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Sat Mar 2 04:07:34 1996
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Heiter bis Wolkig Diskussion
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Kein Konzert mit Sexisten und Vergewaltigern
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Subject: Kein Konzert mit Sexisten und Vergewaltigern
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From: ifghh@krabat.nadir.org (Infogruppe Hamburg)
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Date: 05 Jun 1995 17:14:00 +0000
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Organization: feindliche technologische zone hamburg
## Nachricht am 18.06.95 archiviert
## Ursprung : /cl/antifa/allgemein
-----BEGIN PGP SIGNED MESSAGE-----
KEIN KONZERT
MIT SEXISTEN UND VERGEWALTIGERN
Stellungnahme zum geplanten Heiter bis Wolkig Konzert und
dem St. Pauli Fanladen.
Am 9.Juni 1995 soll in HH Ependorf, Sportplatz Corveystrasse,
ein Openair Konzert u.a. mit der Gruppe >> Heiter bis Wolkig <<
stattfinden. Das Konzert steht unter dem Motto >> Kein Vergeben.
Kein Vergessen << und wird auf dem Plakat als >> 10 % political
correct << angekuendigt. Als einzige Kartenvorverkaufsstelle ist
der St. Pauli Fanladen, Thadenstr. 94, Hamburg, angegeben. Deshalb
muessen wir davon ausgehen, dass zumindest Teile des Fanladens an
der Vorbereitung dieses Konzerts beteiligt sind.
Zur Erinnerung, noch einmal die Chronologie der Ereignisse:
- am 7.2.94 findet in der Flora ein Konzert mit HbW statt, das von
Leuten, die die Darstellung der Gruppe auf der Buehne fuer sich
als unertraeglich empfinden, gestoert und letztendlich abgebrochen
wird. Das Publikum reagiert mit reaktionaerem, ultrasexistischem
und bedrohlichen Gegroele. HbW verhaelt sich dazu nicht ( >> ... wir
sind doch nicht fuer unser Publikum verantwortlich << ).
- es erscheinen zwei kleine Artikel im Uebersteiger, die sich ueber
das >> feministische Zensurkommando << empoeren und sich ueber
deren angebliche Humorlosigkeit lustig machen. ( >> Schliesst euch
ein, diskutiert euch tot, aber bloss nicht lachen dabei! << )
- ein >> feministisches Zensurkommando << schmeisst einen Beutel
mit Buttersaeure in den Fanladen und plakatiert dessen
Aussenfassade; es reagiert damit auf die beiden diffamierenden
Artikel des Uebersteigers.
- derweilen laufen bundesweit Aktionen gegen Auftritte von
Heiter bis Wolkig,
- Mitte Mai wird das HbW Mitglied Michael von einem Padaborner
FrauenLesbenzusammenhang als Vergewaltiger oeffentlich gemacht.
- Ende Mai beschliesst der Fanladen/Uebersteiger ein Konzert fuer
den uebersteiger mit >> Heiter bis Wolkig << fuer den 6.9.94.
- waehrend der ganzen Monate laeuft eine schriftliche
Auseinandersetzung in der Zeck und im Uebersteiger ueber HbW,
Fanladen, Buttersaeureaktion, Vergewaltigung etc.
- Am 25.6.94 erscheint das Papier des Vergewaltigers Michael
von HbW
- Am 27.6.94 findet ein Gespraech zwischen Maennern des Fanladens
und des Flora Maennerplenums und anderer Maenner statt.
- schliesslich sagt der Fanladen am 14.7.94 das geplante Konzert
mit HbW ab.
- in einer Koellner Stadtzeitung droht Michael der vergewaltigten
Frau mit einer Anzeige, falls sie die Anschuldigungen gegen ihn
oeffentlich wiederholt,
- Im Maerz/ April 1995 tauchen erneut Plakate auf, in denen ein
Konzert mit >> Heiter bis Wolkig <<, sowie der ebenfalls als
sexistisch bekannten Band >> Terrorgruppe << und >> Kassierer <<
fuer den 9.6.95 angekuendigt wird. Einzige Kartenvorverkaufs-
stelle: Fanladen !
Die zentrale kritik an HbW war, dass sie sich mit den Vorwuerfen
zu ihrem Programm nich ernsthaft auseinandergesetz haben,
genausowenig mit der Tatsache, dass ein Mitglied der Gruppe ein
Vergewaltiger ist. Diese Kritik besteht nicht nur bis heute, sondern
hat sich auch durch das unakzeptable Verhalten der Gruppe ( mit
Ausnahme eines Mitglieds, das HbW verlassen hat ) bestaetigt. Mit
dieser Kritik wurden die Maenner vom Uebersteiger in der Diskussion
vom Juni 1994 konfrontiert. Damals wurde dieses Gespraech von den
beteiligten Maennern des Flora Maennerplenums und weiteren Maennern
als konstruktiv und trotz z.T. heftiger Kontorversen als positiv
empfunden, weil die inhaltliche Kritik von zumindest einigen
Maennern angenommen und das geplante Konzert mit HbW abgesagt wurde.
Die erneute Beteiligung des Fanladens beim geplanten Auftritt
von HbW zeigt aber, dass die Diskussion von ihnen allein unter
taktischen Gesichtspunkten gefuehr wurde.
Aus Anlass des erneuten Konzerts gab es am Sonntag den 14.Mai 95 ein
Mobilisierungstreffen gegen diese Vorhaben, wo ueberraschenderweise
ausser dem Veranstalter des Konzerts ca. 30 bierseelige St. Pauli
Fans und Mitglieder des Fanladens auftauchten. Wir wollen Inhalt und
Verlauf dieses Treffens hier schildern, weil es klar macht, auf
welcher Ebene di Konfrontation inzwischen laeuft.
Das Gespraech verlief von Anfang an in einer aggressiven Stimmung,
wobei sie die KritikerInnen immer wieder als >> linksfaschistische
SpassverderberInnen << darstellten, die sich in ihre Flora ( wo auch
sonst ? ) einschliessen und darueber brueten, wie sie den Rest der
Menschheit >> gleichmachen und auf ihre Linie bringen << koennen.
Sich selber verstehen sie sich als weltoffene und lebenslustige
AntifaschisInnen, die sich gegen dieses Diktat wehren muessen. Dies
ist keine Polemik; so billig das klingt, so platt war es auch !
Sie halten
- die Auseinandersetzung von HbW mit ihrem Programm fuer
ausreichend
- das Bandmitglied Michael nicht fuer einen Vergewaltiger
- die Buttersaeureaktion eines Frauenzusammenhangs gegen den
Fanladen noch immer fuer den eigentlichen Skandal des
vergangennen Jahres.
Und sie tun so, als wenn es nichts saelbstverstaendlicheres gaebe,
als einen Auftritt von HbW, und ziehen ganz bewusst und mit Blick
auf die vergangenen Auseinandersetzungen ihre Konsequenz.
Und sie meinen immer noch, dass es Antifaschismus ohne
antipatriachalen Kampf geben koennte. Wer aber Faschisten bekaempft
und gleichzeitig dabei die eigene Maennerrolle bewahren will, kann
nicht als Antifaschist gelten. Denn sowenig wie der deutsche
Faschismus ohne maennerbuendische Organisierung, wie z.B. der
Wehrmacht, zu verstehen waere, sowenig kann es einen
antifaschistischen Kampf geben, der die Gewaltverhaeltnisse gegen
Frauen ingnoriert oder sogar noch fortschreitet.
(Die politische Niederlage des kommunistischen Widerstandes in
den 30er Jahren war neben der faschistischen Repression vorallem
auch darauf zurückzufueühren.) Das waeäre aber der Fall, wenneine
Band mit einem Vergewaltiger auf einem Konzert unter einem
antifaschistischen Motto auftritt. (Welche Diskussionen gaeäbe es,
wenn ein Faschist in einer Band mitspielen würuede?)An diesem Punkt
wurde im Gespraeäch deutlich, wo di grundsätzlichen Unterschiede
liegen und wo es kein Miteinander mehr gibt. Einzig und allein
Frauen bestimmen was eine Vergewaltigung ist! Unsere Solidarität
gilt dann der betroffenen Frau; es soll keine Mäennerkumpanei
geben und Männer sollen sich nicht in die Rolle von einem Richter
oder Anwalt begeben. Das sind politische Minimalpositionen,
hinter denen wir nicht mehr zurückuegehen. Der Veranstalter sieht
das anders: " Die Frau kann es zwar als Vergewaltigung empfunden
haben, deshalb ist Michael aber noch kein Vergewaltiger _ da gibt
es eine riesige Grauzone. Er macht klar, dass er das Konzert,
koste was es wolle und mit entsprechenden Schutzmassnahmen,
durchsetzen wird. Fuer denn Fall von AKtionen gegen den Auftritt
von HbW liessen die Anwesenden Fussballfans keine Frage offen:
" dann steht hier nichts mehr..., jetzt ist Krieg."
Zu dem Motto sei noch gesagt: "Kein Vergeben. Kein Vergessen."
Auf der anderen Seite ist sie eine Aufforderung an all diejenigen
fortschrittlich orientierten Menschen dafueürSorge zu tragen, dass
die faschistischen Verbrechen und Strukturen weder vergessen,
vergeben oder sonstwie relativiert, sondern angegangen und bekämaepft
werden. Dass ein solches Konzert unter diesem Motto durchgefüuehrt
werden soll, ist eine Provokation, da es ersichtlich ist, dass
die Organisatoren das Konzert nicht in irgendeinen antifaschistischen
Kontext stellen. D.h. sie haben inhaltlich nichts zu dem Motto
bzw. zu dem politischen Rahmen des Festivals geäussert, sich
zugunsten von HbW gegen >> Absolute Beginnerst <<.
entschieden, einer Band mit eindeutig antifaschistischen Texten,
die nicht mit HbW auf einer Buehne stehen wollten und zuguterletzt
verschwinden die Einnahmen des Konzerts in den Taschen der Bands
und des Veranstalters ( Was eigentlich schon ein Skandal ist )
Und zu der 10% pc Polemik: Uns geht es nicht um das Erringen oder
gar Verteilen von pc-Prozentpunkten, sondern um das Bedüruefnis
und das Bemüuehen, dieverschiedenen Unterdrüueckungsverhälaetnisse
zu verstehen und eine Praxis zu entwickeln, um ihnen was
entgegensetzen zu koeönnen, weil es dabei auch um unsere eigene
Befreiung geht. Leute, die sich 10% pc auf die Fahne schreiben
geht es nicht so, sondern sie verhoeöhnen dies alles, nehmensich
und das Motto >> Kein Vergeben. Kein Vergessen.<< nicht ernst
und ordnen sich statdessen selber in das herrschende Mehrheitslager
ein. Darin sind sie voll auf der Linie, gan zufrieden und auch
bereit, diese Zustaende zu verteidigen, wie z.B. durchzusetzen, dass
eine Band mit einem Vergewaltiger wie selbstverstaendlich spielen
kann. Fuer uns ist das Verhalten des Fanladens 10% linke Rituale und
90% herrschende Normalität
Deshalb fordern wir:
Kauft keine Karten, verhindert den Auftritt!
Kein Konzert mit Heiter bis Wolkig am 9.6.95 in
Eppendorf!
Tut eure Meinung kund: Tel.HbW: 0221/ 214091, Tel
Fanladen: 4396961
Der Kampf gegen Faschismus und Sexismus ist unteilbar!
- ---
r.
Infogruppe Hamburg (ifghh@krabat.nadir.org)
c/o Schwarzmarkt
Kleiner Schaeferkamp 46 20357 Hamburg
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Version: 2.3
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