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Mon Feb 19 21:50:19 1996
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Kein Konzert mit Sexisten und Vergewaltigern
Stellungnahme zum geplanten Heiter bis Wolkig
Konzert und dem St. Pauli Fanladen
Am 9. Juni 95 soll in HH Eppendorf, Sportplatz
Corveystraße, ein Openair Konzert u.a. mit der Gruppe
Heiter bis Wolkig stattfinden.
Das Konzert steht unter dem Motto "Kein Vergeben.
Kein Vergessen" und wird auf dem Plakat als "10 %
political correct" angekündigt. Als einzige Kartenvorverkaufsstelle ist
der St. Pauli Fanladen, Thadenstr. 94, Hamburg, angegeben. Deshalb
müssen wir davon ausgehen, daß zumindest Teile des Fanladens an
der Vorbereitung dieses Konzerts beteiligt sind.
Zur Erinnerung, noch einmal die Chronologie der
Ereignisse:
-
am 7.2.94 findet in der Flora ein Konzert von HbW
statt, das von Leuten, die die Darstellungen der Gruppe
auf der Bühne für sich als unerträglich empfinden,
gestört und letztendlich abgebrochen wird. Das
Publikum reagiert mit reaktionärem, ultrasexisitischem
und bedrohlichem Gegröle. HbW verhält sich dazu
nicht (... wir sind doch nicht für unser Publikum
verantwortlich es erscheinen zwei kleine Artikel im
Übersteiger, die sich über das feministische
ZensurkommandoSchließt euch ein, diskutiert euch tot,
aber bloß nicht lachen dabei ein feministisches
Zensurkommando derweil laufen bundesweit Aktionen
gegen Auftritte von Heiter bis Wolkig.
-
Mitte Mai wird das HbW Mitglied Michael von einem
Paderborner FrauenLesbenzusammenhang als
Vergewaltiger öffentlich gemacht.
-
Ende Mai beschließt der Fanladen/Übersteiger ein
Konzert für den Übersteiger mit Heiter bis Wolkig
während der ganzen Monate läuft eine schriftliche
Auseinandersetzung in der Zeck und im Übersteiger
über Hbw, Fanladen, Buttersäureaktion,
Vergewaltigung etc.
-
am 25.6.94 erscheint das Papier des Vergewaltigers
Michael von HbW
-
am 27.6.94 findet ein Gespräch zwischen Männern
des Fanladens und des Flora Männerplenums und
anderer Männer statt.
-
schließlich sagt der Fanladen am 14.7.94 das
geplante Konzert mit HbW ab.
-
in einer Kölner Stadtzeitung droht Michael der
vergewaltigten Frau mit einer Anzeige, falls sie die
Anschuldigungen gegen ihn öffentlich wiederholt.
-
im März/April 1995 tauchen erneut Plakate auf, in
denen ein Konzert mit Heiter bis Wolkig sowie den
ebenfalls als sexistisch bekannten Bands
"Terrorgruppe" "Kassierer"
Einzige Kartenvorverkaufsstelle: Fanladen !
Die zentrale Kritik an HbW war, daß sie sich mit den
Vorwürfen zu ihrem Programm nicht ernsthaft
auseinandergesetzt haben, genausowenig mit der
Tatsache, daß ein Mitglied der Gruppe ein
Vergewaltiger ist. Diese Kritik besteht nicht nur bis
heute, sondern hat sich durch das unakzeptable
Verhalten der Gruppe (mit Ausnahme eines Mitglieds,
das HbW verlassen hat) bestätigt. Mit dieser Kritik
wurden die Männer vom Übersteiger in der Diskussion
von Juni 94 konfrontiert. Damals wurde dieses
Gespräch von den beteiligten Männern des Flora
Männerplenums und weiteren Männern als konstruktiv
und trotz z.T. heftiger Kontroversen als positiv
empfunden, weil die inhaltliche Kritik von zumindest
einigen der Übersteiger-Männer scheinbar
angenommen und das geplante Konzert mit HbW
abgesagt wurde.
Die erneute Beteiligung des Fanladens beim geplanten
Auftritt von HbW zeigt aber, daß die Diskussion von
ihnen allein unter taktischen Gesichtspunkten geführt
wurde.
Aus Anlaß des erneut geplanten Konzerts gab es am
Sonntag den 14. Mai 95 ein Mobilisierungstreffen
gegen dieses Vorhaben, wo überraschenderweise
außer dem Veranstalter des Konzerts ca. 30 bierseelige
St. Pauli Fans und Mitglieder des Fanladens
auftauchten. Wir wollen Inhalt und Verlauf dieses
Treffens hier schildern, weil es klar macht, auf welcher
Ebene die Konfrontation inzwischen läuft.
Das Gespräch verlief von Anfang an in einer
aggressiven Stimmung, wobei sie die KritikerInnen
immer wieder als "linksfaschistische
SpaßverderberInnen" darstellten,
die sich in ihre Flora ( wo auch sonst ? ) einschliessen und
darueber brueten, wie sie den Rest der
Menschheit
"gleichmachen und auf ihre Linie bringen"e; können.
Sie halten
-
die Auseinandersetzung von HbW mit ihrem
Programm für ausreichend
-
das Bandmitglied Michael nicht für einen
Vergewaltiger und
-
die Buttersäureaktion eines Frauenzusammenhangs
gegen den Fanladen noch immer für den eigentlichen
Skandal des vergangenen Jahres.
Sie tun so, als wenn es nichts selbstverständlicheres
gäbe, als einen Auftritt von HbW, und ziehen ganz
bewußt und mit Blick auf die vergangenen
Auseinandersetzungen ihre Konsequenzen.
Und sie meinen immer noch, daß es Antifaschismus
ohne antipatriarchalen Kampf geben könnte. Wer aber
Faschisten bekämpft und gleichzeitig dabei die eigene
Männerrolle bewahren will, kann nicht als Antifaschist
gelten. Denn sowenig der deutsche Faschismus ohne
männerbündische Organisierung, wie z.B. der
Wehrmacht, zu verstehen wäre, sowenig kann es einen
antifaschistischen Kampf geben, der die
Gewaltverhältnisse gegen Frauen ignoriert oder sogar
noch fortschreibt. (Die politische Niederlage des
kommunistischen Widerstandes in den 30er Jahren
war neben der faschistischen Repression vorallem auch
darauf zurückzuführen.) Das wäre aber der Fall, wenn
eine Band mit einem Vergewaltiger auf einem Konzert
unter einem antifaschistischen Motto auftritt. (Welche
Diskussionen gäbe es, wenn ein Faschist in einer Band
mitspielen würde?)
An diesem Punkt wurde im Gespräch deutlich, wo die
grundsätzlichen Unterschiede liegen und wo es kein
Miteinander mehr gibt. Einzig und allein Frauen
bestimmen was eine Vergewaltigung ist! Unsere
Solidarität gilt dann der betroffenen Frau; es soll keine
Männerkumpanei geben und Männer sollen sich nicht
in die Rolle von einem Richter oder Anwalt begeben.
Das sind politische Minimalpositionen, hinter denen wir
nicht mehr zurückgehen. Der Veranstalter sieht das
anders: Die Frau kann es zwar als Vergewaltigung
empfunden haben, deshalb ist Michael aber noch kein
Vergewaltiger _ da gibt es eine riesige Grauzone.dann
steht hier nichts mehr..., jetzt ist Krieg.M-.
Zu dem Motto sei noch gesagt: Kein Vergeben. Kein
Vergessen.Kein Vergeben. Kein Vergessen.Auf der
anderen Seite ist sie eine Aufforderung an all
diejenigen fortschrittlich orientierten Menschen dafür
Sorge zu tragen, daß die faschistischen Verbrechen
und Strukturen weder vergessen, vergeben oder
sonstwie relativiert, sondern angegangen und
bekämpft werden. Daß ein solches Konzert unter
diesem Motto durchgeführt werden soll, ist eine
Provokation, da es ersichtlich ist, daß die
Organisatoren das Konzert nicht in irgendeinen
antifaschistischen Kontext stellen. D.h. sie haben
inhaltlich nichts zu dem Motto bzw. zu dem politischen
Rahmen des Festivals geäußert, sich zugunsten von
HbW gegen Absolute Beginnerst).
Und zu der 10% pc Polemik: Uns geht es nicht um das
Erringen oder gar Verteilen von pc-Prozentpunkten,
sondern um das Bedürfnis und das Bemühen, die
verschiedenen Unterdrückungsverhältnisse zu
verstehen und eine Praxis zu entwickeln, um ihnen
was entgegensetzen zu können, weil es dabei auch um
unsere eigene Befreiung geht.
Leute, die sich 10% pc auf die Fahne schreiben geht
es nicht so, sondern sie verhöhnen dies alles, nehmen
sich und das Motto Kein Vergeben. Kein
Vergessen.ständlich spielen kann. Für uns ist das
Verhalten des Fanladens 10% linke Rituale und 90%
herrschende Normalität.
Deshalb fordern wir:
Kauft keine Karten, verhindert den Auftritt!
Kein Konzert mit Heiter bis Wolkig am 9.6.95 in
Eppendorf!
Tut eure Meinung kund: Tel. HbW: 0221/ 214091, Tel
Fanladen: 4396961
Der Kampf gegen Faschismus und Sexismus ist
unteilbar!
Das Flugblatt wird unterstützt von: Schwarzmarkt,
Mitarbeiterinnen des Anwaltsbüros von Bracken &
Mendecke, Flora Männerplenum, FrauenLesbenTag im
Schwarzmarkt, Zeck-Redaktion, Männerwohnprojekt
4D, einige autonome Gruppen Hamburg, Autonome
Chiapas Gruppe Hamburg, Männermedienarchiv,
Basisgruppe Hamburger Männercafe, Las Muralistas,
Cafe Knallhart HWP, Männergruppe Elend, Volxcafe
Uni Hamburg, einige Rev-Block-Männer, Wagenburg
Bambule, Flora Frauenplenum, Frauenwohngruppe von
Nimm 2
V.i.S.d.P.: A. Zoren, Tiefstraße 30, 22684 Hamburg