Prozeß gegen Safwan Eid endet
Freispruch für angeklagten Libanesen in Lübeck erwartetVon DIETHART GOOS
Lübeck - Nach mehr als neunmonatiger Dauer und 60 Verhandlungstagen endet heute der Prozeß um den Brand im Asylantenheim Hafenstraße voraussichtlich mit dem Freispruch des Angeklagten Safwan Eid. Der Anklagevorwurf besonders schwerer Brandstiftung war dem jungen Libanesen, der mit seinen neun Familienangehörigen und mehr als 40 weiteren Asylsuchenden in dem völlig ausgebrannten Haus wohnte, nicht zweifelsfrei nachzuweisen. Bisher ist offen, ob die Staatsanwaltschaft Revision einlegen wird. Bei dem verheerenden Brand in der Nacht zum 18. Januar 1996 wurden zehn Hausbewohner, drei Erwachsene und sieben Kinder, getötet, 38 erlitten teilweise schwere Verletzungen.Die Anklage gegen Safwan Eid stützte sich hauptsächlich auf die Aussagen des Rettungssanitäters Jens Leonhardt, dem der leicht verletzte Safwan Eid gestanden haben soll, das Feuer gelegt zu haben. Der Angeklagte bestritt jede Schuld. Weder die mehr als 120 Zeugen noch zahlreiche Gutachter konnten das Geschehen in der Brandnacht eindeutig rekonstruieren. So blieb unklar, wer das Feuer legte und wo in dem dreistöckigen Gebäude der Brand ausbrach.
Die möglichen Motive der Brandstiftung reichten vom Racheakt nach Streitigkeiten unter Hausbewohnern über Eifersucht bis zum ausländerfeindlichen Anschlag. Vier Jugendliche aus dem mecklenburgischen Grevesmühlen mit angeblich rechtsgerichteter Gesinnung gerieten als Brandstifter in Verdacht. Sie konnten aber nicht eindeutig überführt werden.
Sollte die Staatsanwaltschaft auf Rechtsmittel verzichten, stellt sich die politisch brisante Frage nach dem Schicksal der überlebenden Hausbewohner. Deren Asylanträge sind meist rechtskräftig abgelehnt worden. Mit Rücksicht auf ihre Zeugenaussagen erhielten sie Aufenthaltsgenehmigungen bis zum Prozeßende. Prominente aus Politik, Kirche und Kultur verlangen für die Betroffenen unbefristetes Bleiberecht in Deutschland.
Copyright: DIE WELT, 30.6.1997
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