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Mon May 13 11:15:04 1996
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Wetterumschwung: Nicht mehr Heiter nur noch Wolkig.
Mit heftigen Niederschlägen ist zu rechnen.
Zum Boykott von HBW
Am 02.02.1994 spielte Heiter bis Wolkig (HBW) auf einer Veranstaltung in der Paderborner Uni. In dieser Nacht wurde eine Frau aus unseren Zusammenhängen von Michael, einem Mitglied der HBW Kabarettgruppe vergewaltigt.
Am 29.04.94 sind wir zu einem Auftritt von HBW nach Bielefeld gefahren. Michael wurde nach dem Konzert von zwei Frauen unserer Gruppe aufgefordert, innerhalb von HBW, d.h. allen, die mit ihm auf Tour sind, klarzustellen, daß er ein Vergewaltiger ist. Hierzu wurde ihm eine Stunde Zeit gegeben. Nach Ablauf dieser Frist war von uns vereinbart, ein Papier an den Tourbus von HBW anzubringen, in dem noch einmal mitgeteilt werden sollte, daß HBW mit einem Vergewaltiger auf Tour ist und daß wir von ihnen ihre öffentliche Stellungnahme dazu anfordern. An dem Tourbus trafen wir wider Erwarten auf einige Mitglieder von HBW.
Wir erfuhren dort, daß Michael seine Gruppe informiert hatte. Er hatte in seiner Schilderung jedoch versucht, die Vergewaltigung dahingehend abzumildern, daß sich innerhalb von HBW eine Debatte, wie sollte es auch anders sein, über "sexuellen Mißbrauch" oder "tatsächliche Vergewaltigung" entfachte.
Vor Ort kam es zu einer kurzen Diskussion, in der wir unsere Forderung einbrachten, daß HBW sich innerhalb von 14 Tagen also bis zum 13.05.94 öffentlich zu verhalten hat.
Diese Forderung ging zusätzlich am Mittwoch, am 04.05.94 schriftlich im Büro von HBW ein.
Öffentlichmachung von Vergewaltigern und Umgang mit Michael
Das Öffentlichmachen von Vergewaltigern zieht die Täter aus ihrem privaten Schutzraum.
Vergewaltigungen sind systematische Unterdrückungsformen gegen Frauen und Mädchen, die sich von anderen Straftaten dahingehend unterscheiden, daß sie in einem scheinbar privaten Bereich stattfinden. Entgegen der öffentlichen Meinung ist Vergewaltigung ein Übergriff, der hauptsächlich im Freundeskreis, Bekanntenkreis und Ehe stattfindet. Der im Busch lauernde böse Mann ist in der Realität die Ausnahme, nicht die Regel.
Es ist jedoch nicht etwa zufällig, daß in der öffentlichen Meinung das Bild des bösen unbekannten Mannes dominiert.
Dieses Bild impliziert eine Drohung, die Frauen und Mädchen den Zugang zu vielen öffentlichen Räumen und Verhaltensmöglichkeiten verwehren soll. Vermittelt wird diese Drohung schon in früher Kindheit durch Ratschläge wie "Geh nicht nachts durch den Park, geh nicht mit fremden Männern mit, trag keine aufreizende Kleidung, sprich nicht mit Fremden ..."
Uns ist bewußt, daß die alltägliche anonyme Bedrohung von Männergewalt gegen Frauen und Mädchen besteht. Nichts desto trotz ist in den meisten Fällen der Täter Ehemann, Freund, Bekannter, Vater, etc.. Diese Tatsache erschwert es Frauen und Mädchen ungemein, sich gegen ihre Vergewaltiger zu Wehr setzen. Wenn sich Frauen konsequent zur Wehr setzen, riskieren sie unter Umständen den Verlust von sozialen, ökonomischen, emotionalen und familiären Hintergründen.
Dadurch, daß in diesen privaten Räumen ein sexueller Angriff auf Frauen/Mädchen nicht als Vergewaltigung sondern als ein "legitimer Zugriff" angesehen wird, wirken diese Frauen/Mädchen innerhalb ihres FreundInnenkreises oftmals unglaubwürdig.
Hinzu kommt, daß Frauen und Mädchen aufgrund ihrer Sozialisation häufig Schwierigkeiten haben, "das, was ihnen da passiert ist", als Vergewaltigung zu benennen. Deshalb ist es wichtig, jeden sexuellen Angriff, sei es durch massive Gewalt oder unter emotionalen Druck als Vergewaltigung zu benennen und damit öffentlich umzugehen.
In unseren linksradikalen Zusammenhängen werden patriarchale Strukturen offiziell abgelehnt. Was nicht heißt, das diese Strukturen nicht existieren (nur ein Beispiel von vielen: Michael von HBW).
Wenn Frauen sich in diesen Zusammenhängen weiter bewegen wollen, ist es notwendig, daß mit Vergewaltigungen öffentlich umgegangen wird, d.h. als erstes, daß sie öffentlich gemacht werden müssen. Unsere Forderung ist:
Ausschluß von Vergewaltigern aus unseren Zusammenhängen.
Nur wenn für alle Männer klar ist, daß das der Umgang mit Vergewaltigern ist, kann eine soziale Kontrolle greifen.
Soziale Kontrolle heißt, Vergewaltigung zu sanktionieren: Solidarität, Mithilfe verweigern, rausschmeißen, nicht mit reden, kurz ihnen ihre soziale Basis entziehen.
Im Fall Michael heißt das konkret:
Ausschluß von HBW, sowie aus allen Szenezusammenhängen.
Viele mögen die hier dargestellten Zusammenhänge bekannt sein, wir führen sie trotzdem so genau wie möglich aus, weil wir wollen, daß unsere Forderungen nicht nur für Szenezusammenhänge, sondern auch für eine breitere Öffentlichkeit verständlich sind.
Umgang mit Heiter bis Wolkig
Wir hatten HBW aufgefordert, bis zum 13.05.94 eine inhaltliche Stellungnahme an uns zu schicken, in der sie sich zu der Tatsache, daß sie mit einem Vergewaltiger auf der Bühne stehen, verhalten sollen. Die inhaltliche Stellungnahme ist nicht erfolgt. Statt dessen schickte HBW eine "ausgewählte, möglichst nüchterne Darstellung der Ereignisse der letzten Zeit".
In diesem Papier stellen sie die Vergewaltigung in eine Reihe von Sabotageakten gegen HBW, das heißt: HBW versucht, den Eindruck zu erwecken, daß der "Vorwurf der Vergewaltigung" eine weitere Intrige gegen sie darstellt. Anders ausgedrückt, sie relativieren die Vergewaltigung und stilisieren sich selbst zu "Opfern". Eine expliziet inhaltliche Stellungnahme findet nicht statt.
Diese Einschätzung wird bestätigt durch das Papier eines Ex-HBWlers, das uns in der Zwischenzeit zugesandt wurde: HBW4s sogenannte Stellungnahme verdanken wir ihrem taktischen Kalkül. Ihrer Überzeugung nach ist die Vergewaltigung eine Privatsache zwischen Michael und der Frau. Die Forderung an HBW, sich öffentlich zu den Vorgängen zu verhalten, wurde als Unverschämtheit empfunden, der gesamte "Vergewaltigungs-Komplex" als äußerst lästige Angelegenheit.
Höhepunkt ihrer Verhaltensweise ist, den Vergewaltiger lediglich zu beurlauben. Deshalb gilt für uns: Boykottiert HBW!
Michael muß raus aus allen politischen Zusammenhängen!
Autonome Frauen/Lesbengruppe Paderborn