angeblichen Brandausbruchsstelle im 1.Stock bis zum Dach ausgehen. Der erste Widerspruch zu dieser Behauptung drängte sich der Verteidigung jedoch bereits bei der Begehung des Brandhauses am 02.04.1996 mit dem Sachverständigen Prof. Achilles auf. Den im über der angeblichen Brandausbruchsstelle befindlichen Toilettenraum des 2. Obergeschosses hängt noch heute eine unverbrannte Toilettenpapierrolle.
Widerlegt wird auch die Behauptung der Staatsanwaltschaft, eine Inbrandsetzung des hölzernen Vorbaus von außen könne ausgeschlossen werden, da die Hauseingangstür verschlossen gewesen sei. Tatsächlich befindet sich im hölzernen Vorbau ein Fenster, das gar keine Schließvorrichtung besaß und durch Fingerdruck geöffnet werden konnte.
Aufgrund der Aktenlage und vielfältiger Aussagen unbeteiligter Beobachter muß von einem Brandausbruch im Erdgeschoß -dem hölzernen Vorbau-, möglicherweise aber auch von drei unabhängig voneinander bestehenden Brandherden ausgegangen werden. Dies läßt eher Vermutungen auf eine Brandlegung durch Außeneinwirkung zu.

6. Nicht zu der Theorie der Staatsanwaltschaft paßt der Tod des Hausbewohners Sylvio A. im hölzernen Vorbau. Weder ist bisher geklärt, was es mit einem laut Todesermittlungsakte um die Leiche gewundenen dünnen Draht auf sich hat, noch wie zu erklären ist, daß Sylvio A. nicht an Rauchgasvergiftung gestorben ist oder auch nur wesentliche Rauchgaseinatmung festgestellt werden konnte.

7. Die Verteidigung hat erneut beantragt, ein Brandgutachten über die Ursachen des Brandes in der Hafenstraße erstellen zu lassen und Prof. Ernst Achilles aus Franfurt als Sachverständigen zu bestellen.